Atriance
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EUROPEAN MEDICINES AGENCY
SCIENCE MEDICINES HEALTH
EMA/381169/2015
EMEA/H/C/000752
Zusammenfassung des EPAR für die Öffentlichkeit
Atriance
Nelarabin
Dies ist eine Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts (EPAR) für Atriance. Hierin wird erläutert, wie der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) das Arzneimittel beurteilt hat, um zu seinem befürwortenden Gutachten zur Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen und seinen Empfehlungen zu den Anwendungsbedingungen für Atriance zu gelangen.
Was ist Atriance?
Atriance ist ein Krebsarzneimittel, das den Wirkstoff Nelarabin enthält. Es ist als Infusionslösung (Tropfinfusion in eine Vene) erhältlich.
Wofür wird Atriance angewendet?
Atriance wird zur Behandlung von Patienten mit akuter lymphoblastischer T-Zell-Leukämie (T-ALL) oder lymphoblastischem T-Zell-Lymphom (T-LBL) angewendet. Hierbei handelt es sich um Krebsarten, bei denen sich die T-Lymphoblasten (eine Art unreifer weißer Blutkörperchen) zu schnell vermehren. Bei T-ALL befinden sich diese abnormen Zellen hauptsächlich in Blut und Knochenmark, bei T-LBL vor allem im Lymphsystem (Lymphknoten oder Thymusdrüse). Atriance wird angewendet, wenn der Krebs auf mindestens zwei Arten von Chemotherapie nicht angesprochen hat oder nicht mehr anspricht.
Da es nur wenige Patienten mit diesen Krankheiten gibt, gelten die Krankheiten als selten, und Atriance wurde am 16. Juni 2005 als Arzneimittel für seltene Leiden („Orphan-Arzneimittel") ausgewiesen.
Das Arzneimittel ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich.
Wie wird Atriance angewendet?
Atriance wird unter Aufsicht eines in der Anwendung dieser Art von Arzneimitteln erfahrenen Arztes als Tropfinfusion in eine Vene verabreicht. Die Dosis und Häufigkeit der Infusion hängt vom Alter des Patienten sowie von seiner Körperoberfläche ab. Bei Erwachsenen und Jugendlichen über 16 Jahre
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beträgt die empfohlene Anfangsdosis 1 500 mg pro Quadratmeter Körperoberfläche (berechnet anhand von Größe und Gewicht des Patienten) und wird alle 21 Tage über zwei Stunden an Tag 1, 3 und 5 angewendet. Patienten unter 16 Jahren erhalten eine Dosis von 650 mg pro Quadratmeter, die alle 21 Tage über eine Stunde an fünf aufeinanderfolgenden Tagen angewendet wird. Dieses Dosierungsschema kann auch bei Patienten im Alter von 16 bis 21 Jahren angewendet werden. Bei Auftreten schwerer Nebenwirkungen, die Gehirn oder Nervensystem des Patienten betreffen, muss die Behandlung abgebrochen werden. Die Behandlung kann verschoben werden, wenn andere Nebenwirkungen auftreten.
Bei Patienten, die Atriance erhalten, sollte das Blutbild regelmäßig auf Änderungen hin kontrolliert werden, außerdem sollten sie eine angemessene Hydrationstherapie erhalten, wenn das Risiko eines Tumor-Lyse-Syndroms besteht (eine Komplikation, die durch den Abbau von Krebszellen entsteht).
Wie wirkt Atriance?
Der Wirkstoff in Atriance, Nelarabin, wirkt zytotoxisch und tötet sich teilende Zellen wie beispielsweise Krebszellen ab. Er gehört zu der als Antimetaboliten bezeichneten Gruppe von Krebsarzneimitteln.
In den Zellen wird Nelarabin zu einem Guanin-Analog umgewandelt, einem der chemischen Grundbausteine, aus denen die DNA besteht. Im Körper nimmt dieses Analog die Stelle von Guanin ein und hemmt die an der Bildung neuer DNA beteiligten Enzyme, die DNA-Polymerasen. Dadurch wird die Bildung von DNA unterbunden und das Wachstum sowie die Vermehrung der Tumorzellen verlangsamt. Da sich das Guanin-Analog in T-Zellen ansammelt und dort länger wirksam bleibt, verlangsamt Atriance Wachstum und Vermehrung der Zellen, die bei T-ALL und T-LBL eine Rolle spielen.
Wie wurde Atriance untersucht?
Atriance wurde in zwei Hauptstudien bei Patienten mit T-ALL und T-LBL untersucht, deren Krebs nicht mehr auf eine oder mehrere vorangegangene Krebsbehandlungen angesprochen hatte. Die erste Studie umfasste insgesamt 70 Kinder und junge Erwachsene unter 21 Jahren, die zweite Studie insgesamt 40 Erwachsene und Jugendliche über 16 Jahre. Bei etwa der Hälfte der Patienten hatten zwei oder mehr vorangegangene Behandlungen nicht angeschlagen. Im Rahmen beider Studien wurden die Patienten mit Atriance behandelt, allerdings wurde dessen Wirkung nicht mit anderen Arzneimitteln verglichen. Der Hauptindikator für die Wirksamkeit war der Anteil der Patienten, die auf die Behandlung ansprachen, d. h. die innerhalb eines Monats nach Beginn der Behandlung mit Atriance keine Anzeichen der Krankheit aufwiesen und deren Blutwerte sich normalisiert hatten.
Welchen Nutzen hat Atriance in diesen Studien gezeigt?
Bei einem Teil der Patienten in beiden Studien erwies sich Atriance als wirksam. In der ersten Studie sprachen nach einem Monat 5 (13 %) der 39 Kinder und jungen Erwachsenen, deren Krebs auf zwei oder mehr vorangegangene Behandlungen nicht angesprochen hatte, vollständig auf die Behandlung an, d. h., sie wiesen keine Anzeichen der Krankheit und normale Blutwerte auf. Bei der zweiten Studie sprachen von den 28 Erwachsenen und Jugendlichen, deren Krebs auf zwei oder mehr vorangegangene Behandlungen nicht angesprochen hatte, 5 (18 %) vollständig auf die Behandlung an. Bei beiden Studien zeigten mehr Patienten ein teilweises Ansprechen auf die Behandlung mit Atriance, und ihre Blutwerte gingen auf normale Werte zurück.
Welches Risiko ist mit Atriance verbunden?
Sehr häufige Nebenwirkungen von Atriance bei Erwachsenen (beobachtet bei mehr als 1 von 10 Patienten) sind Infektionen, febrile Neutropenie (mit Fieber einhergehende verminderte Anzahl von weißen Blutkörperchen), Neutropenie (verminderte Anzahl von weißen Blutkörperchen), Thrombozytopenie (verminderte Zahl der Blutplättchen), Anämie (verminderte Zahl der roten Blutkörperchen), Somnolenz (Schläfrigkeit), periphere Neuropathie (Nervenschäden in den Extremitäten), Hypoästhesie (verringerte Berührungsempfindlichkeit), Parästhesie (ungewöhnliche Empfindungen wie Kribbeln und Prickeln), Schwindel, Kopfschmerzen, Dyspnoe (Kurzatmigkeit),
Husten, Diarrhö (Durchfall), Erbrechen, Verstopfung, Nausea (Übelkeit), Myalgie (Muskelschmerzen), Ödeme (Schwellungen), periphere Ödeme (Schwellungen der Knöchel und Füße), Pyrexie (Fieber), Schmerzen, Fatigue (Erschöpfung) sowie Asthenie (Schwächegefühl). Die meisten dieser Nebenwirkungen traten auch sehr häufig bei Kindern auf.
Bei Patienten unter Atriance traten zudem schwere Nebenwirkungen auf, die das Gehirn und das Nervensystem betrafen, einschließlich Somnolenz, Konvulsionen und peripherer Neuropathien, die zu Taubheitsgefühlen, Empfindungsstörungen, Schwäche und sogar Lähmung führten. Die Patienten sollten engmaschig auf diese Nebenwirkungen untersucht werden, ggf. ist die Behandlung abzubrechen.
Die vollständige Auflistung aller Nebenwirkungen und Einschränkungen im Zusammenhang mit Atriance ist der Packungsbeilage zu entnehmen.
Warum wurde Atriance zugelassen?
Der CHMP stellte fest, dass aufgrund der geringen Anzahl von Patienten mit diesen Krankheiten nur begrenzte Informationen zur Stützung der Genehmigung von Atriance vorliegen, kam aber darin überein, dass das Arzneimittel manchen Patienten ermöglicht, später eine Knochenmarktransplantation zu erhalten, was wiederum ihre Überlebenschance erhöht. Daher gelangte der Ausschuss zu dem Schluss, dass der Nutzen von Atriance gegenüber den Risiken überwiegt, und empfahl, die Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erteilen.
Atriance wurde unter „außergewöhnlichen Umständen" zugelassen. Dies bedeutet, dass es aufgrund der Seltenheit der Krankheit nicht möglich war, vollständige Informationen zu Atriance zu erlangen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur wird jedes Jahr sämtliche neuen Informationen prüfen, die verfügbar werden, und die vorliegende Zusammenfassung wird gegebenenfalls aktualisiert.
Welche Informationen werden für Atriance noch erwartet?
Da Atriance unter „außergewöhnlichen Umständen" zugelassen wurde, wird der Hersteller von Atriance weitere Informationen zur Sicherheit von Atriance bei Kindern und jungen Erwachsenen aus einer Studie, bei der Atriance in Kombination mit anderen Krebsarzneimitteln genommen wird, vorlegen.
Welche Maßnahmen werden zur Gewährleistung der sicheren und wirksamen Anwendung von Atriance ergriffen?
Es wurde ein Risikomanagementplan entwickelt, um sicherzustellen, dass Atriance so sicher wie möglich angewendet wird. Auf der Grundlage dieses Plans wurden Sicherheitsinformationen in die Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und die Packungsbeilage für Atriance aufgenommen, einschließlich geeigneter Vorsichtsmaßnahmen für medizinisches Fachpersonal und Patienten.
Weitere Informationen über Atriance
Am 22. August 2007 erteilte die Europäische Kommission eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Atriance in der gesamten Europäischen Union.
Den vollständigen Wortlaut des EPAR für Atriance finden Sie auf der Website der Agentur: ema.europa.eu/Find medicine/Human medicines/European public assessment reports. Wenn Sie weitere Informationen zur Behandlung mit Atriance benötigen, lesen Sie bitte die Packungsbeilage (ebenfalls Teil des EPAR) oder wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker.
Die Zusammenfassung des Gutachtens des Ausschusses für Arzneimittel für seltene Leiden zu Atriance finden Sie auf der Website der Agentur unter: ema.europa.eu/Find medicine/Human medicines/Rare disease designation.
Diese Zusammenfassung wurde zuletzt im 06-2015 aktualisiert.
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