Amitriptylin Mylan 25 Mg Hartkapseln, Retardiert
Fachinformation
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Amitriptylin-dura 25 mg retard, Hartkapseln, retardiert Amitriptylin-dura 75 mg retard, Hartkapseln, retardiert
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Amitriptylin-dura 25 mg retard:
Jede Hartkapsel, retardiert enthält 25 mg Amitriptylinhydrochlorid. Amitriptylin-dura 75 mg retard:
Jede Hartkapsel, retardiert enthält 75 mg Amitriptylinhydrochlorid. Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Hartkapsel, retardiert
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1. Anwendungsgebiete
Depressive Erkrankungen
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Dosierung
Dosierung und Dauer der Anwendung müssen der individuellen Reaktionslage, dem Anwendungsgebiet und der Schwere der Erkrankung angepasst werden.
Es gilt hier, dass zwar bei einem Ansprechen des Patienten die Dosis so klein wie möglich gehalten werden sollte, dass auf der anderen Seite aber bei einem Nichtansprechen der zur Verfügung stehende Dosierungsbereich ausgenutzt werden sollte.
Ältere Patienten benötigen oft eine deutlich geringere Dosis und zeigen schon häufig bei der Hälfte der üblichen Tagesdosis einen zufriedenstellenden Behandlungseffekt.
Auch bei geschwächten Patienten und Patienten mit zerebralen oder kardialen Schädigungen sowie bei Kreislauf- und Atemschwäche oder bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist eine Dosisreduktion von Amitriptylinhydrochlorid angezeigt.
Zur ambulanten Behandlung depressiver Erkrankungen wird eine Anfangsdosis von 50-75 mg Amitriptylin/Tag empfohlen z. B. 2-3-mal 1 Hartkapsel, retardiert Amitriptylin-dura 25 mg retard oder 1-mal 1 Hartkapsel, retardiert Amitriptylin-dura 75 mg retard.
Die Dosis sollte dann täglich bis zum Wirkungseintritt gesteigert werden. Die maximale Tagesdosis darf ambulant 150 mg, stationär 300 mg Amitriptylin nicht übersteigen.
Ist eine schlafanstoßende Wirkung besonders gewünscht, kann ein größerer Teil der Tagesdosis zur Nacht gegeben werden.
Kinder und Jugendliche
Bei der Behandlung depressiver Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die mit Amitriptylin nur im Ausnahmefall behandelt werden sollten (siehe Abschnitt 4.4), wird Amitriptylin in einer oralen Tagesdosierung zwischen 25 und 150 mg oder bis zu einer Maximaldosis von 4-5 mg/kg Körpergewicht eingesetzt.
Art der Anwendung
Die Einnahme erfolgt zu oder unabhängig von den Mahlzeiten unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit. Die einleitende Behandlung ist durch schrittweise Dosissteigerung und die Beendigung der Behandlung durch langsame Verringerung der Dosis vorzunehmen.
Dauer der Anwendung
Über die Dauer der Behandlung muss der Arzt individuell entscheiden. Die mittlere Dauer einer Behandlungsperiode bis zum Nachlassen der Krankheitserscheinungen beträgt im Allgemeinen mindestens 4-6 Wochen.
Nach Rückbildung der depressiven Symptomatik sollte die Behandlung noch wenigstens 6 Monate weiter geführt werden. Über eine Reduktion der Erhaltungsdosis hat der behandelnde Arzt im Einzelfall zu entscheiden.
4.3 Gegenanzeigen
Amitriptylin-dura darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile
- akuten Alkohol-, Schlafmittel-, Schmerzmittel- und Psychopharmakavergiftungen
- Harnretention
- Delirien
- unbehandeltem Engwinkelglaukom
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung
- Pylorusstenose
- paralytischem Ileus
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Suizid/Suizidgedanken oder klinische Verschlechterung:
Depressive Erkrankungen sind mit einem erhöhten Risiko für die Auslösung von Suizidgedanken, selbstschädigendem Verhalten und Suizid (Suizid-bezogene Ereignisse) verbunden. Dieses erhöhte Risiko besteht, bis es zu einer signifikanten Linderung der Symptome kommt. Da diese nicht unbedingt schon während der ersten Behandlungswochen auftritt, sollten die Patienten daher bis zum Eintritt einer Besserung engmaschig überwacht werden. Die bisherige klinische Erfahrung zeigt, dass das Suizidrisiko zu Beginn einer Behandlung ansteigen kann.
Bei Patienten mit suizidalem Verhalten in der Anamnese oder solchen, die vor der Therapie ausgeprägte Suizidabsichten hatten, ist das Risiko für die Auslösung von Suizidgedanken oder -versuchen erhöht. Sie sollten daher während der Behandlung besonders sorgfältig überwacht werden. Eine Meta-Analyse von Placebo-kontrollierten klinischen Studien zur Anwendung von Antidepressiva bei Erwachsenen mit psychiatrischen Störungen zeigte für Patienten unter 25 Jahren, die Antidepressiva einnahmen, ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten im Vergleich zu Placebo.
Die Arzneimitteltherapie sollte mit einer engmaschigen Überwachung der Patienten, vor allem der Patienten mit hohem Suizidrisiko, insbesondere zu Beginn der Behandlung und nach Dosisanpassungen einhergehen. Patienten (und deren Betreuer) sind auf die Notwendigkeit einer Überwachung hinsichtlich jeder klinischen Verschlechterung, des Auftretens von suizidalem Verhalten oder Suizidgedanken und ungewöhnlicher Verhaltensänderungen hinzuweisen. Sie sollten unverzüglich medizinischen Rat einholen, wenn derartige Symptome auftreten.
Verlängerung des QT-Intervalls
Fälle einer Verlängerung des QT-Intervalls und von Arrhythmien wurden nach der Zulassung gemeldet. Bei Patienten mit signifikanter Bradykardie, bei Patienten mit nichtkompensierter Herzinsuffizienz oder bei Patienten, die gleichzeitig QT-Intervall verlängernde Medikamente erhalten, ist zur Vorsicht geraten. Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hyperkaliämie, Hypomagnesiämie) führen bekanntermaßen zu einem erhöhten Risiko von Arrhythmien.
Ein plötzliches Absetzen einer längerfristigen hochdosierten Behandlung mit Amitriptylin sollte vermieden werden, da hier mit Absetzsymptomen wie Unruhe, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Erbrechen und Schlafstörungen zu rechnen ist.
Bei Auftreten einer manischen Verstimmung ist dieses Arzneimittel sofort abzusetzen. Das gleiche gilt für das Auftreten akut produktiver Symptome bei der Behandlung depressiver Syndrome im Verlauf schizophrener Erkrankungen.
Amitriptylinhydrochlorid kann die Krampfschwelle erniedrigen, daher kann es bei erhöhter Anfallsbereitschaft (z.B. Entzugssyndrom nach abruptem Absetzen von Benzodiazepinen) vermehrt zu Krampfanfällen kommen.
Amitriptylin-dura darf nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung und entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen angewendet werden bei:
- Prostatahyperplasie ohne Restharnbildung
- schweren Leber- oder Nierenschäden
- erhöhter Krampfbereitschaft
- Störungen der Blutbildung
- Hypokaliämie
- Bradykardie
- angeborenem langen QT-Syndrom oder anderen klinisch signifikanten kardialen Störungen (insbesondere koronare Herzkrankheit, Erregungsleitungsstörungen, Arrhythmien)
- gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die ebenfalls das QT-Intervall im EKG verlängern oder eine Hypokaliämie hervorrufen können (siehe Abschnitt 4.5)
Während die sedierende Wirkung von Amitriptylin meist unmittelbar in den ersten Stunden einsetzt, ist die stimmungsaufhellende Wirkung in der Regel erst nach 1 bis 3 Wochen zu erwarten.
Dem jeweiligen Risiko entsprechend (Auftrittswahrscheinlichkeit der Nebenwirkung und Risikolage des Patienten) sind in regelmäßigen Abständen Kontrollen von Blutdruck, EKG, Blutbild, Leberfunktion und ggf. EEG vorzunehmen. Eine bestehende Hypokaliämie ist vor Behandlungsbeginn auszugleichen.
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Amitriptylin sollte nicht zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren angewendet werden. In Studien zur Behandlung von Depressionen in dieser Altersgruppe zeigten trizyklische Antidepressiva keinen therapeutischen Nutzen. Studien mit anderen Antidepressiva (SSRI, SNRI) haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von suizidalem Verhalten, Selbstschädigung und feinseligem Verhalten im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Wirkstoffe gezeigt. Diese Risiken können für Amitriptylin nicht ausgeschlossen werden. Außerdem ist Amitriptylin in allen Altersgruppen mit einem Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen verbunden. Darüber hinaus liegen keine Daten zur Sicherheit bei Langzeitanwendung bei Kindern und Jugendlichen bezüglich Wachstum, Reifung sowie zur kognitiven Entwicklung und Verhaltensentwicklung vor (siehe Abschnitt 4.8).
Ältere und geschwächte Patienten
Bei älteren oder geschwächten Patienten sowie Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislauf- und Atmungsschwäche (chronisch obstruktive Ateminsuffizienz) sowie eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist Vorsicht geboten (Dosierungsanleitung beachten!).
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Die Wirkung von Alkohol und die Wirkung anderer zentraldämpfend wirkender Arzneimittel kann bei gleichzeitiger Einnahme von Amitriptylin-dura verstärkt werden. Während der Behandlung darf kein Alkohol zu sich genommen werden.
Bei gleichzeitiger Verabreichung anderer Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung ist mit einer Verstärkung peripherer und zentraler Effekte (insbesondere einem Delir) zu rechnen.
Die Wirkung sympathomimetischer Amine auf das vegetative Nervensystem kann durch gleichzeitige Gabe von Amitriptylin-dura erheblich verstärkt werden, z. B. bei vasokonstringierenden Zusätzen bei Lokalanästhetika.
MAO-Hemmer vom irreversiblen Hemmtyp sollen in jedem Fall mindestens 14 Tage vor Beginn der Behandlung mit Amitriptylin-dura abgesetzt werden. Andernfalls muss mit schweren Nebenwirkungen wie Erregung, Delir, Koma, Hyperpyrexie, Krampfanfällen und starken Blutdruckschwankungen gerechnet werden.
Bei therapieresistenten Depressionen und unter Beachtung aller notwendigen Vorsichtsmaßnahmen und unter langsamer Dosissteigerung ist eine zusätzliche Gabe von MAO-Hemmern im Einzelfall möglich.
Bei gleichzeitiger oder vorausgegangener Anwendung von Fluoxetin oder Fluvoxamin kann es durch Substratkonkurrenz zu einem Anstieg der Plasmakonzentration von Amitriptylin kommen. Es ist daher gegebenenfalls eine Dosisreduktion von Amitriptylin, Fluoxetin oder Fluvoxamin erforderlich.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die Wirkstoffe aus Johanniskraut (Hypericum) enthalten, kann die Konzentration von Amitriptylin im Blut verringert und dadurch die Wirksamkeit von Amitriptylin abgeschwächt werden.
Es kann zu einer Wirkungsabschwächung von Antihypertensiva vom Typ des Guanethidin bzw. des Clonidin kommen. Bei mit Clonidin behandelten Patienten besteht die Gefahr einer ReboundHypertension.
Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern (z. B. Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Cisaprid, Antibiotika, Malaria-Mittel, Antihistaminika, Neuroleptika), kann zu einer Hypokaliämie führen (z. B. bestimmte Diuretika) oder den hepatischen Abbau von Amitriptylin hemmen können (z.B. MAO-Hemmer, Imidazol-Antimykotika) ist zu vermeiden.
Amitriptylinhydrochlorid kann die Wirkung von Cumarin-Derivaten (z. B. Phenprocoumon) beeinflussen. Bei gleichzeitiger Einnahme von Amitriptylinhydrochlorid und Cumarinen ist eine fortlaufende Kontrolle der Blutgerinnungswerte erforderlich.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Zur Anwendung von Amitriptylin in der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Tierexperimentelle Studien haben nach hohen Dosen Amitriptylin Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe Abschnitt 5.3). Das potentielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt.
Amitriptylin sollte während der Schwangerschaft, insbesondere im ersten sowie im letzten Trimenon nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist dringend erforderlich.
Nach Gabe höherer Dosierungen von Antidepressiva vor der Geburt wurden beim Neugeborenen Entzugserscheinungen in Form von Störungen der Herz- und Atemfunktion, Harn- und Stuhlentleerung sowie Unruhe beobachtet.
Stillzeit
Amitriptylin und seine Metabolite gehen in die Muttermilch über (Milch/Plasma-Ratio ca. 1). Daher sollte es nicht während der Stillzeit eingenommen werden. Bei zwingender Indikation sollte abgestillt werden.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Amitriptylin-dura beeinträchtigt - wenn auch individuell unterschiedlich - die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen. Dies gilt in besonderem Maße bei Behandlungsbeginn, bei Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit anderen zentral wirkenden Arzneimitteln (Schmerzmittel, Schlafmittel, Psychopharmaka). Gleichzeitiger Genuss von Alkohol verschlechtert die Verkehrstüchtigkeit zusätzlich.
Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten ganz unterbleiben, zumindest jedoch während der ersten Tage der Behandlung unterlassen werden. Die Entscheidung ist in jedem Einzelfall durch den behandelnden Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung zu treffen.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig (>1/10), Häufig (>1/100 bis <1/10), Gelegentlich (>1/1.000 bis <1/100), Selten (>1/10.000 bis <1/1.000), Sehr selten (<1/10.000).
Sehr häufig
können insbesondere zu Beginn der Behandlung auftreten: Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwitzen, Schwindel, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Aggression, Sprachstörungen, Tremor, Akkommodationsstörungen, Obstipation, Gewichtszunahme und meist passageres Ansteigen der Leberenzymaktivität.
Häufig
kommt es zu Miktionsstörungen, innerer Unruhe, Hyponatriämie, Durstgefühl, Hautausschlägen, Libidoverlust bzw. Impotenz. Bei älteren Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von deliranten Syndromen.
Elektrokardiogramm QT verlängert, Ataxie, Störungen des Geschmacksvermögens, Konzentrationsmangel, Mydriasis.
Gelegentlich
kann es zu Kollapszuständen, Hypertonie, paralytischem Ileus, Diarrhoe, Harnsperre, Blutbildveränderungen (insbesondere Leukopenien), Galaktorrhoe, Leberfunktionsstörungen (z. B. cholestatische Hepatose) und Erregungsleitungsstörungen kommen. Eine bestehende Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) kann verstärkt werden.
Tinnitus, Angst, Paranoia, Manie. Allergische Reaktionen der Haut, wie z. B. allergische Vaskulitis, und Ödeme (z.B. Gesicht und Zunge) können auftreten. In einem Fall wurde eine Hypersensitivitätsmyokarditis beobachtet.
Selten
Alopezie, Anorexie, Vergrößerung der Speicheldrüse, Photosensibilisierung, Halluzinationen, Gynäkomastie, Hyperthermie.
Sehr selten
können durch Amitriptylin Agranulozytose, zerebrale Krampfanfälle, motorische Störungen (Akathisie, Dyskinesien), Polyneuropathien, Glaukomanfälle, allergische Entzündungen der Lungenbläschen bzw. des Lungengewebes (Alveolitis, Löffler-Syndrom) oder Kardiomyopathien ausgelöst werden.
Hinweise:
Fälle von suizidalen Gedanken oder suizidalem Verhalten während der Therapie mit Amitriptylin oder kurze Zeit nach Beendigung der Behandlung sind berichtet worden (siehe Abschnitt 4.4).
Amitriptylin kann das QT-Intervall im EKG verlängern; sehr selten sind Torsades de Pointes aufgetreten. In diesen Fällen ist die Behandlung mit Amitriptylin abzubrechen.
Bei Patienten mit einem hirnorganischen Psychosyndrom ist die mögliche Erzeugung eines pharmakogenen Delirs zu bedenken.
Bei Kindern besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Karies. Es wird empfohlen, verstärkt auf die tägliche Zahnpflege zu achten.
Klasseneffekte
Epidemiologische Studien, die hauptsächlich an Patienten im Alter von 50 Jahren und älter durchgeführt wurden, zeigen ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche bei Patienten, die selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) oder trizyklische Antidepressiva (TCAs) einnehmen. Der Mechanismus, der diesem Risiko zugrunde liegt, ist unbekannt.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de, anzuzeigen.
4.9 Überdosierung
Trizyklische Antidepressiva zeichnen sich durch eine erhebliche akute Toxizität aus. Kinder bzw. Kleinkinder sind besonders gefährdet.
Symptome einer Überdosierung
Überdosierungen mit Amitriptylin sind in erster Linie - abhängig von der aufgenommenen Menge -gekennzeichnet durch die unterschiedlichen Stadien einer ZNS-Beeinträchtigung (Verwirrung, Erregungszustände bis zu Krampfanfällen, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, Atemdepression bis Atemstillstand) sowie Herz-Kreislauf-Symptome (Hypotonie, Tachykardie, EKG-Veränderungen wie PQ-, QT-Intervallverlängerung, Torsades de Pointes, AV-Block II. oder III. Grades). Außerdem können anticholinerge Symptome (trockene Schleimhäute, Sehstörungen, Obstipation, Oligurie, Anurie) und eine metabolische Azidose auftreten.
Die Vergiftungssymptome treten meist innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme auf und sind nach 24 Stunden voll ausgeprägt. Wegen der langen Halbwertzeiten und des enterohepatischen Kreislaufes, dem trizyclische Antidepressiva unterliegen, sind diese Patienten über einen Zeitraum von 4 bis 6 Tagen gefährdet.
Maßnahmen bei Überdosierung
So rasch wie möglich ist eine intensivmedizinische Behandlung einzuleiten. Innerhalb von 1-2 Stunden nach Einnahme kann eine Magenspülung aussichtsreich sein, gefolgt von der wiederholten Gabe von Aktivkohle. Die weitere Therapie erfolgt symptomatisch. Zum Einsatz kommen Volumensubstitution, Antikonvulsiva und u. U. auch Antiarrhythmika. Eine Alkalisierung des Plasmas mit Natriumhydrogencarbonat bzw. -lactat hat sich auch in der Behandlung der kardialen Komplikationen gut bewährt.
Bei schweren Vergiftungen (Bewusstlosigkeit, Herzrhythmusstörungen) bzw. Auftreten eines anticholinergen Syndroms steht zur Anwendung unter intensivmedizinischen Bedingungen (EKG-Kontrolle!) als Antidot Physostigminsalicylat zur Verfügung.
Auf Grund des großen Verteilungsvolumens und der relativ starken Plasma-Eiweiß-Bindung dürften forcierte Diurese oder Hämodialyse bei reinen Amitriptylin-Vergiftungen nur von geringem Nutzen sein.
PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
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5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: trizyklische Antidepressiva ATC-Code: N06AA09
Amitriptylin ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der trizyklischen Antidepressiva mit ausgeprägter sedierender Wirkungskomponente. Darüber hinaus zeigt Amitriptylin eine antinozizeptive Wirkung. Akut gegeben, zeigt Amitriptylin eine starke Hemmwirkung auf die neuronale Aufnahme von Noradrenalin und Serotonin und antagonistische Eigenschaften an den M-Cholinrezeptoren (M1 und M2), Histaminrezeptoren (H1 stärker als H2), an a-Adrenozeptoren (a1 stärker als a2) und Serotoninrezeptoren (5-HT2 stärker als 5-HT1).
Amitriptylin ist in allen verhaltenspharmakologischen und biochemisch-pharmakologischen Experimenten, die derzeit als Modelle bei der Suche nach antidepressiven Substanzen benutzt werden, wirksam.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Nach oraler Gabe wird Amitriptylin langsam aber vollständig resorbiert. Auf Grund der häufig verzögerten Magen-Darm-Passage werden maximale Plasmakonzentrationen erst nach 1 bis 5 (-8) Stunden erreicht.
Die systemische Bioverfügbarkeit beträgt im Verhältnis zur intravenösen Injektion etwa 50%. Verteilung
Auf Grund seiner großen Lipophilie wird Amitriptylin im ganzen Organismus verteilt. Das Verteilungsvolumen beträgt 14 bis 18 l/kg.
Amitriptylin wird stark an Gewebs- und Plasma-Eiweiße gebunden; nur 3-6% liegen frei im Plasma vor (der aktive Metabolit Nortriptylin zu 8-13%).
Sowohl Amitriptylin als auch Nortriptylin treten in die Muttermilch über.
Biotransformation
Amitriptylin wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert. Der durch N-Demethylierung (CYP3A4) entstehende Hauptmetabolit Nortriptylin ist ebenfalls pharmakologisch aktiv. Amitriptylin und Nortriptylin werden anschließend hydroxyliert; die entstehenden 10-Hydroxy-Metabolite besitzen noch etwa die Hälfte der biologischen Aktivität von Amitriptylin.
Etwa 3-5% der Bevölkerung sind aufgrund genetisch bedingter Unterschiede im Cytochrom P450-System „poor metabolizer“ bzw. „schlechte Hydroxylierer“. Bei diesen Patienten können deshalb sehr hohe Plasmaspiegel auftreten.
Offenbar auf Grund verminderter Biotransformation treten bei älteren Patienten höhere Plasmakonzentrationen auf.
Elimination
Die Ausscheidung der Metabolite erfolgt in freier oder konjugierter Form. Unverändertes Amitriptylin wurde nur in geringen Mengen im Urin gefunden.
Die Plasma-Halbwertszeit von Amitriptylin beträgt nach oraler Gabe ca. 10 bis 28 Stunden; bei älteren Menschen ist die Halbwertszeit verlängert.
Die Plasma-Clearance wird mit 0,17-0,32 l/kg/h und für ältere Probanden mit 0,18-0,45 l/kg/h angegeben.
Pathophysiologische Variationen
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist die Konzentration an unkonjugierten Metaboliten im Plasma gegenüber nierengesunden Patienten verringert, dagegen ist die Konzentration an konjugierten Metaboliten stark erhöht.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In vitro blockiert Amitriptylin exprimierte HERG-Kanäle in mikromolaren Konzentrationen, die im oberen Bereich therapeutischer Plasmakonzentrationen liegen. Diese Kanäle sind für die Repolarisation im Herz verantwortlich. Daher hat Amitriptylin das Potential, bestimmte Formen von Kammerherzrhythmusstörungen (Torsades de Pointes) auszulösen.
Eine eingeschränkte Mutagenitätsprüfung mit Amitriptylin ergab keine Hinweise auf ein für die Anwendung relevantes mutagenes Potential.
Langzeituntersuchungen auf ein tumorerzeugendes Potential wurden nicht durchgeführt.
In Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität wurden nach sehr hohen Dosen bei verschiedenen Tierspezies fetotoxische und teratogene Effekte beobachtet. Von anderen Antidepressiva liegen Hinweise auf Verhaltensstörungen der pränatal exponierten Nachkommen im Tierexperiment vor. Für Amitriptylin sind keine entsprechenden Angaben bekannt.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile:
Amitriptylin-dura 25 mg retard
Mikrokristalline Cellulose (als Cellulose-Pellets)
Talkum
Ascorbinsäure
Hypromellose
Ethylcellulose
Dibutyldecandioat
Gelatine
Titandioxid (E 171)
Eisen (II,III)oxid Eisen(III)hydroxid-oxid (E172)
Patentblau (E131)
Erythrosin (E127)
Amitriptylin-dura 75 mg retard:
Mikrokristalline Cellulose (als Cellulose-Pellets)
Talkum
Ascorbinsäure
Hypromellose
Ethylcellulose
Dibutyldecandioat
Gelatine
Titandioxid (E 171)
Eisen(II,III)oxid (E 172)
Indigocarmin (E 132)
Erythrosin (E 127).
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
PVC/COC/PVdC- oder PVC/PE/PVdC-Aluminium Blisterpackungen mit 20, 50 und 100 Hartkapseln, retardiert. Klinikpackung mit 500 Hartkapseln, retardiert. Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Mylan dura GmbH Postfach 10 06 035 64206 Darmstadt
8. ZULASSUNGSNUMMER(N)
10035.00.00
10035.02.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung: 24. Juli 1989
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 20. Januar 2005
10. STAND DER INFORMATION
Juni 2016
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig