Anafranil 10
Fachinformation Anafranil 10 mg
1. Bezeichnung der Arzneimittel
Anafranil 10mg
Wirkstoff: Clomipraminhydrochlorid
2. Verschreibungsstatus/
Apothekenpflicht
Verschreibungspflichtig
3. Zusammensetzung der Arzneimittel
3.1 Stoff- oder Indikationsgruppe Antidepressiva
3.2 Arzneilich wirksamer Bestandteil
Die Wirksubstanz hat folgende Strukturformel und Bezeichnung:
Clomipraminhydrochlorid
Das Molekulargewicht beträgt: 351,32
1 Dragee enthält:
10 mg Clomipraminhydrochlorid
3.3 Sonstige Bestandteile
Cellulose, Copovidon, Eisenoxid gelb E 172, Laktose, Macrogol, Magnesium(stearat, palmitat, oleat), Maisstärke, Poly(O-2-hydroxypropyl,O-methyl)cellulose, Povidon, Saccharose, Siliciumdioxid, Talkum, Titandioxid E 171.
4. Anwendungsgebiete
- Depressive Syndrome unabhängig von ihrer nosologischen Einordnung
- Zwangsstörungen
- Phobien und Panikstörungen
- Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes
- Schlaflähmung, Kataplexie, hypnagoge Halluzinationen bei Narkolepsie
Funktionelle Enuresis nocturna (nach dem 5. Lebensjahr und nach Ausschluß organischer Ursachen) im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes
5. Gegenanzeigen
Absolute:
Kombination mit MAO-Hemmern (s. Wechselwirkungen); akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmaka-Intoxikationen; akute Delirien; unbehandeltes Engwinkelglaukom; akutes Stadium des Herzinfarktes; akuter Harnverhalt; Pylorusstenose; paralytischer Ileus; schwere Leber- und Nierenschäden; bekannte Überempfindlichkeit gegen Clomipramin, einen anderen der Bestandteile oder andere trizyklische Antidepressiva.
Relative:
Miktionsstörungen infolge Abflußbehinde rung (z. B. Prostatahypertrophie); erhöhte Krampfbereitschaft wie bei Epilepsie, Alkoholismus (Alkoholentzug), Absetzen von antikonvulsiven Stoffen (z. B. Benzodiazepine), gleichzeitigem Gebrauch von Neuroleptika, Hirnschäden; Störungen der Blutbildung; kardiale Vorschädigung insbesondere Erregungsleitungsstörungen (Hierbei sollten Patienten mit vorbestehendem AV-Block I. Grades oder anderen Erregungsleitungsstörungen nur unter engmaschigen EKGKontrollen, Patienten mit vorbestehenden höhergradigen AV-Blockierungen oder diffusen supraventrikulären oder ventrikulären Erregungsleitungsstörungen möglichst nicht mit Anafranil behandelt werden.); Nebennierenmarktumoren (z. B. Phäochromozytom, Neuroblastom), da hypertensive Krisen auftreten können.
Schwangerschaft siehe unter 14. ”Sonstige Hinweise”.
6. N ebenwirkungen
Die Nebenwirkungen sind üblicherweise leichter und vorübergehender Natur und verschwinden im Laufe der Behandlung oder mit Dosisreduktion. Sie korrelieren aber nicht immer mit der Dosis oder Plasmakonzentration. Oft ist es zudem schwierig, unerwünschte Effekte von Symptomen der Depression wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Agitation, Angst, Obstipation und Mundtrokkenheit abzugrenzen. Wenn schwerwiegende neurologische oder psychische Reaktionen eintreten, sollte Anafranil abgesetzt werden.
Ältere Menschen reagieren besonders empfindlich auf anticholinerge, neuronale, psychische oder kardiovaskuläre Effekte. Ihre Fähigkeit, Präparate zu metabolisieren und auszuscheiden, kann reduziert sein, so daß die Gefahr erhöhter Plasmakonzentrationen auch unter therapeutischen Dosen besteht.
Häufigkeitsverhältnisse: Häufig: mehr als 10 %, gelegentlich: 1 bis 10 %, selten: weniger als 1 %, vereinzelt: in Einzelfällen
Psyche
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Benommenheit, Müdigkeit, Schläfrigkeit, innere Unruhe und Appetitsteigerung. Gelegentlich: Verwirrtheitszustände, Desorientiertheit, Halluzinationen (insbesondere bei älteren Patienten oder Parkinson-Kranken), Angstzustände, Erregung, Schlafstörungen, Hypomanie oder Manie, Persönlichkeitsstörungen, Aggressivität, Gedächtnisund Konzentrationsstörungen, Depersonalisation, verstärkte Depression, Alpträume, Gähnen.
Selten: Aktivierung psychotischer Symptome.
Nervensystem
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Schwindel, Tremor, Kopfschmerzen, Myoklonien.
Gelegentlich: Delir, Sprachstörungen, Parästhesien, Muskelschwäche, Muskelhypertonie.
Selten: Konvulsionen, Ataxie, Akathisie, Dyskinesien.
Vereinzelt: EEG-Veränderungen, Polyneuropathien, Hyperpyrexie.
Vegetativum (anticholinerge Effekte)
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Mundtrockenheit, Schwitzen, Obstipation, visuelle Akkommodationsstörungen und verschwommenes Sehen sowie Miktionsstörungen.
Gelegentlich: Hitzewallungen, Mydriasis. Vereinzelt: Glaukom, Harnsperre.
Herz-Kreislauf-System
Häufig, insbesondere zu Behandlungsbeginn: Hypotonie, orthostatische Dysregulation und Tachykardie.
Gelegentlich: Palpitationen sowie klinisch irrelevante EKG-Veränderungen beim Herzgesunden (z. B. T- und ST-Veränderungen). Selten: Arrhythmie, Blutdrucksteigerung, Kollapszustände.
Vereinzelt: Reizleitungsstörungen (z. B. QRS-Verbreiterung, PQ-Veränderungen, Schenkelblock) sowie Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz.
Magen-Darm-System
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Übelkeit.
Gelegentlich: Erbrechen, abdominale Beschwerden, Diarrhoe, Anorexie, Geschmacksstörungen und Durstgefühl. Selten: paralytischer Ileus.
Leber- und Gallensystem
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Passagerer Anstieg der Leberenzymaktivitäten (meist Transaminasen).
Vereinzelt: Hepatitis mit oder ohne Ikterus.
Haut undAnhangsgebilde
Gelegentlich: Allergische Hautreaktionen (Exanthem, Urtikaria), Pruritus und Photosensibilität.
Vereinzelt: Ödeme (lokal oder generalisiert), Haarausfall.
Hormonsystem
Häufig, insbesondere bei Behandlungsbeginn: Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen (Störung von Libido und Potenz).
Gelegentlich: Galaktorrhoe, Gynäkomastie. Vereinzelt: SIADH (Syndrom der inappropriaten Ausschüttung von antidiuretischem Hormon).
Überempfindlichkeit
Vereinzelt: Allergische Alveolitis mit oder ohne Eosinophilie, anaphylaktische/anaphylaktoide Reaktionen mit Hypotonie.
Blutsystem
Selten: Blutbildveränderungen.
Vereinzelt: Leukopenie, Agranulozytose, Eosinophilie, Thrombozytopenie und Purpura.
Sinnesorgane
Gelegentlich: Geschmacksstörungen, Tinnitus.
Verschiedenes
Vereinzelt: lokale Reaktionen nach i.v.-Injektionen (Thrombophlebitiden, Lymphangitiden, Brennen, allergische Reaktionen der Haut) und hohes Fieber (Hyperpyrexie).
Nach plötzlicher Unterbrechung der Behandlung gelegentlich: Absetzerscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Abdomen, Diarrhoe, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität und Angstgefühl.
7. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln
Soll Anafranil nach einer Behandlung mit MAO-Hemmern angewandt werden, ist ein Intervall von mindestens 14 Tagen einzuhalten, da sonst schwerwiegende unerwünschte Wirkungen (u. a. Hyperaktivität, Hochdruckkrisen, Hyperpyrexie, Spastizität, Konvulsionen, Myoklonien, Delirien, Koma) auftreten können. Dieselbe Vorsicht ist geboten, wenn MAO-Hemmer im Anschluß an eine Anafranil-Therapie verabreicht werden sollen. Nach o. g. Zeitraum sollte vorsichtig mit Anafranil bzw. MAO-Hemmern begonnen und die Dosierung langsam stufenweise erhöht werden, bis unter Überwachung eine optimale Einstellung erreicht ist. Es gibt Grund zu der Annahme, daß Anafranil bereits 24 Stunden nach einem reversiblen, A-selektiven MAO-Hemmer wie Moclobemid gegeben werden kann, aber das Zwei-Wochen-Intervall sollte bei umgekehrter Reihenfolge eingehalten werden.
Die Therapie mit Anafranil schließt eine zusätzliche Behandlung mit Neuroleptika, Hypnotika und Tranquilizern nicht aus. Dabei ist zu beachten, daß durch Neuroleptika die vegetativen Nebenwirkungen und durch alle hier aufgeführten Medikamentengruppen sowie Alkohol die sedierenden Eigenschaften verstärkt werden können.
Da Anafranil die blutdrucksenkende Wirkung von Clonidin sowie adrenerger Neuronenhemmer wie Guanethidin als auch Reserpin und Methyldopa vermindern bzw. aufheben kann mit der Gefahr einer Reboundhypertension bei Clonidinbehandlung, sollten - falls erforderlich - zur kombinierten Behandlung des hohen Blutdruckes Mittel eines anderen Wirkungstyps verwendet werden (z. B. Diuretika, β-Blocker).
Anafranil kann die Wirksamkeit von Antiarrhythmika besonders vom Typ Ia (z. B. Chinidin) und Typ III (z. B. Amiodaron) verstärken.
Bei gleichzeitiger Verabreichung kann Anafranil die kardiovaskuläre Wirkung von Sympathomimetika wie Adrenalin, Noradrenalin, Isoprenalin, Ephedrin und Phenylephrin (z. B. Lokalanästhetika), sowie von Nasentropfen, die Sympathikomimetika enthalten, verstärken.
In Kombination mit Anticholinergika, Neuroleptika mit anticholinerger Wirkung und Antiarrhythmika vom Chinidintyp können Erregungszustände bis delirante Syndrome sowie Glaukomanfälle ausgelöst werden. Die Wirkung von Anticholinergika (z. B. Atropin, Biperiden, Levodopa), zentraldämpfenden Substanzen (z. B. Barbiturate, Benzodiazepine, systemische Anästhetika) sowie die sympathikomimetische Wirkung von Katecholaminen kann verstärkt werden.
Gleichzeitige Anwendung von Anafranil und Phenytoin oder Carbamazepin kann zu erhöhten Konzentrationen der Antikonvulsiva im Plasma führen, was u. U. eine Dosisanpassung von Carbamazepin oder Phenytoin erforderlich macht. Methylphenidat, Östrogene und Cimetidin können die Plasmakonzentration von Anafranil erhöhen, weshalb ggf. eine Dosisreduktion von Anafranil durchgeführt werden sollte. Unter Methylphenidat wurde zusätzlich eine Steigerung der Wirkung von trizyklischen Antidepressiva beobachtet.
Neuroleptika können die Serumkonzentrationen der Trizyklika erhöhen; bei Kombination kann es zu erniedrigter Krampfschwelle und Anfällen kommen. Die Kombination mit Thioridazin kann zusätzlich zu schweren Herzarrhythmien führen.
Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren (SSRI) können zu additiven Effekten im serotonergen System führen. Fluoxetin und Fluvoxamin können zudem die Plasmakonzentrationen von Anafranil erhöhen mit entsprechenden Nebenwirkungen.
Trizyklische Antidepressiva können den antikoagulatorischen Effekt von Coumarinderivaten verstärken; die Überwachung des Plasma-Prothrombins ist daher angezeigt.
Substanzen, die das Abbausystem der Leber (Monooxygenase-Enzymsystem) aktivieren (z. B. Barbiturate, Carbamazepin, Phenytoin, Nikotin, orale Kontrazeptiva), können den Plasmaspiegel trizyklischer Antidepressiva senken und damit den antidepressiven Effekt vermindern.
8. Warnhinweise
Keine.
9. Wichtigste Inkompatibilitäten
Nicht bekannt.
10. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben
Die Behandlung ist grundsätzlich vom Arzt zu überwachen, insbesondere bei organischen Herzerkrankungen und im höheren Lebensalter. Die Dosierung ist individuell zu bestimmen und dem Krankheitsverlauf anzupassen.
Grundsätzlich sollte versucht werden, mit möglichst niedrigen Dosen und vorsichtiger Dosissteigerung einen optimalen Effekt zu erzielen. Das gilt vor allem bei Behandlung älterer und jugendlicher Patienten sowie Kindern, die auf Anafranil im allgemeinen stärker ansprechen als Erwachsene mittlerer Altersstufen.
Während der Behandlung sollten die Patienten bezüglich Wirkung und Verträglichkeit sorgfältig überwacht werden.
Im allgemeinen gelten folgende Dosierungsrichtlinien:
Panikstörungen (langsames Aufdosieren und Ausschleichen der Medikation):
Start mit einem Dragee Anafranil 10 mg pro Tag, u. U. zusätzlich und befristet ein Benzodiazepin. In Abhängigkeit von der Verträglichkeit Steigerung der Tagesdosis in 10-mg-Schritten bei schrittweiser Reduktion der Benzodiazepin-Dosis. Die wirksamen Anafranil-Tagesdosen liegen in der Regel zwischen 50 und 100 (150) mg. Bei Erreichen der wirksamen Dosis Übergang auf Anafranil 75 mg retard oder Anafranil 25 mg naheliegend. Bei stabilem Therapieerfolg, langsames Ausschleichen in 10-mg-Schritten unter Verwendung von Anafranil 10 mg.
Geriatrie:
Beginn mit 1 Dragee pro Tag.
Allmähliche Steigerung bis zu einer Dosis von täglich 3–5 Dragees, die nach etwa 10 Tagen erreicht sein sollte.
Die Behandlung mit dieser Dosis sollte über mehrere Wochen bis Monate weitergeführt werden. Das Ende der depressiven Phase ist durch vorsichtige Dosisreduktion zu ermitteln.
Pädiatrie:
Beginn mit 1 Dragee pro Tag.
Steigerung der Tagesdosis im Verlauf von 10 Tagen auf 2 Dragees bei 5- bis 7jährigen, auf 2–5 Dragees bei 8- bis 14jährigen, auf 5 Dragees und mehr bei über 14 Jahre alten Patienten. Die Dauer der Behandlung beträgt üblicherweise einige Monate.
Die jeweils angegebene Dosis ist, möglichst gleichmäßig über den Tag verteilt, zu oder nach den Mahlzeiten mit Flüssigkeit einzunehmen.
Bei Enuresis (bei Kindern ab 5 Jahren und nach Ausschluß organischer Ursachen) sollten die Dragees als Einzelgabe nach dem Abendessen verabreicht werden. Kinder, die früh einnässen, erhalten einen Teil der Dosis bereits um 16.00 Uhr. Nach Eintritt des Therapieerfolges stufenweise Senkung der Dosis bis zur Erhaltungsdosis und Fortführung der Therapie über 1–3 Monate.
Alternativ kann in der Erhaltungstherapie Anafranil 25 mg in einer Dosierung von 1–2 Dragees verwendet werden.
Für Kinder unter 5 Jahren liegen keine Erfahrungen mit Anafranil vor.
11. Art und Dauer der Anwendung
Mit dem Einsetzen der stimmungsaufhellenden bzw. depressionslösenden Wirkung ist in der Regel erst nach 1 bis 3 Wochen zu rechnen. Die mittlere Dauer einer Behandlungsperiode bis zur Remission der Symptomatik beträgt im allgemeinen mindestens 4 bis 6 Wochen.
Bei endogenen Depressionen soll nach Rückbildung der depressiven Symptomatik die Behandlung eventuell mit einer reduzierten (ambulanten) Dosis zur Remissionsstabilisierung für 4 bis 6 Monate weitergeführt werden.
Die Beendigung der Therapie ist durch langsame Verringerung der Dosis vorzunehmen.
12. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel
Die Symptome der Überdosierung mit Anafranil entsprechen denen, die für andere trizyklische Antidepressiva berichtet wurden. Kardiale und neurologische Störungen sind die Hauptkomplikationen. Bei Kindern ist die akzidentielle Einnahme jeder beliebigen Menge als ernst und potentiell fatal zu betrachten.
Symptome der Intoxikation
Die Intoxikationssymptome treten innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme von Überdosen ein und erreichen maximale Schwere nach 24 Stunden. Bedingt durch verzögerte Absorption (anticholinerger Effekt), lange Eliminationshalbwertzeit und enterohepatischer Rückresorption des Präparats, bestehen Risiken während 4 bis 6 Tagen.
Folgende Symptome können auftreten:
Zentralnervensystem:
Benommenheit, Schläfrigkeit, Verwirrung, Koma, Ataxie, Unruhe, Agitation, gesteigerte Reflexe, Muskelstarre, athetotische und choreatische Bewegungen, Konvulsionen.
Herz:
Arrhythmie, Tachykardie, Überleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, sehr selten Herzstillstand.
Außerdem können Atemdepression, Zyanose, Hypotonie, Schock, Erbrechen, Mydriasis, Schweißausbruch, Oligurie oder Anurie auftreten.
b) Therapie von Intoxikationen Jedweder Verdacht auf Einnahme einer Überdosis Anafranil - besonders bei Kindern - erfordert eine Hospitalisierung mit enger Überwachung für zumindest 72 Stunden. Die Verabreichung von Physostigmin ist umstritten, da das Risiko von epileptischen Anfällen, Bradykardie und Asystolie erhöht werden kann. Physostigmin kann jedoch verschiedene zentrale Intoxikationssymptome (Delir, Koma, Myoklonus, extrapyramidale Symptome) schnell und erfolgreich durchbrechen. Auch bei Intoxikationen mit tachykarden Rhythmusstörungen, die häufig mit ventrikulären Extrasystolen und/ oder Erregungsleitungsstörungen (Schen
Vorsicht bei Hypotonie.
Bei Überdosierung mit Physostigmin (Eliminationshalbwertzeit 20–40 Min.) ist Atropin das Mittel der Wahl. 0,5 mg Atropin antagonisieren etwa 1 mg Physostigmin. Eine klinisch-toxikologische Untersuchung von Blut bzw. Plasma, Urin und erster Magenspülflüssigkeit wird empfohlen.
Nach oraler Einnahme einer Überdosis sollte versucht werden, künstliches Erbrechen herbeizuführen, sofern der Patient bei Bewußtsein ist. Andernfalls ist eine Magenspülung erforderlich. Aktivkohle sollte verabreicht werden. Diese Maßnahmen können bis zur 12. Stunde empfohlen werden.
Bei allen Patienten mit EKG-Abnormitäten sollte auch nach Normalisierung des EKG’s die Herztätigkeit mindestens weitere 72 Stunden überwacht werden, da Rückfälle möglich sind.
Bei Überdosierung sind folgende Maßnahmen einzuleiten:
- Ateminsuffizienz: Intubation und künstliche Beatmung.
- Schwere Hypotonie: entsprechende Lagerung des Patienten. Verabreichung von Plasma-Expander, Dopamin oder Dobutamin als Tropfinfusion.
- Herzrhythmusstörungen müssen individuell behandelt werden; evtl. Implantation eines Herzschrittmachers; Ausgleich niedriger Kaliumwerte und einer möglichen Azidose.
- Konvulsionen: Verabreichung von Diazepam i.v. oder eines anderen krampflösenden Mittels, wie z. B. Phenobarbital oder Paraldehyd (diese Substanzen können eine bestehende Ateminsuffizienz, Hypotonie oder ein Koma verstärken).
- Dialyse und Hämodialyse sind wegen des hohen Verteilungsvolumens von Clomipramin nicht von Nutzen.
c) Gegenmittel
Ein spezifisches Antidot ist nicht bekannt.
13. Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften, Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit, soweit diese Angaben für die therapeutische Verwendung erforderlich sind
13.1 Pharmakologische Eigenschaften Clomipramin ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der trizyklischen Antidepressiva mit geringer sedierender Wirkungskomponente. Darüber hinaus zeigt Clomipramin eine antinozizeptive Wirkung. Akut gegeben zeigt Clomipramin eine sehr starke Hemmwirkung auf die neuronale Aufnahme von Serotonin und eine weniger stark ausgeprägte Hemmwirkung auf die neuronale Aufnahme von Noradrenalin und antagonistische Eigenschaften an m-Cholinozeptoren (M1 und M2), Histaminrezeptoren (H1 stärker als H2), an alphaadrenergen Rezeptoren (alpha1 stärker als alpha2) und an Serotoninrezeptoren (5-HT2 stärker als 5-HT1). Der Hauptmetabolit Desmethylclomipramin hemmt dagegen die neuronale Aufnahme von Noradrenalin stärker als die von Serotonin.
Anafranil ist ein hochwirksames Antidepressivum mit rasch einsetzender Wirkung. Es kann sowohl bei gehemmten als auch bei leicht agitierten Depressionsformen eingesetzt werden. Bei letzteren ist evtl. eine zeitlich begrenzte Zusatzmedikation mit Tranquilizern oder Neuroleptika angezeigt.
Anafranil hellt die Stimmung auf, wirkt leicht antriebsfördernd und löst Angst und Spannung. Darüber hinaus beeinflußt es günstig körperliche Beschwerden, die durch die Depression bedingt sind.
Anafranil ist wirksam bei Zwangsstörungen, Phobien (z. B. Agoraphobie mit und ohne Panikattacken) und Panikstörungen (mit und ohne Agoraphobie).
Bei schweren chronischen Schmerzzuständen wirkt Anafranil schmerzlindernd.
Bei nächtlichem Einnässen im Kindesalter unterstützt Anafranil wirkungsvoll die psycho- und verhaltenstherapeutischen Maßnahmen.
Während die Applikation von Anafranil als intravenöse Tropfinfusion vorübergehend eine subjektiv angenehme Sedation entfaltet, erweist sich die orale und intramuskuläre Therapie als weitgehend frei von sedierenden und müdemachenden Effekten. Für die ambulante Behandlung berufstätiger Patienten, deren Leistungsfähigkeit durch die Depression eingeschränkt ist, darf dies als maßgebender Vorteil angesehen werden.
Anafranil 10 mg bietet die Möglichkeit einer flexiblen Dosierung, einer langsamen Aufdosierung in kleinen Schritten (z. B. bei Panikstörungen) und ist vorwiegend zur Behandlung von älteren Patienten, Kindern und Jugendlichen bestimmt.
13.2 Toxikologische Eigenschaften
Anafranil besitzt gemäß der vorliegenden Studien keine mutagenen Eigenschaften. Untersuchungen zur Teratogenität an drei Tierspezies ergaben keine Hinweise auf Mißbildungen. Langzeitstudien an Ratten ließen keine Anzeichen einer karzinogenen Wirkung erkennen. In Untersuchungen zur chronischen Toxizität an Ratten und Hunden bei einer Anwendungsdauer bis zu einem Jahr wurden toxische Effekte in Form von Atrophien und Kalzifikation der Testes und Aspermatogenese beobachtet.
13.3 Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit
Nach oraler und intramuskulärer Verabreichung wird die Wirksubstanz von Anafranil vollständig resorbiert. Die absolute Bioverfügbarkeit des unretardierten Anafranil beträgt aufgrund eines ausgeprägten Metabolismus bei der ersten Leberpassage (Firstpass-Metabolismus) etwa 50 %. Dabei wird hauptsächlich der ebenfalls aktive Metabolit Desmethylclomipramin gebildet. Die relative Bioverfügbarkeit des retardierten Anafranil beträgt im Vergleich zur unretardierten Form etwa 90 %.
Maximale Serumkonzentrationen werden bei der unretardierten Form nach etwa 3–4 Stunden erreicht, bei der retardierten Form nach etwa 5–8 Stunden.
Der Zeitraum bis zum Erreichen des Fließgleichgewichts (Steady state) beträgt durchschnittlich 7 Tage.
Bei täglicher peroraler Verabreichung konstanter Dosen von Anafranil zeigen die Steady-state-Konzentrationen von Clomipramin starke Schwankungen. Bei den üblichen Dosen von 3 x 25 mg oder 1 x 75 mg Anafranil pro Tag werden interindividuelle Konzentrationen zwischen 20 und 175 ng/ml erreicht. Diese Streuung gibt die interindividuellen Unterschiede von Verteilungsvolumen des Medikamentes und Clearance wieder. Die intraindividuellen Schwankungen sind wesentlich geringer.
Die Steady-state-Konzentrationen des aktiven Metaboliten folgen dem gleichen Muster, sind jedoch bei einer Dosierung von 75 mg Anafranil pro Tag im Durchschnitt um 40–85 % höher als die von Clomipramin.
Nach wiederholter intravenöser bzw. intramuskulärer Gabe von 50–150 mg Anafranil täglich werden Gleichgewichtskonzentrationen im Plasma in der zweiten Behandlungswoche erreicht. Diese betragen für Clomipramin im Mittel < 15 bis 447 ng/ml, für Desmethylclomipramin zum gleichen Zeitpunkt im Mittel < 15 bis 669 ng/ml.
Wegen seiner hohen Lipidlöslichkeit erreicht Clomipramin in den Organen und Geweben wesentlich höhere Konzentrationen als im Blut; das apparente Verteilungsvolumen beträgt beim Menschen ca. 12l/kg Körpergewicht.
Die Plasmaproteinbindung beträgt 98 %, die Konzentration im Liquor entspricht mit ungefähr 2% dem ungebundenen Anteil der Substanz.
Clomipramin wird mit einer Plasma-Halbwertzeit von durchschnittlich 21 Stunden (Variationsbreite 12–36) nahezu vollständig metabolisiert; der ebenfalls wirksame Hauptmetabolit Desmethylclomipramin hat eine mittlere Halbwertzeit von 36 Stunden.
Als Stoffwechselprozesse finden sich Demethylierung, Hydroxylierung in verschiedenen Positionen und Glukuronidierung. Die Ausscheidung erfolgt zu etwa 2/3 renal und zu 1/3 über die Fäzes. Unverändertes Clomipramin und Desmethylclomipramin werden jeweils zu weniger als 1% der Dosis mit dem Urin ausgeschieden.
Bedingt durch eine verminderte Clearance von Clomipramin im Plasma benötigen ältere Patienten niedrigere Dosen von Anafranil als Erwachsene mittleren Alters.
14. Sonstige Hinweise
Die Erfahrungen mit Anafranil in der Schwangerschaft sind begrenzt.
Da in Einzelfällen über einen möglichen Zusammenhang zwischen trizyklischen Antidepressiva und nachteiligen Effekten (Entwicklungsstörungen) auf den Fötus berichtet wurde, ist die Anwendung von Anafranil während der Schwangerschaft zu vermeiden und nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der erwartete Nutzen das potentielle Risiko für den Föten rechtfertigt.
Da es bei Neugeborenen, deren Mütter bis zur Geburt Anafranil einnehmen, u. U. zu Symptomen wie Atemstörungen, Unruhe, Lethargie, Koliken, Reizbarkeit, Hypo-/Hypertonie, Tremor oder Spasmen, Zyanose, Hyperthermie und Krämpfen während der ersten Stunden oder Tage kommen kann, sollte - soweit vertretbar - erwogen werden, Anafranil zumindest 7 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zu reduzieren oder abzusetzen.
Da der Wirkstoff von Anafranil in die Muttermilch übertritt, soll der Säugling nicht gestillt werden.
Bei stark agitierten, ängstlichen Depressionen soll Anafranil nur in Kombination mit dämpfenden Pharmaka verordnet werden.
Da Einzelfälle von anaphylaktischem Schock beobachtet wurden, ist bei der intravenösen Anwendung Vorsicht geboten.
Eine gleichzeitige Anwendung von trizyklischen Antidepressiva und Elektroschocktherapie sollte nur unter sorgfältiger Überwachung des Patienten vorgenommen werden.
Bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere mit Überleitungsstörungen in der Anamnese, als auch bei älteren Patienten sind eine Überwachung der Herzfunktion und EKG-Kontrollen angezeigt. Hypotoniker und kreislauflabile Patienten bedürfen bei Behandlungsbeginn einer Blutdruckkontrolle, da sie mit hypotonen Blutdruckwerten reagieren können. Diese lassen sich durch Dosisreduktion beherrschen.
Bei Patienten mit Hyperthyreose bzw. Gabe von Schilddrüsenhormon-Präparaten ist vorsichtige Behandlung geboten, da unerwünschte kardiale Effekte verstärkt werden können.
Auch wenn Blutbildveränderungen nur in seltenen Fällen unter Anafranil berichtet wurden, sollte das Blutbild periodisch kontrolliert werden, insbesondere beim Auftreten von Fieber, Halsschmerzen und grippeartigen Erscheinungen.
Beim Auftreten allergischer Hauterscheinungen ist Anafranil abzusetzen.
Da bei Langzeitbehandlung mit Antidepressiva gehäuft Zahnkaries und Mundschleimhautveränderungen beobachtet wurden, sollte regelmäßig der Zahnstatus überwacht werden.
Bei längerdauernder Behandlung ist eine periodische Kontrolle der Nierenfunktion und - besonders bei Lebererkrankungen - der Leberenzyme angezeigt.
Vor chirurgischen Eingriffen sollte der Anästhesist über die Therapie mit Anafranil informiert werden, da wenig über die gleichzeitige Verabreichung von trizyklischen Antidepressiva und Anästhetika (lokal oder systemisch) bekannt ist.
Wegen ihrer aktivierenden Komponente können trizyklische Antidepressiva bei agitierten Kranken und bei Patienten mit schizophrener Begleitsymptomatik Angst, innere Unruhe und Erregung verstärken. Weiterhin können sie bei disponierten und älteren Patienten pharmakogene (deliröse) Psychosen hervorrufen, die besonders nachts auftreten, aber nach Absetzen des Pharmakons ohne Therapie innerhalb weniger Tage abklingen.
Bei Patienten mit manisch-depressiven Erkrankungen kann es bei Behandlung in der depressiven Phase zu hypomanischen und manischen Episoden kommen. Absetzen des Präparates und Gabe eines Antipsychotikums kann dann erforderlich sein sowie nach Ende der Episode die erneute niedrig dosierte Gabe von Anafranil.
Klinische Daten ergaben, daß ein deutlicher Zusammenhang zwischen Dosishöhe von Anafranil und dem Auftreten von Krampfanfällen besteht. Bei erhöhter Krampfbereitschaft (z. B. Entzugssyndrom nach abruptem Absetzen von Benzodiazepinen oder Barbituraten) kann es vermehrt zu Krampfanfällen kommen.
Da trizyklische Antidepressiva paralytischen Ileus bewirken können, ist besondere Aufmerksamkeit geboten bei chronischer Obstipation, speziell bei älteren und bettlägrigen Patienten.
Verminderte Tränendrüsentätigkeit und verstärkte Schleimsekretion aufgrund anticholinerger Effekte trizyklischer Antidepressiva können zu Schäden am Hornhautepithel bei Kontaktlinsenträgern führen.
Abruptes Beenden einer Anafranil-Therapie sollte wegen möglicher Absetzphänomene (s. Nebenwirkungen) vermieden werden.
Auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und besonders in den ersten Tagen der Therapie kann Anafranil wegen Sehstörungen, Benommenheit und anderer ZNS-Effekte (s. Nebenwirkungen) die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigen. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol oder anderen zentralwirksamen Medikamenten. Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten, zumindest während der ersten Tage der Behandlung, unterbleiben. Die Entscheidung in jedem Einzelfall trifft der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung.
Suizidverhütung
Die wichtigste Maßnahme zur Verhütung eines Suizides besteht in einer strengen Überwachung des Depressiven. Dies gilt vor allem für ambulante Kranke, die vom Arzt regelmäßig kontrolliert und zu Hause sorgfältig beaufsichtigt werden müssen. Es ist angezeigt, die Angehörigen des Kranken auf die mit dem depressiven Zustand eng verknüpfte Suizidtendenz aufmerksam zu machen. Der Grundsatz, jeden Suizidgefährdeten in stationäre Behandlung zu geben, besitzt auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit.
Der Zeitpunkt der höchsten Suizidgefahr ist bei keinem Fall vorauszusagen; er fällt vielfach in jene Krankheitsphase, während der das depressive Syndrom bereits eine deutliche Besserung erkennen läßt.
Desgleichen besteht auch bei Beginn einer depressiven Phase, wenn die psychomotorische Aktivität noch relativ groß und die affektive Hemmung bereits beträchtlich ist, erhöhte Gefahr.
Durch die teils schlagartig, teils langsam eintretende Besserung des depressiven Zustandes unter der Therapie kann es zu einer Verschiebung der Zeitpunkte besonderer Gefährdung kommen.
Auch wenn Anafranil seltener als andere trizyklische Antidepressiva in tödlicher Überdosis genommen wurde, ergibt sich aufgrund der Suizidgefahr bei Depressiven die Konsequenz, das Medikament nur in jeweils kleinen Mengen zu verordnen bzw. dem Patienten mitzugeben.
Bei ambulanter Behandlung ist es ratsam, eine Person aus der Umgebung des Patienten mit der Aufbewahrung des Medikamentes und mit der Kontrolle der Einnahme zu betrauen. Es hat sich auch bewährt, als einleitende Behandlung eine Kombination mit sedierenden Neuroleptika und/oder Benzodiazepinen zu wählen.
15. Dauer der Haltbarkeit
5 Jahre
16. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise
Keine
17. Darreichungsform und Packungsgrößen
20 Dragees N1
50 Dragees N2
100 Dragees N3
18. Stand der Information
September 2004
19. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers
ACA Müller ADAG Pharma AG
Gewerbestr. 10
78244 Gottmadingen