Berlithion 300mg Kapseln
FACHINFORMATION
1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Berlithion® 300 mg Kapseln 300 mg Weichkapseln
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Jede Weichkapsel enthält 300 mg Thioctsäure.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung Sorbitol (E 420) und Amaranth (E 123).
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Weichkapsel
Längliche, rosafarbene Weichkapseln
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Missempfindungen bei diabetischer Polyneuropathie
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Dosierung
Die Tagesdosis beträgt 2 Weichkapseln Berlithion 300 mg Kapseln (entsprechend 600 mg Thioctsäure), die als Einmaldosis etwa 30 Minuten vor der ersten Mahlzeit eingenommen werden soll.
Bei stark ausgeprägten Missempfindungen kann initial eine Infusionstherapie mit Thioctsäure erfolgen.
Kinder und Jugendliche Es liegen keine Daten vor.
Art der Anwendung
Berlithion 300 mg Kapseln sollen unzerkaut und mit ausreichend Flüssigkeit auf nüchternen Magen eingenommen werden. Die gleichzeitige Aufnahme von Nahrung kann die Resorption behindern. Daher ist es insbesondere bei Patienten wichtig, die zusätzlich eine verlängerte Magenentleerungszeit aufweisen, dass die Einnahme eine halbe Stunde vor dem Frühstück erfolgt.
Da es sich bei der diabetischen Polyneuropathie um eine chronische Erkrankung handelt, kann eine Dauertherapie notwendig sein.
Grundlage der diabetischen Polyneuropathie-Therapie ist die optimale Diabeteseinstellung.
4.3 Gegenanzeigen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, Amaranth oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Während der Behandlung mit Thioctsäure wurden Fälle eines Insulinautoimmunsyndroms (IAS) berichtet. Patienten mit einem gewissen HLA (Humanes Leukozytenantigen-System)-Genotyp wie z. B. den Allelen HLA-DRB1*04:06 und HLA-DRB1*04:03 sind bei einer Behandlung mit Thioctsäure anfälliger für das Auftreten von IAS. Das HLA-DRB1*04:03-Allel (Odds Ratio für Anfälligkeit für IAS: 1,6) ist vorwiegend bei Kaukasiern zu finden, wobei die Prävalenz in Südeuropa höher ist als in Nordeuropa; das HLA-DRB1*04:06-Allel (Odds Ratio für Anfälligkeit für IAS: 56,6) findet sich vorwiegend bei Patienten aus Japan und Korea.
Das IAS sollte bei der Differenzialdiagnose einer spontanen Hypoglykämie bei Patienten, die Thioctsäure erhalten, in Betracht gezogen werden (siehe Abschnitt 4.8).
Kinder und Jugendliche:
Kinder und Jugendliche sind von der Behandlung mit Berlithion 300 mg Kapseln auszunehmen, da keine klinischen Erfahrungen vorliegen.
Berlithion 300 mg Kapseln enthalten Sorbitol. Patienten mit der seltenen hereditären FructoseIntoleranz sollten Berlithion 300 mg Kapseln nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Wirkungsverlust von Cisplatin bei gleichzeitiger Behandlung mit Berlithion 300 mg Kapseln.
Thioctsäure ist ein Metallchelator und sollte daher aus grundsätzlichen Überlegungen nicht gleichzeitig mit Metallverbindungen (z. B. Eisenpräparate, Magnesiumpräparate, Milchprodukte aufgrund des Calciumgehaltes) gegeben werden. Bei Einnahme der gesamten Tagesdosis von Berlithion 300 mg Kapseln 30 Minuten vor dem Frühstück können Eisen- und Magnesiumpräparate mittags oder abends eingenommen werden.
Die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin bzw. oralen Antidiabetika kann verstärkt werden. Daher ist insbesondere im Anfangsstadium der Thioctsäuretherapie eine engmaschige Blutzuckerkontrolle angezeigt.
In Einzelfällen kann es zur Vermeidung von Unterzuckerungserscheinungen erforderlich werden, die Insulindosis bzw. die Dosis des oralen Antidiabetikums zu reduzieren.
Hinweis:
Der regelmäßige Genuss von Alkohol stellt einen bedeutenden Risikofaktor für die Entstehung und Progression neuropathischer Krankheitsbilder dar und kann dadurch auch den Erfolg einer Behandlung mit Berlithion 300 mg Kapseln beeinträchtigen. Daher wird Patienten mit diabetischer Polyneuropathie grundsätzlich empfohlen, den Genuss von Alkohol weitestgehend zu vermeiden. Dies gilt auch für therapiefreie Intervalle.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
Fertilität
Reproduktionstoxikologische Untersuchungen ergaben keinerlei Anhaltspunkte, die eine Beeinflussung der Fertilität betreffen.
Schwangerschaft
Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität (siehe Abschnitt 5.3). Berlithion 300 mg Kapseln sollten in der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Thioctsäure oder deren Metabolite in die Muttermilch übergehen. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Berlithion 300 mg Kapseln verzichtet werden soll/die Behandlung mit Berlithion 300 mg Kapseln zu unterbrechen ist. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Berlithion 300 mg Kapseln hat keinen oder vernachlässigbaren Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeitsangaben zugrunde gelegt:
Sehr häufig: Häufig: Gelegentlich: Selten:
Sehr selten: Nicht bekannt:
> 1/10
> 1/100 bis 1/10
> 1/1.000 bis 1/100
> 1/10.000 bis 1/1.000 < 1/10.000
Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar
Erkrankungen des Immunsystems
Sehr selten: Allergische Reaktionen wie Hautausschlag, Urtikaria und Juckreiz Häufigkeit nicht bekannt: Insulinautoimmunsyndrom (siehe Abschnitt 4.4)
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen Sehr selten: Hypoglykämie
Erkrankungen des Nervensystems Häufig: Schwindelgefühl
Sehr selten: Geschmacksstörungen, Kopfschmerzen, Hyperhidrosis
Augenerkrankungen Sehr selten: Sehstörungen
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Übelkeit
Sehr selten: Erbrechen, Magen-, Darmschmerzen und Diarrhoe Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Sehr selten: Aufgrund einer verbesserten Glukoseutilisation kann der Blutzuckerspiegel absinken. Dabei wurden Hypoglykämie-artige Beschwerden mit Schwindel, Schwitzen, Kopfschmerzen und Sehstörungen beschrieben.
Amaranth kann allergische Reaktionen hervorrufen.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.
4.9 Überdosierung
Bei Überdosierung können Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen auftreten.
Nach akzidenteller oder suizidaler Einnahme oraler Dosen zwischen 10 und 40 g Thioctsäure in Verbindung mit Alkohol sind schwerwiegende Intoxikationen, teilweise mit letalem Ausgang beobachtet worden. Das klinische Vergiftungsbild kann sich zunächst in psychomotorischer Unruhe oder Bewusstseinstrübung äußern und geht im weiteren Verlauf typischerweise mit generalisierten Krampfanfällen und der Ausbildung einer Laktatazidose einher. Des Weiteren wurden Hypoglykämie, Schock, Rhabdomyolyse, Hämolyse, disseminierte intravaskuläre Gerinnung (DIC), Knochenmarksdepression und Multiorganversagen als Intoxikationsfolgen hoher Thioctsäure-Dosen beschrieben.
Therapiemaßnahmen bei Intoxikation:
Bereits bei Verdacht auf eine substantielle Intoxikation mit Berlithion 300 mg Kapseln (z. B. > 20 Weichkapseln zu 300 mg bei Erwachsenen und > 50 mg/kg KG bei Kindern) ist eine unverzügliche Klinikeinweisung und die Einleitung von Maßnahmen den allgemeinen Behandlungsgrundsätzen von Vergiftungsfällen indiziert (z. B. induziertes Erbrechen, Magenspülung, Aktivkohle etc.). Die Behandlung generalisierter Krampfanfälle, der Lactatazidose und aller anderen vital bedrohlichen Intoxikationsfolgen müssen sich an den Grundsätzen der modernen Intensivtherapie orientieren und symptomatisch erfolgen. Der Nutzen des Einsatzes von Hämodialyse, Hämoperfusions- oder Filtrationstechniken in der forcierten Elimination von Thioctsäure ist derzeit nicht gesichert.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere Mittel für das Nervensystem ATC-Code: N07XB01
Thioctsäure ist eine vitaminähnliche, aber endogen gebildete Substanz mit Koenzymfunktion bei der oxidativen Decarboxylierung von alpha-Ketosäuren.
Durch die beim Diabetes mellitus verursachte Hyperglykämie kommt es zur Anlagerung der Glukose an die Matrixproteine der Blutgefäße und zur Bildung der sogenannten "Advanced Glycosylation End Products".
Dieser Prozess führt zu einer Verminderung des endoneuralen Blutflusses und zu einer endoneuralen Hypoxie/Ischämie, was mit einer erhöhten Produktion von freien Sauerstoffradikalen verbunden ist, die den peripheren Nerv schädigen. Auch konnte im peripheren Nerv eine Depletion von Antioxidantien, wie Glutathion, festgestellt werden.
In Untersuchungen an Ratten interagierte Thioctsäure mit diesen, bei Streptozotocin-induziertem Diabetes ausgelösten biochemischen Prozessen durch Verminderung der Bildung von Advanced Glycosylation End Products, Verbesserung des endoneuralen Blutflusses, Erhöhung des physiologischen Antioxidantienspiegels von Glutathion sowie als Antioxidans für freie Sauerstoffradikale im diabetischen Nerv.
Diese in der experimentellen Situation beobachteten Wirkungen sprechen dafür, dass die Funktionalität der peripheren Nerven durch Thioctsäure verbessert werden kann. Das betrifft sensorische Störungen bei diabetischer Polyneuropathie, die sich durch Dysästhesien, Parästhesien wie z. B. Brennen, Schmerzen, Taubheitsgefühl, Ameisenlaufen, äußern können.
Ergänzend zu den bisherigen klinischen Erkenntnissen in der symptomatischen Behandlung der diabetischen Polyneuropathie mit Thioctsäure wurden in einer 1995 durchgeführten multizentrischen, placebokontrollierten Studie günstige Wirkungen von Thioctsäure auf die untersuchten Symptome Brennen, Parästhesien, Taubheitsgefühl und Schmerzen gefunden.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Thioctsäure wird nach oraler Gabe beim Menschen rasch resorbiert. Infolge eines ausgeprägten Firstpass-Effektes beträgt die absolute Bioverfügbarkeit (Vergleich zu einer i.v. Gabe) von per os eingenommener Thioctsäure ca. 20 %. Aufgrund einer raschen Gewebsverteilung beträgt die Plasmahalbwertszeit von Thioctsäure beim Menschen ca. 25 Minuten.
Die relative Bioverfügbarkeit von Thioctsäure und Gabe fester Darreichungsformen per os beträgt im Verhältnis zu Trinklösungen mehr als 60 %. Maximale Plasmaspiegel von ca. 4 pg/ml werden ca. 0,5 h nach oraler Gabe von 300 mg Thioctsäure gemessen.
Durch radioaktive Markierung konnte im Tierexperiment (Ratte, Hund) mit 80 - 90 % ein überwiegend renaler Ausscheidungsweg gezeigt werden, und zwar in Form von Metaboliten. Auch beim Menschen finden sich nur geringe Mengen intakt ausgeschiedener Substanz im Urin. Die Biotransformation erfolgt hauptsächlich durch oxidative Seitenkettenverkürzung (ß-Oxidation) und/oder durch S-Methylierung der entsprechenden Thiole.
Thioctsäure reagiert in vitro mit Metallionen-Komplexen (z. B. Cisplatin). Thioctsäure geht mit Zuckermolekülen schwerlösliche Komplexverbindungen ein.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
a) Akute und chronische Toxizität
Das Toxizitätsprofil ist charakterisiert durch Symptome, die sowohl das vegetative Nervensystem als auch das zentrale Nervensystem betreffen.
Nach wiederholter Applikation sind weitere Zielorgane toxischer Dosen hauptsächlich die Leber und die Niere.
b) Mutagenes und tumorerzeugendes Potential
Untersuchungen zum mutagenen Potential ergaben keine Anhaltspunkte für Gen- oder Chromosomenmutationen. Hinweise auf ein tumorerzeugendes Potential von Thioctsäure ließen sich aus einer Kanzerogenitätsstudie nach oraler Gabe an Ratten nicht ableiten. Eine Studie über einen tumorpromovierenden Effekt von Thioctsäure im Zusammenhang mit dem Kanzerogen N-Nitroso-Diethylamin (NDEA) verlief negativ.
c) Reproduktionstoxizität
Thioctsäure besitzt keinen Einfluss auf die Fertilität und frühe Embryonalentwicklung bei der Ratte bis zu einer maximal geprüften oralen Dosis von 68,1 mg/kg. Bis in den maternal-toxischen Dosisbereich finden sich nach intravenöser Injektion am Kaninchen keine Missbildung erzeugende Eigenschaften.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Hartfett
Mittelkettige Triglyceride
Sorbitol-Lösung 70 % (nicht kristallisierend), Trockensubstanz Glycerol 85 %
Gelatine
Farbstoffe: Titandioxid (E 171), Amaranth (E 123)
6.2 Inkompatibilitäten Nicht zutreffend
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 30 °C lagern.
In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Faltschachtel mit Blistern aus transparenter Hart-PVC-Folie, verschlossen mit Aluminiumfolie. Originalpackungen zu 30 oder 100 Weichkapseln.
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
BERLIN-CHEMIE AG Glienicker Weg 125 12489 Berlin Deutschland
Tel.: (030) 6707 - 0 (Zentrale)
Fax: (030) 6707 - 2120 www.berlin-chemie.de
8. ZULASSUNGSNUMMER
45744.02.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung: 11.07.2003
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 02.06.2008
10. STAND DER INFORMATION
Januar 2016
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Apothekenpflichtig
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