Clonidin Retard-Ratiopharm 250
FACHINFORMATION
1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Clonidin retard-ratiopharm® 250 250 Mikrogramm Retardkapseln
Wirkstoff: Clonidinhydrochlorid
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Jede Hartkapsel, retardiert enthält 0,25 mg Clonidinhydrochlorid.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Sucrose
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Hartkapseln, retardiert
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Alle Formen der arteriellen Hypertonie, die nicht durch ein Phäochromozytom bedingt sind.
4.2 Dosierung und Art der Anwendung Dosierung
Die Dosierung von Clonidinhydrochlorid wird individuell festgelegt, wobei die Behandlung einschleichend mit niedrigen Dosen begonnen wird.
Die erforderlichen Tagesdosen liegen meist zwischen 0,15 und 0,6 mg Clonidinhydrochlorid und richten sich nach dem blutdrucksenkenden Effekt.
Eine notwendige Dosissteigerung sollte in der Regel allmählich und erst nach einem Zeitraum von 2 bis 4 Wochen vorgenommen werden.
Orale und parenterale Dosen von 0,9-1,2 mg Clonidinhydrochlorid pro Tag sollten nicht überschritten werden, weil im höheren Bereich die periphere Wirkung auf a2-Rezeptoren überwiegt und eine Verminderung der blutdrucksenkenden Wirkung resultieren kann.
Schwere Hochdruckformen sollten stationär eingestellt bzw. behandelt werden; hier können in Ausnahmefallen Maximaldosen von 1,2-1,8 mg Clonidinhydrochlorid erforderlich sein, die parenteral über den Tag verteilt verabreicht werden.
Die oralen Formen von Clonidin-ratiopharm® werden in der Regel 2-mal täglich eingenommen.
Für Erwachsene und Jugendliche über 50 kg Körpergewicht selten _ folgende Dosierungsrichtlinien:
Zur Therapie von mittelschwerem Bluthochdruck oder in Fällen, bei denen eine tägliche Einmaldosis erwünscht ist. Die Dosierung sollte anfangs 1-mal täglich 1 Hartkapsel, retardiert (entsprechend 0,25 mg Clonidinhydrochlorid/Tag) betragen.
In Abhängigkeit von der Blutdrucksenkung ist eine Dosiserhöhung auf 2-mal täglich 1 Hartkapsel, retardiert (entsprechend 0,5 mg Clonidinhydrochlorid/Tag), verabreicht morgens und abends im Abstand von 12 Stunden, möglich.
Beim Umstellen des Patienten von nicht-retardierten Formen auf die Retardform sollte die Verabreichung der 1. Hartkapsel, retardiert ca. 8 Stunden nach Einnahme der letzten nicht-retardierten Arzneiform erfolgen.
Dosierung bei Niereninsuffizienz
Die Einstellung und Therapie der Hypertonie bei Niereninsuffizienz mit Clonidinhydrochlorid bedarf generell besonderer Sorgfalt mit häufigen Blutdruckkontrollen. Patienten mit schwerster Einschränkung der Nierenfunktion (im prädialytischen Stadium) kommen in der Regel mit Dosen von 0,3 mg Clonidinhydrochlorid pro Tag aus.
Dosierung bei älteren Patienten
Bei Patienten über 65 Jahre sollte generell eine vorsichtige, langsame Blutdrucksenkung durchgeführt werden, d. h., der Behandlungsbeginn sollte mit niedrigen Dosen erfolgen.
Art und Dauer der Anwendung
Die Hartkapseln, retardiert sind ungeöffnet und unzerkaut einzunehmen, andernfalls kann das Retardprinzip zerstört werden. Die Einnahme erfolgt am besten morgens und/oder abends nach der Mahlzeit mit einer ausreichenden Menge Flüssigkeit.
Hinweise zur Art, Dauer und Beendigung der Anwendung:
Das Arzneimittel sollte unter regelmäßiger Kontrolle des Blutdrucks in der vorgeschriebenen Dosierung angewendet werden.
Die Dauer der Anwendung bestimmt der behandelnde Arzt. Sie richtet sich nach Art, Schwere und Verlauf der Erkrankung.
Der blutdrucksenkende Effekt von Clonidin lässt sich durch kochsalzarme Kost, die gleichzeitige Anwendung von anderen blutdrucksenkenden Mitteln (siehe 4.5 „Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen“) sowie durch Gewichtsabnahme bei bestehendem Übergewicht wirkungsvoll unterstützen.
Falls die Therapie mit Clonidinhydrochlorid beendet werden soll, muss die Dosis langsam stufenweise reduziert werden (sog. Ausschleichen), gegebenenfalls muss auf eine niedrigere dosierte unverzögerte Form umgestellt werden, da es durch plötzliches Absetzen zu sog. Rebound-Phänomenen kommen kann (siehe 4.8. „Nebenwirkungen“).
Dieses Vorgehen ist deshalb wichtig, weil das plötzliche Absetzen von Clonidinhydrochlorid, insbesondere nach langfristiger Behandlung und hohen Dosierungen, akut zu einem überschießenden Blutdruckanstieg sowie Tachykardie, begleitet von Kopfschmerz, Übelkeit, Nervosität, Zittern und Unruhe (Rebound-Phänomen) hervorrufen kann.
Falls bei kombinierter Therapie mit einem ß-Rezeptorenblocker eine Unterbrechung der blutdrucksenkenden Therapie notwendig ist, muss zur Vermeidung bedrohlicher unerwünschter Wirkungen (sympathische Überaktivität) in jedem Falle zuerst der ß-Rezeptorenblocker langsam (ausschleichend) und danach (ebenfalls ausschleichend über mehrere Tage) Clonidinhydrochlorid abgesetzt werden.
Bei einem Bluthochdruck, der durch ein Phäochromozytom verursacht ist, kann kein therapeutischer Effekt von Clonidin retard-ratiopharm® 250 erwartet werden.
4.3 Gegenanzeigen
Dieses Arzneimittel darf nicht angewendet werden bei
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.
- bestimmten Erregungsbildungs- und Erregungsleitungsstörungen des Herzens, z. B. Sinusknotensyndrom oder AV-Block II. und III. Grades
- Bradykardie (Herzfrequenz unter 50 Schläge pro Minute)
- endogenen Depressionen
- in der Stillzeit
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei
- koronarer Herzkrankheit, insbesondere bei frischem Myokardinfarkt
- schwerer Herzinsuffizienz (NYHA IV)
- fortgeschrittener chronischer arterieller Verschlusskrankheit sowie bei Raynaud-Syndrom und Thrombangiitis obliterans
- zerebrovaskulärer Insuffizienz
- fortgeschrittener Niereninsuffizienz (siehe 4.2. „Dosierung und Art der Anwendung“)
- Obstipation
- Polyneuropathie
Dieses Arzneimittel enthält Sucrose (Zucker). Patienten mit der seltenen hereditären FructoseIntoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel sollten Clonidin retard-ratiopharm® 250 nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Bei gleichzeitiger Anwendung von Clonidin retard-ratiopharm® 250 und nachfolgend genannten Wirkstoffen wurden folgende Wechselwirkungen beobachtet:
- andere Antihypertensiva, z. B. Diuretika, Vasodilatatoren (z. B. Hydralazin, Dihydralazin), Calciumantagonisten (z. B. Nifedipin), ACE-Hemmer (z. B. Captopril), ß-Rezeptorenblocker (siehe 4.2 „Art und Dauer der Anwendung“):
gegenseitige Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung
- blutdrucksteigernde oder natrium- und wasserretinierende Substanzen, wie nicht-steroidale Antirheumatika:
Verminderung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidinhydrochlorid.
- a2-Rezeptorenblocker:
Abschwächung bis Aufhebung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidinhydrochlorid,
- Trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika:
Abschwächung bis Aufhebung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidinhydrochlorid, Auftreten oder Verstärkung orthostatischer Regulationsstörungen.
- Hypnotika, Sedativa, Alkohol:
Verstärkung oder unvorhersehbare Veränderungen der Wirkungen der Hypnotika oder Sedativa bzw. des Alkohols.
- herzwirksame Glykoside, ß-Rezeptorenblocker:
Verlangsamung der Herzschlagfolge (Bradykardie), Herzrhythmusstörungen der langsamen Form (AV-Blockierungen).
Bei gleichzeitiger Gabe eines ß-Rezeptorenblockers kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine periphere Gefäßerkrankung ausgelöst oder verstärkt wird.
- Haloperidol:
Aufgrund von Beobachtungen bei Patienten im Alkoholdelir ist die Vermutung geäußert worden, dass hohe i.v.-Dosen von Clonidin die arrhythmogene Wirkung (QT-Verlängerung, Kammerflimmern) hoher intravenöser Haloperidol-Dosen verstärken können. Ein kausaler Zusammenhang und die Relevanz für die antihypertensive Therapie sind nicht gesichert.
- kochsalzarme Diät:
Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidinhydrochlorid.
- pharmakologisch ähnlich wirkender Stoffe wie a-Methyldopa, Guanfacin, Guanabenz oder Reserpin:
Die gleichzeitige Anwendung mit Clonidinhydrochlorid ist nicht sinnvoll.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Es liegen keine hinreichenden Daten für die Verwendung von Clonidin, insbesondere im ersten Trimester der Schwangerschaft, vor. Clonidin retard-ratiopharm® 250 darf in der Schwangerschaft nur bei strenger Indikationsstellung und falls keine alternative Therapie möglich ist unter sorgfältiger Überwachung von Mutter und Kind angewendet werden. Clonidin passiert die Plazentaschranke. Beim Feten kann eine Herzfrequenzsenkung auftreten. In Einzelfällen wurde ein vorübergehender Blutdruckanstieg beim Neugeborenen post partum beobachtet. In tierexperimentellen Studien zeigte Clonidin nach oraler Gabe keine teratogenen Effekte. Es waren jedoch Embryotoxizität und Effekte auf die Nachkommen zu beobachten (siehe 5.3 „Präklinische Daten zur Sicherheit“).
Stillzeit
In der Stillzeit ist Clonidin retard-ratiopharm® 250 kontraindiziert, da Clonidin in die Muttermilch übergeht und nur unzureichende Daten über die Anwendung in der Stillperiode vorliegen. Ist eine Anwendung während der Stillzeit erforderlich, muss abgestillt werden.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Die Behandlung des Bluthochdrucks mit diesem Arzneimittel bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann das Reaktionsvermögen so weit verändert sein, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol, Beruhigungs- oder Schlafmitteln.
4.8 Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen von Clonidinhydrochlorid werden nachfolgend nach System-OrganKlassen zusammengefasst und nach Häufigkeit geordnet. Die Häufigkeitsangaben sind wie folgt definiert:
sehr häufig |
> 1/10 |
häufig |
> 1/100 bis < 1/10 |
gelegentlich |
> 1/1.000 bis < 1/100 |
selten |
> 1/10.000 bis < 1/1.000 |
sehr selten |
< 1/10.000 |
Psychiatrische Erkrankungen
Häufig: Schlafstörungen, depressive Verstimmungen
Gelegentlich: Albträume, Wahrnehmungsstörungen, Sinnestäuschungen
Selten: vorübergehende Verwirrtheitszustände
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Abgeschlagenheit und Müdigkeit
Häufig: Kopfschmerzen
Gelegentlich: Missempfindungen in Händen und Füßen (Parästhesien)
Augenerkrankungen
Selten: Verminderung des Tränenflusses, Akkommodationsstörungen
Herzerkrankungen
Gelegentlich: Reduzierung der Herzfrequenz (Bradykardie)
Selten: Verstärkung bestimmter Formen von bereits bestehenden Herzrhythmusstörungen (AV-Blockierungen, AV-Dissoziation), Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz
Gefäßerkrankungen
Sehr häufig: Orthostatische Dysregulation wie Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel und Kollapsneigung in aufrechter Körperhaltung sowie beim Lagewechsel vom Liegen zum Stehen Gelegentlich: Durchblutungsstörungen der Hände und Füße (Raynaud-Syndrom)
Selten: anfänglicher (paradoxer) Blutdruckanstieg bei Therapiebeginn
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums Selten: Austrocknen der Nasenschleimhäute
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts Sehr häufig: Mundtrockenheit
Häufig: Obstipation und Verstärkung einer Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen in den Ohrspeicheldrüsen
Selten: Pseudoobstruktion des Dickdarms
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen (Allergien) in Form von Hautreaktionen mit Hautausschlag (Exanthem), Nesselsucht, (Urtikaria) und Juckreiz (Pruritus)
Selten: Haarausfall (Alopezie)
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Selten: Miktionsstörungen, Abnahme der Harnproduktion (Minderperfusion der Niere)
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse Häufig: Abnahme von Potenz und Libido Selten: Gynäkomastie
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort Gelegentlich: Unwohlsein Selten: Gewichtsabnahme
Untersuchungen
Selten: vorübergehender Anstieg der Blutzuckerwerte, vorübergehende Veränderung der Leberfunktionstests, positiver Coombs-Test
Hinweise:
Bei plötzlichem Absetzen von Clonidin, insbesondere nach langfristiger Therapie und/oder höheren Dosierungen, sind lebensbedrohliche Entzugserscheinungen (Rebound-Phänomene) in Form von krisenhaftem Blutdruckanstieg sowie Tachykardie, Unruhe, Nervosität, Zittern, Kopfschmerzen und/oder Übelkeit beschrieben worden. Die Dosis muss daher langsam stufenweise reduziert werden.
Ein Absinken der Herzfrequenz auf unter 56 Schläge pro Minute sollte während der Therapie mit Clonidin vermieden werden.
Träger von Kontaktlinsen sollten die gelegentlich zu beobachtende Verminderung des Tränenflusses beachten.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.
4.9 Überdosierung
a) Symptome der Intoxikation
Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Zittern, Übelkeit und Erbrechen, Hautblässe, Miosis (Lichtreflexe vorhanden), Mundtrockenheit, orthostatische Beschwerden, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Hypotonie, Bradykardie, Herzrhythmusstörungen (AV-Blockierungen), Sedation bis Somnolenz, abgeschwächte oder fehlende Reflexe, Hypothermie. Selten und nach hohen Dosen auch Blutdruckanstieg. In schweren Fällen Atemdepression mit kurzen Apnoephasen, Koma.
b) Therapie von Intoxikationen
Neben allgemeinen Maßnahmen wie Giftentfernung (z. B. Erbrechen auslösen, Magenspülung) und Flachlagerung müssen unter intensivmedizinischen Bedingungen die vitalen Parameter überwacht und ggf. korrigiert werden: ggf. künstliche Beatmung, externer Schrittmacher, i.v. Gabe von Sympathomimetika und/oder Plasmaexpander. Bei Bradykardie: s.c. oder i.v. Gabe von Atropin unter EKG-Kontrolle. Bei Bradykardie und Blutdruckabfall: z. B. i.v. Gabe von Dopamin unter EKG-Kontrolle.
Antidot
Es ist kein spezifisches Antidot mit einer belegten Wirksamkeit bei einer Überdosierung von Clonidinhydrochlorid bekannt. Die Therapie ist symptomorientiert durchzuführen.
Die Anregung der Diurese ist wegen der Gefahr einer Verstärkung des Blutdruckabfalls nicht zu empfehlen.
Hämodialyse ist möglich, in ihrer Effektivität jedoch begrenzt, da Clonidin nur in beschränktem Umfang dialysierbar ist.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antihypertonika, zentral wirkend ATC-Code: C02AC01
Clonidin ist ein Imidazolderivat, welches im ZNS vorwiegend die postsynaptischen, a2-adrenergen Rezeptoren stimuliert. Die Affinität zu a2-Rezeptoren ist 10fach stärker ausgeprägt als zu ai-Rezeptoren und bestimmt somit den Wirkungscharakter. Dadurch kommt es zu einer Verminderung der Sympathikusaktivität bei gleichzeitiger Steigerung des Vagotonus. Beides führt zuerst durch Senkung der Herzfrequenz zu einer Reduzierung des Herzzeitvolumens, später zu einer Herabsetzung des peripheren Widerstandes. Die blutdrucksenkende Wirkung von Clonidin wird durch eine Verminderung der Reninfreisetzung unterstützt. Zusätzlich ist die Noradrenalinausschüttung durch präsynaptische a2-Wirkung herabgesetzt.
Die Stimulation von a-Rezeptoren in der Peripherie ist schwächer ausgeprägt, weshalb nur bei intravenöser Bolusinjektion gelegentlich ein passagerer Blutdruckanstieg infolge Vasokonstriktion auftritt.
Der renale Gefäßwiderstand sinkt, die glomeruläre Filtrationsrate bleibt trotz erniedrigter Druckwerte unverändert. Die zerebrale Durchblutung bleibt weitgehend unverändert.
Da die zentrale Wirkung von Clonidin sehr viel stärker ausgeprägt ist als seine periphere, überdeckt sie bei chronischer Therapie die peripheren exzitatorischen Wirkungen.
Die blutdrucksenkende Wirkung tritt bei oraler Gabe von Clonidin nach ca. 30-60 Minuten ein, bei parenteraler Gabe nach ca. 10-15 Minuten.
Eine chronische oder subchronische Verabreichung von Clonidin bewirkt eine Abschwächung der Gefäßreaktion auf extern zugeführte vasoaktive Substanzen.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Clonidin wird oral gut resorbiert (orale Bioverfügbarkeit 75-100 %).
Die maximale Plasmakonzentration wird nach 2-3 Stunden (Weichkapseln) bzw. 5-7 Stunden (Hartkapseln, retardiert) erreicht. Die Wirkdauer beträgt 6-10 Stunden.
Clonidin verteilt sich rasch im Gewebe und passiert aufgrund hoher Lipophilie die Blut-HirnSchranke. Das Verteilungsvolumen nach oraler Gabe von 0,3 mg Clonidin beträgt 3,2-5,6 l/kg KG.
Die Plasmaproteinbindung von Clonidin beträgt 30-40 %.
Die Eliminationshalbwertszeit unterliegt erheblichen interindividuellen Schwankungen; sie beträgt 6-24 Stunden und kann in Abhängigkeit vom Ausmaß der Nierenfunktionseinschränkung bis etwa 40 Stunden betragen.
Ca. 70 % von oral verabreichtem Clonidin werden beim Menschen innerhalb von 96 Stunden renal ausgeschieden, davon ca. 60 % der Dosis unmetabolisiert. Ein geringer Teil wird in der Leber metabolisiert, der Hauptmetabolit p-Hydroxy-Clonidin ist pharmakologisch inaktiv und macht 7-10 % der ausgeschiedenen Menge aus. Der fäkale Anteil der Ausscheidung beträgt ca. 20 % der Gesamtmenge.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
• Akute Toxizität
Die akute orale Toxizität (LD50) beträgt bei Nagern zwischen 71 und 300 mg/kg KG, beim Hund 30-100 mg/kg KG. Beim Rhesusaffen beträgt die minimale letale Dosis 150 mg/kg KG.
• Chronische Toxizität/Subchronische Toxizität
Untersuchungen zur chronischen Toxizität an Ratte und Affe nach oraler Verabreichung von bis zu 0,1 bzw. 1,5 mg/kg KG/Tag haben keine Hinweise auf toxische Effekte ergeben.
Beim Hund kam es zur Erhöhung der SGOT- und SGPT-Aktivität (0,3 mg/kg KG oral) und der alkalischen Phosphatase (0,5 mg/kg KG i.v., 3 mg/kg KG oral), in Einzelfällen wurden bei diesen Untersuchungen Leberzellnekrosen oder -narben gefunden. Die höhere Empfindlichkeit des Hundes ist auf dessen Fähigkeit, Clonidin praktisch völlig abzubauen, zurückzuführen. Der Mensch metabolisiert Clonidin in geringerem Umfang (siehe 5.2 „Pharmakokinetische Eigenschaften“).
• Mutagenität/Kanzerogenität
Clonidin wurde nur unzureichend bezüglich mutagener Wirkungen geprüft. Ein In-vitro-Test (Ames-Test) und ein In-vivo-Test (Mikrokerntest) verliefen negativ. Langzeituntersuchungen an Ratte und Maus ergaben keine Hinweise auf ein tumorerzeugendes Potenzial.
• Reproduktionstoxizität
Auswirkungen auf die Fertilität von Elterntieren und Nachkommen wurden nicht festgestellt.
Bei Untersuchungen an mehreren Tierspezies haben sich keine Hinweise auf teratogene Wirkungen von Clonidin ergeben. Embryotoxische Wirkungen sind bei Ratten und Kaninchen nach oraler Gabe von 0,15 bzw. 0,09 mg/kg KG/Tag beschrieben. Die postnatale Entwicklung der Nachkommen war bei Ratten bei einer Dosis von 0,15 mg/kg KG/Tag (oral) verzögert. Bei Gabe von Clonidin an neu geborene Ratten zeigten später die adulten Tiere dauerhafte Veränderungen an Neurotransmitter-Rezeptoren.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Maisstärke, Sucrose, Talkum, Schellack, Ethylcellulose, Gelatine, Titandioxid, Erythrosin, Eisenoxidhydrat.
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung Nicht über 30 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Packung mit 20 Hartkapseln, retardiert Packung mit 50 Hartkapseln, retardiert Packung mit 100 Hartkapseln, retardiert
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
ratiopharm GmbH
Graf-Arco-Str. 3 89079 Ulm
8. ZULASSUNGSNUMMER
4174.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung: 09. Dezember 1983
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 09. Dezember 2004
10. STAND DER INFORMATION
Juni 2015
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig