Cordarone
Fachinformation
C ordarone
1. Bezeichnung des Arzneimittels
Cordarone
Wirkstoff:Amiodaronhydrochlorid
2. Verschreibungsstatus / Apothekenpflicht
Verschreibungspflichtig
3. Zusammensetzung des Arzneimittels
3.1 Stoff- oder Indikationsgruppe
Antiarrhythmika (Klasse III)
3.2 Arzneilich wirksamer Bestandteil
1 Tablette enthält:
200 mg Amiodaronhydrochlorid.
3.3 Sonstige Bestandteile
Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon, Hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph.Eur.).
4. Anwendungsgebiete
Symptomatische und behandlungsbedürftige tachykarde supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen, wie z.B.:
- AV-junktionale Tachykardien,
- supraventrikuläre Tachykardien bei WPW-Syndrom
oder
- paroxysmales Vorhofflimmern.
Diese Indikation gilt für Patienten, die auf die Behandlung mit anderen Antiarrhythmika nicht ansprechen oder bei denen andere Antiarrhythmika nicht angezeigt sind.
Schwerwiegend symptomatisch tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen. Hierbei ist zu beachten, dass auf eine Therapie mit Betarezeptorenblockern nicht zu Gunsten einer Therapie mit Amiodaron verzichtet werden sollte.
5. Gegenanzeigen
Cordarone darf nicht angewendet werden bei:
- Sinusbradykardie (weniger als 55 Pulsschläge pro Minute),
- allen Formen einer Leitungsverzögerung (sinuaurikuläre und nodale Leitungsverzögerung) einschließlich Syndrom des kranken Sinusknotens, AV-Block II. und III. Grades sowie bi- und trifaszikulärer Blöcke, sofern kein Herzschrittmacher eingesetzt ist,
- Schilddrüsenerkrankungen,
- vorbestehender QT-Verlängerung,
- Hypokaliämie,
- Iodallergien und Überempfindlichkeit gegen Amiodaron,
- gleichzeitiger Behandlung mit MAO-Hemmern,
- gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die „Torsades de pointes“ auslösen können (siehe auch unter Punkt 7. „Wechselwirkungen mit anderen Mitteln“).
Kinder: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Amiodaron bei Kindern ist nicht belegt.
Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit:
Über die Sicherheit einer Anwendung in der Schwangerschaft liegen unzureichende Erfahrungen vor. Amiodaronhydrochlorid und N-Demethylamiodaron passieren die Plazenta und erreichen im Kind 10-25 % der maternalen Plasmakonzentration. Als häufigste Komplikationen treten Wachstumsstörungen, Frühgeburten und Funktionsstörungen der Schilddrüse beim Neugeborenen auf. Hypothyreoidismus, Bradykardie und verlängerte QT-Intervalle wurden bei etwa 10 % der Neugeborenen festgestellt. Vereinzelt wurden eine Vergrößerung der Schilddrüse oder Herzgeräusche gefunden. Die Fehlbildungsrate scheint nicht erhöht zu sein; es sollte jedoch die Möglichkeit von Herzdefekten berücksichtigt werden. Frauen mit Kinderwunsch sollten wegen der langen Halbwertszeit von Amiodaronhydrochlorid den Beginn einer Schwangerschaft frühestens ein halbes Jahr nach dem Ende der Therapie planen, um eine Exposition des Kindes in der Frühschwangerschaft zu vermeiden.
Ein Übergang in die Muttermilch ist für den Wirkstoff und für den aktiven Metaboliten nachgewiesen. Bei gestillten Kindern werden messbare Plasmaspiegel erreicht. Ist eine Behandlung während der Stillzeit erforderlich oder ist Amiodaronhydrochlorid während der Schwangerschaft eingenommen worden, sollte nicht gestillt werden.
6. Nebenwirkungen
Augen:
Mikroablagerungen an der Vorderfläche der Hornhaut des Auges finden sich bei fast allen Patienten, sind üblicherweise auf die Region unterhalb der Pupille begrenzt und können gelegentlich zu Sehstörungen (Schleiersehen, Farbhöfe um Lichtquellen) führen.
Sie bilden sich in der Regel 6-12 Monate nach Absetzen von Cordarone zurück.
Einige Fälle von Optikusneuritis wurden berichtet, die in Einzelfällen zu permanenter Blindheit führten.
Während der Behandlung mit Cordarone sind daher regelmäßige augenärztliche Untersuchungen, einschließlich Funduskopie und Untersuchungen mittels Spaltlampe, angezeigt.
Haut:
Gelegentlich kann eine Photosensibilisierung mit erhöhter Sonnenbrandneigung auftreten, die zu Erythem und Hautausschlag führen kann.
Unter längerer Behandlung kann es, vor allem an den Körperpartien, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, zu einer Hyperpigmentierung mit schwarzvioletter bis schiefergrauer Hautverfärbung (Pseudozyanose) kommen.
Die Verfärbung bildet sich langsam innerhalb 1-4 Jahren nach Absetzen des Präparates zurück.
Fälle von Erythembildung unter Strahlentherapie wurden berichtet. Fälle von Erythema nodosum und wenig spezifischen Exanthemen einschließlich seltener Fälle von exfoliativer Dermatitis wurden berichtet.
(Zu vorbeugenden Maßnahmen siehe auch unter Punkt 14. „Sonstige Hinweise“.)
Schilddrüse:
Cordarone hemmt die Umwandlung von Thyroxin (T4) in Triiodthyronin (T3) und kann zu erhöhten T4-Werten sowie zu verminderten T3-Werten bei klinisch unauffälligen (euthyreoten) Patienten führen.
Gelegentlich treten Schilddrüsenfunktionsstörungen (Hyper- oder Hypothyreose) auf.
Die folgenden Symptome können Hinweis auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung sein:
Bei Hypothyreose:
Gewichtszunahme, Abgeschlagenheit, eine über den unter Cordarone zu erwartenden Effekt hinausgehende extreme Bradykardie.
Bei Hyperthyreose:
Gewichtsverlust, Tachykardie, Tremor, Nervosität, vermehrtes Schwitzen und Wärmeintoleranz, Wiederauftreten von Arrhythmien oder Angina Pectoris, Herzinsuffizienz.
Schwere Hyperthyreosen, in Einzelfällen mit tödlichem Verlauf, wurden beschrieben.
(Zu Verlaufsuntersuchungen, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen siehe auch unter Punkt 14. „Sonstige Hinweise“.)
Lunge:
Infolge der Lungentoxizität von Cordarone können gelegentlich atypische Pneumonien als Ausdruck einer Überempfindlichkeitsreaktion (Hypersensitivitäts-Pneumonitis), alveoläre oder interstitielle Pneumonien oder Fibrosen, Pleuritis, Bronchiolitis obliterans mit Pneumonie/BOOP auftreten.
Nicht produktiver Husten und Atemnot sind häufig erste Anzeichen der vorgenannten Lungenveränderungen. Des Weiteren können Gewichtsverlust, Fieber, Schwächegefühl auftreten.
Bei frühzeitigem Absetzen von Cordarone bilden sich die oben beschriebenen Lungenveränderungen in der Regel zurück.
Einzelfälle mit tödlichem Verlauf wurden berichtet.
Zumeist nach chirurgischen Eingriffen traten einige Fälle von Schocklunge (ARDS) auf, die in Einzelfällen tödlich verliefen.
(Zu Verlaufsuntersuchungen, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen siehe auch unter Punkt 14. „Sonstige Hinweise“.)
Magen-Darm-Trakt/Leber:
Übelkeit und Erbrechen treten häufig auf. Gelegentlich treten Bauchschmerzen, Völlegefühl, Verstopfung und Anorexie auf.
Gelegentlich treten isolierte Erhöhungen der Serumtransaminasen auf, die in der Regel nicht sehr ausgeprägt sind.
Selten wurde das Auftreten einer akuten Hepatitis (in Einzelfällen mit tödlichem Verlauf), eines cholestatischen Ikterus oder einer Leberzirrhose beschrieben.
Bei andauernden klinisch relevant erhöhten Leberenzymen, cholestatischem Ikterus oder Hepatomegalie sollte ein Absetzen von Cordarone in Betracht gezogen werden.
Herz:
Als Folge der pharmakologischen Wirkung von Cordarone kann eine Sinusbradykardie, die bei älteren Patienten oder bei gestörter Sinusknotenfunktion stärker ausgeprägt sein kann, oder in Ausnahmefällen ein Sinusknotenstillstand auftreten.
Im EKG zeigen sich folgende Veränderungen: QT-Verlängerung, Auftreten einer U-Welle, Verlängerung oder Deformierung der T-Welle.
Beim Auftreten einer ausgeprägten Bradykardie oder eines Sinusknotenstillstandes muss die Therapie abgebrochen werden.
In seltenen Fällen kam es zu Überleitungsstörungen (SA-Block, AV-Block); in Einzelfällen wurde das Auftreten einer Asystolie beobachtet.
Proarrhythmische Wirkungen in Form von Veränderungen oder Verstärkung der Herzrhythmusstörungen, die zu starker Beeinträchtigung der Herztätigkeit mit der möglichen Folge des Herzstillstandes führen können.
Einzelfälle von „Torsades de pointes“ und Kammerflimmern/-flattern wurden beschrieben.
Sonstige:
Gelegentlich treten Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Albträume, Schwindel, verminderte Libido, Muskelschwäche, Tremor, Koordinationsstörungen, Parästhesien, periphere Neuropathien oder Ataxie auf.
Selten treten Geschmacksveränderungen sowie reversibler Haarausfall auf.
Selten können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, wie auch Vaskulitis, Thrombozytopenie, vorübergehend eingeschränkte Nierenfunktion, Epididymitis.
Einzelfälle von hämolytischer oder aplastischer Anämie sowie intrakraniale Drucksteigerungen (Pseudotumor cerebri) wurden berichtet.
Hinweis für Verkehrsteilnehmer
Die Behandlung mit diesem Arzneimittel bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird.
Dies gilt in verstärktem Maße bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol.
7. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln
Bei gleichzeitiger Gabe von Cordarone und herzwirksamen Glykosiden kann es zu Störungen der Automatie (exzessive Bradykardie) und der atrioventrikulären Überleitung auf Grund der synergistischen Wirkung beider Präparate kommen.
Bei gleichzeitiger Gabe von Cordarone und Digoxin kann es zu einer Erhöhung des Digoxin-Serumspiegels (auf Grund einer erniedrigten Digoxin-Clearance) kommen.
Daher sollte bei diesen Patienten auf Symptome einer Digitalis-Überdosierung geachtet werden und vorsorglich die Digoxin-Plasmaspiegel bestimmt werden. Falls notwendig, sollte eine Dosisanpassung erfolgen.
Cordarone kann zu einer Verstärkung des gerinnungshemmenden Effektes von Vitamin-K-Antagonisten (Dicoumarol, Warfarin und Phenprocoumon) und dadurch bedingt zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen.
Während und nach der Behandlung mit Cordarone sollten daher häufigere Quick-Wert-Kontrollen durchgeführt und ggf. die Dosis der Vitamin-K-Antagonisten angepasst werden.
Cordarone kann bei gleichzeitiger Gabe von Phenytoin und Serumspiegel von Phenytoin erhöhen und Symptome einer Phenytoin-Überdosierung (z.B. Sehstörungen, Tremor, Schwindel) auslösen. Daher sollte, sobald entsprechende Symptome auftreten, die Phenytoin-Dosis reduziert werden. Gegebenenfalls sollten die Phenytoin-Plasmaspiegel bestimmt werden.
Cordarone kann die Ciclosporin-Serumspiegel erhöhen und die Clearance von Ciclosporin um über 50 % vermindern. Daher sollte bei gleichzeitiger Gabe eine Dosisanpassung von Ciclosporin erfolgen.
Cordarone kann die Plasmaspiegel anderer Antiarrhythmika (z.B. Chinidin, Procainamid, Flecainid) erhöhen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Antiarrhythmika der Klasse I (insbesondere Chinidin-ähnliche Substanzen) und anderen Klasse-III-Antiarrhythmika (z.B. Sotalol) sowie anderen die QT-Zeit verlängernden Arzneimitteln (z.B. Vincamin, Sulpirid, Pentamidin i.v. und Erythromycin i.v.) besteht die Gefahr einer übermäßigen QT-Verlängerung verbunden mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Kammerarrhythmien einschließlich „Torsades de pointes“. Die gleichzeitige Anwendung dieser Arzneimittel ist daher kontraindiziert.
Bei gleichzeitiger Gabe Kalium ausschwemmender Diuretika (z.B. Hydrochlorothiazid, Furosemid), Laxanzien, systemischer Kortikosteroide, Tetracosactid oder Amphotericin B i.v. und Cordarone besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten hypokaliämisch induzierter Herzrhythmusstörungen (einschließlich „Torsades de pointes“).
Bei gleichzeitiger Anwendung von Cordarone und Kalziumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazem-Typ oder Betarezeptorenblockern kann es zu einer exzessiven Bradykardie, zu höhergradigen atrioventrikulären Überleitungsstörungen und zu einer additiven kardiodepressiven Wirkung kommen. Kalziumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazem-Typ oder Betarezeptorenblocker sollten daher nicht mit Cordarone kombiniert werden.
Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die durch Cytochrom P450 3A4 metabolisiert werden, und Amiodaron, einem Hemmer des Cytochrom P450 3A4, kann zu höheren Plasmakonzentrationen und damit verbunden zu einer erhöhten Toxizität dieser Arzneimittel führen (z.B. muskuläre Toxizität von Simvastatin oder anderen Statinen, die durch Cytochrom P450 3A4 metabolisiert werden).
Bei Patienten unter Behandlung mit Cordarone, die sich einer Allgemeinnarkose unterzogen, wurden selten Fälle von atropinresistenter Bradykardie, Blutdruckabfall, Überleitungsstörungen und reduziertem Herzminutenvolumen beobachtet.
Vereinzelt treten schwere respiratorische Komplikationen (Schocklunge, ARDS), zumeist direkt nach chirurgischen Eingriffen, auf.
Es wurde eine mögliche Verstärkung des toxischen Effektes von Sauerstoff vermutet. Vor chirurgischen Eingriffen sollte daher der Anästhesist über die Cordarone-Therapie informiert werden.
8. Warnhinweise
Siehe unter Punkt 14. „Sonstige Hinweise“.
9. Wichtigste Inkompatibilitäten
Entfällt.
10. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben
Bei ventrikulären Herzrhythmusstörungen bedarf die Einstellung auf das Antiarrhythmikum einer sorgfältigen kardiologischen Überwachung und darf nur bei Vorhandensein einer kardiologischen Notfallausrüstung sowie der Möglichkeit einer Monitorkontrolle erfolgen. Während der Behandlung sollten in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen vorgenommen werden (z.B. in Abständen von einem Monat mit Standard-EKG bzw. drei Monaten mit Langzeit-EKG und gegebenenfalls Belastungs-EKG). Bei Verschlechterung einzelner Parameter, z.B. Verlängerung der QRS-Zeit bzw. QT-Zeit um mehr als 25 % oder der PQ-Zeit um mehr als 50 % bzw. einer QT-Verlängerung auf mehr als 500 ms oder einer Zunahme der Anzahl oder des Schweregrades der Herzrhythmusstörungen, sollte eine Therapieüberprüfung erfolgen.
Als Sättigungsdosis 8-10 Tage lang 600 mg Amiodaronhydrochlorid (entsprechend 3 Tabletten Cordarone) pro Tag; in einigen Fällen können Dosierungen bis zu 1200 mg Amiodaronhydrochlorid (entsprechend 6 Tabletten Cordarone) pro Tag erforderlich werden. Anschließend Reduzierung auf eine Erhaltungsdosis, die im Allgemeinen 200 mg Amiodaronhydrochlorid (entsprechend 1 Tablette Cordarone) während 5 Tagen pro Woche beträgt. Bei einigen Fällen sind während der Dauertherapie höhere Dosierungen von 200 bis 600 mg Amiodaronhydrochlorid (entsprechend 1-3 Tabletten Cordarone) pro Tag erforderlich.
Bei der Behandlung von Kindern sollte die Dosis entsprechend der Körperoberfläche bzw. dem Körpergewicht angepasst werden.
Besonderer Hinweis:
Da die meisten Nebenwirkungen dosisabhängig sind, sollte die niedrigste effektive Erhaltungsdosis verabreicht werden.
11. Art und Dauer der Anwendung
Die Tabletten sollen während oder nach einer Mahlzeit unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden.
Die Anwendungsdauer bestimmt der behandelnde Arzt.
12. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel
Über akute Überdosierungen mit Cordarone ist bisher wenig bekannt. Im Allgemeinen ist wegen der besonderen Pharmakokinetik eine Überdosierung erst im Laufe der Langzeittherapie möglich.
Die Symptome beschränken sich gewöhnlich auf eine Sinusbradykardie, sinuaurikuläre und nodale Reizleitungsstörungen sowie spontan sistierende Tachykardien. Die durch Cordarone verursachte Bradykardie ist atropinresistent. Deshalb ist bei Bedarf eine temporäre Schrittmacherkontrolle erforderlich.
Besteht der Verdacht auf eine Überdosierung, sollte der Patient auf Grund der Pharmakokinetik von Amiodaronhydrochlorid ausreichend lang unter besonderer Berücksichtigung der kardialen Situation beobachtet werden.
Weder Amiodaronhydrochlorid noch seine Metaboliten sind dialysierbar.
13. Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften, Pharmakokinetik, Bioverfügbarkeit, soweit diese Angaben für die therapeutische Verwendung erforderlich sind
13.1 Pharmakologische Eigenschaften
Amiodaronhydrochlorid bewirkt eine Hemmung des Kaliumausstroms in der Phase III des Aktionspotenzials im Myokardgewebe und verlängert dadurch selektiv die Repolarisationsdauer und Refraktärperiode des Aktionspotenzials (Klasse-III-Wirkung nach Vaughan Williams). Dies führt zur Unterdrückung von Ektopien und Reentry-Mechanismen ohne Beeinträchtigung der Kontraktionskraft des Myokards.
Amiodaronhydrochlorid reduziert die Leitungsgeschwindigkeit und verlängert die Refraktärzeit in akzessorischen atrioventrikulären Bahnen.
Die Verlängerung der langsamen diastolischen Depolarisation im Schrittmacherpotenzial führt zu einer Unterdrückung der Automatie im Schrittmachergewebe mit Verlangsamung der Herzfrequenz, die atropinresistent ist.
Amiodaronhydrochlorid zeigt eine dosisabhängige, nicht kompetitive Hemmung der Alpha- und Beta-adrenergen Aktivitäten. Hämodynamisch äußert sich dies in einer koronar- und gefäßdilatatorischen Wirkung und ebenso in einer Verbesserung der Sauerstoffbilanz.
Amiodaronhydrochlorid weist bei oraler Gabe keinen signifikant negativ inotropen Effekt auf.
Bei i.v. Gabe kann es hauptsächlich nach Injektion zu einer Verminderung der Kontraktilität kommen.
13.2 Toxikologische Eigenschaften
a) Akute Toxizität
Die akute Toxizität von Amiodaronhydrochlorid scheint relativ niedrig zu sein, und die LD50-Werte liegen über 3 g/kg KG. Klinische Symptome waren beim Hund Erbrechen, bei Nagern ZNS-Effekte (Sedation, Tremor, Krämpfe, Atemstörungen).
b) Chronische Toxizität/subchronische Toxizität
Im Rahmen der Untersuchungen zur chronischen Toxizität rief Amiodaronhydrochlorid bei Tieren ähnliche toxische Wirkungen wie beim Menschen hervor. Amiodaronhydrochlorid rief Lungenschäden (Fibrosen, Phospholipidosen; bei Hamster, Ratte und Hund) sowie ZNS-Störungen (bei Ratten) hervor. Für die Auslösung von Lungenschäden scheinen oxidativer Stress und freie Radikale eine wichtige Rolle zu spielen. Ferner rief Amiodaronhydrochlorid bei Ratten Leberschäden hervor. Wirkungen von Amiodaron auf die Serum-Lipide können indirekt über Veränderungen der Plasmakonzentrationen von Schilddrüsenhormonen hervorgerufen werden.
c) Mutagenes und Tumor erzeugendes Potenzial
Amiodaronhydrochlorid ist eine stark phototoxische Substanz. Es gibt Hinweise, dass in Gegenwart von Amiodaronhydrochlorid durch UV-Bestrahlung cytotoxisch wirkende freie Radikale gebildet werden. Dies kann nicht nur zu akuten phototoxischen Reaktionen führen, sondern auch zu Schädigungen von DNS (Photomutagenität) und nachfolgenden photokanzerogenen Wirkungen. Bisher wurden diese potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen von Amiodaronhydrochlorid nicht experimentell untersucht. Daher ist das photomutagene und photokarzinogene Potenzial von Amiodaron nicht bekannt.
In einer Kanzerogenitätsstudie an Ratten rief Amiodaronhydrochlorid vermehrt follikuläre Tumore der Schilddrüse hervor (bei männlichen Tieren ab 5 mg/kg/die, bei weiblichen Tieren ab 16 mg/kg/die). Diese Effekte scheinen durch Wirkungen von Amiodaronhydrochlorid auf Synthese und/oder Freisetzung von Schilddrüsenhormonen hervorgerufen zu werden, und daher lässt sich aus diesen Untersuchungen für die therapeutische Anwendung von Amiodaronhydrochlorid beim Menschen kein kanzerogenes Potenzial ableiten.
d) Reproduktionstoxizität
Bei männlichen Patienten sind nach längerer Behandlung erhöhte Serumspiegel für LH und FSH gemessen worden, die auf testikuläre Dysfunktion hindeuten.
13.3 Pharmakokinetik
Amiodaronhydrochlorid wird nach oraler Gabe zu 50 % im Magen-Darm-Trakt resorbiert. Nach Applikation einer einzelnen Dosis werden Plasmaspiegel nach 3-7 Stunden erreicht. Die Anreicherung der Substanz an ihrem Wirkort bzw. die Aufsättigung des Myokardgewebes ist entscheidend für die therapeutische Wirksamkeit.
In Abhängigkeit von der Sättigungsdosierung sind therapeutische Wirkungen im Zeitraum von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen zu erwarten.
Nach Injektion wird das Wirkmaximum nach 15 Minuten erreicht. Danach kommt es zu einer Umverteilung ins Gewebe und zu einem schnellen Abfall des Plasmaspiegels innerhalb von 4 Stunden.
Zur Aufsättigung der Gewebespeicher muss die Therapie intravenös oder oral weitergeführt werden.
Amiodaronhydrochlorid hat eine lange Halbwertszeit, die interindividuell zwischen 20 und 100 Tagen variiert.
Während der Aufsättigung kumuliert die Substanz insbesondere im Fettgewebe.
Der Steady State wird innerhalb eines Zeitraumes von einem bis zu mehreren Monaten erreicht.
Auf Grund dieser Charakteristika sollte die empfohlene Aufsättigungsdosis verabreicht werden, um eine schnelle Gewebesättigung zu erreichen, die Voraussetzung für die therapeutische Wirksamkeit ist.
Der Hauptausscheidungsweg geht über die Leber und die Galle. 10 % der Substanz werden renal ausgeschieden.
Auf Grund der geringen renalen Ausscheidung kann niereninsuffizienten Patienten die übliche Dosis verabreicht werden.
Nach Absetzen wird Amiodaronhydrochlorid noch über mehrere Monate ausgeschieden.
14. Sonstige Hinweise
Augen:
Während der Behandlung mit Cordarone sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen, einschließlich Funduskopie und Untersuchungen mittels Spaltlampe, angezeigt (siehe auch unter Punkt 6. „Nebenwirkungen“).
Haut:
Unter der Therapie mit Cordarone sollte Sonnenbestrahlung vermieden werden; dies gilt auch für UV-Licht-Anwendungen und Solarien. Wenn dies nicht möglich sein sollte, sind die unbedeckten Hautpartien, besonders das Gesicht, durch eine Lichtschutzsalbe mit hohem Lichtschutzfaktor zu schützen. Auch nach Absetzen von Cordarone ist ein Lichtschutz noch für einige Zeit erforderlich.
Schilddrüse:
Auf Grund des Risikos, unter der Behandlung mit Cordarone eine Schilddrüsenfunktionsstörung (Hyper- oder Hypothyreose) zu entwickeln, sollten vor Behandlungsbeginn Schilddrüsenfunktionsuntersuchungen durchgeführt werden.
Während der Therapie und bis etwa ein Jahr nach Absetzen der Therapie sollten diese Untersuchungen in regelmäßigen Abständen wiederholt und die Patienten auf klinische Anzeichen einer Hyper- oder Hypothyreose untersucht werden.
Cordarone hemmt die Umwandlung von Thyroxin (T4) in Triiodthyronin (T3) und kann zu erhöhten T4-Werten sowie zu verminderten T3-Werten bei klinisch unauffälligen (euthyreoten) Patienten führen. Diese Befundkon-stellation allein sollte nicht zu einem Therapieabbruch führen.
Die klinische Diagnose einer Hypothyreose wird bestätigt durch Nachweis eines deutlich erhöhten ultrasensitiven TSH sowie eines verminderten T4.
Bei Nachweis einer Hypothyreose sollte die Amiodaron-Dosis – sofern möglich – reduziert werden und/oder eine Substitution mit L-Thyroxin begonnen werden. In Einzelfällen kann ein Absetzen von Cordarone erforderlich werden.
Die klinische Diagnose einer Hyperthyreose wird bestätigt durch Nachweis eines deutlich verminderten ultrasensitiven TSH sowie erhöhter T3- und T4-Werte.
Bei Nachweis einer Hyperthyreose sollte – sofern möglich – die Dosis reduziert oder Cordarone abgesetzt sowie in schweren Fällen eine Behandlung mit Thyreostatika, Betarezeptorenblockern und/oder Kortikosteroiden begonnen werden.
Wegen seines Iodgehaltes verfälscht Cordarone klassische Schilddrüsentests (Iodbindungstests).
Lunge:
Unter der Behandlung mit Cordarone besteht das Risiko, schwere entzündliche Lungenerkrankungen (Hypersensitivitäts-Pneumonitis, alveoläre oder interstitielle Pneumonitis) zu entwickeln. Daher sollten vor Behandlungsbeginn eine Thorax-Röntgenuntersuchung sowie ein Lungenfunktionstest durchgeführt werden.
Im weiteren Behandlungsverlauf sollten diese Untersuchungen in Abständen von ca. 3-6 Monaten wiederholt werden.
Ebenso sollten diese Untersuchungen bei Auftreten von Atembeschwerden (Symptom möglicher lungentoxischer Wirkung) durchgeführt werden.
Bei Patienten mit schweren Lungenerkrankungen ist die Lungenfunktion ggf. häufiger zu kontrollieren, da diese Patienten bei Auftreten lungentoxischer Wirkungen eine schlechtere Prognose haben.
Bei Nachweis einer Hypersensitivitäts-Pneumonitis ist Cordarone sofort abzusetzen und eine Behandlung mit Kortikosteroiden zu beginnen.
Bei Nachweis einer alveolären/interstitiellen Pneumonie sollte eine Behandlung mit Kortikosteroiden erfolgen und die Dosis reduziert werden oder – falls möglich – Cordarone abgesetzt werden.
Leber:
Insbesondere unter höherer Dosierung sollten regelmäßige Kontrollen der Leberwerte erfolgen.
Bei andauernden klinisch relevant erhöhten Leberenzymen, cholestatischem Ikterus oder Hepatomegalie sollte ein Absetzen von Cordarone in Betracht gezogen werden.
Herz/Kreislauf:
EKG-Veränderungen, die als QT-Verlängerung (in Abhängigkeit von der Repolarisationsverlängerung) möglicherweise in Verbindung mit der Entwicklung einer U-Welle sowie einer Verlängerung und Deformierung der T-Welle imponieren, sind Ausdruck der pharmakologischen Aktivität von Cordarone. Bei einer übermäßigen QT-Verlängerung besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von „Torsades de pointes“.
15. Dauer der Haltbarkeit
Entsprechend der in dem Lieferland festgelegten Haltbarkeitsdauer.
Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfallsdatums nicht mehr angewendet werden.
16. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise
Nicht über + 25°C und vor Licht geschützt lagern!
17. Darreichungsformen und Packungsgrößen
OP mit
20 Tabletten
50 Tabletten
100 Tabletten
Anstaltspackungen
18. Stand der Information
Juli 2002
19. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers
Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH
Am Gänslehen 4-6
D-83451 Piding
Tel.: 08651/704-0
Fax: 08651/704-324
Juni 2003