Diaphin 10.000 Mg Pulver Zur Herstellung Einer Injektionslösung
2222- 13 -
FA Anlage 4
zum Zulassungsbescheid Zul.-Nr. 62906.00.00
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FB Wortlaut der für die Fachinformation vorgesehenen Angaben
Fachinformation
FC 1. Bezeichnung des Arzneimittels
Diaphin 10.000 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung
FD 2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung
Jede Durchstechflasche enthält 10.000 mg Diamorphinhydrochlorid 1 H2O entsprechend 8.710 mg Diamorphin.
Nach Zubereitung enthält 1 ml gebrauchsfertige Lösung 100 mg Diamorphinhydrochlorid 1 H2O.
FE 3. Darreichungsform
Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung
Weißes bis fast weißes kristallines Pulver
FG 4. Klinische Angaben
FH 4.1 Anwendungsgebiete
Diaphin ist bestimmt zur Behandlung einer schweren Opiatabhängigkeit bei Erwachsenen nach Vollendung des 23. Lebensjahres im Rahmen medizinischer, sozialer und psychotherapeutischer Maßnahmen. In den ersten sechs Monaten der Behandlung mit Diaphin müssen Maßnahmen der psychosozialen Betreuung stattfinden.
Diaphin darf ausschließlich angewendet werden bei Patienten mit einer seit mindestens fünf Jahren bestehenden Opiatabhängigkeit, verbunden mit schwerwiegenden somatischen und psychischen Störungen und derzeit überwiegend intravenösem Konsum. Zwei erfolglos beendete Behandlungen der Opiatabhängigkeit, davon eine mindestens sechsmonatige orale Substitutionsbehandlung einschließlich psychosozialer Betreuungsmaßnahmen, müssen vorausgegangen sein.
FN 4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Die Behandlung mit Diamorphin darf nur in Einrichtungen mit entsprechender Erlaubnis durchgeführt werden.
Diaphin ist zur intravenösen Anwendung bestimmt und kann bis zu dreimal täglich appliziert werden. Die Dosis wird vom behandelnden Arzt bestimmt und ist entsprechend der klinischen Wirkung beim einzelnen Patienten zu titrieren. Die Tageshöchstdosis beträgt 1.000 mg, mit einer maximalen Einzeldosis von 400 mg. In einer klinischen Studie betrug die durchschnittliche Tagesdosis in den ersten
12 Monaten der Behandlung 442 mg Diaphin. In dieser Studie erhielten einige Patienten eine Basissubstitution mit Methadon zur Nacht. Ist diese indiziert, sollte die Tagesdosis des zusätzlich verordneten Methadons 60 mg nicht überschreiten. Eine Basissubstitution mit anderen Wirkstoffen (z.B. Levomethadon) wurde nicht untersucht.
Vor Einleitung der Therapie sollten die Art der Opiatabhängigkeit (z. B. lang- oder kurz wirksame Opiate/Opioide), der Zeitraum seit der letzten Opiatanwendung und der Grad der Opiatabhängigkeit berücksichtigt werden.
Initialtherapie
Bei Patienten mit unklarer Opiattoleranz sollte die Initialdosis 15 bis 20 mg Diaphin nicht überschreiten.
Standardschema einer schnellen Aufdosierung (7 Tage):
1. Tag: 15 mg Diaphin + nach 30 Minuten 30 mg gefolgt von 2 x 30 mg Diaphin
im weiteren Tagesverlauf
2. Tag: 50 mg Diaphin + 2 x 50 mg Diaphin
3. Tag: 3 x 75 mg Diaphin
4. Tag: 3 x 125 mg Diaphin
5. Tag: 3 x 175 mg Diaphin
6. Tag: 3 x 250 mg Diaphin
7. Tag: maximale Dosis.
Der Ablauf der Aufdosierung erfolgt unter der Voraussetzung, dass sich in diesem Zeitraum keine Komplikationen ergeben. Wird die individuell wirksame Dosis bereits vor dem 7. Tag erreicht, ist diese Dosis entsprechend weiterzuführen.
Standardschema einer langsamen Aufdosierung (maximal 2-4 x Dosiserhöhungen pro Woche):
1. Tag: 15 mg Diaphin + 3 x 30 mg Diaphin im weiteren Tagesverlauf
2. Tag: 50 mg Diaphin + 2 x 50 mg Diaphin
3. Tag: 3 x 75 mg Diaphin
5. Tag: 3 x 125 mg Diaphin
8. Tag: 3 x 175 mg Diaphin
11. Tag: 3 x 250 mg Diaphin
14. Tag: maximale individuelle Dosis.
Der Ablauf der Aufdosierung erfolgt unter der Voraussetzung, dass sich in diesem Zeitraum keine Komplikationen ergeben. Wird die individuell wirksame Dosis bereits vor dem 14. Tag erreicht, ist diese Dosis entsprechend weiterzuführen.
Bei gleichzeitiger Verordnung von Methadon, peroral zur Nacht,ist eine Initialdosis zwischen 15 und 30 mg Methadon bei zusätzlicher Gabe von
15 bis 20 mg Diaphin Tagesdosis anzuraten. Die Dosis Diaphin kann am 2. Tag auf 30-45 mg und am 3. Tag auf 60-90 mg erhöht werden.
Umstellung von Methadon auf Diamorphinhydrochlorid 1 H2O
Der Methadon-Vortageskonsum wird bei der Dosisberechnung als Referenzwert genommen. Bei Umstellung von Methadon auf mehr als zwei Diaphin-Injektionen pro Tag, kann die Methadon-Vortagesdosis in mg als Einzeldosis
Diamorphinhydrochlorid 1 H2O in mg 3-mal täglich injiziert werden. Bei Umstellung auf zweimal tägliche Diaphin-Injektion wird das 1,5-fache der Methadon-Vortagesdosis in mg zweimal täglich appliziert. Die Gesamtdosis des Folgetages darf die des Vortages nur bis zu 50 % übersteigen.
Wenn vor einer Umstellung von einem Opiatagonisten zum anderen mittlere bis hohe Dosen eines Opiats eingenommen wurden, ist eine erhebliche Toleranz gegeben. Aufgrund unterschiedlicher Kinetik kann die Umstellung von einem Opiat mit kurzer Halbwertszeit auf ein Opiat mit langer Halbwertszeit in den ersten Tagen zu erheblichen Unterdosierungen führen. Umgekehrt ist die Umstellung von Methadon auf Diamorphinhydrochlorid 1 H2O kinetisch unproblematisch.
Bei der Umstellung von Methadon auf Diamorphinhydrochlorid 1 H2O (und umgekehrt) haben sich folgende Äquivalenzberechnungen bewährt:
Ein Methadon-Tages-Äquivalent (MTQ) entspricht einer Dosis, die bei regelmäßiger Einnahme über einen Tag im Effekt mit 1 mg oralem Methadon übereinstimmt.
Als Richtwert gemäß dieser Definition gelten folgende Äquivalenzangaben
3 mg intravenöses Diamorphinhydrochlorid 1 H2O über einen Tag = 1 MTQ.
Aufdosierungen, Umstellungen von einem Opiat auf ein anderes sowie Abdosierungen lassen sich über MTQ’s kalkulieren.
Nachfolgende Tabelle zeigt beispielhaft die Umstellung von 65 mg Methadon auf Diaphin.
|
Methadon oral |
Diaphin |
MTQ Diaphin |
MTQ gesamt |
Einzeldosis Diaphin am Folgetag |
Tag 1 |
30 mg |
15+30+ 2x30 mg |
15 MTQ 20 MTQ |
65 MTQ |
(65:2)x3 =97,5 mg |
Tag 2 |
20 mg |
100+ 2x100 mg |
33 MTQ 66 MTQ |
120 MTQ |
(120:2)x3 =180 mg |
Tag 3 |
10 mg |
3x180 mg |
180 MTQ |
190 MTQ |
(190:2)x3 =285 mg |
Tag 4 |
5 mg |
3x285 mg |
285 MTQ |
290 MTQ |
(290:2)x3 =435 mg |
Tag 5 |
0 |
Bis 1000mg (max) |
333 MTQ |
333 MTQ |
|
Bei Verdacht auf übermäßigen Alkohol-Konsum und Werten > 1‰ soll die übliche Diaphin-Dosis halbiert und auf zwei Dosen verteilt werden (Wartezeit zwischen den Injektionen 30 Minuten), um Überdosierungen (komatöse Zustände) durch Alkohol-Beikonsum zu vermeiden. (siehe auch Abschnitt 4.4 unter der Überschrift Beikonsum)
Art der Anwendung
Nach Zubereitung der Lösung wird das Arzneimittel intravenös angewendet.
Zur Herstellung der Lösung, siehe Abschnitt 6.6.
Dauer der Anwendung
Langfristiges Ziel der Behandlung ist die schrittweise Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes. Dosisreduktion und Ausschleichen der Therapie sollten in Abhängigkeit vom individuellen Verlauf der Erkrankung erfolgen.
Die Behandlung mit Diaphin ist nach jeweils spätestens zwei Jahren Behandlungsdauer daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Behandlung noch gegeben sind. Die Überprüfung erfolgt durch Einholung einer Zweitmeinung durch einen suchtmedizinisch qualifizierten Arzt, der nicht der Diamorphin-substituierenden Einrichtung angehört. Ergibt die Überprüfung, dass die Voraussetzungen für die Behandlung nicht mehr gegeben sind, ist die Diamorphin-gestützte Behandlung zu beenden.
FI 4.3 Gegenanzeigen
Diaphin darf in den folgenden Fällen nicht angewendet werden:
-
Überempfindlichkeit gegen Diamorphinhydrochlorid 1 H2O
-
Bestehender Darmverschluss (Ileus)
-
Schwere respiratorische Insuffizienz
Bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen unter 23 Jahren darf Diaphinnicht angewendet werden, da keine Daten vorliegen.
FK 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Diaphin darf in den folgenden Fällen nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden:
– Bewusstseinsstörungen
-
Krankheitszustände, bei denen eine Störung des Atemzentrums und der Atemfunktion vorliegt, bzw. vermieden werden muss
-
Zustände mit erhöhtem Hirndruck, wenn nicht gleichzeitig eine künstliche Beatmung durchgeführt wird
-
Mehrfachabhängigkeit von verschiedenen Suchtmitteln
– Hypotension bei Hypovolämie
– Prostatahypertrophie mit Restharnbildung (Gefahr der Blasenruptur durch
Harnverhalten)
– Harnwegsverengungen oder Koliken der Harnwege
– Gallenwegserkrankungen
– Obstruktive und entzündliche Darmerkrankungen
– Phäochromozytom
– Pankreatitis
– Myxödem
– Patienten mit epileptischen Anfällen oder erhöhter Krampfbereitschaft.
Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie bei Verdacht auf verzögerte Magen-Darm-Passage sollte Diamorphin besonders vorsichtig dosiert werden.
Bei bestehender Nebennierenrindeninsuffizienz sollte die Plasmakortisol-konzentration kontrolliert werden. Gegebenenfalls sollten Kortikoide substituiert werden.
Wegen des rasch einsetzenden Toleranzverlusts bei Entzugsbehandlungen, bzw. mehrtägigem Fernbleiben von der Diamorphin- Behandlung (nach 5 Tagen Abstinenz ist die Opiattoleranz praktisch aufgehoben), ist bei erneuter Diamorphin-Anwendung Vorsicht geboten (siehe Abschnitt 4.2). Pro Tag ohne Diamorphintherapie muss die Tagesgesamtdosis bei erneuter Anwendung von Diamorphin um 20 % reduziert werden. Nach Abwesenheit von 5 oder mehr Tagen sollte die adäquate Dosis erneut titriert werden, wobei am ersten Behandlungstag eine Tagesgesamtdosis von 90 mg Diamorphin, verteilt auf mindestens drei Einzelgaben nicht überschritten werden sollte. Vor der ersten Gabe sollte mit einem Urinscreening auf Abwesenheit von Opiaten, Kokain, Benzodiazepinen und Methadon geprüft werden, um Interaktionen vermeiden zu können.
Beikonsum
Patienten sollten vor jeder Injektion von Diaphin nach Beikonsum anderer Betäubungsmittel und psychotroper Substanzen (z.B.Tranquilizer, Hypnotika, Opioide) und Alkohol befragt werden. Bei Verdacht auf vermehrte Einnahme muss der Arzt entscheiden, ob die Injektion von Diaphin erfolgen darf (siehe auch Abschnitt 4.2, letzter Absatz).
Supervision
Diamorphin darf nur unter Aufsicht des Arztes oder des sachkundigen Personals innerhalb einer Einrichtung mit entsprechender Erlaubnis verbraucht werden. Nach der Injektion müssen die Patienten einen angemessenen Zeitraum hinsichtlich Vigilanz beobachtet werden.
Abhängigkeit
Täglicher Konsum von Diamorphin erzeugt innerhalb kurzer Zeit eine Abhängigkeit.
Therapieunterbrechung und Dosisreduktion
Ein Absetzen der Therapie kann zu einem Entzugssyndrom führen, das auch verzögert auftreten kann. Nach Dosisreduktion kann es ebenfalls zum Auftreten von Entzugssymptomen kommen.
Dopinghinweis
Die Anwendung von Diaphin kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
FM 4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Die gleichzeitige Anwendung von Diamorphinhydrochlorid 1 H2O und anderen zentral dämpfend wirkenden Arzneimitteln und Stoffen sowie Alkohol kann zu einer Verstärkung der Nebenwirkungen von Diamorphinhydrochlorid 1 H2O, insbesondere der Atemdepression, führen.
Durch Cimetidin und andere den Leberstoffwechsel hemmende Arzneimittel können erhöhte Plasmakonzentrationen von Diamorphin auftreten.
Durch die Anwendung von Diamorphinhydrochlorid 1 H2O kann die Wirkung von Muskelrelaxantien verstärkt werden.
Nach der Opioid-Anwendung (z. B. Pethidin) bei Patienten, die innerhalb der letzten 14 Tage mit Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) behandelt wurden, sind lebensbedrohliche Auswirkungen auf das ZNS sowie die Atem- und Kreislauffunktion beobachtet worden. Dies ist auch für Diamorphin nicht auszuschließen.
Bei gleichzeitigem Alkoholkonsum treten Übelkeit und Erbrechen, Motilitätsstörungen im Dickdarm sowie Schlafstörungen (insbesondere Durchschlafstörungen) vermehrt auf, die durch eine Dosisanpassung von Diamorphin vermindert werden können.
Der Beikonsum von Kokain sowie der Entzug von Alkohol, Benzodiazepinen, Barbituraten und anderen Sedativa erhöht die Gefahr von Epilepsien.
Obwohl Diamorphin unabhängig vom Cytochrom-P450-System durch Deacetylierung und Glucuronidierung abgebaut wird, kann das Cytochrom-P450-System eine zentrale Rolle bei plötzlichen Todesfällen von Polytoxikomanen spielen, da Kokain sowie verschiedene Benzodiazepine und Antidepressiva durch das Cytochrom-P450-System metabolisiert werden (Überdosierung durch kompetitive Hemmung).
FL 4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor, die die Bewertung eines möglichen teratogenen Risikos erlauben würden. Untersuchungen mit dem Metaboliten Morphin an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (siehe Abschnitt 5.3). Bei Neugeborenen, deren Mütter bis zur Geburt Diamorphin oder andere Opiate konsumieren, besteht eine Opiatabhängigkeit. Die Symptome des neonatalen Entzugssymptoms umfassen Atemdepression, Weinen, Tremor, Hyperreflexie, erhöhter Muskeltonus, Fieber, Tachypnoe. Oft sind diese Kinder untergewichtig.
Daher darf Diamorphin in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der Nutzen für die Mutter das Risiko für das Kind überwiegt. Wegen der mutagenen Eigenschaften des Metaboliten Morphin ist Männern und Frauen im zeugungs- und gebärfähigen Alter zu empfehlen, während der Therapie mit Diaphin eine wirksame Verhütung sicherzustellen.
Bei Schwangerschaften, die unter einer Diamorphin-gestützten Substitutionstherapie eintreten, ist durch den Arzt patientenindividuell abzuwägen, ob die Diamorphintherapie fortgeführt oder eine Umstellung auf eine andere, zugelassene Substitutionstherapie erfolgen sollte. Bei Fortführung der Diamorphintherapie wird im letzten Trimenon die Verteilung der Tagesgesamtdosis auf drei identische Einzeldosen Diaphin empfohlen, um die Dosisschwankungen möglichst gering zu halten.
Entbindung
Morphin kann die Dauer der Wehentätigkeit verlängern oder verkürzen.
Neugeborene, deren Mütter während der Entbindung Opiate erhalten, sollten auf Anzeichen einer Atemdepression oder eines anderen neonatalen Entzugssyndroms überwacht und gegebenenfalls mit einem spezifischen Opioidantagonisten behandelt werden.
Stillzeit
Von Morphin ist bekannt, dass es mit der Muttermilch ausgeschieden wird. Es ist anzunehmen dass dies auch auf Diamorphin zutrifft. Es ist weiterhin zu erwarten, dass nach Verabreichung von Diamorphin auch unbekannte Mengen von Morphin in die Muttermilch gelangen und beim Säugling klinisch relevante Konzentrationen erreichen. Stillen könnte geeignet sein, das Neugeborenenentzugssyndrom zu mildern, aber es bestehen diesbezüglich keine eindeutigen Erfahrungswerte.
Die derzeitige Datenlage rechtfertigt kein grundsätzliches Abstillen. Neben einer ambulanten Stillberatung und Kontrolle des kindlichen Ernährungszustandes ist auch der psychosoziale Status der opiatabhängigen Mutter auf Eignung zur mütterlichen Versorgung / Stillen zu bewerten. Unter geeigneten Bedingungen kann Stillen einen therapeutischen Nutzen für die Mutter-Kind-Beziehung erbringen.
FQ 4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Diamorphin kann Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben ist. Die Beurteilung der jeweils individuellen Situation ist durch den behandelnden Arzt vorzunehmen.
FJ 4.8 Nebenwirkungen
Die schwerwiegendste in einer klinischen Studie beobachtete Nebenwirkung unter der Therapie mit Diamorphin ist die Atemdepression. Diese Nebenwirkung trat vor allem bei vorher nicht gemeldetem Beikonsum von Benzodiazepinen auf. Die häufigsten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Diamorphingabe waren Allgemeinsymptome (z.B. Kopfschmerzen, Fieber, Schwäche), psychische Veränderungen und Verhaltensauffälligkeiten, Wirkungen auf den Magen-Darmtrakt sowie Überempfindlichkeitsreaktionen und Krampfanfälle
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig (>1/10)
Häufig (> 1/100 bis < 1/10)
Gelegentlich (>1/1.000 bis < 1/100)
Selten (>1/10.000 bis < 1/1.000
Sehr selten (< 1/10.000)
Erkrankungen des Immunsystems
Sehr häufig: Überempfindlichkeitsreaktionen wie Urtikaria, Pruritus und Exantheme
Gelegentlich: anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen
Psychiatrische Erkrankungen
Häufig: Euphorie/Dysphorie, Psychosen, Depression
Erkrankungen des Nervensystems
Gelegentlich: Krampfanfälle
Augenerkrankungen
Sehr häufig: Miosis
Selten: Doppeltsehen, verschwommenes Sehen
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
Gelegentlich: Hypotonie, Hypertonie
Sehr selten: Asystolie
Erkrankungen der Atemwege
Gelegentlich: Atemdepression
Selten: Auslösen eines Asthmaanfalls
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe der glatten Muskulatur (z. B. Koliken, Störungen bei der Blasenentleerung), Appetitlosigkeit, Obstipation
Sehr selten: Darmverschluss
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Selten: Infektion an der Injektionsstelle
Erkrankungen der Skelettmuskulatur
Selten: Muskelspasmen
Allgemeine Erkrankungen
Sehr häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schwitzen
Häufig: Schlafstörungen
Sehr selten: verminderte Libido, Potenzstörungen
FO 4.9 Überdosierung
Symptome einer Intoxikation
Die Letaldosis für gesunde, nicht opiattolerante Erwachsene liegt bei ca. 30 mg Diamorphinhydrochlorid 1 H2O intravenös.
Die Opiatvergiftung äußert sich durch die Trias: Miosis, Atemdepression und Koma:
Die Pupillen sind zunächst stecknadelkopfgroß. Bei starker Hypoxie dilatieren sie jedoch. Die Atmung ist stark reduziert (bis auf 2 – 4 Atemzüge/Minute). Der Patient wird zyanotisch. Überdosierung mit Diamorphin führt zu Benommenheit und Stupor bis hin zum Koma. Der Blutdruck bleibt zunächst normal, fällt jedoch bei fortschreitender Intoxikation rapide ab. Anhaltender Blutdruckabfall kann in einen Schockzustand übergehen. Tachykardie und Schwindel können auftreten. Die Körpertemperatur fällt ab. Die Skelettmuskulatur wird relaxiert, gelegentlich können generalisierte Krämpfe auftreten. Der Tod tritt meist durch Ateminsuffizienz oder durch Komplikationen wie z. B. ein Lungenödem ein.
Therapie einer Intoxikation
Bei bewusstlosen Patienten mit Atemstillstand sind Intubation und Beatmung sowie die intravenöse Gabe eines Opiat-Antagonisten (z. B. Naloxon intravenös) angezeigt. Dosierung und therapeutisches Vorgehen richten sich nach den Angaben in der Fachinformation des Opiat-Antagonisten und nach den aktuellen Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften. Die Gabe eines Opiat-Antagonisten kann zu einem Entzugssyndrom führen. Strenge Überwachung für mehrere Stunden ist notwendig, da die Wirkung des Opiat-Antagonisten kürzer ist als die des Diamorphins, so dass mit einem erneuten Auftreten der Ateminsuffizienz gerechnet werden muss. Ferner können Maßnahmen zum Schutz vor Wärmeverlusten und zur Volumentherapie erforderlich sein.
FF 5. Pharmakologische Eigenschaften
F1 5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Mittel zur Behandlung der Opiatabhängigkeit
ATC-Code: N07BC
Diamorphin ist ein stark wirksames Analgetikum, das vor allem auf das zentrale Nervensystem und die glatte Muskulatur wirkt.
Diamorphin selbst bindet, im Gegensatz zu den aktiven Metaboliten 6-Ortho-Monoacetylmorphin (6-MAM) und Morphin, kaum an die Rezeptoren im Zentralnervensystem. Es kann daher als Prodrug bezeichnet werden. Für die zentralnervösen Wirkungen ist in erster Linie die Bindung von 6-MAM und Morphin an μ-Rezeptoren verantwortlich. Die Wirkdauer beträgt 5-8 Stunden.
Durch die schnelle Anflutung im ZNS nach intravenöser Injektion wird von einigen Patienten ein so genannter ‚Flash’ erlebt, der z.B. als blitzartig eintretender Wonneschauer beschrieben wird.
Weitere zentralnervöse Wirkungen des Diamorphins sind u.a. Sedierung, Atemdepression, Miosis und emetische Effekte.
F2 5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Distribution
Da Diamorphin stärker lipophil ist als andere Opiate, kann es die Blut-Hirn-Schranke leichter passieren und gelangt nach intravenöser Verabreichung sehr rasch, innerhalb von wenigen Sekunden, in das Gehirn. Die Serumkonzentrationen des Diamorphin und seiner aktiven Metaboliten zeigen relativ große Schwankungen mit entsprechend spürbarem Tagesgang der Befindlichkeit. Aufgrund der, relativ zu den entsprechenden Halbwertszeiten, sehr langen Dosierungsintervallen (i.d.R. 2-3 mal täglich), besteht nur eine geringe Kumulationsgefahr für Diamorphin und seine primären Metaboliten 6-MAM und Morphin. Der aktive Metabolit Morphin-6-Glucuronid , der nur in geringen Mengen gebildet wird, weist aufgrund seiner bedeutend längeren Halbwertszeit eine höhere Kumulationsgefahr auf, wobei dies nur bei bestehender Niereninsuffizienz von klinischer Relevanz ist.
Die Metaboliten Morphin und 6-MAM überwinden die Blut-Hirnschranke rasch. Morphin ist plazentagängig und wird in der Muttermilch ausgeschieden.
Metabolismus
Nach intravenöser Injektion ist Diamorphin nur während kurzer Zeit im Blut nachweisbar. Es hat eine Halbwertszeit von etwa 3 Minuten. Im zentralen Nervensystem und in peripheren Geweben wird Diamorphin durch Abspaltung einer Essigsäuregruppe rasch zu 6-MAM metabolisiert. Mit einer Halbwertszeit von 20 Minuten wird auch die zweite Acetylgruppe abgespalten. So entsteht als aktiver Metabolit Morphin, welcher eine Plasmahalbwertszeit von etwa drei Stunden aufweist.
Morphin wird bei der Metabolisierung in der Leber vor allem in Morphin-3-Glucuronid umgewandelt. Weitere Metaboliten, die in geringerer Menge gebildet werden, sind Morphin-6-Glucuronid (pharmakologisch aktiv) und Normorphin.
Elimination
Die Ausscheidung der Metaboliten (Morphinglucuronide) erfolgt vor allem über die Niere. Etwa 7-10% werden über die Galle in den Darm sezerniert und mit dem Faeces ausgeschieden, bzw. in geringen Mengen hydrolisiert und als Morphin reabsorbiert.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Schwangerschaft: Diamorphin und aktive Metaboliten gelangen via Plazenta in den Kreislauf des ungeborenen Kindes. Wegen der noch nicht voll ausgebildeten Blut-Hirn-Schranke kann Morphin im kindlichen ZNS höhere Konzentrationen erreichen als bei der Mutter.
F3 5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In präklinischen Studien zur akuten Toxizität und Toxizität nach wiederholter Gabe wurden keine zusätzlich klinische relevanten Wirkungen beobachtet, die nicht bereits in anderen Abschnitten der SPC beschrieben sind (siehe Abschnitte 4.4, 4.8 und 4.9)
Diamorphin wird im Organismus zu Morphin metabolisiert. In präklinischen Untersuchungen zeigte Morphin ein genotoxisches Potential. Eine derartige Wirkung muss auch für den Menschen angenommen werden.
.
Langzeituntersuchungen hinsichtlich des tumorerzeugenden Potentials von Diamorphin und Morphin liegen nicht vor.
Reproduktionstoxikologische Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (ZNS-Missbildungen, Wachstumsretardierung, Testisatrophie, Veränderung bei Neurotransmittersystemen und Verhaltensweisen, Abhängigkeit). Daneben hatte Morphin bei verschiedenen Tierspezies Auswirkungen auf das männliche Sexualverhalten und die weibliche Fertilität.
FR 6. Pharmazeutische Angaben
F7 6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Keine.
FS 6.2 Inkompatibilitäten
Das Arzneimittel darf nicht mit anderen, außer mit den unter Abschnitt 6.6 aufgeführten, Arzneimitteln gemischt werden.
FT 6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
Lösung nach Zubereitung: 2 Wochen
FX 6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C und vor Licht geschützt lagern.
Lösung nach Zubereitung: Im Kühlschrank (2°C - 8°C) lagern.
FY 6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Durchstechflasche (Typ II Glas) mit Gummistopfen und Aluminiumdeckel mit 10.000 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung
Packungsgrößen: 5 x 1 Durchstechflasche
75 x 1 Durchstechflasche
F4 6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur
Handhabung
Herstellung der Lösung
Benötigtes Material:
Durchstechflasche mit sterilem Wasser, Spritzen und Nadeln, Alkoholtupfer zur Desinfektion des Verschlusses.
Herstellung:
Der Wirkstoff wird unter aseptischen Bedingungen mit Hilfe einer Spritze mit 93 ml Wasser für Injektionszwecke versetzt.
Nach Zugabe der benötigten Menge Wasser für Injektionszwecke bildet sich unter ständigem Schwenken der Flasche innerhalb von 2 Minuten eine Lösung. (100mg/ml). Vor der Anwendung ist die Lösung visuell auf Partikel zu prüfen. Nur klare und farblose Lösungen, die frei von sichtbaren Partikeln sind, dürfen verwendet werden.
Das Datum der Lösungsherstellung ist auf dem Etikett zu notieren.
Nicht verwendetes Arzneimitteloder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.
FZ 7. Inhaber der Zulassung
DiaMo GmbH & Co KG
Bismarckstr. 55
72793 Pfullingen
Telefon +49 7121 7506451
Fax +49 7121 7506452
E-Mail: Diamo@tcnet.ch
F5 8. Zulassungsnummer
62906.00.00
F6 9. Datum der Erteilung der Zulassung
[siehe Unterschrift]
F10 10. Stand der Information
...
F11 11. Verkaufsabgrenzung
Verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel
Dieses Arzneimittel enthält einen Stoff, dessen Wirkung in der medizinischen Wissenschaft noch nicht allgemein bekannt ist.
CA Anlage 5
zum Zulassungsbescheid Zul.-Nr. 62906.00.00
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CB Auflagen
CC Die Zulassung wird mit folgender Auflage/folgenden Auflagen verbunden:
Auflage zur Qualität gemäß § 28 Abs. 3 AMG:
Q1. Eine produktspezifisch validierte Prüfung auf Bakterien-Endotoxine ist in die Freigabespezifikation nachträglich aufzunehmen. Eine entsprechende Erklärung zur Aufnahme in die Freigabespezifikation ist innerhalb von drei Monaten vorzulegen.
Begründung:
Die Auflage stützt sich auf § 28 Abs. 3 AMG, nach dessen Rechtsfolge die Bundesoberbehörde anordnen kann, dass weitere analytische Prüfungen durchzuführen und über ihre Ergebnisse zu berichten sind.
Es sind für die umfassende Beurteilung des Arzneimittels in Gestalt der auch nach Durchführung des Mängelbeseitigungsverfahrens noch unzureichenden Prüfung auf Bakterien-Endotoxine weitere wichtige Angaben erforderlich.
Eine, der aseptischen Herstellung des Lyophilisates vorgelagerte chargenweise Prüfung des Wirkstoffs sowie des eingesetzten Wassers für Injektionszwecke kann die Notwendigkeit einer Prüfung am Endprodukt nicht ersetzen.
Auflage aus Gründen der Arzneimittelsicherheit gemäß § 28 Abs. 3a AMG
Es ist ein Risikomanagementsystem innerhalb eines Monats nach Zulassung dieses Arzneimittels zu erstellen und vom Antragsteller bzw. pharmazeutischen Unternehmer einzureichen.
Begründung:
Die Auflage stützt sich auf § 28 Abs. 3a AMG. Danach kann die Einführung eines Risikomanagementsystems angeordnet werden, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist. Bei Diaphin handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel, dessen Anwendung mit besonderen Risiken verbunden ist.
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