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Digitoxin-Philo

Document: 14.11.2006   Gebrauchsinformation (deutsch) change

Fachinformation


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Digitoxin-Philo

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1. Bezeichnung des Arzneimittels


Digitoxin-Philo


Wirkstoff: Digitoxin


2. Verschreibungsstatus/Apothekenpflicht


Verschreibungspflichtig


3. Zusammensetzung des Arzneimittels


3.1 Stoff- oder Indikationsgruppe


Herzwirksames Glykosid aus Digitalis purpurea


3.2 Arzneilich wirksame Bestandteile


1 Ampulle zu 1 ml Injektionslösung enthält 0,25 mg Digitoxin.


3.3 Sonstige Bestandteile


1 Ampulle zu 1 ml enthält: Propylenglykol 350 mg,

Ethanol 150 mg (entsprechend 18 Vol.- % Alkohol)


4. Anwendungsgebiete


- Manifeste chronische Herzinsuffizienz (aufgrund systolischer Dysfunktion)


- Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern/ Vorhofflattern


- Paroxysmales Vorhofflimmern / Vorhofflattern

Die parenterale Applikation sollte nur erfolgen, wenn ein schneller Wirkungseintritt erwünscht oder eine orale Gabe nicht angezeigt ist.


5. Gegenanzeigen


Digitoxin-Philo darf nicht angewendet werden bei:


Überempfindlichkeit gegenüber Digitoxin, anderen herzwirksamen Glykosiden oder einem der sonstigen Bestandteile


- Verdacht auf Digitalisintoxikation


- Kammertachykardie oder Kammerflimmern


- AV-Block II. oder III. Grades, pathologischer Sinusknotenfunktion (ausgenommen bei Schrittmacher-Therapie)


- vorgesehener elektrischer Kardioversion


- akzessorischen atrioventrikulären Leitungsbahnen (z. B. WPW-Syndrom) oder Verdacht auf solche


- Hypokaliämie


- Hyperkalziämie, Hypomagnesiämie


- hypertropher Kardiomyopathie mit Obstruktion


- thorakalem Aortenaneurysma


- gleichzeitiger intravenöser Gabe von

Kalziumsalzen (s. Wechselwirkungen)


Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei:


- Bradykardie infolge von Erregungsbildungs- und/oder -leitungsstörungen, AV-Block I. Grades


- Hyperkaliämie, da vermehrt Erregungsbildungs- und -leitungsstörungen auftreten können


- älteren Patienten oder wenn anzunehmen ist, daß die renale Clearance von Digitoxin vermindert ist (Siehe auch Dosierung, Abschnitt 10)


- Schilddrüsenerkrankungen (bei einer Hypothyreose sollten Aufsättigungs- und Erhaltungsdosisverringert werden. Bei einer Hyperthyreose kann eine Dosiserhöhung erforderlich sein)


- akutem Myokardinfarkt (Patienten mit akutem Myo­kardinfarkt sind z. B. häufig hypokaliämisch und/oder neigen zu Herzrhythmusstörungen)


- akuter Myokarditis, Cor pulmonale oder Hypoxämie infolge schwerer Atemwegserkrankung, da eine er­höhte Empfindlichkeit gegenüber Digitalis-Glykosi­den besteht


- Patienten, die in den vorangegangenen 2 Wochen Herzglykoside erhalten haben. Hier kann eine ver­ringerte Aufsättigungsdosierung nötig sein


Hinweise:


Es bestehen erhebliche interindividuelle Unterschiede der Glykosidempfindlichkeit.


Eine erhöhte Glykosidempfindlichkeit besteht z. B. bei Patienten höheren Lebensalters, Hypothyreose, Hypoxämie, Myokarditis, akutem Myokardinfarkt, Störungen des Säure-, Basen- und Elektrolythaushaltes. Entsprechende Patienten bzw. Krankheitsbilder sollten mit reduzierter Glykosiddosierung behandelt und sorgfältig überwacht werden.


Eine Digitoxin-Toxizität kann sich durch das Auftreten von Arrhythmien äußern, von denen einige solchen Arrhythmien ähneln können, für die das Arzneimittel therapeutisch angezeigt sein könnte. Z. B. ist besondere Vorsicht erforderlich bei Vorhoftachykardie mit wechselndem AV-Block, da der Rhythmus klinisch einem Vorhofflimmern entspricht.


Digitoxin kann ST-T Veränderungen im EKG verursachen, ohne dass gleichzeitig eine Myokardischämie vorliegt.


Für die Beurteilung, ob ein unerwünschtes Ereignis auf Digitoxin zurückzuführen ist, sollte der klinische Zustand des Patienten zusammen mit den Serum-Kalium-Spiegeln sowie der Nieren- und Schilddrüsenfunktion als wichtigste Faktoren herangezogen werden.


Bei Kaliummangel wird das Myokard für Digitoxin sensi­bilisiert, obwohl die Digitoxin-Serumkonzentration im therapeutischen Bereich liegen kann. Ein Kaliummangel kann z.B. auftreten durch Dialyse, Absaugen von Magen-Darm-Sekret, Unterernährung, Durch­fall, längeres Erbrechen, sowie bei hohem Alter oder bei chronischer Herzinsuffizienz (z. B. infolge von Diuretikatherapie).


Im allgemeinen sollten schnelle Änderungen der Serum­kaliumkonzentration oder anderer Elektrolyte (z.B. Magnesium, Calcium) vermieden werden.


Eine Nierenfunktionsstörung ist einer der häufigsten Gründe für die Auslösung einer Digitalisintoxikation.


Kontrollen der Serum-Elektrolyte sowie der Nieren­funktion sollten in regelmäßigen Abständen (in Abhängigkeit vom klinischen Zustand) erfolgen.


Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit:


Während der Schwangerschaft ist die Patientin besonders sorgfältig zu überwachen und auf eine individuelle, bedarfsgerechte Dosierung zu achten. Bisherige Erfahrungen mit Digitalis-Glykosiden in therapeutischen Dosierungen während der Schwanger­schaft haben keine Hinweise auf eine Schädigung des Embryos oder Föten ergeben. Während der letzten Wochen der Schwangerschaft kann der Glycosidbedarf ansteigen.


Nach der Geburt ist dagegen häufig eine Dosisreduzierung angezeigt. Nach Digitalis-Vergiftungen der Mutter wurde auch beim Föten über Intoxikationserscheinungen berichtet.


Digitoxin wird in die Muttermilch abgegeben. Zur Konzentration des Arzneimittels in der Milch liegen keine Untersuchungen vor, daher sollte vorsichtshalber abgestillt werden.


6. Nebenwirkungen


Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:

- Sehr häufig: ≥ 10 %

- Häufig: ≥ 1 % - < 10 %

- Gelegentlich: ≥ 0,1 % - < 1 %

- Selten: ≥ 0,01 % - < 0,1 %

- Sehr selten: ≥ 0,01 %, einschließlich Einzellfälle


Grundsätzlich ist jede Form der Herzrhythmusstörungen unter der Therapie mit Digitoxin-Philo möglich. Gewöhnlich werden als erstes Anzeichen vorzeitige Kammerkontraktionen beobachtet, denen oftmals eine Bigeminie oder sogar Trigenimie folgt. Vorhoftachykardien, die normalerweise eine Indikation für Digitoxin darstellen, können bei exzessiver Dosierung auftreten. Insbesondere Vorhoftachykardien mit AV-Block verschiedenen Grades sind charakteristisch , wobei die Herzfrequenz nicht notwendigerweise hoch sein muss.


Sehr häufig auftretende gastrointestinale Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit, Übelkeit (das Auftreten von Übelkeit sollte als frühes Zeichen einer übermäßig hohen Dosierung angesehen werden) und Erbrechen, gelegentlich treten Durchfälle und abdominelle Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen) auf. Sehr selten wurde ein Mesentrialinfarkt beschrieben.


Zentralnervöse Nebenwirkungen umfassen häufig auftretende Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und gelegentlich psychische Veränderungen (z. B. Alpträume, Agitiertheit, Verwirrtheit) sowie Depressionen, Halluzinationen und Psychosen. Sehr selten wurden Aphasien beschrieben. Es wird auch über Schwäche und Unwohlsein berichtet.


Auch im Bereich der therapeutischen Dosierung kann es zu einer Veränderung des Farbsehens (Grün/Gelb-Bereich) kommen. Sehr selten kann es nach Gabe von Digitoxin-Philo zu einer Gynäkomastie, zu Muskelschwäche und auch zu allergischen Reaktionen (z. B. urtikariellen oder scharlachartigen Hautausschlägen mit ausgeprägter Eosinophilie, Erythem), zum Thrombozytopenie oder Lupus erythematodes kommen.


Hinweis für Verkehrsteilnehmer:


Die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen wird nicht beeinträchtigt.


7. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln


Wechselwirkungen können resultieren aus einer Beeinflussung der renalen Ausscheidung, der Bindung an Körpergewebe, der Plasmaproteinbindung, der Verteilung, der Resorptionskapazität des Darmes und der Empfindlichkeit gegenüber Digitoxin.


Als Vorsichtsmaßnahme sollte bei jeglicher zusätzlicher Therapie die Möglichkeit einer Interaktion berücksichtigt werden. Im Zweifelsfall sollten die Digitoxin-Serum-Spiegel überprüft werden.


Eine Übersicht von Wechselwirkungen gibt die nachstehende Tabelle

.

Wirkungsverstärkung


Calcium (darf nicht i.v. injiziert werden)

Verstärkung der Glykosidtoxizität

Arzneimittel, die die Elektrolyt-Homöostase beeinflussen, wie z. B.

Diuretika, Laxantien (Abusus),

Benzylpenicillin, Amphotericin B,

Carbenoxolon,

Korticosteroide, ACTH,

Salicylate,

Lithiumsalze

Verstärkung der Glykosidtoxizität durch medikamentös bedingte Hypokaliämie bzw. Hypomagnesiämie

Calciumantagonisten (z.B. Verapamil, Nife­dipin, Diltiazem), Antiarrhythmika (z. B. Chinidin, Amiodaron)

Erhöhung der Digitoxin­serumkonzentration

-Blocker

Verstärkung der bradykardisierenden Wirkung

Suxamethoniumchlorid, Reserpin, trizyklische Antidepressiva

Sympathomimetika, Phosphodiesterasehemmer (z. B. Theophyllin)

Begünstigung von Herzrhythmusstörungen









Wirkungsabschwächung


Kaliumspiegelerhöhende Arzneimittel (z. B. Spironolacton, Kalium­canrenoat, Amilorid, Triamteren, Kaliumsalze)

Verminderung der positiv inotropen Wirkung von Digitoxin und Begünsti­gung von Herzrhythmusstörungen

Aktivkohle, Cholestyramin, Colestipol, Kaolin-Pektin, einige Füll- oder Quell-Laxantien

Verminderung der Glykosidresorption durch Bindung - daher Digitoxin-Philo 2 Stunden vorher einnehmen - bzw. Beschleunigung der Elimination durch Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs

Phenylbutazon, Phenobarbital, Pheny­toin, Rifampicin, Spironolacton, Barbiturate

Erniedrigung der Digitoxinserumkonzentration



8. Warnhinweise


Dieses Arzneimittel enthält 18 Vol.-% Alkohol.



9. Wichtigste Inkompatibilitäten


Inkompatibilitäten sind bisher nicht bekannt.


(alternativ: Durch Unterlagen belegte Angaben des pharmazeutischen Unternehmers)



10. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben


Die intravenöse Anwendung von Digitoxin-Philo sollte nur erfolgen, wenn ein schneller Wirkungseintritt erwünscht oder eine orale Gabe nicht angezeigt ist.


Wegen der geringen therapeutischen Breite von Digitoxin ist eine sorgfältig überwachte Einstellung auf die individuelle therapeutische Dosis notwendig.


Die Höhe der individuellen Dosierung hängt vom Glykosidbedarf sowie von der Eliminationsgeschwindigkeit ab.


Die Dosierung sollte individuell - vor allem nach dem Behandlungserfolg - festgelegt werden. Häufig ist eine tägliche Erhaltungsdosis von 0,07 - 0,1 mg Digitoxin ausreichend, um effektive Serum-Digitoxin Konzentra­tionen zu erreichen.


Patienten mit einigen besonderen Krankheitsbildern müssen mit reduzierter Glykosiddosierung und unter sorgfältiger ärztlicher Überwachung behandelt werden (siehe auch entsprechende Hinweise im Abschnitt Gegenanzeigen).


Eine regelmäßige Kontrolle des klinischen Bildes bei gleichzeitigem Monitoring der Digitoxin-Serumkonzentrationen ist zu empfehlen.


Im allgemeinen wird in Abhängigkeit vom Glykosidbedarf in der Praxis mit einer mittelschnellen Sättigungsbehandlung begonnen. Dafür wird bei Erwachsenen drei Tage lang 0,2 - 0,3 mg Digitoxin gegeben. Ab dem 4. Tag erfolgt die Erhaltungsbehandlung mit 0,07 - 0,1 mg Digitoxin.


Folgende Empfehlungen können als Anhaltspunkte für die Einleitung der Behandlung (Aufsättigung) und Dauertherapie dienen:


Zur initialen Aufsättigung kann Digitoxin bei Erwachsenen wie folgt intravenös injiziert werden:


Im allgemeinen wird mit einer mittelschnellen Sättigungsbehandlung begonnen:


1. Tag:


z. B. 1 – 2 mal täglich 1 Ampulle Digitoxin-Philo

(entsprechend 0,25 - 0,5 mg Digitoxin / Tag)


2. und 3. Tag:


z. B. 1 mal täglich 1 Ampulle Digitoxin-Philo

(entsprechend 0,25 mg Digitoxin / Tag)



Ab 4, Tag erfolgt die Erhaltungsbehandlung intravenös oder oral.


z. B. 1 mal täglich 0,28-0,4 ml Digitoxin-Philo (entsprechend 0,07-0,1 mg Digitoxin / Tag)


Sollte eine schnelle Sättigungsbehandlung erforderlich sein, können gegeben werden:


1. Tag:


z. B. 2 – 3 mal täglich 1 Ampulle Digitoxin-Philo

(entsprechend 0,5 - 0,75 mg Digitoxin / Tag)


2. und 3. Tag:


z. B. 1 mal täglich 1 Ampulle Digitoxin-Philo

(entsprechend 0,25 mg Digitoxin / Tag)


Ab 4. Tag erfolgt die Erhaltungsbehandlung intravenös oder oral


z. B. 1 mal täglich 0,28-0,4 ml Digitoxin-Philo (entsprechend 0,07-0,1 mg Digitoxin / Tag)


Der Rest der angebrochenen Ampulle ist zu verwerfen.


Eingeschränkte Leber- und/oder Nierenfunktion


Bei gleichzeitig bestehender schwerer Leber- und Niereninsuffizienz kann der Digitoxinbedarf vermindert sein.


Auch wird empfohlen, den Digitoxinbedarf bei Patienten mit sehr schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 10 ml/min) insbesondere zu Beginn der Therapie zu überprüfen und ggf. die Dosierung zu vermindern.


Umstellung von Digoxin auf Digitoxin


Eine vorausgegangene Behandlung mit anderen Herzgly­kosiden ist bei der Digitoxin-Philo-Dosierung zu berücksich­tigen. Bei vorangegangenen Gaben von Digoxin und seinen Derivaten oder anderen Herzglykosiden ist bei der Umstellung auf die obengenannten Digitoxin-Philo-Formen bei Nierengesunden eine Behandlungspause von 2 Tagen bzw. bei Patienten mit gestörter Nierenfunktion (z. B. älteren Patienten) eine Behandlungspause von 3 Tagen oder länger einzuhalten.


11. Art und Dauer der Anwendung


Bereits mit Herzglykosiden vorbehandelte Patienten sollten bei Umstellung auf Digitoxin besonders engmaschig kontrolliert werden.


Über die Dauer der Anwendung entscheidet der behan­delnde Arzt.


Die Digitalisbedürftigkeit des Patienten sollte bei Langzeittherapie durch kontrollierte Auslaßversuche überprüft werden.


Digitoxin-Philo Injektionslösung wird langsam streng intravenös injiziert.


Es ist auf eine streng intravenöse Injektion zu achten, da eine versehentliche paravenöse Verabreichung zu Gewebereizungen führen kann.


In der Regel erfolgt die Anwendung von Digitoxin-In­jektionslösungen bis eine orale Medikation begonnen werden kann.

Überwachung der Serumspiegel

Digitoxin-Serum-Spiegel können mittels Radioimmunoassay bestimmt werden. Die Blutentnahme sollte vor der täglichen Gabe erfolgen. Die therapeutischen Serumkonzentration im steady state liegen in der Regel zwischen 10 und 30 ng/ml; höhere Werte insbesondere über 35 ng/ml können mit toxischen Erscheinungen einhergehen.


Andere Glykoside, Spironolacton und dessen Metabolite sowie die Metaboliten von Digitoxin können mit den Radioimmunoassays interferieren. Daher sollten Meßwerte, die mit dem klinischen Zustand des Patienten nicht im Einklang stehen, mit Vorsicht interpretiert werden.


12. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel

a) Symptome einer Überdosierung

Bei Überdosierung können, individuell verschieden, die allgemein von Digitalisglykosiden bekannten kardialen, gastrointestinalen und zentralnervösen Nebenwirkungen auftreten. Eine typische Reihenfolge des Auftretens der Symptome gibt es nicht. Extrakardiale und kardiale Symptome können gleichzeitig oder nacheinander vorkommen, wobei die kardialen Zeichen einer Digitalisintoxikation weitaus ernster zu bewerten sind.


Glykosidintoxikationen mit letalem Ausgang sind in der Regel Folge von kardiotoxischen Wirkungen der Glykoside.


Bei digitalisierten Patienten ist das Auftreten einer Herzrhythmusstörung stets als digitalisbedingt aufzufassen, solange nicht durch einen Auslaßversuch oder eine Serumspiegelbestimmung das Gegenteil erwiesen ist.


Bei einer akuten Überdosierung kann eine Hyperkaliämie auftreten, wogegen eine Hypokaliämie häufig mit chronischer Überdosierung assoziiert ist. Die toxischen Wirkungen können bis zu 12 Stunden nach einer akuten Überdosierung noch zunehmen.


b) Therapiemaßnahmen bei Überdosierung


Bei Überdosierung muss die Behandlung mit Digitoxin-Philo sofort abgebrochen werden. Die Reihenfolge und Art der therapeutischen Maßnahmen richten sich nach dem Schweregrad der Intoxikation:

Bei nur leichter Digitoxinintoxikation reichen Absetzen von Digitoxin-Philo und sorgfältige Überwachung des Patienten aus. Bedingungen, die zu einer Verminderung der Digitalistoleranz führen, sind zu vermeiden bzw. zu korrigieren (z. B. Störungen im Elektrolyt- und/oder Säure-Basen-Haushalt).

Bedrohliche, digitalisinduzierte Herzrhythmusstörungen


Diese Patienten sollten unter EKG-Monitoring intensivmedizinisch betreut werden. Kalium- und Digitoxinserumkonzentration sollten engmaschig kontrolliert werden.


In Abhängigkeit von der klinischen Situation können folgende Maßnahmen ergriffen werden bei:


- Hypokaliämie:

Anheben des Serumkaliumspiegels auf hochnormale Werte (Kontraindikation: retrograde AV-Blockierungen bei nicht vorhandener Schrittmacher-Therapie)


- komplexen ventrikulären Arrhythmien:

Verabreichung von Phenytoin 250 mg i.v. über 10 min, dann Therapie per os fortsetzen oder Lidocain 100 mg i.v. als Bolus, dann Infusion von 2 mg/min


- bradykarden Herzrhythmusstörungen:

Verabreichung von Parasympatholytika (z. B. Atropin, Ipratropiumbromid), ggf. ist eine passagere transvenöse Schrittmachersonde angezeigt


Ein eventuell vorhandenes Magnesiumdefizit ist auszugleichen.


Lebensbedrohliche Intoxikationen:


Bei Einnahme extrem hoher Dosen erfolgen Maßnahmen der primären Giftelimination:


Magenspülung, wenn die Einnahme nicht lange zurückliegt, anschließend Aktivkohle, Cholestyramin oder Colestipol.


Therapie der Wahl einer schweren Digitoxinintoxikation ist die Behandlung mit spezifischem Digitalisantikörperfragment (Digitalis-Antidot), das freies Glykosid zu unwirksamen Antikörper-Glykosid-Komplexen im Extrazellularraum bindet, die dann über die Nieren ausgeschieden werden.


Digitoxin-Serumspiegelmessungen können nach Antidotgabe - je nach Bestimmungsmethode - vorübergehend sehr hohe Werte anzeigen.


Im Rahmen schwerer Intoxikationen treten initial häufig bedrohliche Hyperkaliämien auf, zur Therapie dieser Hyperkaliämien ist die intravenöse Infusion hochprozentiger Glukose und Insulin indiziert.


Forcierte Diurese, Peritoneal- und Hämodialyse haben sich als unwirksam zur Digitoxinelimination erwiesen.


Vor allem durch die selektive Hämoperfusion mit trägergebundenen Digitoxinantikörpern, aber in geringem Umfang auch durch die Hämoperfusion mit beschichteter Aktivkohle oder Plasmapherese kann der Körperbestand von Digitoxin vermindert werden.



13. Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften, Pharmakokinetik, Bioverfügbarkeit, soweit diese Angaben für die therapeutische Verwendung erforderlich sind


13.1 Pharmakologische Eigenschaften


Digitoxin ist ein langwirkendes Glykosid (Cardenolid). Der kardiale Effekt des Digitoxins ist gekennzeichnet durch:


1. eine positiv inotrope Wirkung (gesteigerte Kontraktionskraft und -geschwindigkeit bei verzögerter

Relaxationszeit)


2. eine negativ chronotrope Wirkung
(Abnahme der Schlagfrequenz)


3. eine negativ dromotrope Wirkung
(Verzögerung der Erregungsleitung) und


4. eine positiv bathmotrope Wirkung
(gesteigerte Erregbarkeit, besonders im Bereich der Kammermuskulatur)


Die pharmakodynamischen Effekte von Digitoxin sind bis zu 21 Tagen beobachtbar.


Die primäre Digitoxin-Wirkung ist die spezifische Hemmung der Adenosintriphosphatase und damit des aktiven Transports von Natrium/Kalium-Ionen (Na+/K+). Die veränderte Ionenverteilung an der Membran bewirkt einen vermehrten Einstrom von Calcium-Ionen und damit eine Zunahme an verfügbarem Calcium zum Zeitpunkt der elektromechanischen Kopplung. Die Wirksamkeit von Digitoxin kann daher verstärkt sein, wenn die extrazelluläre Kalium-Konzentration niedrig ist; dem­gegenüber hat eine Hyperkalziämie den umgekehrten Effekt.


Die Hemmung des Na+/K+-Austausches führt zu einer Reduktion der Impulsüberleitungsrate im Vorhof und dem AV-Knoten und einer Sensibilisierung der Karotissinusnerven. Indirekt resultieren Veränderungen der kardialen Kontraktilität auch aus der veränderten venösen Dehnbarkeit, die durch den veränderten vegetativen Tonus und die direkte venöse Wirkung hervorgerufen wird.


13.2 Toxikologische Eigenschaften

a) Akute Toxizität

Siehe Punkt 12 Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel.


b) Chronische Toxizität

Aufgrund erheblicher Speziesunterschiede im pharmakokinetischen Verhalten (Gewebeverteilung, Metabolismus) ist eine Übertragbarkeit tierexperimenteller toxischer Daten auf den Menschen ohne Bedeu­tung. Bei chronischer Gabe treten dieselben kardiaen und extrakardialen Nebenwirkungen wie beim Menschen auf (s. Punkt 6 Nebenwirkungen).



Mutagenes und tumorerzeugendes Potential

In-vitro-Untersuchungen zum mutagenen Potential von Digitoxin lieferten keine Hinweise auf ein klinisch relevantes gentoxisches Potential. Untersuchungen zum tumorerzeugenden Potential sind nicht bekannt.


d) Reproduktionstoxizität


In Untersuchungen mit Metildigoxin an Ratten und Kaninchen zeigten sich keine Hinweise auf teratogene Eigenschaften. Es ist nicht bekannt, ob Digitoxin die Fertilität beeinflußt. Digitoxin passiert die Plazenta, zur Konzentration im Feten liegen keine Untersuchungen vor. Es gibt jedoch Anhaltspunkte für einen Anstieg der Plazentapassage von Digitalis-Glycosiden im Verlauf der Schwanger­schaft.


13.3 Pharmakokinetik


Die Plasmaproteinbindung von Digitoxin liegt bei etwa 90 - 97 %. Der Anteil der freien Digitoxinfraktion im Plasma beträgt bei der Dauerbehandlung Nierengesunder etwa 0,8 ng / ml.


Das Verteilungsvolumen variiert interindividuell zwischen 0,4 und 1 l / kg.


Digitoxin unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf.


Etwa 2 % des Gesamtdigitoxins werden in der Leber zu Digoxin hydroxyliert, der größte Teil wird zu Digitoxigenin nach schrittweiser Abspaltung der Digitoxosen epimerisiert und anschließend sulfatiert oder glukuronidiert.


Bei leber- und nierengesunden Patienten werden ca. 60 % über die Nieren, davon die Hälfte als konjugierte Metaboliten, und ca. 40 % im Stuhl ausgeschieden. Die tägliche Abklingquote beträgt 7 - 10 %. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt im Mittel 7 - 8 Tage.


Alleinige Störungen der Nierenfunktion haben kaum einen Einfluss auf die Elimination von Digitoxin, da die reduzierte renale Elimination durch vermehrte Metabolisierung und fäkale Elimination kompensiert wird.

Bei Leberinsuffizienz kann, bei gleichzeitiger Leber- und Niereninsuffizienz muss mit erhöhten Digitoxin-Plasmaspiegeln gerechnet werden.


Dialyse eliminiert Digitoxin nur geringfügig, da der größte Teil des Digitoxins an Plasmaproteine gebunden ist.



14. Sonstige Hinweise


Für die Entscheidung über eine eventuelle Dosiserhöhung kann die Bestimmung der Serum-Digitoxin-Konzentration hilfreich sein. Allerdings sollte bedacht werden, daß der Assay auch auf andere Glykoside anspricht und somit falsch positive Meßergebnisse liefern kann. Eine Beobachtung des Patienten während eines vorübergehenden Absetzens der Dosierung von Digitoxin könnte daher geeigneter sein.



15. Dauer der Haltbarkeit


Die Dauer der Haltbarkeit beträgt 2 Jahre.


Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfalls­datums nicht mehr angewendet werden.

16. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise


Nicht über 25°C lagern. Ampullen im Umkarton aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.


17. Darreichungsformen und Packungsgrößen


OP mit 5 Ampullen zu je 1 ml Injektionslösung

Klinikpackung mit 5 x 10 Ampullen zu je 1 ml

Injektionslösung




18. Stand der Information


Oktober 2006


19. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers


mibe GmbH Arzneimittel

Münchener Str. 15

06796 Brehna

Telefon: 034954/247-0

Telefax: 034954/247-100