Estramustin 280 Mg Hexal
Zul.-Nr. 43816.00.00 – 01.00
Fachinformation
1. Bezeichnung der Arzneimittel
Estramustin 140 mg HEXAL®, Hartkapseln
Estramustin 280 mg HEXAL®, Hartkapseln
2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung
Estramustin 140 mg HEXAL®
1 Hartkapsel enthält:
151,8 mg Estramustin-17b-dihydrogenphosphat, Dinatriumsalz, entsprechend 140 mg Estramustin-17b-dihydrogenphosphat
Estramustin 280 mg HEXAL®
1 Hartkapsel enthält:
303,6 mg Estramustin-17b-dihydrogenphosphat, Dinatriumsalz, entsprechend 280 mg Estramustin-17b-dihydrogenphosphat
Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. Darreichungsform
Hartkapseln
Estramustin 140 mg HEXAL®
Weiße Hartkapseln
Estramustin 280 mg HEXAL®
Hartkapseln mit hellblauem Ober- und weißem Unterteil
4. Klinische Angaben
4.1 Anwendungsgebiete
Palliative Behandlung des fortgeschrittenen, hormonrefraktären Prostatakarzinoms
4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Die Behandlung mit Estramustinphosphat sollte nur durch Ärzte erfolgen, die in der Tumortherapie erfahren sind.
Dosierung
Estramustin 140 mg HEXAL®
Initialdosierung
Über 4 Wochen 3-mal täglich 2 (bzw. 2-mal täglich 3) Hartkapseln.
Zeigt sich nach 4 Wochen eine subjektive Besserung, wird die Therapie fortgesetzt.
Erhaltungsdosierung
2-mal täglich 2 Hartkapseln, bei Bedarf (z. B. hohes Körpergewicht) 3-mal täglich 2 Hartkapseln.
Estramustin 280 mg HEXAL®
Initialdosierung
Über 4 Wochen 3-mal täglich 1 Hartkapsel. Zeigt sich nach 4 Wochen eine subjektive Besserung, wird die Therapie fortgesetzt.
Erhaltungsdosierung
2-mal täglich 1 Hartkapsel, bei Bedarf (z. B. hohes Körpergewicht) 3-mal täglich 1 Hartkapsel.
Art und Dauer der Anwendung
Hat die Initialtherapie Erfolg, so muss die Therapie mit Estramustinphosphat dauerhaft bis zum Auftreten einer objektiv messbaren Progression fortgesetzt werden. Therapieabbruch kann ein rasches Fortschreiten der Krankheit bewirken.
Estramustin HEXAL®soll mindestens 1 Stunde vor oder frühestens 2 Stunden nach dem Essen (dazu zählen auch Milch und Milchprodukte) eingenommen werden.
Estramustin HEXAL®soll nichtzusammen mit Milch oder Milchprodukten, calcium-, magnesium- oder aluminiumhaltigen (z. B. Antacida) Präparaten und Mineralwässern mit einem Calciumgehalt über 200 mg/l eingenommen werden.
4.3 Gegenanzeigen
-
Überempfindlichkeit gegen Estradiol, N-Lost oder einen der sonstigen Bestandteile
-
schwere Herz- oder Lebererkrankungen
-
aktive Thrombophlebitis oder thromboembolische Störungen (z. B. tiefe oder oberflächliche Venenentzündung)
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Vorsicht wird empfohlen bei Patienten mit vorangegangener Thrombophlebitis, Thrombose oder thromboembolischen Störungen, insbesondere wenn diese in Zusammenhang mit einer Estrogentherapie standen, sowie bei Patienten mit zerebrovaskulären oder koronaren Erkrankungen, peptischen Ulkuserkrankungen oder Herpes Zoster.
Estramustinphosphat kann den Calcium-Phosphat-Stoffwechsel beeinflussen. Es darf nur mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, welche unter Ossifikationsstörungen leiden, insbesondere wenn gleichzeitig eine Niereninsuffizienz und Hypercalcämie vorliegen.
Estramustinphosphat wird von Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion schlecht metabolisiert. Patienten mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion müssen regelmäßig überwacht werden.
Blutbild und Leberfunktionstests sollten in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.
Patienten mit Erkrankungen, die durch eine Wasserretention negativ beeinflusst werden können (z. B. Epilepsie, Migräne oder Nierenfunktionsstörungen), bedürfen sorgfältiger Überwachung.
Da es zur Einschränkung der Glucosetoleranz kommen kann, wird eine ständige Kontrolle der Diabetespatienten während der Therapie mit Estramustin HEXAL®empfohlen.
Bei Patienten, die während einer Therapie mit Estramustin HEXAL®eine Hypertonie entwickeln, sollte in regelmäßigen Abständen der Blutdruck kontrolliert werden.
Zur Gynäkomastieprophylaxe wird eine Mamillenbestrahlung empfohlen.
Zur Beachtung: Estrogenhaltige Arzneimittel beeinflussen das endokrine und hepatische System und können daher die entsprechenden Laborparameter verändern.
Immunsuppresive Wirkungen/Erhöhte Infektanfälligkeit
Impfungen mit lebenden oder abgeschwächten lebenden Erregern bei Patienten, die durch Chemotherapie, einschließlich Estramustin, immunsupprimiert sind, können zu schweren oder fatalen Infekten führen. Bei Patienten, die Estramustin erhalten, müssen Impfungen mit lebenden Erregern vermieden werden. Inaktivierte oder Tot-Impfstoffe können appliziert werden, die Impfantwort kann jedoch abgeschwächt sein.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Polyvalente Ionen können mit Estramustinphosphat schwerlösliche Salze bilden. Calciumreiche Nahrung wie Milch oder Milchprodukte sowie calcium-, magnesium- oder aluminiumhaltige Präparate und Mineralwässer mit einem Calciumgehalt über 200 mg/l können somit zu einem Wirkungsverlust von oral gegebenem Estramustinphosphat führen und sind im Zusammenhang mit der Einnahme von Estramustin HEXAL®zu vermeiden.
Von Estrogenen weiß man, dass sie sowohl die therapeutische Wirksamkeit als auch die Toxizität von trizyklischen Antidepressiva, vermutlich durch eine Hemmung ihres Metabolismus, verstärken.
Das Risiko eines Quincke-Ödems scheint bei gleichzeitiger Anwendung eines ACE-Hemmers erhöht.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Nicht zutreffend.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Gastrointestinale und kardiovaskuläre Nebenwirkungen können zu einer Beeinträchtigung beim Führen von Kraftfahrzeugen und der Bedienung von Maschinen führen.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig (>1/10)
Häufig (>1/100 bis <1/10)
Gelegentlich (>1/1.000 bis <1/100)
Selten (>1/10.000 bis <1/1.000)
Sehr selten (<1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems
Gelegentlich: Blutbildveränderungen (Anämie, Leukopenie, Thrombopenie)
Erkrankungen des Immunsystems
Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen.Quincke-Ödem, Larynx-Ödem; in vielen berichteten Fällen, einschließlich einem mit fatalem Ausgang, erhielten diese Patienten ACE-Hemmer als Begleitmedikation. Beim Auftreten eines angioneurotischen Ödems muss die Therapie mit Estramustin sofort abgebrochen werden.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Nicht bekannt:Flüssigkeitseinlagerungen
Erkrankungen des Nervensystems
Selten:Depression, Kopfschmerzen, Verwirrung, Lethargie
Herzerkrankungen
Häufig: kardiovaskuläre Komplikationen, vorwiegend Thromboembolien, Ödeme, Herzinsuffizienz sowie ischämische Beschwerden bis hin zum Herzinfarkt
Diese Nebenwirkungen sind zu einem hohen Prozentsatz schwerwiegend.
Gefäßerkrankungen
Nicht bekannt: Hypertonie
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Diarrhoe können zu Beginn der Therapie auftreten.
Die Gabe von Antiemetika oder eine vorübergehende Dosisreduktion (1-2 Wochen) können hier hilfreich sein.
Leber- und Gallenerkrankungen
Gelegentlich: Beeinträchtigung der Leberfunktion und des biliären Systems
Diese Nebenwirkungen waren aber in der Regel nach Reduktion der Dosis auf die Hälfte bzw. kurzzeitigem Absetzen des Präparates reversibel. Nach Abklingen der Symptome sollte die volle Dosis wieder verabreicht werden.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Gelegentlich:Hautreizungen, Ausschläge, Juckreiz und Allergien
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Selten:Muskelschwäche
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Nicht bekannt: Hypophosphatämie infolge gesteigerter renaler Phosphatausscheidung
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Häufig: Gynäkomastie, Libido- und Potenzverlust
Nicht bekannt: Kurz dauernde Schmerzen oder Missempfindungen (Hitzegefühl) im Bereich des Perineums können auftreten.
4.9 Überdosierung
Berichte über eine akute Überdosierung liegen nicht vor. Es ist eine Verstärkung der Nebenwirkungen, insbesondere der gastrointestinalen Symptome, zu erwarten. Magenspülung und symptomatische Behandlung werden empfohlen. Die hämatologischen und hepatischen Parameter sollten mindestens 6 Wochen lang kontrolliert werden.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Zytostatika, Metastasenhemmer
ATC-Code: L01XX11
Estramustinphosphat ist ein Zytostatikum. Bei der Verbindung handelt es sich um ein in 17b-Stellung phosphoryliertes Estradiolderivat, das jedoch keine Affinität zum Estrogenrezeptor aufweist, da die phenolische OH-Gruppe mit Nor-Stickstoff-Lost zum Urethan verestert ist. Auch wirkt die Verbindung selbst, aufgrund der geringen Nucleophilie des Stickstoffes, nicht als Alkylans.
Estramustinphosphat wird vollständig dephosphoryliert. Dabei entstehen die zytotoxisch aktiven Substanzen Estramustin und durch Oxidation Estromustin.
Ca. 10 - 15% der beiden zytotoxischen Metaboliten werden durch Esterasen zu Estradiol und Estron (Verhältnis 1:10) gespalten. Über den Verbleib und das weitere Schicksal des dabei freiwerdenden N-Lost ist wenig bekannt. Da Carbamidasen im tumorösen Prostatagewebe nachgewiesen werden können, ist nicht auszuschließen, dass N-Lost möglicherweise zum zytostatischen Effekt von Estramustinphosphat beiträgt. Untersuchungen hierüber liegen jedoch bisher nicht vor.
In vitrowirken Estramustinphosphat bzw. die aktiven Metaboliten Estra- und Estromustin zytotoxisch auf die Prostatakarzinom-Zelllinien PC-1013L, PC-3 und DU 145. Für Estramustinphosphat und Estramustin wurden antimitotische und antimikrotubuläre Effekte festgestellt, die vermutlich durch nachgewiesene Interaktionen mit mikrotubuliassoziierten und tau-Proteinen zustande kommen. Im Prostata-, Prostatakarzinom- und benignen Prostatahyperplasie-Gewebe werden Estra- und Estromustin an das so genannte Estramustin-bindende Protein gebunden, in vivowurde jedoch lediglich eine Anreicherung von Estramustin im Prostatakarzinom beobachtet.
Estramustinphosphat zeigt eine wachstumshemmende Wirkung an den experimentellen Prostatakarzinomen PC 82, PCEW und R-3327, jedoch nicht am Prostataschuppenzellkarzinom 11095 und am Prostataadenokarzinom, Linie I.
Die estrogenen Komponenten wirken via Hypophysen-Gonaden-Achse durch Senkung der LH- und FSH-Produktion auf die Testes und reduzieren somit die Androgenproduktion. Die Folge ist ein Absinken des Testosteronspiegels auf Kastratniveau innerhalb einer Woche. Die estrogenen Komponenten wirken zusätzlich zytotoxisch durch Hemmung der 5-α-Reduktase.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Bei oraler Applikation von radioaktiv markiertem Estramustinphosphat beträgt die Resorptionsquote der zugeführten Radioaktivität insgesamt 50 - 75 %.
Estramustinphosphat selbst ist nach oraler Gabe im Plasma nicht nachweisbar, da im Gastrointestinaltrakt nahezu quantitativ der Phosphatrest unter Bildung von Estramustin abgespalten wird. Weitere Metabolisierung erfolgt durch partielle Oxidation der 17b-OH-Gruppe unter Bildung des Hauptmetaboliten Estromustin.
37 % des oral applizierten Estramustinphosphats liegen in Form der beiden Metaboliten Estramustin und Estromustin vor. Estramustin und Estromustin werden durch Hydrolyse weiter zu den Estrogenen Estradiol und Estron metabolisiert, die vermutlich an der Antitumorwirkung beteiligt sind. Diese Hydrolyse, die in zahlreichen Geweben abläuft, wurde in vitroauch im Prostata-, Prostatakarzinom- und benignen Prostatahyperplasie-Gewebe beobachtet und führt zu erhöhten Estrogenspiegeln im Plasma und in der Prostata.
Die Halbwertszeit (t1/2b) von radioaktiv markiertem Estramustinphosphat, gemessen als Gesamtradioaktivität, beträgt nach oraler Gabe ungefähr 20 - 24 Stunden. Die Eliminationshalbwertszeit der beiden Metaboliten Estromustin und Estron beträgt nach oraler Gabe von Estromustinphosphat 13,6 bzw. 16,5 Stunden.
Die Plasmaspiegel von Estradiol und Estron sind nach Applikation von Estramustinphosphat bis zu zwei oder drei Zehnerpotenzen höher als die physiologischen Spiegel.
Die Estradiolspiegel liegen bei einer Behandlung mit Estramustinphosphat im gleichen Bereich wie bei einer Behandlung mit Polyestradiolphosphat, die Estronspiegel sind jedoch wesentlich höher. Die Estrogene können einerseits direkt zytotoxisch nach Bindung an die Estrogenrezeptoren der Prostata, andererseits systemisch wirken. Tatsächlich senkt Estramustinphosphat den Plasma-Testosteronspiegel auf Werte wie bei konventioneller Estrogenbehandlung. Die noch einige Wochen nach Beendigung der Estramustinphosphat-Behandlung beobachteten erhöhten Estrogenspiegel sind auf eine Speicherung des Estramustins im Fettgewebe zurückzuführen.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Estramustinphosphat induziert in geeigneten Modellsystemen numerische Chromosomenaberrationen (aneugenes Potenzial). Anders als Nor-Stickstoff-Lost zeigt Estramustinphosphat dagegen kein mutagenes und klastogenes Potenzial.
In therapeutischen Dosen erweist sich die Substanz in den bislang vorliegenden Untersuchungen als immunologisch weitgehend unbedenklich.
Zum Effekt von Estramustinphosphat auf die Spermiogenese liegen keine Daten vor.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Gelatine
Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
Natriumdodecylsulfat
Hochdisperses Siliciumdioxid
Talkum
Titandioxid (E 171)
Zusätzlich für Estramustin 280 mg HEXAL®
Indigocarmin
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht anwendbar
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Aluminiumblister in einem Umkarton
Estramustin 140 mg HEXAL®
Originalpackungen mit 30 (N1), 50 (N2) und 100 (N3) Hartkapseln
Estramustin 280 mg HEXAL®
Originalpackungen mit 30 (N1), 50 (N2) und 100 (N3) Hartkapseln
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.
7. Inhaber der Zulassungen
HEXAL AG
Industriestraße 25
83607 Holzkirchen
Telefon: (08024) 908-0
Telefax: (08024) 908-1290
E-Mail: medwiss@hexal.com
8. Zulassungsnummern
Estramustin 140 mg HEXAL®
43816.00.00
Estramustin 280 mg HEXAL®
43816.01.00
9. Datum der Erteilung der Zulassungen / Verlängerung der Zulassungen
17.05.2000 / -
10. Stand der Information
Oktober 2011
11. Verkaufsabgrenzung
Verschreibungspflichtig
ÄA, Stand 25.10.2011 Seite: 17 von 17