Ketamin Gräub
Fachinformation in Form der Zusammenfassung der Merkmale des Tierarzneimittels (Summary of Product Characteristics)
1. BEZEICHNUNG DES TIERARZNEIMITTELS
Ketamin Gräub, 100 mg/ml, Injektionslösung für Hunde und Katzen
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
1 ml Injektionslösung enthält:
Wirkstoff:
Ketamin 100 mg
(als Ketaminhydrochlorid 115,3 mg)
Sonstige Bestandteile:
Natriummethyl-4-hydroxybenzoat 1,14 mg
Eine vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile finden Sie unter Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Injektionslösung
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Zieltierarten
Hund, Katze
4.2 Anwendungsgebiete unter Angabe der Zieltierart(en)
Zur medikamentellen Ruhigstellung bzw. Kurznarkose für diagnostische und kleinere Eingriffe wie: Wundversorgung, Verbandwechsel, Röntgendiagnostik, Punktionen, Scheren, Untersuchung unruhiger, aufgeregter oder aggressiver Tiere.
Zur Allgemeinanästhesie (Unempfindlichkeit) und Analgesie mit Bewusstseinsverlust bei chirurgischen Eingriffen und Operationen wie: Laparotomie, Kastration, Ovarektomie, Ovariohysterektomie, Kaiserschnitt, Reposition von Frakturen.
Bei Hunden ist Ketamin auch zur Kurznarkose nur in Kombination mit anderen Sedativa, Injektions- oder Inhalationsnarkotika anzuwenden.
4.3 Gegenanzeigen
Nicht anwenden bei dekompensierter Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Leber- oder Nierenerkrankungen, Eklampsie und Präeklampsie, Glaukom, Epilepsie.
Wegen Erhöhung des intrakraniellen Drucks ist Ketamin bei Tieren mit Schädel-Hirn-Trauma oder zur Myelographie kontraindiziert.
Nicht anwenden bei Eingriffen an den oberen Luftwegen ohne gleichzeitige Gabe eines Muskelrelaxans.
Nicht bei Tieren anwenden, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen.
Besondere Warnhinweise für jede Zieltierart
Während der Anästhesie und während der Erholungsphase muss unbedingt Ruhe eingehalten werden, um die Auslösung von Erregungserscheinungen zu vermeiden.
4.5 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung bei Tieren
Zum Schutz vor Austrocknung der Kornea wegen fehlenden Lidschlags wird die Anwendung eines geeigneten Augenpräparates empfohlen.
Atropinprämedikation (0,025-0,05 mg/kg KGW) ist zu empfehlen bei:
Eingriffen am Auge oder im Larynxbereich, bei gleichzeitiger Anwendung von salivationsanregenden Mitteln und einer endotrachealen Intubation.
Während der Anästhesie und während der Erholungsphase muss unbedingt Ruhe eingehalten werden, um die Auslösung von Erregungserscheinungen zu vermeiden.
Die intravenöse Injektion muss langsam erfolgen (über 60 Sekunden), da anderenfalls eine starke Atemdepression auftreten kann.
Ketamin überwindet die Plazentaschranke.
Besondere Vorsichtsmaßnahmen für den Anwender
Keine Angaben.
4.6 Nebenwirkungen (Häufigkeit und Schwere)
Es entwickelt sich eine dosisabhängige Atemdepression, die insbesondere bei Katzen zum Atemstillstand führen kann. Bei Kombination mit Tierarzneimitteln, die atemdepressiv wirkende Stoffe enthalten, wie z.B. Xylazin, wird die Atemdepression verstärkt.
Weitere Nebenwirkungen:
Erhöhung der Herzfrequenz. Anstieg des Blutdrucks, der eine Steigerung der Blutungsneigung zur Folge haben kann. Verstärkung der Salivation. Geöffnete Augen, Mydriasis, Nystagmus (Augenzittern).
Gesteigerte Empfindlichkeit während der Anästhesie, in der Aufwach- und Erholungsphase besonders gegenüber akustischen Reizen.
Erhöhter Skelettmuskeltonus.
Es kann zu postnarkotischen Erregungszuständen kommen, die mit Hyperreflexie und Lautäußerungen verbunden sein können.
Das Auftreten von Nebenwirkungen nach Anwendung von Ketamin Gräub sollte dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Mauerstraße 39 - 42, 10117 Berlin oder dem pharmazeutischen Unternehmer mitgeteilt werden.
Meldebögen können kostenlos unter o. g. Adresse oder per E-Mail (uaw@bvl.bund.de) angefordert werden.
Für Tierärzte besteht die Möglichkeit der elektronischen Meldung (Online-Formular unter folgender Adresse: http://www.vet-uaw.de).
4.7 Anwendungwährend der Trächtigkeit, Laktation oder der Legeperiode
Ketamin überwindet die Plazentaschranke.
4.8 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und andere Wechselwirkungen
Möglicherweise verstärken sich Ketamin und Schilddrüsenhormone gegenseitig in ihrem blutdruck- und herzfrequenzsteigernden Effekt.
Barbiturate dürfen nicht mit Ketamin in der Mischspritze kombiniert werden, da sich Präzipitate bilden.
Die Kombination mit Sedativa, Xylazin, Neuroleptika, Morphinanaloga, Injektions- oder Inhalationsnarkotika kann die durch Ketamin Gräub induzierte Analgesie und Anästhesie vertiefen und Exitationserscheinungen verhindern. Bei diesen Kombinationen ist die stärkere Kreislauf- und Atemdepression zu beachten. Die Kombination mit Neuroleptika setzt zusätzlich die Muskelkontraktilität herab.
4.9 Dosierung und Art der Anwendung
Zur intramuskulären und langsamen intravenösen Anwendung.
Kombinationsmöglichkeiten beim Hund
1.
Klinische Anwendung: Sedativ-analgetische Prämedikation und i.v.-Anästhesie mit Ketamin/Xylazin für schmerzhafte Eingriffe von mittlerer Dauer. Um bei wiederholter Nachdosierung eine Kreislaufdepression durch Xylazin zu vermeiden, kann bei ausreichender Sedation und Relaxation in sehr schmerzhaften Phasen der Operation ausschließlich Ketamin in Dosen bis zu 3 mg/kg KGW i.v. nachgegeben werden.
Prämedikation: 0,5 - 0,75 mg/kg KGW l-Methadon i.v. +
0,05 - 0,15 mg/kg KGW Acepromazin i.v.
Erhaltung: 3 mg/kg KGW Ketamin i.v. +
0,3 mg/kg KGW Xylazin i.v.
(nach Wirkung alle 20-30 Minuten)
2.
Klinische Anwendung: tiefe Sedation + leichte Anästhesie von 30-45 Min. Dauer.
40 µg/kg KGW Medetomidin i.v. (i.m.)
2-3 mg/kg KGW Ketamin iv. (i.m.)
bei Bedarf Nachdosierung: 1 - 2 mg/kg KGW Ketamin i.v.
3.
10 mg/kg KGW Ketamin i.m.
1 mg/kg KGW Xylazin i.m.
Zur Nachdosierung ist ein intravenöser Zugang empfehlenswert mit Verabreichung einer Mischung von 3 mg/kg KGW Ketamin + 0,3 mg/kg KGW Xylazin fraktioniert, streng nach Wirkung.
Ketamin Gräub ist beim Hund nur in Kombination mit anderen Sedativa, Injektions- oder Inhalationsnarkotika zu verwenden.
Kombination bei der Katze
Klinische Anwendung: Dosierungsabhängig als sedativ-analgetische Prämedikation oder Allgemeinanästhesie für kurze bis mittellange, auch schmerzhafte Eingriffe.
Ketamin 5 - 10 mg/kg i.m.
Xylazin 0,5 - 1 mg/kg i.m.
(0,025-0,05 mg/kg Atropin s.c., i.m.)
Nachdosierung, falls erforderlich: 1-3 mg/kg KGW Ketamin und 0,1-0,3 mg/kg KGW Xylazin i.m.
Wegen der längeren Wirkung von Xylazin kann auch alternierend mit Ketamin/Xylazin und Ketamin nachdosiert werden. Die mögliche Verstärkung der atemdepressiven Wirkung ist zu beachten.
Die Reaktion auf Ketamin Gräub kann unterschiedlich sein und die Dosierung sollte demnach dem einzelnen Patienten individuell angepasst werden.
Nur zur Sedation bzw. Allgemeinanästhesie.
4.10 Überdosierung (Symptome, Notfallmaßnahmen, Gegenmittel), falls erforderlich
Bei hohen Dosen und schneller i.v.-Injektion ist mit einem Atemstillstand zu rechnen, der durch assistierte Beatmung bis zum Wiedereinsetzen einer suffizienten Spontanatmung überbrückt werden muss. Ein spezifisches Antidot ist bisher nicht bekannt.
Bei Überdosierung kann es zur zentralen Erregung bis hin zu Krämpfen, Atemlähmung und Herzrhythmusstörungen kommen.
4.11 Wartezeit(en)
Nicht bei Tieren anwenden, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
Pharmakotherapeutische Gruppe: Anästhetikum
ATCvet-Code: QN01AX03
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Dissoziative Anästhetika, zu denen auch Ketamin gehört, sind Cyclohexanonderivate. Sie rufen einen kataleptischen Zustand hervor, eher durch zentralnervöse Erregung als durch eine Depression. Sie verursachen Analgesie (außer an der Serosa), Sedation, Immobilisation, Abspaltung (Dissoziation) von der Umwelt und Bewusstlosigkeit.
Ketamin ist ein Abkömmling des Phencyclidins.
Wirkungen auf das ZNS: Ketamin scheint selektiv das thalamokortikale System (den assoziativen Bereich des Kortex) zu dämpfen, während es das retikulumaktivierende und das limbische System stimuliert. Ketamin blockiert neuronale Transportvorgänge für die monoaminen Überträgersubstanzen wie Serotonin, Dopamin und Norepinephrin. Es erhöht den zerebrospinalen Liquordruck und kann die ZNS-Stimulation bis zum Auftreten von Anfällen steigern. Zerebrale Perfusion und -sauerstoffverbrauch werden erhöht. Ketamin ist als alleiniges Mittel zur Ausschaltung von Eingeweideschmerzen wegen mangelnder analgetischer Wirkung an der Serosa nicht geeignet.
Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System und die Atmung: Ketamin stimuliert das Herz-Kreislauf-System. Hohe Dosen von Ketamin können jedoch, besonders wenn sie i.v. verabreicht werden, eine beträchtliche Herz-Kreislauf-Schwäche hervorrufen. Ketamin führt zu einer (vergleichsweise geringen) dosisabhängigen Atemdepression, die jedoch durch gleichzeitige Anwendung anderer atemdepressiver Arzneimittel verstärkt werden kann. Die Larynx- und Pharynxreflexe werden nicht unterdrückt; sie sind jedoch nur durch Anregung auslösbar. Deshalb kann ein Patient unter Ketamin vermehrt zum Laryngo- und Bronchospasmus sowie zum Husten neigen. Speichelfluß und Bronchialsekretion werden verstärkt.
Wirkungen auf andere Körperfunktionen: Ketamin verursacht Muskelspasmus und erhöhte Rigidität der Extremitäten. Patienten können unter Ketaminwirkung spontane, nicht im Zusammenhang mit Schmerzempfindung stehende Gliedmaßenbewegungen zeigen.
Lid- und Korneareflex bleiben bestehen und die Lidspalten offen. Die Kornea sollte durch Augentropfen oder -salben vor dem Austrocknen geschützt werden.
Die LD50 beträgt bei intraperitonealer Applikation bei der neugeborenen Ratte 140 mg/kg KGW und 616 mg/kg KGW bei oraler Applikation bei der Maus. Das Vergiftungsbild ist gekennzeichnet durch Konvulsionen, Opisthotonus, Herzarrhythmien und Atemlähmung.
Bei Studien zur chronischen Toxizität an Hunden (4, 20, 40 mg/kg KGW täglich intramuskulär über 6 Wochen) wurde Gewichtsverlust und Inappetenz festgestellt sowie minimale histologische Veränderungen in der Leber und dosisabhängige Erhöhung einiger Blutwerte.
In Studien an tragenden Hündinnen konnten keine negativen Auswirkungen von Ketamin auf Welpen und Muttertiere festgestellt werden. Nach Applikation von 25-100 mg Ketamin/kg KGW an tragende Ratten konnten bei der histologischen Untersuchung der Feten Veränderungen in Herz, Leber und Niere in Form von degenerativen Prozessen verzeichnet werden.
Untersuchungen zur Kanzerogenität liegen nicht vor.
5.2 Angaben zur Pharmakokinetik
Ketamin ist stark lipophil und kann auch nach i.m.-Injektion schnell in alle Körpergewebe eindringen. Es kann auch über die Mundschleimhäute resorbiert werden.
Etwa 30 bis 90 Sekunden nach i.v-Injektion wird der Stellreflex des Tieres ausgeschaltet. Nach i.v.-Injektion hält die volle Wirkung etwa 3 bis 10 Minuten an. Nach i.m.-Injektion kommt es nach 3 bis 5 Minuten zum Verlust des Stellreflexes. Die maximale anästhetische Wirkung tritt nach 10 bis 15 Minuten ein. Es treten jedoch große individuelle Schwankungsbreiten in Dauer und Tiefe des anästhetischen Zustandes unter Ketamin auf.
Beim Hund erfolgt der Abbau des Ketamins durch N-Demethylierung und Hydroxylierung des Cyclohexanonringes. Die Metaboliten sind wasserlöslich und werden renal ausgeschieden. Bei der Katze wird der größte Teil des Ketamins unverändert über die Nieren ausgeschieden. Nur geringe Mengen werden in der Leber metabolisiert.
Kombinationen mit Ketamin:
Ketamin wird häufig mit Sedativa kombiniert, um eine bessere Muskelerschlaffung und eine sanftere Aufwachphase zu gewährleisten. In Kombination mit Hypnotika, speziell Benzodiazepinen oder Neuroleptika, kommt es unter Ketamin zu einer Verlängerung der Wirkungsdauer.
Ketamin + Xylazin:
Die Kombination von Ketamin mit dem α2-Adrenozeptoragonisten Xylazin bewirkt eine kurze bis mittellange Anästhesie. Die eher körperoberflächenbezogene Analgesie des Ketamins wird durch die viszeral ausgeprägte Analgesie des Xylazins sinnvoll ergänzt. Das hervorragend muskelrelaxierende Xylazin verhindert die ketamininduzierte kataleptische Muskelstarre. Nach der i.v.-Applikation dieser Kombination tritt häufig eine transiente Apnoe auf, die 30-60 Sekunden dauert. Trotz Antagonisierung der kataleptischen Wirkung des Ketamins durch Xylazin, kann es bei Hunden zu ketaminbedingten tonisch-klonischen Krampfanfällen unterschiedlicher Dauer und Intensität kommen.
Ketamin kann in Kombination mit Xylazin bei über 12 Wochen alten Welpen eingesetzt werden.
Ketamin + Medetomidin (Hund, Katze):
Medetomidin eignet sich für die Kombination mit Ketamin, da es in der Lage ist, die anästhetischen Eigenschaften von Ketamin zu potenzieren und gleichzeitig der ungenügenden Muskelrelaxation und viszeralen Analgesie entgegenzuwirken. Bei Antagonisierung des Medetomidins können in der Aufwachphase Ketamin-bedingte Exzitationen auftreten.
Ketamin ist mit allen üblicherweise verwendeten Inhalationsanästhetika kombinierbar.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Verzeichnis der sonstigen Bestandteile
Natriummethyl-4-hydroxybenzoat
Wasser für Injektionszwecke
6.2 Inkompatibilitäten
Barbiturate dürfen nicht mit Ketamin in der Mischspritze kombiniert werden, da sich Präzipitate bilden.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Haltbarkeit des Tierarzneimittels im unversehrten Behältnis: 3 Jahre
Haltbarkeit nach Anbruch des Behältnisses: 28 Tage
6.4 Besondere Lagerungshinweise
Nicht über 25 °C lagern.
Durchstechflasche im Umkarton aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
Das Arzneimittel nach Ablauf des auf Behältnis und äußerer Umhüllung angegebenen Verfalldatums nicht mehr anwenden.
6.5 Art und Beschaffenheit der Primärverpackung
Durchstechflaschen mit 10 ml und 50 ml Injektionslösung.
Packungsgrößen: 1 x 10 ml Injektionslösung
1 x 50 ml Injektionslösung
5 x 10 ml Injektionslösung
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Entsorgung nicht verwendeter Tierarzneimittel oder bei der Anwendung entstehender Abfälle
Nicht aufgebrauchte Tierarzneimittel sind vorzugsweise bei Schadstoffsammelstellen abzugeben. Bei gemeinsamer Entsorgung mit dem Hausmüll ist sicherzustellen, dass kein missbräuchlicher Zugriff auf diese Abfälle erfolgen kann. Tierarzneimittel dürfen nicht mit dem Abwasser bzw. über die Kanalisation entsorgt werden.
7. ZULASSUNGSINHABER
Zulassungsinhaber und Hersteller, der für die Chargenfreigabe verantwortlich ist:
aniMedica GmbH
Im Südfeld 9
D-48308 Senden-Bösensell
8. ZULASSUNGSNummer
400042.00.00
9. Datum der ERTEILUNG DER ERSTZULASSUNG / VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
14.08.1997 / 11.12.2003
10. STAND DER INFORMATION
12.12.2013
11. Verbot des Verkaufs, der ABGABE und/oder der ANwendung
12. Verschreibungsstatus / Apothekenpflicht
Verschreibungspflichtig
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