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Marcumar

Fachinformation

1.    BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS Marcumar®

3 mg Tabletten

2.    QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG

1 Tablette enthält 3,0 mg Phenprocoumon Sonstige Bestandteile:

Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.

Marcumar Tabletten enthalten Lactose (80 mg/Tablette). Deshalb sollten Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, Lapp-Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption dieses Arzneimittel nicht anwenden.

3. DARREICHUNGSFORM

Weiße, runde Tabletten mit Kreuzbruchrille auf beiden Seiten.

4. KLINISCHE ANGABEN

4.1    Anwendungsgebiete

Behandlung und Prophylaxe von Thrombose und Embolie.

Langzeitbehandlung des Herzinfarktes, wenn ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen gegeben ist.

Hinweise:

Bei der Reinfarktprophylaxe in der Posthospitalphase ist der Nutzen einer Langzeitantikoagulation besonders sorgfältig gegen das Blutungsrisiko abzuwägen.

Die gerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon setzt mit einer Latenz von ca. 36 bis 72 Stunden ein. Falls eine rasche Antikoagulation erforderlich ist, muss die Therapie mit Heparin eingeleitet werden.

4.2    Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Dosierung

Die Dosierung von Marcumar ist durch die Bestimmung der Thromboplastinzeit oder einen anderen adäquaten Test (zum Beispiel chromogene Substratmethode) zu überwachen und individuell anzupassen. Das Messergebnis dieser Bestimmung wird als INR (International Normalized Ratio) angegeben.

Die erste Bestimmung sollte stets als Gesamtgerinnungsbestimmung vor Beginn der Behandlung mit Marcumar erfolgen. Das Ansprechen auf die Behandlung ist individuell sehr unterschiedlich; daher ist es unerlässlich, die Blutgerinnung fortlaufend zu kontrollieren und die Dosierung entsprechend anzupassen.

Je nach Art der vorliegenden Erkrankung wird ein wirksamer Bereich von 2,0-3,5 INR angestrebt.

In Abhängigkeit von der Indikation werden folgende INR-Werte empfohlen:

Indikation:

INR-Bereich:

Postoperative Prophylaxe tiefer venöser Thrombosen

2,0 bis 3,0

Längere Immobilisation nach Hüftchirurgie und Operationen von Femurfrakturen

2,0 bis 3,0

Therapie tiefer Venenthrombosen, Lungenembolie und TIA

2,0 bis 3,0

Rezidivierende tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien

2,0 bis 3,0

Myokardinfarkt, wenn ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse gegeben ist

2,0 bis 3,0

Vorhofflimmern

2,0 bis 3,0

Herzklappenersatz, biologisch

2,0 bis 3,0

Herzklappenersatz, mechanisch

2,0 bis 3,5

Die Therapie wird üblicherweise mit einer höheren Initialdosis eingeleitet. Es wird empfohlen, bei normalen INR-Werten am 1. Behandlungstag 2 bis 3 Tabletten (entsprechend 6 bis 9 mg Phenprocoumon) und am 2. Behandlungstag 2 Tabletten (entsprechend 6 mg Phenprocoumon) zu verabreichen.

Ab dem dritten Tag muss regelmäßig die Thromboplastinzeit bestimmt werden, um den Reaktionstyp des Patienten festzustellen (Hypo-, Normo-, Hyperreaktion).

•    Liegt der INR-Wert niedriger als der angestrebte therapeutische Bereich (siehe Tabelle

oben), werden täglich 1 A Tabletten Marcumar (entsprechend 4,5 mg Phenprocoumon) gegeben.

•    Liegt der INR-Wert im angestrebten therapeutischen Bereich, wird täglich 1 Tablette

Marcumar (entsprechend 3 mg Phenprocoumon) gegeben.

•    Liegt der INR-Wert höher als der therapeutische Bereich (INR > 3,5), wird täglich A

Tablette Marcumar (entsprechend 1,5 mg Phenprocoumon) gegeben. Bei INR-Werten > 4,5 soll keine Marcumar Gabe erfolgen.

Die Erhaltungsdosis muss - ebenso wie die Initialdosis - dem ermittelten INR-Wert angepasst werden. In der Regel genügen niedrige Erhaltungsdosen von A bis 1 A Tabletten Marcumar (1,5 bis 4,5 mg Phenprocoumon) pro Tag abhängig vom individuellen Ansprechen des Patienten, um den INR-Wert konstant im angestrebten Bereich zu halten.

Die Gerinnung sollte bei stabil eingestellten Patienten in regelmäßigen Zeitabständen, mindestens alle 3 bis 4 Wochen, überprüft werden. Eine häufigere Kontrolle ist notwendig bei Änderungen der Begleitmedikation (Ansetzen, Dosisänderung, Absetzen) (siehe Abschnitt 4.5).

Die Behandlung mit Marcumar kann ohne Ausschleichen beendet werden.

Kinder

Für die Anwendung von oralen Antikoagulanzien einschließlich Marcumar bei Kindern unter 14 Jahren liegen nur unzureichende Erfahrungen vor. Vorsicht und eine häufigere Kontrolle der INR-Werte wird empfohlen.

Ältere Patienten

Ältere Patienten (besonders über 75 Jahre) benötigen im Allgemeinen eine niedrigere Dosierung als jüngere Patienten, um denselben INR-Wert zu erreichen.

Patienten mit Nierenfunktionsstörungen

Nierenfunktionsstörungen haben keinen signifikanten Einfluss auf die Eliminationshalbwertszeit. Patienten mit Leberfunktionsstörungen

Leberfunktionsstörungen haben keinen signifikanten Einfluss auf die Phenprocoumon Clearance. Allerdings ist Marcumar aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos bei schweren Schäden des Leberparenchyms kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3).

Vorgehen bei vergessener Einnahme einer Dosis

Der antikoagulative Effekt von Marcumar hält mehr als 24 Stunden an. Wenn der Patient die Einnahme einer Dosis vergisst, soll diese so schnell wie möglich am selben Tag nachgeholt werden. Eine Einnahme einer doppelten Dosis am folgenden Tag soll nicht erfolgen. Es wird empfohlen den Arzt zu kontaktieren.

Bridging

Vorteile und Risiken eines perioperativen Bridgings bei Patienten, die mit Vitamin K Antagonisten (oralen Antikoagulanzien) behandelt werden, müssen sorgfältig abgewogen werden. Patienten, die erstmals eine orale Antikoagulationstherapie nach einer Operation erhalten, müssen besonders sorgfältig überwacht werden hinsichtlich ausreichenden Schutzes vor perioperativen Thromboembolien und einem akzeptablen Blutungsrisiko. Üblicherweise wird eine Bridging Therapie mit niedermolekularem Heparin (Dosierung basierend auf dem Risikolevel) durchgeführt, bis sich der INR im therapeutischen Bereich befindet.

Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung

Die Art und Weise, wie die gerinnungshemmende Wirkung aufgehoben werden soll, ist abhängig vom INR-Wert und den klinischen Anforderungen. Bei stark erhöhten INR-Werten mit oder ohne Blutungen soll die Behandlung mit Marcumar unterbrochen werden. Gegebenenfalls ist eine Kontrolle des INR-Wertes mithilfe von intravenösen Vitamin K-Gaben notwendig. Nähere Angaben im Abschnitt 4.9.

Kontrolle der Therapie mit Marcumar

Eine Kontrolle der Wirkung von Marcumar mittels INR/Thromboplastinzeitbestimmung (QuickWert) oder eines adäquaten Tests (zum Beispiel chromogene Substratmethode) ist speziell zu Therapiebeginn unerlässlich. Die erste Bestimmung erfolgt vor Behandlungsbeginn, die weiteren Kontrollen finden täglich oder jeden zweiten Tag statt. Bei ausreichender Erfahrung mit der Erhaltungsdosis kann man sich - dank der konstanten Wirkung des Präparates - auf größere Intervalle (zum Beispiel eine Bestimmung alle vier Wochen) beschränken, sofern der Zustand des Patienten oder die sonstige Medikation keine abrupte Veränderung erleidet.

Für den therapeutischen Bereich gelten die entsprechenden Angaben der Bestimmungsmethode. Beim INR-Wert ist dieser Bereich auf Werte zwischen 2,5 und 5,0 bzw. auf die oben angegebenen Werte begrenzt. Bei einer erhöhten Blutungsneigung sollte der INR-Wert zwischen 1,5 und 2,5 liegen.

Prä- und perioperativ sollte die Blutgerinnung ausschließlich mit Heparin kontrolliert werden.

Falls die Blutgerinnung während der Behandlung mit Marcumar unter den therapeutischen Minimalwert fällt, wird empfohlen, die Dosierung anzupassen und die Gerinnungsparameter nach 2 Tagen erneut zu bestimmen.

Einnahme von Marcumar mit Nahrung und Getränken

Die Absorptionsrate von Marcumar wie auch die Clearance von freiem Phenprocoumon ist bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme (z.B. Weizenkleie) leicht reduziert. Die klinische Relevanz scheint gering zu sein. Allerdings reduziert die gleichzeitige Aufnahme von Vitamin K-haltigen Nahrungsmitteln die antikoagulative Wirkung des Marcumars.

Grapefruit hemmt CYP3A4 und kann zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen (siehe Abschnitt 4.4 und 4.5). Bei gleichzeitiger Anwendung von Goji Beeren oder Goji Saft wurde eine Verstärkung der antikoagulativen Eigenschaften von Warfarin beobachtet. Der Mechanismus dieser Interaktion ist augenblicklich unklar und eine ähnliche Interaktion mit Phenprocoumon kann nicht ausgeschlossen werden (siehe Abschnitt 4.5).

Art und Dauer der Anwendung

Die Tabletten unzerkaut mit Flüssigkeit schlucken, nicht vorher auflösen. Bei einer Langzeitbehandlung empfiehlt es sich, die Tagesdosis aus praktischen Gründen abends einzunehmen.

Die Dauer der Antikoagulanzienbehandlung sollte nach Möglichkeit schon vor Therapiebeginn festgelegt werden. Die Behandlung mit Marcumar richtet sich nach den klinischen Bedürfnissen; sie kann sich über mehrere Monate, gegebenenfalls Jahre, erstrecken. Die Indikation zur Antikoagulation ist in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

Postoperative Prophylaxe der tiefen Venenthrombose / verlängerte Immobilisierung nach Hüftchirurgie und Operation einer Femurfraktur

Bei den meisten thrombosegefährdeten Patienten ist eine 3- bis 4-wöchige Prophylaxe mit Marcumar angezeigt; zumindest sollte die Antikoagulation solange erfolgen, bis der Kranke ausreichend mobil ist. Zu frühes Absetzen vergrößert die Thrombosegefahr. Nach Operationen und Geburten sollte Marcumar vom 2. oder 3. Tag an gegeben werden, wenn kein erhöhtes Blutungsrisiko besteht.

Prophylaxe der arteriellen Embolie

Die Behandlung mit Marcumar richtet sich nach den klinischen Anforderungen und kann über mehrere Monate oder Jahre fortgeführt werden.

Therapie der Thrombose oder Embolie

Bei akuter Thrombose oder schon bestehender Embolie ist die Einleitung der Antikoagulanzientherapie durch intravenöse Applikation von Heparin unerlässlich. Nach Überwindung der akuten Krankheitsphase - d.h. frühestens nach 2, in schweren Fällen nach mehreren Tagen - kann die Behandlung mit Marcumar weitergeführt werden. Am ersten Übergangstag sollte der Patient neben der unverminderten Menge von Heparin die volle Initialdosis von Marcumar erhalten, denn Heparin hat keine Nachwirkung, während Marcumar die bereits erwähnte Latenzzeit bis zum Eintritt des gerinnungshemmenden Effektes aufweist. Während dieser Umstellung ist eine besonders sorgfältige Kontrolle der Gerinnungsverhältnisse notwendig. Die Dauer der Behandlung mit Heparin hängt von der Zeitspanne bis zum Erreichen des erwünschten Grades der Antikoagulation ab.

Bei Herzinfarkt werden mit der Langzeitbehandlung (über Monate und Jahre) gute Ergebnisse erzielt. Die Höhe der Dosierung richtet sich auch hier nach dem Ergebnis der Gerinnungskontrolle (INR-Wert).

Umstellung von Heparin auf Marcumar

Bei Behandlungsbeginn sollte eine Gesamtgerinnungsbestimmung zum Ausschluss okkulter Gerinnungsstörungen durchgeführt werden (PTT, Thrombinzeit, Heparin-Toleranztest). Für den Übergang von Heparin auf Marcumar ergibt sich etwa folgendes Schema:

Erster Tag der Umstellung:

a)    Marcumar: einmal 2 bis 3 Tabletten

b)    Heparin: Dauerinfusion (20 000 bis 30 000 I.E. p.d.) oder alle 8 Stunden 7 500 I.E. s.c.

Zweiter Tag der Umstellung:

a)    Marcumar: einmal 2 Tabletten

b)    Heparin: Dauerinfusion (20 000 bis 30 000 I.E. p.d.) oder alle 8 Stunden 7 500 I.E. s.c.

Dritter Tag der Umstellung und weitere Behandlungszeit:

a)    Marcumar: Erhaltungsdosis von A bis 1 A Tabletten p.d. je nach INR-Wert (siehe orale Dosis ab dem 3. Tag)

b)    Heparin: absetzen, wenn Marcumar die volle Wirkung entfaltet.

4.3 Gegenanzeigen

Marcumar darf nicht angewendet werden

-    bei Überempfindlichkeit gegen Phenprocoumon oder einen der sonstigen in Abschnitt 6.1 gelisteten Bestandteile.

-    bei Erkrankungen, bei denen das Blutungsrisiko den möglichen therapeutischen Benefit überwiegt,z.B. hämorrhagische Diathesen, schweren Leberparenchymerkrankungen (siehe Abschnitt 4.4 und 4.8), manifeste Niereninsuffizienz, schwere Thrombozytopenie

-    bei Erkrankungen, bei denen der Verdacht auf eine Läsion des Gefäßsystems besteht, z.B.:

-    frischer apoplektischer Insult

-    Endocarditis

-    Perikarditis

-    Hirnarterienaneurysma

-    disseziierendes Aortenaneurysma

-    Ulzera im Magen-Darm-Trakt

-    Operation am Auge

-    Retinopathien mit Blutungsrisiko

-    Traumen oder chirurgische Eingriffe am Zentralnervensystem

-    fortgeschrittene Arteriosklerose

-    bei fixierter und behandlungsrefraktärer Hypertonie (> 200/105 mmHg)

-    bei kavernöser Lungentuberkulose

-    nach urologischen Operationen solange Blutungsneigung (Makrohämaturie) besteht

-    bei ausgedehnten offenen Wunden (auch nach chirurgischen Eingriffen)

-    in der Schwangerschaft (Ausnahme: absolute Indikation zur Antikoagulation bei lebensbedrohlicher Heparin-Unverträglichkeit)

Während der Behandlung mit Antikoagulanzien sollten keine Angiographie oder andere diagnostische oder therapeutische Verfahren mit einem Risiko für unkontrollierbare Blutungen durchgeführt werden.

4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Allgemeine Hinweise

Marcumar sollte nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden

-    bei Anfallsleiden

-    bei chronischem Alkoholismus

-    bei Nephrolithiasis

-    bei mangelnder Compliance des Patienten

-    während der Stillzeit

Eine besonders sorgfältige Überwachung der Dosierung ist angezeigt bei Herzdekompensation, Arteriosklerose und Hypertension, leichteren Hepatopathien, Vaskulitis sowie schwerem Diabetes mellitus.

Phenprocoumon hat einen engen therapeutischen Bereich. Daher ist bei Wechsel von einem Präparat auf ein anderes Vorsicht geboten und ein engmaschiges Monitoring des INR-Wertes erforderlich.

Bei älteren Patienten und bei Kindern soll die antikoagulative Medikation besonders engmaschig überwacht werden (siehe auch Abschnitt 4.2).

Eingriffe und Operationen

Intramuskuläre Injektionen, Lumbalpunktionen, rückenmarksnahe Regionalanästhesien sowie Angiographien dürfen unter der Behandlung mit Marcumar aufgrund der Gefahr massiver Blutungen nicht durchgeführt werden. Bei invasiven diagnostischen Eingriffen ist das NutzenRisiko-Verhältnis zwischen Blutungsrisiko und Rethrombose abzuwägen.

Eine besonders sorgfältige Überwachung der Dosierung ist angezeigt, wenn Marcumar nach Operationen angewendet wird, bei denen eine erhöhte Gefahr sowohl von Thrombosen als auch von Blutungen besteht (z.B. Lungenresektionen, Operationen der Urogenitalorgane, des Magens und der Gallenwege).

Traumen

Nach Verletzungen (Traumen), wie z.B. infolge eines Unfalls, besteht erhöhte Blutungsgefahr. Der Patient sollte auf die erhöhte Blutungsgefahr bei der Einnahme von Marcumar hingewiesen und aufgefordert werden, Tätigkeiten zu vermeiden, die leicht zu Unfällen oder Verletzungen führen können.

Interaktionen

Mögliche Interaktionen von Marcumar mit anderen Arzneimitteln sind sorgfältig zu beachten (siehe Abschnitt 4.5). Phenylbutazon und Analoga sollten bei mit Marcumar behandelten Patienten nicht angewendet werden. Eine komplexe Interaktion ergibt sich bei gleichzeitiger Einnahme mit Alkohol: Bei hohem gewohnheitsmässigem Alkoholkonsum kann die gerinnungshemmende Wirkung herabgesetzt sein, doch ist bei einer beeinträchtigten Leberfunktion auch eine verstärkte Wirkung möglich.

Die Bindung von Phenprocoumon an Serumproteine kann bei den unterschiedlichsten Krankheitsbildern verringert sein, sodass die Wirkung des Arzneimittels verstärkt werden kann. Dies erfordert eine besonders engmaschige Überprüfung des INR-Wertes.

Intramuskuläre Injektionen sollten während der Antikoagulanzientherapie nach Möglichkeit unterbleiben, da hierbei Blutungen bzw. Hämatome auftreten können. Bei subkutanen und intravenösen Injektionen wird diese Komplikation selten beobachtet.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn es notwendig ist PT/INR für diagnostische oder therapeutische Eingriffe zu erniedrigen (z.B. Angiographie, Lumbalpunktion, kleineren Operationen, Zahnextraktionen, usw.).

Hautnekrosen (meist Hautinfarkte) können zu Beginn der antikoagulativen Therapie auftreten. In diesen Fällen muss die Marcumartherapie durch Vitamin K1 gestoppt werden und der Patient muss umgehend auf Heparin umgestellt werden. Zusätzlich kann Prednison gegeben werden.

Überwachung

Eine regelmäßige Kontrolle der Wirkung von Phenprocoumon durch Bestimmung der Thromboplastinzeit ist unerlässlich. Die Gerinnung muss stets vor Behandlungsbeginn und während der Behandlung kontrolliert werden. In den ersten Behandlungstagen sind engmaschige (alle 1 - 2 Tage) Kontrollen angezeigt. Bei stabil eingestellten Patienten sind größere Intervalle zwischen den Kontrollen im Allgemeinen ausreichend (jedoch mindestens regelmäßig alle 3 - 4 Wochen), sofern keine abrupten Änderungen hinsichtlich Nebenmedikationen, Ernährungsgewohnheiten oder Allgemeinzustand (z.B. Fieber) vorliegen.

Unter Langzeittherapie mit Phenprocoumon sollten im Rahmen der ärztlichen Überwachung regelmäßige Leberfunktionsprüfungen durchgeführt werden, da in seltenen Fällen Leberparenchymschäden bis hin zum Leberversagen (einschließlich Todesfälle) im Zusammenhang mit Phenprocoumon berichtet wurden (siehe Abschnitt 4.8). Die Patienten sind darauf hinzuweisen, sich ärztlichen Rat einzuholen, bevor sie die Behandlung fortsetzen, wenn sich Anzeichen und Symptome einer fulminanten Lebererkrankung wie schnell entwickelnde Asthenie begleitet von Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Blutungsneigung oder hepatische Enzephalopathie entwickeln.

Patienten, die ambulant mit Phenprocoumon behandelt werden, sollten einen vom Arzt ausgestellten Ausweis, aus dem die Antikoagulanzienbehandlung ersichtlich ist, bei sich tragen.

Nach Absetzen der Therapie dauert es 7 bis 10 Tage und länger, ehe sich die Gerinnungswerte normalisiert haben.

Zur Latenz bis zum Wirkungseintritt siehe Hinweis in Abschnitt 4.1.

Marcumar Tabletten enthalten Lactose und werden bei Patienten mit seltenen hereditären Problemen wie Galactoseintoleranz, Laktasedefizit oder Glucose-Galactose Malabsorption nicht empfohlen.

4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen

Phenprocoumon hat einen engen therapeutischen Bereich und somit ist generell Vorsicht bei jeder Begleitmedikation geboten. Die individuelle Fachinformation für jede neue Begleitmedikation ist bezüglich einer möglichen Dosisanpassung oder einer engmaschigeren Überwachung von Phenprocoumon zu überprüfen. Selbst wenn keine Informationen zu einer Interaktion mit Phenprocoumon beschrieben sind, sollte die Möglichkeit einer Interaktion beachtet werden. Wenn Zweifel bezüglich des Ausmaßes einer Interaktion besteht, ist ein intensiveres Monitoring erforderlich.

Aufgrund vielfacher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten dürfen Patienten während einer Therapie mit Marcumar weitere Medikamente grundsätzlich nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt einnehmen oder absetzen.

Bei gleichzeitiger Behandlung mit anderen Medikamenten oder bei abrupter Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und Einnahme von Vitamin-K-haltigen Präparaten sowie bei interkurrenten oder gleichzeitig bestehenden Erkrankungen (z.B. Lebererkrankungen, Herzinsuffizienz) kann es zu einer veränderten Wirksamkeit von Phenprocoumon kommen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, häufigere Gerinnungskontrollen vorzunehmen.

Da Phenprocoumon hauptsächlich durch die Isoenzyme CYP450 2C9 und 3A4 metabolisiert wird, kann die gleichzeitige Einnahme von Substraten, Aktivatoren oder Inhibitoren der Cytochrome CYP2C9 und CYP3A4 die Wirkung von Phenprocoumon beeinflussen..

Einfluss anderer Substanzen auf Marcumar

Substanzen, die die Wirkung von oralen Antikoagulanzien verstärken können

Inhibitoren von CYP2C9 und CYP3A4 oder kompetitive Substrate können die antikoagulative

Wirkung von Marcumar verstärken.

Beispiele von Substanzen, die die antikoagulative Wirkung verstärken:

-    andere Antikoagulanzien: unfraktioniertes Heparin, niedermolekulare Heparine oder Heparinoide, Acenocoumarol sowie Thrombozytenaggregationshemmer wie Clopidogrel können die Wirkung von Phenprocoumon durch ihre antikoagulativen Eigenschaften verstärken und zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen. Wenn eine gleichzeitige Anwendung erforderlich ist, wird eine engmaschigere Überprüfung von Prothrombinzeit /INR empfohlen, speziell zu Therapiebeginn oder bei Absetzen von Phenprocoumon.

-    Allopurinol

-    Antiarrhythmika: Amiodaron, Chinidin, Propafenon

-    Methoxsale (früher Ammoidin)

-    bestimmten Antibiotika: Amoxicillin mit oder ohne Clavulansäure, Cotrimoxazol, Aminoglykoside, Chloramphenicol, Tetracycline, z.B. Doxycyclin, TrimethoprimSulfamethoxazol und andere Sulfonamide, Cloxacillin, Makrolide, (z.B. Clarithromycin, Erythromycin-Derivate), Lincosamide (z.B. Clindamycin), N-Methylthiotetrazol-Cephalosporine und andere Cephalosporine (Cefazolin, Cefpodoximproxetil, Cefotaxim, Ceftibuten, Ceftriaxon), einige Quinolone (z.B. Levofloxacin)

-    Disulfiram

-    Fibraten

-    Imidazolderivate (z.B. Ketoconazol)

-    Triazolderivate

-    Analgetika und/oder Antirheumatika: Leflunomid, Phenylbutazon und Analoga, Piroxicam, selektive Coxibe, Acetylsalicylsäure,

-    Tramadol

-    Methyltestosteron und anderen anabolen Steroiden

-    Thyroxin

-    Zytostatika: Tamoxifen, Capecitabin

-    Glucosamin

-    trizyklischen Antidepressiva

-    Statine z.B. Simvastatin

-    Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren

Grapefruit interagiert mit vielen Arzneistoffen einschließlich Phenprocoumon. Es hemmt CYP3A4 und kann zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen.

Vorsicht ist geboten, wenn Patienten, die mit Vitamin K Antagonisten wie Phenprocoumon behandelt werden, gleichzeitig Goji Saft oder Beeren zu sich nehmen.

Eine Veränderung der Gerinnungsparameter und/oder Blutungen sind bei Patienten gemeldet worden, die Capecitabin zusammen mit Cumarin-Derivaten wie Warfarin oder Phenprocoumon einnahmen. Diese unerwünschten Wirkungen traten innerhalb mehrerer Tage und bis zu mehreren Monaten nach Beginn der Behandlung mit Capecitabin auf, in wenigen Fällen auch innerhalb eines Monats nach Ende der Behandlung mit Capecitabin.

Substanzen, die die antikoagulative Wirkung abschwächen können

Induktoren von CYP2C9 oder CYP3A4 können die antikoagulative Wirkung von Marcumar abschwächen. Beispiele für Substanzen, die die antikoagulative Wirkung antagonisieren, sind:

-    Azathioprin

-    Barbiturate

-    Carbamazepin

-    Colestyramin

-    Digitalis-Herzglykoside

-    Diuretika

-    Corticosteroide

-    Gluthetimid (Aminogluthetimid)

-    6-Mercaptopurin

-    Rifampicin

-    Metformin

-    Thiouracil

-    Vitamin-K-haltige Präparate

Bei Barbituraten, Glutethimid, Rifampicin und Carbamazepin beruht die Interaktion auf einer Induktion mikrosomaler Enzyme, daher ist bei Absetzen der Medikation unter fortlaufender Antikoagulanzientherapie aufgrund der Überdosierungsgefahr eine engmaschige Kontrolle angezeigt.

Die Wirkung von Phenprocoumon kann durch gleichzeitige Gabe von JohanniskrautZubereitungen abgeschwächt werden. Dies dürfte u.a. durch eine Induktion des Cytochrom-P-450-Enzyms bedingt sein. Eine engmaschige Kontrolle der Gerinnungsparameter, insbesondere zu Beginn und aufgrund der Überdosierungsgefahr nach Absetzen der Behandlung mit Johanniskraut, sowie eine entsprechende Anpassung der Dosis von Phenoprocoumon werden empfohlen.

Substanzen mit variablem Einfluss auf Marcumar

Eine komplexe Interaktion ergibt sich für Ethanol. Akute Aufnahme potenziert die Wirkung oraler Antikoagulanzien, während chronische Aufnahme diese abschwächt. Bei chronischer Aufnahme von Alkohol und einer Leberinsuffizienz kann es jedoch auch zu einer Wirkungsverstärkung kommen.

Estrogen/Progesteron-Kontrazeptiva können die Clearance von Phenprocoumon erhöhen, ohne den antikoagulierenden Effekt zu beeinflussen.

Einfluss von Marcumar auf andere Substanzen

Marcumar kann die Wirkung von Sulfonylharnstoffen bei gleichzeitiger Einnahme verstärken (Gefahr von Hypoglykämie).

4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit

Phenprocoumon darf nicht während der Schwangerschaft angewendet werden. Es passiert die Plazentaschranke, und somit besteht die Gefahr fetaler Hämorrhagien. In der Schwangerschaft sind teratogene und embryotoxische Effekte beobachtet worden. Die Anwendung ist mit dem potenziellen Risiko kindlicher Missbildungen behaftet (fetales Warfarin-Syndrom). Frauen im gebährfähigen Alter, die mit Marcumar behandelt werden, müssen effektive Verhütungsmaßnahmen durchführen, die nach Beendigung der Therapie weitere 3 Monate fortgeführt werden sollen.

Phenprocoumon geht in die Muttermilch über, daher ist eine Verstärkung der physiologischen kindlichen Hypoprothrombinämie in Einzelfällen nicht auszuschließen. Deshalb sollten Säuglinge von mit Phenprocoumon behandelten Müttern Vitamin K1 erhalten.

Bezüglich des Einflusses von Marcumar auf die Fertilität liegen keine Informationen vor.

4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen

Marcumar hat keinen bekannten Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

4.8 Nebenwirkungen

Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien zugrunde gelegt:

Sehr häufig Häufig Gelegentlich Selten Sehr selten


(> 1/10)

(> 1/100 bis < 1/10)

(> 1/1.000 bis < 1/100)

(> 1/10.000 bis < 1/1.000) (< 1/10.000)

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)

Zusammenfassung des SicherheitsprofilsAufgrund der Eigenschaften von Phenprocoumon sind Blutungen möglich, an denen verschiedene Organe beteiligt sein können, insbesondere lebensbedrohliche Blutungen im Zentralnervensystem und dem Gastrointestinaltrakt (siehe Abschnitt 4.2).

Organklasse

Sehr Häufig > 1/10

Häufig

>1/100-<1/10

Gelegentlich

>1/1000-<1/100

Selten

>1/10000-<1/1000

Sehr Selten <1/10000

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Durch Blutungen bedingte Anämien

Endokrine

Erkrankungen

Blutungen im Bereich der Bauchspeicheldrüse und der Nebenniere

Erkrankungen des Nervensystems

Blutungen im Bereich

des Rückenmarks und Gehirns

Kompressionssyndrom des Nervus femoralis infolge einer retroperitonealen Blutung

Augenerkrankungen

Netzhautblutungen

Herzerkrankungen

Blutungen im Bereich des Herzbeutels

Gefäßerkrankungen

Hämatome nach Verletzungen

Brennende Schmerzen in den Großzehen mit gleichzeitiger Verfärbung der Großzehen (purple toes)

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinum

Epistaxis

Blutungen im Bereich der Pleurahöhle

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Zahnfleischbluten

Einblutung in die Darmwand (Antikoagulazien-abdomen), Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt,

Gastrointestinale Störungen wie z.B. Übelkeit, Appetitminderung, Erbrechen, Diarrhoe

Leber- und Gallenerkrankungen

Hepatitiden, Ikterus Leberversagen (in Einzelfällen mit

Todesfolge,

Erkrankungen der Haut und des Unterhaut-zellgewebes

Alopezie

Schwere Hautnekrosen manchmal mit Todesfolge (Purpura fulminans), allergische Hautreaktion

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Blutungen im Bereich von Gelenken und /oder Muskeln

Nach längerer Anwendung (Monate) kann sich eine Osteopenie/

Osteoporose entwickeln

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Hämaturie

einschließlich

Microhämaturie

Hinweise:

Bei aufgetretenen Hautnekrosen (meist Hautinfarkte) ist ein Zusammenhang mit vorbestehendem Mangel an Protein C oder seines Cofaktors Protein S beschrieben worden. Es scheint, dass Nekrosen von lokalen Thrombosen oder Mikrozirkulation begleitet sind, deren Auftreten sich einige Tage nach Beginn der Antikoagulanzientherapie zeigt. Es empfiehlt sich, die Wirkung von Marcumar durch Vitamin K1 zu unterbrechen und die Antikoagulanzientherapie möglichst früh auf Heparin umzustellen, um eine eventuell weitere Thrombosierung zu verhindern. Zusätzlich wird die Verabreichung von Prednison als therapeutische Maßnahme diskutiert.

Bei auftretender Purpura sollte differenzialdiagnostisch eine Thrombozytopenie oder eine allergisch bedingte Vasculitis in Erwägung gezogen werden.

Je nach Ort oder Ausdehnung können auftretende Blutungen im Einzelfall lebensbedrohlich sein oder Schäden hinterlassen, wie z.B. Lähmungen nach einer Nervenschädigung.

Die Antikoagulanzientherapie kann zu einer erhöhten Freisetzung von Material aus atheromatösen Plaques führen und das Risiko für Komplikationen durch systemische Cholesterol-Mikroembolisation einschließlich „purple toes syndrome" erhöhen. Die Beendigung der Phenprocoumon-Therapie muss erwogen werden, wenn solche Phänomene beobachtet werden.

Unter Langzeittherapie mit Marcumar sollten im Rahmen der ärztlichen Überwachung regelmäßige Leberfunktionsprüfungen durchgeführt werden, da in seltenen Fällen Leberparenchymschäden auftreten können.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger Allee 3, D-53175 Bonn, Webseite: http://www.bfarm.de anzuzeigen.

4.9 Überdosierung

Eine Überdosierung führt zu einer zu langen Thromboplastinzeit und eventuell zu Blutungen. Falls der INR-Wert während der Behandlung mit Marcumar den oberen therapeutischen Grenzwert übersteigt, werden eine Dosisreduzierung und die erneute Überprüfung der Gerinnungsparameter nach 2 Tagen empfohlen.

Nach akuter Einnahme großer Dosen steht beim Menschen während der ersten 24 Stunden eine kapillartoxische Wirkung mit Hirnödem im Vordergrund. Danach kommt es zu Erhöhung des INR-Wertes und zu Blutungen.

Erkennbare Zeichen einer akuten Überdosierung können, abhängig von deren Ausmaß, sein: Blutbeimengungen im Urin, petechiale Blutungen an Stellen mechanischer Belastung, spontane Haut- und Schleimhautblutungen, Blutstuhl, Verwirrtheitszustände bis hin zur Bewusstlosigkeit.

Bewusstlosigkeit kann ein Anzeichen für eine Gehirnblutung sein. Die sofortige notärztliche Behandlung ist erforderlich.

In den meisten Fällen können weniger schwere Blutungen durch das Absetzen des Antikoagulans kontrolliert werden.

Therapie/Antidote

Spezifischer Antagonist: Vitamin K1.

Vitamin K1- (Phytomenadion) ist in der Lage, die antikoagulative Wirkung innerhalb von 24 Stunden aufzuheben

Bei leichteren Blutungen (wie z.B. vorübergehendes Nasenbluten, mikroskopische Hämaturie, isolierte kleine Hämatome) genügt es meist, die Dosis vorübergehend zu verringern. In diesen Fällen ist es besser, kein Phytomenadion (Vitamin K1) zu verabreichen, da dadurch eine effektive Antikoagulation für mehrere Tage verhindert wird.

Bei behandlungsbedürftigen Blutungen sollten 5 bis 10 mg Vitamin Kj oral verabreicht werden. Nur bei lebensbedrohlichen Blutungen sollten 10 bis 20 mg Vitamin Kj langsam i.v. (cave anaphylaktoide Reaktion) gegeben werden. Falls der INR-Wert nicht sinkt, soll die Applikation nach einigen Stunden wiederholt werden.

Unterstützende und Notfallmaßnahmen

Wenn in Fällen von sehr starker oder bedrohlicher Blutung (wie z.B. Verdacht auf intrakraniale Blutung, massive gastrointestinale Einblutung, Notoperationen) der Eintritt der vollen Vitamin-Kj-Wirkung nicht abgewartet werden kann, ist durch Infusion von virusinaktiviertem Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB) oder von frisch gefrorenem Plasma die Aufhebung der Phenprocoumon-Wirkung möglich.

Durch orale Verabreichung von Colestyramin (fünfmal 4 g/Tag) kann die Elimination von Phenprocoumon zusätzlich beschleunigt werden.

Eine engmaschige Überwachung der Gerinnungsparameter sollte gewährleistet sein.

5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN

5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften

Pharmakotherapeutische Gruppe: Antikoagulantia ATC-Code: B01A A04

Phenprocoumon ist ein Vitamin-K-Antagonist aus der Gruppe der Cumarine. Phenprocoumon ist ein Razemat und liegt als Gemisch aus zwei Enantiomeren vor.

Phenprocoumon hemmt in der Leber die Bildung aktiver Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX und X), Protein C und S aus inaktiven „Precursor"-Proteinen. Für diese Aktivierung ist Vitamin K notwendig, welches hierbei zum inaktiven Vitamin-K-2,3-Epoxid oxidiert und anschließend wieder zum nativen Vitamin K reduziert wird (Vitamin-K-Epoxid-Zyklus). Phenprocoumon unterbricht diesen Zyklus, indem es die enzymatische Reduktion des Epoxides zum Vitamin K hemmt. Hieraus resultiert eine verminderte Regeneration von biologisch wirksamem Vitamin K sowie die Zunahme der inaktiven Vorstufen der Gerinnungsproteine (protein induced by Vitamin K absence [PIVKA]) in Leber und Plasma. Darüber hinaus werden weitere Vitamin-K-abhängige Carboxylierungsreaktionen in anderen Organen durch Phenprocoumon gehemmt (z.B. in Niere, Plazenta, Knochen). Die bereits gebildeten Gerinnungsfaktoren werden durch Marcumar nicht beeinträchtigt. Aus diesem Grunde erzielt man mit dem Präparat keine sofortige Gerinnungshemmung wie zum Beispiel mit Heparin; in vitro ist Marcumar unwirksam. Die Wirkung von Marcumar auf die Gerinnung beginnt nach ein bis zwei Tagen; die volle Wirksamkeit wird nach vier bis sechs Tagen erreicht.

Eine Erhöhung der Dosis von Marcumar führt nicht zur Verkürzung der Latenzzeit. Der Grad der Gerinnungshemmung wird mit der INR/Thromboplastinzeitbestimmung oder einer adäquaten Modifikation dieser Methode überprüft. Gemessene Gerinnungszeiten lassen sich vorzugsweise in INR-Werte umrechnen.

Marcumar zeichnet sich durch eine gleichmäßige, langanhaltende und nicht abrupt aufhörende Wirkung aus. Dank seiner spezifischen, nur auf das Vitamin-K-Enzymsystem gerichteten Wirkung verursacht es keine allgemeine Leberschädigung. Aus diesen Gründen eignet sich Marcumar ganz besonders für eine Monate oder Jahre dauernde Behandlung (Langzeitantikoagulation).

Die durch Marcumar induzierte Gerinnungsverzögerung wird durch Antagonisten vom Typ Phytomenadion (Vitamin K1) aufgehoben.

5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften

Resorption und Verteilung

Der Wirkstoff von Marcumar, Phenprocoumon, wird rasch aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert.

Im Plasma wird Phenprocoumon zu etwa 99 % an Plasmaproteine - in erster Linie an Albumin -gebunden und übt auf diese Weise eine Depotfunktion aus. Wegen der langen Verweildauer von eiweißgebundenem Phenprocoumon im Plasma stellen sich konstante Konzentrationen (Fließgleichgewicht) erst mehrere Tage nach Änderung der Erhaltungsdosis ein. Bei Hypoproteinämie wie z.B. beim nephrotischen Syndrom ist die Wirkung von Phenprocoumon aufgrund erhöhter Clearance vermindert.

Das Verteilungsvolumen beträgt ca. 100 - 150 ml/kg.

Die maximale gerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon ist erst nach ca. 2 bis 3 Tagen erreicht, da die Kinetik des pharmakologischen Effektes von der Halbwertszeit der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren abhängt.

Aus dem Vergleich von pharmakokinetischen Daten nach oraler und intravenöser Gabe kann geschlossen werden, dass eine hohe Bioverfügbarkeit vorliegt.

Phenprocoumon passiert die Plazentaschranke und geht in die Muttermilch über.

Biotransformation und. Elimination

Phenprocoumon wird hauptsächlich durch die Isoenzyme CYP450 2C9 und 3A4 metabolisiert.

Die Elimination von Phenprocoumon erfolgt zum überwiegenden Anteil durch Metabolismus in der Leber (Hydroxylierungs- und Konjugationsreaktion), ein Teil der konjugierten Muttersubstanz durchläuft den enterohepatischen Kreislauf. Die Metaboliten werden im Urin ausgeschieden.

Weniger als 15 % der Arzneimittelmenge wird unverändert im Urin ausgeschieden.

Phenprocoumon besitzt eine niedrige hepatische Extraktionsrate, die hepatische Clearance beträgt weniger als 1 ml/min.

Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 6,5 Tage.

Kinetik spezieller Patientengruppen

Eine Niereninsuffizienz hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Halbwertszeit. Infolge metabolischer Induktion, zum Beispiel durch Barbiturate, kann die Wirksamkeit von Marcumar abgeschwächt, infolge Verdrängung aus der Eiweißbindung, zum Beispiel durch entzündungshemmende Arzneimittel, dagegen verstärkt werden.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

Die verfügbaren präklinischen Untersuchungen liefern keine zusätzlichen Ergebnisse im Vergleich zu den bereits beschriebenen klinischen Informationen.

Mutagenität

Untersuchungen zur Mutagenität von Phenprocoumon liegen nicht vor.

Kanzerogenität

Gezielte Untersuchungen zum tumorigenen Potenzial von Phenprocoumon wurden nicht durchgeführt.

Reproduktionstoxizität

Während Warfarin-Exposition wurden im 1. Trimenon Chondrodysplasien (Conradi-Hünerman-Syndrom) sowie im 2. und 3. Trimenon Wachstumsstörungen mit Mikroenzephalie und Optikusatrophie beobachtet. Aufgrund der chemischen Verwandtschaft mit Warfarin muss daher bei Phenprocoumon sowohl mit teratogenen als auch mit embryotoxischen Effekten gerechnet werden.

6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN

6.1    Liste der sonstigen Bestandteile

Lactose-Monohydrat; Magnesiumstearat (Ph.Eur.); Maisstärke; Talkum.

Enthält Kohlenhydrate, diese entsprechen weniger als 0,01 BE.

6.2    Inkompatibilitäten

Nicht zutreffend.

6.3    Dauer der Haltbarkeit

5 Jahre

Nach Ablauf des auf der Packung angegebenen Verfallsdatums soll das Präparat nicht mehr angewendet werden.

6.4    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung

Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.

6.5    Art und Inhalt des Behältnisses

14 Tabletten 16 Tabletten

20    Tabletten

21    Tabletten 45 Tabletten

49    Tabletten

50    Tabletten 56 Tabletten 84 Tabletten

90    Tabletten

91    Tabletten

92    Tabletten 94 Tabletten 98 Tabletten 100 Tabletten

Klinikpackung mit 30 Tabletten

Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.

6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung

Keine besonderen Anforderungen.

7.    INHABER DER ZULASSUNG

MEDA Pharma GmbH & Co.KG Benzstr. 1

61352 Bad Homburg Telefon 06172 888 01 Telefax 06172 888 2740

8.    ZULASSUNGSNUMMER(N)

6037262.00.00

9.    DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG / VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG

03.12.1999 / 29.10.2012

10.    STAND DER INFORMATION

August 2014

11.    VERKAUFSABGRENZUNG

Verschreibungspflichtig

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