iMedikament.de

Medikinet Retard 10 Mg

F achinformation

1. BEZEICHNUNG DER ARZNEIMITTEL

Medikinet retard 10 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung Medikinet retard 20 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung Medikinet retard 30 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung Medikinet retard 40 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

2.    QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG

Medikinet retard 10 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 10 mg Methylphenidathydrochlorid

entsprechend 8,65 mg Methylphenidat.

Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 127,14 mg - 145,42 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Medikinet retard 20 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 20 mg Methylphenidathydrochlorid

entsprechend 17,30 mg Methylphenidat.

Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 114,65 mg - 131,13 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Medikinet retard 30 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 30 mg Methylphenidathydrochlorid

entsprechend 25,95 mg Methylphenidat.

Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 69,60 mg - 79,61 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Medikinet retard 40 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 40 mg Methylphenidathydrochlorid

entsprechend 34,60 mg Methylphenidat.

Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 92,80 mg - 106,14 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.

3.    DARREICHUNGSFORM

Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Medikinet retard 10 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Weißes, undurchsichtiges Kapselunterteil/ malvefarbenes, undurchsichtiges Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und blaue Pellets enthalten.

Medikinet retard 20 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Malvefarbenes, undurchsichtiges Kapselunterteil/ malvefarbenes, undurchsichtiges Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und blaue Pellets enthalten.

Medikinet retard 30 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Hellgraues, undurchsichtiges Kapselunterteil/ dunkelviolettes, undurchsichtiges Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und blaue Pellets enthalten.

Medikinet retard 40 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Graues, undurchsichtiges Kapselunterteil/ dunkelviolettes, undurchsichtiges Kapseloberteil (18,0 mm), die weiße und blaue Pellets enthalten.

4. KLINISCHE ANGABEN

4.1    Anwendungsgebiete

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS)

Medikinet retard ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von 6 Jahren indiziert, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben. Die Behandlung muss unter Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern durchgeführt werden. Die Diagnose sollte anhand der aktuell gültigen DSM-Kriterien oder der Richtlinien in ICD-10 gestellt werden und auf einer vollständigen Anamnese und Untersuchung des Patienten basieren. Die Diagnose darf sich nicht allein auf das Vorhandensein eines oder mehrerer Symptome stützen.

Die spezifische Ätiologie dieses Syndroms ist unbekannt. Ein spezifischer diagnostischer Test existiert nicht. Eine adäquate Diagnose erfordert die Berücksichtigung medizinischer und spezieller psychologischer, pädagogischer Quellen und des sozialen Umfeldes.

Eine therapeutische Gesamtstrategie umfasst in der Regel sowohl psychologische, pädagogische, soziale als auch pharmakotherapeutische Maßnahmen und zielt auf eine Stabilisierung von Kindern mit einem Verhaltenssyndrom ab, das durch folgende Symptome charakterisiert sein kann: chronische kurze Aufmerksamkeitsspanne in der Anamnese, Ablenkbarkeit, emotionale Labilität, Impulsivität, mäßige bis starke Hyperaktivität, geringfügige neurologische Anzeichen und abnormales EEG. Die Lernfähigkeit kann unter Umständen beeinträchtigt sein.

Eine Behandlung mit Methylphenidat ist nicht bei allen Kindern mit ADHS indiziert, und der Entscheidung zur Anwendung dieses Arzneimittels muss eine sehr sorgfältige Einschätzung der Schwere und Dauer der Symptome des Kindes in Bezug auf sein Alter vorausgehen.

Eine entsprechende pädagogische Einstufung ist essentiell und psychosoziale Maßnahmen sind im Allgemeinen notwendig. Wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben, muss die Entscheidung, ein Stimulanz zu verordnen, auf Basis einer strengen Einschätzung der Schwere der Symptome des Kindes beruhen. Die Anwendung von Methylphenidat sollte immer in Übereinstimmung mit der zugelassenen Indikation und den Verschreibungs-/Diagnose-Leitlinien erfolgen.

4.2    Dosierung und Art der Anwendung

Dosierung

Die Behandlung muss unter der Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und/ oder Jugendlichen erfolgen.

Untersuchungen vor Behandlungsbeginn

Vor einer Verschreibung ist es notwendig, den Patienten hinsichtlich seines kardiovaskulären Status einschließlich Blutdruck und Herzfrequenz zu beurteilen. Eine umfassende Anamnese sollte Begleitmedikationen, frühere und aktuelle medizinische und psychiatrische Begleiterkrankungen oder Symptome und Familienanamnese von plötzlichen Herzerkrankungen/ unerwartetem Tod und eine exakte Erfassung von Körpergröße und -gewicht vor der Behandlung in einem Wachstumsdiagramm umfassen (siehe Abschnitte 4.3 und 4.4).

Laufende Überwachung

Das Wachstum, der psychische und der kardiovaskuläre Status sollten kontinuierlich überwacht werden (siehe Abschnitt 4.4).

•    Der Blutdruck und der Puls sollen bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate in einer grafischen Darstellung dokumentiert werden;

•    Körpergröße, Gewicht und Appetit sollten mindestens alle 6 Monate anhand eines Wachstumsdiagramms festgehalten werden;

•    Die Entwicklung neuer oder die Verschlechterung bereits bestehender psychiatrischer Störungen sind bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jedem Besuch zu erfassen.

Die Patienten sollten hinsichtlich des Risikos von Zweckentfremdung, Fehlgebrauch und Missbrauch von Methylphenidat überwacht werden.

Dosistitration

Zu Beginn der Behandlung mit Methylphenidat ist eine sorgfältige Dosistitration erforderlich. Dies erfolgt in der Regel durch die mehrmals tägliche Einnahme von sofort freisetzenden Darreichungsformen. Die empfohlene Initialdosis beträgt einmal oder zweimal täglich 5 mg (z. B. zum Frühstück und Mittagessen). Falls erforderlich, kann in Abhängigkeit von der Verträglichkeit und dem beobachteten Grad der Wirksamkeit die Tagesdosis jeweils wöchentlich in Schritten von 5-10 mg erhöht werden. Anstelle der zweimal täglichen Gabe einer sofort freisetzenden Methylphenidathydrochlorid 5 mg Formulierung kann von Beginn der Behandlung an Medikinet retard 10 mg einmal täglich verwendet werden, wenn der behandelnde Arzt feststellt, dass eine zweimal tägliche Dosisgabe zu Behandlungsbeginn zwar angemessen, aber die zweimal tägliche Gabe nicht durchführbar ist.

Es sollte die geringste mögliche Tagesdosis, mit der eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erzielt wird, für die Behandlung gewählt werden.

Medikinet retard wird morgens mit oder nach dem Frühstück eingenommen, um eine ausreichend verlängerte Wirkung zu erlangen und hohe Plasmaspitzen zu verhindern. Methylphenidathydrochlorid wird wesentlich schneller aus Medikinet retard resorbiert, wenn das Arzneimittel auf nüchternen Magen eingenommen wird. In diesem Falle könnte die Freisetzung nicht adequat verlängert sein. Daher soll Medikinet retard nicht ohne Nahrung eingenommen werden.

Medikinet retard setzt sich aus einer sofort freisetzenden Komponente (50% der Dosis) und einer verzögert freisetzenden Komponente (50% der Dosis) zusammen. Somit enthält zum Beispiel Medikinet retard 10 mg einen sofort freisetzenden Dosisanteil von 5 mg und einen verzögert freisetzenden Dosisanteil von 5 mg Methylphenidathydrochlorid. Der verzögert freisetzende Anteil jeder Dosis dient dazu, den Behandlungserfolg über den Nachmittag aufrecht zu erhalten, ohne dass eine mittägliche Dosisgabe notwendig ist. Medikinet retard ist dazu bestimmt, therapeutische Plasmaspiegel über einen Zeitraum von etwa 8 Stunden aufrechtzuerhalten, was eher einem Schultag als einem ganzen Tag entspricht (siehe Abschnitt 5.2). Zum Beispiel sollen 20 mg Medikinet retard die Gabe von 10 mg einer sofort freisetzenden Methylphenidathydrochlorid-Formulierung zum Frühstück und 10 mg zur Mittagszeit ersetzen.

Patienten, die zurzeit Methylphenidathydrochlorid einnehmen

Patienten, die auf eine sofort freisetzende Methylphenidathydrochlorid-Formulierung eingestellt sind, können auf die äquivalente Dosis in Milligramm von Medikinet retard umgestellt werden.

Medikinet retard sollte nicht zu spät am Vormittag eingenommen werden, da es sonst zu Schlafstörungen kommen kann.

Wenn die Wirkung des Arzneimittels am späten Nachmittag oder am Abend zu früh nachlässt, kann gestörtes Verhalten wieder auftreten. Eine niedrige Dosis einer sofort freisetzenden Methylphenidat-Tablette am Abend kann dazu beitragen, dieses Problem zu lösen. In diesem Fall sollte überlegt werden, ob die Verabreichung einer zweimal täglichen Dosis einer sofort freisetzenden Methyphenidat-Tablette ebenfalls zu einer befriedigenden Einstellung führen kann. Die Vor- und Nachteile einer niedrigen abendlichen Dosis einer sofort freisetzenden Methylphenidattablette gegenüber den möglichen Einschlafstörungen müssen in die Überlegungen mit einbezogen werden.

Eine Behandlung mit Medikinet retard sollte nicht weitergeführt werden, wenn eine zusätzliche abendliche Dosis Methylphenidat benötigt wird, ohne dass bekannt ist, ob eine solche Dosis auch bei einer Behandlung mit sofort freisetzenden Tabletten in einer äquivalenten Dosierung zum Frühstück und zu Mittag notwendig ist.

Es sollte die Behandlungsmethode angewendet werden, die mit der geringsten Tagesdosis eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erzielt.

Weitere Stärken dieses Arzneimittels und anderer Arzneimittel, die Methylphenidat enthalten, können zur Verfügung stehen.

Die Tageshöchstdosis von Methylphenidathydrochlorid ist 60 mg.

Dauertherapie (mehr als 12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen

Die Sicherheit und Wirksamkeit der Langzeitanwendung von Methylphenidat wurde nicht systematisch in kontrollierten Studien untersucht. Die Behandlung mit Methylphenidat sollte und muss nicht unbegrenzt erfolgen. Sie wird in der Regel während oder nach der Pubertät abgesetzt. Der Arzt, der Methylphenidat über längere Zeit (über 12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS anwendet, muss regelmäßig den langfristigen Nutzen des Arzneimittels für den einzelnen Patienten neu bewerten, indem er behandlungsfreie Zeitabschnitte einlegt, um das Verhalten des Patienten ohne medikamentöse Behandlung zu beurteilen. Es wird empfohlen, Methylphenidat mindestens einmal im Jahr abzusetzen, um das Befinden des Kindes zu beurteilen (vorzugsweise während der Schulferien). Eine Besserung kann möglicherweise aufrechterhalten bleiben, wenn das Arzneimittel vorübergehend oder vollständig abgesetzt wurde.

Dosisreduktion und Unterbrechung der Medikation

Die Behandlung muss beendet werden, wenn die Symptome nach einer geeigneten Dosisanpassung über einen Zeitraum von einem Monat nicht besser werden. Bei Auftreten einer paradoxen Verschlimmerung der Symptome oder anderer schwerwiegender Nebenwirkungen muss die Dosis reduziert oder das Arzneimittel abgesetzt werden.

Erwachsene

Bei Jugendlichen, deren Symptome bis in das Erwachsenenalter bestehen bleiben und bei denen die Behandlung einen deutlichen Nutzen gezeigt hat, kann es angebracht sein, die Therapie im Erwachsenenalter mit der gleichen Dosierung (mg/Tag) fortzuführen. Ob eine Anpassung der Dosis in Abhängigkeit von der Wirksamkeit und Verträglichkeit nötig oder möglich ist, muss regelmäßig überprüft werden. Eine Therapieinitiierung mit Medikinet retard ist bei Erwachsenen jedoch nicht angezeigt (siehe Abschnitte 4.4 und 5.1).

Ältere Patienten

Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.

Kinder unter 6 Jahre

Methylphenidat darf nicht bei Kindern unter 6 Jahren angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.

Art der Anwendung Zum Einnehmen.

Medikinet retard sollte morgens mit oder nach dem Frühstück eingenommen werden.

Die Kapseln können als Ganzes mit Flüssigkeit eingenommen werden. Alternativ kann die Kapsel geöffnet, der Kapselinhalt auf eine kleine Menge (Esslöffel) Apfelmus oder Joghurt gestreut und dann unverzüglich eingenommen werden. Diese Zubereitung sollte nicht für eine spätere Einnahme aufbewahrt werden. Im Anschluss an die Einnahme des Kapselinhalts zusammen mit dem Apfelmus oder Joghurt sollte Flüssigkeit, z. B. Wasser, getrunken werden. Die Kapseln und deren Inhalt dürfen nicht zerkleinert oder zerkaut werden.

4.3 Gegenanzeigen

•    Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile

•    Glaukom

•    Phäochromozytom

•    Während der Behandlung mit nicht-selektiven, irreversiblen Monoaminoxidasehemmern (MAO-

Hemmern) oder innerhalb von mindestens 14 Tagen nach Absetzen solcher Arzneimittel, da dann das Risiko einer hypertensiven Krise besteht (siehe Abschnitt 4.5).

•    Hyperthyreose oder Thyreotoxikose

•    Diagnose oder Anamnese von schwerer Depression, Anorexia nervosa/ anorektischen Störungen, Suizidneigung, psychotischen Symptomen, schweren affektiven Störungen, Manie, Schizophrenie, psychopathischen/ Borderline-Persönlichkeitsstörungen.

•    Diagnose oder Anamnese von schweren und episodischen (Typ I) bipolaren affektiven Störungen (die nicht gut kontrolliert sind)

•    Vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen einschließlich schwerer Hypertonie, Herzinsuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit, Angina pectoris, hämodynamisch signifikanter, angeborener Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokardinfarkt, potentiell lebensbedrohender Arrhythmien und Kanalopathien (Erkrankungen, die aufgrund von Dysfunktionen der Ionenkanäle verursacht wurden)

•    Vorbestehende zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie zum Beispiel zerebrale Aneurysmen, Gefäßabnormalitäten einschließlich Vaskulitis oder Schlaganfall

•    Bekannte ausgeprägte Anazidität des Magens mit einem pH-Wert über 5,5, bei H2-Rezeptorenblocker- oder Antazidatherapie

4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Eine Behandlung mit Methylphenidat ist nicht bei allen Kindern mit ADHS indiziert und der Entscheidung zur Anwendung dieses Arzneimittels muss eine sehr sorgfältige Einschätzung der Schwere und Dauer der Symptome des Kindes in Bezug auf sein Alter (6 - 18 Jahre) vorausgehen.

Langzeitanwendung (mehr als 12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen

Die Sicherheit und Wirksamkeit der Langzeitanwendung von Methylphenidat wurde nicht systematisch in kontrollierten Studien untersucht. Die Behandlung mit Methylphenidat sollte und muss nicht unbegrenzt erfolgen. Sie wird in der Regel während oder nach der Pubertät abgesetzt. Patienten unter Langzeitbehandlung (d.h. über mehr als 12 Monate) müssen laufend entsprechend den Richtlinien (siehe Abschnitte 4.2 und 4.4) sorgfältig hinsichtlich Herz-Kreislaufstatus, Wachstum, Appetit, Entwicklung von neuen oder Verschlechterung von bestehenden psychiatrischen Erkrankungen überwacht werden. Psychiatrische Erkrankungen, die überwacht werden sollten, werden unten beschrieben und beinhalten (sind aber nicht begrenzt auf): motorische oder vokale Tics, aggressives oder feindseliges Verhalten, Depression, Agitiertheit, Angst, Psychose, Manie, Wahnvorstellungen, Reizbarkeit, mangelnde Spontaneität, Rückzug und übermäßige Perseveration.

Der Arzt, der Methylphenidat über längere Zeit (über 12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS anwendet, muss regelmäßig den langfristigen Nutzen des Arzneimittels für den einzelnen Patienten neu bewerten, indem er behandlungsfreie Zeitabschnitte einlegt, um das Verhalten des Patienten ohne medikamentöse Behandlung zu beurteilen. Es wird empfohlen, Methylphenidat mindestens einmal im Jahr abzusetzen, um das Befinden des Kindes zu beurteilen (vorzugsweise während der Schulferien). Eine Besserung kann möglicherweise aufrechterhalten bleiben, wenn das Arzneimittel vorübergehend oder vollständig abgesetzt wurde.

Anwendung bei Erwachsenen

Sicherheit und Wirksamkeit der Therapieinitiierung bei Erwachsenen oder der routinemäßigen Weiterbehandlung über das Alter von 18 Jahren hinaus wurden nicht nachgewiesen. Sollte ein Absetzen der Behandlung bei Jugendlichen, die das Alter von 18 Jahren erreicht haben, keinen Erfolg zeigen, kann eine Weiterbehandlung in das Erwachsenenalter erforderlich sein. Die Notwendigkeit einer Weiterbehandlung dieser Erwachsenen soll regelmäßig überprüft und jährlich untersucht werden.

Anwendung bei älteren Patienten

Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.

Anwendung bei Kindern unter 6 Jahren

Methylphenidat darf nicht bei Kindern unter 6 Jahren angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.

Herz-Kreislaufstatus

Bei Patienten, für die eine Behandlung mit Stimulanzien in Betracht kommt, sollte eine sorgfältige Anamnese erhoben werden (einschließlich Beurteilung der Familienanamnese auf plötzlichen Herz- oder unerwarteten Tod oder maligne Arrhythmien) und eine körperliche Untersuchung auf bestehende Herzerkrankungen durchgeführt werden. Wenn initiale Befunde auf eine solche Historie oder Erkrankung hinweisen, müssen diese Patienten weitergehende Herzuntersuchungen durch einen Spezialisten erhalten. Patienten, bei denen unter der Therapie mit Methylphenidat Symptome wie Palpitationen, Thoraxschmerzen bei Belastung, unklare Synkope, Dyspnoe oder andere Symptome, die auf eine Herzerkrankung schließen lassen, auftreten, sollten umgehend eine kardiale Untersuchung durch einen Spezialisten erhalten.

Die Auswertung von Daten aus klinischen Studien mit Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS hat gezeigt, dass Patienten unter Methylphenidat-Behandlung häufig eine Änderung des diastolischen und systolischen Blutdrucks um über 10 mmHg gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich zu den Kontrollen entwickeln. Die kurz- und langfristigen klinischen Auswirkungen dieser kardiovaskulären Effekte bei Kindern und Jugendlichen sind nicht bekannt. Mögliche klinische Komplikationen können als Ergebnis der in den klinischen Studiendaten beobachteten Wirkungen nicht ausgeschlossen werden. Vorsicht ist geboten bei der Behandlung von Patienten, deren Gesundheitszustand durch Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz beeinträchtigt werden könnte. Siehe Abschnitt 4.3 für Erkrankungen, bei denen eine Behandlung mit Methylphenidat kontraindiziert ist.

Der Herz-Kreislaufstatus sollte sorgfältig überwacht werden. Bei jeder Dosisanpassung und bei klinischem Bedarf und dann mindestens alle 6 Monate müssen der Blutdruck und die Herzfrequenz in grafischer Darstellung dokumentiert werden.

Die Anwendung von Methylphenidat ist bei bestimmten vorbestehenden Herz- Kreislauferkrankungen kontraindiziert, wenn nicht der Rat eines Kinderkardiologen eingeholt wurde (siehe Abschnitt 4.3).

Plötzlicher Tod und vorbestehende kardiale Strukturauffälligkeiten oder andere schwere Herzerkrankungen Bei Kindern, einige mit strukturellen Herzanomalien oder anderen schwerwiegenden Herzproblemen, wurde im Zusammenhang mit der Anwendung von Stimulanzien des Zentralnervensystems in normalen Dosierungen über plötzliche Todesfälle berichtet. Obwohl einige schwerwiegende Herzprobleme alleine schon ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Tod bedeuten können, werden Stimulanzien bei Kindern oder Jugendlichen mit bekannten strukturellen Herzanomalien, Kardiomyopathien, schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen oder anderen schwerwiegenden Herzproblemen, die sie einer erhöhten Gefährdung für die sympathomimetischen Wirkungen eines stimulierenden Arzneimittels aussetzen könnten, nicht empfohlen.

Missbrauch und kardiovaskuläre Ereignisse

Der Missbrauch von Stimulanzien des zentralen Nervensystems kann mit plötzlichem Tod und anderen schwerwiegenden kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen assoziiert sein.

Zerebrovaskuläre Störungen

Siehe Abschnitt 4.3 für zerebrovaskuläre Bedingungen, unter denen die Methylphenidat-Anwendung kontraindiziert ist. Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren (wie kardiovaskuläre Erkrankungen in der Vorgeschichte, Begleitmedikation, die den Blutdruck erhöht) sollten bei jedem Termin auf neurologische Anzeichen und Symptome nach Behandlungsbeginn mit Methylphenidat untersucht werden.

Zerebrale Vaskulitis scheint eine sehr seltene idiosynkratische Reaktion auf eine Methylphenidat-Einnahme zu sein. Es gibt einige Hinweise, dass Patienten mit höherem Risiko identifiziert werden können. Das initiale Auftreten von Symptomen kann der erste Hinweis auf eine zu Grunde liegende klinische Erkrankung sein. Eine frühe Diagnose aufgrund starker Hinweise kann das umgehende Absetzen von Methylphenidat und eine frühzeitige Behandlung ermöglichen. Die Diagnose sollte daher bei jedem Patienten in Betracht gezogen werden, der unter einer Methylphenidat-Behandlung neue neurologische Symptome entwickelt, die einer zerebralen Ischämie entsprechen. Zu diesen Symptomen können schwere Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl, Schwäche, Lähmungen und Beeinträchtigungen von Koordination, Sehen, Sprechen, Sprache oder Gedächtnis zählen.

Die Behandlung mit Methylphenidat ist bei Patienten mit hemiplegischer Zerebralparese nicht kontraindiziert.

Psychiatrische Erkrankungen

Psychiatrische Komorbiditäten bei ADHS sind häufig und sollten bei der Verschreibung von Stimulanzien berücksichtigt werden. Im Falle des Auftretens psychiatrischer Symptome oder der Verschlimmerung einer bestehenden psychiatrischen Erkrankung sollte die Therapie mit Methylphenidat nicht fortgesetzt werden, wenn der Nutzen der Behandlung das potenzielle Risiko für den Patienten nicht überwiegt.

Bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jedem Besuch ist zu kontrollieren, ob sich psychiatrische Störungen entwickelt oder verschlechtert haben; eine Unterbrechung der Behandlung könnte angebracht sein.

Verschlimmerung bestehender psychotischer oder manischer Symptome

Bei psychotischen Patienten kann die Verabreichung von Methylphenidat die Symptome von Verhaltens- und Denkstörungen verschlimmern.

Auftreten neuer psychotischer oder manischer Symptome

Behandlungsbedingte psychotische Symptome (visuelle/ taktile/ auditive Halluzinationen und Wahnvorstellungen) oder Manie bei Kindern und Jugendlichen ohne bekannte psychotische Erkrankung oder Manie können durch normale Dosierungen von Methylphenidat hervorgerufen werden. Wenn manische oder psychotische Symptome auftreten, sollte an einen möglichen kausalen Zusammenhang mit Methylphenidat gedacht und ein Abbruch der Therapie in Erwägung gezogen werden.

Aggressives oder feindseliges Verhalten

Das Auftreten oder die Verschlimmerung von aggressivem Verhalten oder Feindseligkeit kann durch die Behandlung mit Stimulanzien hervorgerufen werden. Patienten unter der Behandlung mit Methylphenidat, sollten strikt auf das Auftreten oder die Verschlimmerung von aggressivem Verhalten überwacht werden, und zwar bei Behandlungsbeginn, bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jeder Untersuchung. Bei Patienten, die diese Verhaltensänderungen zeigen, sollte der Arzt die Notwendigkeit einer Anpassung der Behandlung abklären, wobei auch eine erneute Höher- oder Abwärtstitration angedacht werden sollte. Ebenso sollte eine Behandlungsunterbrechung in Betracht gezogen werden.

Suizidalität

Patienten, bei denen während der ADHS-Behandlung Suizidgedanken oder suizidales Verhalten auftreten, sollten sofort von ihrem Arzt beurteilt werden. Es sollte eine Verschlimmerung der zu Grunde liegenden psychiatrischen Erkrankung und ein möglicher kausaler Zusammenhang mit der Methylphenidat-Behandlung in Erwägung gezogen werden. Eine entsprechende Behandlung der zu Grunde liegenden psychiatrischen Erkrankung kann notwendig sein und eine Beendigung der Methylphenidat-Behandlung sollte in Erwägung gezogen werden.

Tics

Methylphenidat wurde mit der Entstehung oder der Verschlimmerung von motorischen und verbalen Tics in Verbindung gebracht. Die Verschlimmerung eines Tourette-Syndroms wurde ebenfalls beobachtet. Die Familienanamnese ist zu überprüfen und Kinder sollten vor der Anwendung von Methylphenidat klinisch auf Tics oder Tourette-Syndrom untersucht werden. Auch während der Behandlung mit Methylphenidat sind die Patienten regelmäßig auf die Entstehung oder die Verschlimmerung von Tics zu überwachen.

Die Überwachung sollte bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate oder bei jeder Untersuchung erfolgen.

Angst- und Spannungszustände oder Agitiertheit

Methylphenidat wird mit der Verschlimmerung bestehender Angst- oder Spannungszustände oder Agitiertheit in Verbindung gebracht. Die klinische Bewertung von Angst- und Spannungszuständen oder Agitiertheit sollte der Anwendung von Methylphenidat vorausgehen und die Patienten sollten regelmäßig während der Behandlung, bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate oder bei jeder Untersuchung auf das Auftreten oder die Verschlimmerung dieser Symptome hin untersucht werden.

Bipolare Störungen

Besondere Vorsicht ist bei der Anwendung von Methylphenidat zur Behandlung von ADHS bei Patienten mit bipolaren Begleiterkrankungen geboten (einschließlich unbehandelter Bipolar-I-Störung oder anderer Formen der bipolaren Störung), da bei solchen Patienten Bedenken wegen einer möglichen Auslösung eines gemischten/-manischen Schubs bestehen. Vor Behandlungsbeginn mit Methylphenidat sollten Patienten mit depressiven Begleitsymptomen ausreichend untersucht werden, um festzustellen, ob bei ihnen ein Risiko für bipolare Störungen besteht. Solche Untersuchungen sollten eine detaillierte psychiatrische Anamnese einschließlich der Familienanamnese hinsichtlich Suizidalität, bipolarer Störungen und Depressionen, umfassen. Die gründliche laufende Überwachung ist unabdingbar für diese Patienten (siehe obigen Absatz „Psychiatrische Erkrankungen“ und Abschnitt 4.2). Die Patienten sollten bei jeder Dosisanpassung, mindestens alle 6 Monate und bei jeder Untersuchung auf Symptome hin überwacht werden.

Wachstum

Bei Langzeitanwendung von Methylphenidat bei Kindern wurde über mäßig verringerte Gewichtszunahme und Wachstumsverzögerung berichtet.

Die Wirkungen von Methylphenidat auf die endgültige Größe und das endgültige Gewicht sind zur Zeit unbekannt und werden untersucht.

Das Wachstum sollte während einer Methylphenidat-Therapie überwacht werden. Körpergröße, Gewicht und Appetit sollten entsprechend dem Alter des Kindes überwacht und mindestens alle 6 Monate in einem Wachstumsdiagramm erfasst werden. Patienten, die nicht wie erwartet wachsen oder deren Körpergröße bzw. Körpergewicht nicht erwartungsgemäß zunimmt, müssen möglicherweise ihre Behandlung unterbrechen.

Krampfanfälle

Methylphenidat darf nur mit Vorsicht bei Patienten mit Epilepsie angewendet werden. Methylphenidat kann die Krampfschwelle senken, sowohl bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese als auch bei Patienten mit EEG-Auffälligkeiten ohne Krampfanfälle in der Anamnese und in seltenen Fällen auch bei Patienten, die weder Krampfanfälle noch EEG-Auffälligkeiten in der Anamnese haben. Wenn die Anfallshäufigkeit zunimmt oder neue Anfälle auftreten, sollte Methylphenidat abgesetzt werden.

Fehlgebrauch, Missbrauch und Zweckentfremdung

Patienten sollten sorgfältig hinsichtlich Zweckentfremdung, Missbrauch und Fehlgebrauch von Methylphenidat überwacht werden.

Wegen des Potentials von Fehlgebrauch, Missbrauch und Zweckentfremdung sollte Methylphenidat bei Patienten mit bekannter Drogen- oder Alkoholabhängigkeit mit Vorsicht angewendet werden.

Chronischer Missbrauch von Methylphenidat kann zu ausgeprägter Toleranz und psychischer Abhängigkeit mit abnormalem Verhalten in unterschiedlicher Ausprägung führen. Insbesondere bei parenteralem Abusus kann es zu offenen psychotischen Episoden kommen.

Bei der Entscheidung über eine ADHS-Behandlung ist das Patientenalter, das Bestehen von Risikofaktoren für Suchtstörungen (wie z.B. gleichzeitige oppositionelle oder Verhaltens- und bipolare Störungen), früherer oder bestehender Missbrauch zu berücksichtigen. Vorsicht ist geboten bei emotional instabilen Patienten, wie z.B. früheren Drogen- oder Alkoholabhängigen, da diese Patienten die Dosis eigenständig erhöhen könnten.

Bei einigen Patienten mit einem hohen Missbrauchsrisiko sind möglicherweise Methylphenidat oder andere Stimulanzien nicht geeignet, und eine Therapie ohne Stimulanzien sollte erwogen werden.

Absetzen

Eine sorgfältige Überwachung ist beim Absetzen des Arzneimittels erforderlich, da es dabei zur Demaskierung sowohl von Depressionen als auch von chronischer Überaktivität kommen kann. Einige Patienten benötigen möglicherweise Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum.

Während des Absetzens nach missbräuchlicher Anwendung ist eine sorgfältige Überwachung notwendig, da es zu schweren Depressionen kommen kann.

Müdigkeit

Methylphenidat sollte nicht für die Prophylaxe oder Behandlung von gewöhnlichen Ermüdungszuständen angewendet werden.

Auswahl der Methylphenidat Darreichungsform

Der behandelnde Spezialist muss auf individueller Basis und je nach gewünschter Wirkungsdauer entscheiden, welche methylphenidathaltige Darreichungsform ausgewählt wird.

Drogenscreening

Dieses methylphenidathaltige Arzneimittel kann zu einem falsch positiven Laborwert für Amphetamine führen, insbesondere bei Verwendung von Immunoassay-Methoden.

Sportlern muss bewusst sein, dass dieses Arzneimittel bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen kann.

Nieren- oder Leberinsuffizienz

Es liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Methylphenidat bei Patienten mit Nieren- oder Leberinsuffizienz vor.

Hämatologische Effekte

Die Sicherheit der Langzeitbehandlung mit Methylphenidat ist nicht vollständig bekannt. Bei Vorliegen einer Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie oder anderen Veränderungen, einschließlich der Hinweise auf Nieren- oder Lebererkrankungen, ist an einen Abbruch der Behandlung zu denken.

Sonstiger Bestandteil: Sucrose

Dieses Arzneimittel enthält Sucrose: Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-Intoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel sollten Medikinet retard nicht einnehmen.

4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen

Pharmakokinetische Wechselwirkungen

Es ist nicht bekannt, wie Methylphenidat die Plasmakonzentrationen von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln beeinflussen kann. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Methylphenidat zusammen mit anderen Arzneimitteln, besonders bei solchen mit enger therapeutischer Breite angewendet wird.

Methylphenidat wird nicht in klinisch relevantem Ausmaß von Cytochrom P450 abgebaut. Induktoren oder Hemmer des Cytochroms P450 haben voraussichtlich keinen relevanten Einfluss auf die Pharmakokinetik von Methylphenidat. Umgekehrt hemmen die d- und l-Enantiomere von Methylphenidat das Cytochrom P450 1A2, 2C8, 2C9, 2C19, 2D6, 2E1 oder 3A nicht in relevantem Ausmaß.

Es liegen jedoch Berichte mit Hinweisen vor, dass Methylphenidat den Metabolismus von Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ, Antikonvulsiva (z. B. Phenobarbital, Phenytoin, Primidon) und einigen Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren) hemmen kann. Bei Beginn oder Absetzen einer Methylphenidat-Therapie kann es erforderlich werden, die Dosis dieser Wirkstoffe, die bereits eingenommen werden, anzupassen und die Wirkstoffkonzentrationen im Plasma zu bestimmen (bzw. bei Cumarin die Koagulationszeiten).

Pharmakodynamische Wechselwirkungen Blutdrucksenkende Arzneimittel

Methylphenidat kann die antihypertensive Wirkung von Wirkstoffen zur Behandlung von Bluthochdruck abschwächen.

Anwendung mit Arzneimitteln, die den Blutdruck erhöhen

Vorsicht ist geboten, wenn mit Methylphenidat behandelte Patienten mit einem anderen Wirkstoff behandelt werden sollen, der ebenfalls den Blutdruck erhöhen kann (s.a. die Abschnitte zu kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen in Abschnitt 4.4).

Wegen des Risikos einer möglichen hypertensiven Krise ist Methylphenidat bei Patienten, die (derzeit oder in den vorhergehenden 2 Wochen) mit nicht-selektiven, irreversiblen MAO-Hemmern behandelt werden, kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3).

Anwendung mit Alkohol

Alkohol kann die ZNS-Nebenwirkungen von psychoaktiven Wirkstoffen einschließlich Methylphenidat verstärken. Daher ist es während des Behandlungszeitraums für die Patienten angebracht, keinen Alkohol zu sich zu nehmen.

Anwendung mit halogenierten Narkotika

Während einer Operation besteht das Risiko einer plötzlichen Erhöhung des Blutdrucks. Wenn eine Operation geplant ist, sollte Methylphenidat nicht am Tag der Operation angewendet werden.

Anwendung mit zentral wirksamen alpha-2-Agonisten (z. B. Clonidin)

Bei gleichzeitiger Anwendung mit Clonidin wurden schwerwiegende Nebenwirkungen einschließlich des plötzlichen Todes gemeldet. Die Sicherheit der Anwendung von Methylphenidat in Kombination mit Clonidin oder anderen zentral wirksamen alpha-2-Agonisten wurde nicht systematisch untersucht.

Anwendung mit dopaminergen Wirkstoffen

Bei der Anwendung von Methylphenidat zusammen mit dopaminergen Wirkstoffen einschließlich antipsychotisch wirksamen ist Vorsicht geboten.

Da die Erhöhung der extrazellulären Dopaminkonzentrationen zu den vorrangigen Wirkungen von Methylphenidat gehört, kann die Substanz zu pharmakodynamischen Wechselwirkungen führen, wenn sie gleichzeitig mit direkten und indirekten Dopaminagonisten (einschließlich DOPA und trizyklischen Antidepressiva) oder mit Dopaminantagonisten (einschließlich Antipsychotika) verabreicht wird.

Anwendung mit anderen Arzneimitteln

Medikinet retard darf nicht zusammen mit H2-Rezeptorenblockern oder Antazida eingenommen werden, da es dabei zu einer rascheren Freisetzung der gesamten Wirkstoffmenge kommen kann.

4.6    Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft

Es liegt eine begrenzte Anzahl von Daten für die Verwendung von Methylphenidat bei Schwangeren vor.

Es liegen Spontanberichte von kardiorespiratorischer Toxizität bei Neugeborenen vor, insbesondere wurde von fetaler Tachykardie und Atemnot berichtet.

Tierexperimentelle Studien haben nur bei mütterlicherseits toxischen Dosen eine Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe Abschnitt 5.3).

Methylphenidat wird nicht zur Anwendung während der Schwangerschaft empfohlen, es sei denn, es ist klinisch entschieden, dass eine Verschiebung der Behandlung ein größeres Risiko für die Schwangerschaft bedeutet.

Stillzeit

Methylphenidat wurde in der Muttermilch von Frauen nachgewiesen, die mit Methylphenidat behandelt wurden.

Es ist ein Fall eines Säuglings bekannt, der eine unspezifische Gewichtsabnahme während des Anwendungszeitraums entwickelte, sich nach Absetzen der Methylphenidat-Behandlung durch die Mutter aber erholte und wieder zunahm. Ein Risiko für das gestillte Kind kann nicht ausgeschlossen werden.

Aus Sicherheitsgründen muss eine Entscheidung getroffen werden, ob abgestillt oder die MethylphenidatBehandlung unterbrochen oder abgesetzt werden soll, wobei der Nutzen des Stillens für das Kind und der Nutzen der Therapie für die stillende Mutter gegeneinander abgewogen werden müssen.

4.7    Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen

Methylphenidat kann Schwindel, Schläfrigkeit und Sehstörungen einschließlich

Akkommodationsschwierigkeiten, Diplopie und verschwommenes Sehen verursachen. Medikinet retard kann einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben. Patienten sollten vor diesen möglichen Effekten gewarnt werden und beim Auftreten dieser Effekte potenziell gefährliche Aktivitäten wie das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen von Maschinen vermeiden.

4.8    Nebenwirkungen

In der nachstehenden Tabelle sind die Nebenwirkungen aufgeführt, die aus klinischen Studien und als

spontane Berichte nach der Zulassung sowohl im Zusammenhang mit Medikinet retard als auch mit anderen methylphenidathydrochloridhaltigen Arzneimitteln gemeldet wurden. Sollte sich die Häufigkeit der Nebenwirkungen mit Medikinet retard und anderen methylphenidathydrochloridhaltigen Arzneimitteln unterscheiden, wird die höchste Frequenz aus beiden Datenbanken verwendet.

Häufigkeitsangaben:

Sehr häufig (>1/10)

Häufig (>1/100 bis <1/10)

Gelegentlich (>1/1.000 bis <1/100)

Selten (>1/10.000 bis <1/1.000)

Sehr selten (<1/10.000)

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)

Infektionen und parasitäre Erkrankungen

Häufig: Nasopharyngitis

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Sehr selten: Anämie#, Leukopenie#, Thrombozytopenie, thrombozytopenische Purpura Nicht bekannt: Panzytopenie

Erkrankungen des Immunsystems

Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen, wie z. B. angioneurotisches Ödem, anaphylaktische Reaktionen, Ohrschwellung, bullöse (mit Blasenbildung einhergehende) Hauterkrankungen, exfoliative (schuppende) Hauterkrankungen, Urtikaria (Nesselausschlag), Juckreiz, Hautausschläge und Eruptionen

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen*

Häufig: Anorexie, verminderter Appetit, mäßig verringerte Gewichts- und Größenzunahme bei längerer Anwendung bei Kindern*

Psychiatrische Erkrankungen*

Sehr häufig: Schlaflosigkeit, Nervosität

Häufig: Anorexie, Affektlabilität, Aggression*, Agitiertheit*, Angst*, Depression*, Reizbarkeit, anormales Verhalten

Gelegentlich: psychotische Störungen*, akustische, optische und taktile Halluzinationen*, Wut, Suizidgedanken*, Stimmungsänderungen, Stimmungsschwankungen#, Ruhelosigkeit#, Weinerlichkeit, Tics*, Verschlimmerung von vorbestehenden Tics oder Tourette-Syndrom*, Hypervigilanz, Schlafstörung#

Selten: Manie*, Orientierungslosigkeit, Libidostörung

Sehr selten: Suizidversuch (einschließlich vollendeter Suizid)*, vorübergehende depressive Verstimmung*, anormales Denken, Apathie#, stereotype (krankhaft häufig wiederholte) Verhaltensweisen, Überfokussierung Nicht bekannt: Wahnvorstellungen*, Denkstörungen*, Verwirrtheitszustand

Es wurden Fälle von Missbrauch und Abhängigkeit, öfter bei sofort freisetzenden Darreichungsformen, beschrieben.

Erkrankungen des Nervensystems

Sehr häufig: Kopfschmerzen

Häufig: Schwindel, Dyskinesie, psychomotorische Hyperaktivität, Schläfrigkeit Gelegentlich: Sedierung, Tremor#

Sehr selten: Krampfanfälle, choreo-athetoide Bewegungen, reversibles ischämisches neurologisches Defizit, Malignes Neuroleptisches Syndrom (MNS; die Meldungen waren schlecht dokumentiert und in den meisten Fällen erhielten die Patienten auch andere Wirkstoffe, weshalb die Rolle von Methylphenidat unklar ist). Nicht bekannt: zerebrovaskuläre Erkrankungen* (einschließlich Vaskulitis, Hirnblutungen, Schlaganfälle, zerebrale Arteriitis, Hirngefäßverschluss), Grand-Mal-Anfälle*, Migräne

Augenerkrankungen

Gelegentlich: Diplopie, verschwommenes Sehen

Selten: Probleme mit der Augenakkommodation, Mydriasis, Sehstörungen

Herzerkrankungen

Häufig: Arrhythmie, Tachykardie, Palpitationen

Gelegentlich: Thoraxschmerzen

Selten: Angina pectoris

Sehr selten: Herzstillstand, Myokardinfarkt

Nicht bekannt: supraventrikuläre Tachykardie, Bradykardie, ventrikuläre Extrasystolen, Extrasystolen

Gefäßerkrankungen1

Häufig: Hypertonie

Sehr selten: zerebrale Arteriitis und/ oder Hirngefäßverschluss, periphere Kälte, Raynaud-Phänomen

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums

Häufig: Husten, Rachen- und Kehlkopfschmerzen Gelegentlich: Dyspnoe

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Häufig: Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Magenbeschwerden und Erbrechen - Diese treten üblicherweise zu Beginn der Behandlung auf und können durch Einnahme mit einer Mahlzeit gelindert werden. Mundtrockenheit Gelegentlich: Verstopfung

Leber- und Gallenerkrankungen

Gelegentlich: Anstieg von Leberenzymen

Sehr selten: gestörte Leberfunktion, einschließlich hepatisches Koma

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Häufig: Alopezie, Pruritus, Hautausschlag, Urtikaria

Gelegentlich: angioneurotisches Ödem, bullöse Hauterkrankungen, exfoliative Hauterkrankungen Selten: Hyperhidrosis#, makulärer Hautausschlag, Erythem

Sehr selten: Erythema multiforme, exfoliative Dermatitis, fixes Arzneimittelexanthem Nicht bekannt: trockene Haut

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Häufig: Arthralgie

Gelegentlich: Myalgie, Muskelzucken Sehr selten: Muskelkrämpfe

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Gelegentlich: Hämaturie

Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse

Selten: Gynäkomastie, Menstruationsstörungen8, verminderte Libido$

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Häufig: Pyrexie, Wachstumsverzögerung unter längerer Anwendung bei Kindern1

Gelegentlich: Thoraxschmerzen, Müdigkeit Sehr selten: plötzlicher Herztod1

Nicht bekannt: Thoraxbeschwerden, Hyperpyrexie

Untersuchungen

Häufig: Veränderungen von Blutdruck und Herzfrequenz (meist eine Erhöhung)1,Gewichtsabnahme1 Gelegentlich: Herzgeräusch1, erhöhte Leberenzyme

Sehr selten: erhöhte alkalische Phosphatase im Blut, erhöhtes Bilirubin im Blut, reduzierte Thrombozytenzahl, anormale Zahl der weißen Blutkörperchen

Information kann jedoch auch für Kinder und Jugendliche von Bedeutung sein.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.

4.9 Überdosierung

Bei der Behandlung von Patienten mit einer Überdosierung muss auch der verzögert freisetzende Anteil der Methylphenidat Formulierung berücksichtigt werden.

Anzeichen und Symptome

Eine akute Überdosierung kann, hauptsächlich durch eine Überstimulation des zentralen und sympathischen Nervensystems bedingt, zu Erbrechen, Agitiertheit, Tremor, Hyperreflexie, Muskelzuckungen, Konvulsionen (auf die ein Koma folgen kann), Euphorie, Verwirrung, Halluzinationen, Delirium, Schwitzen, Flush, Kopfschmerzen, Hyperpyrexie, Tachykardie, Herzklopfen, kardialer Arrhythmie, Hypertonie, Mydriasis und Trockenheit der Schleimhäute führen.

Behandlung

Es gibt kein spezielles Antidot für eine Medikinet retard-Überdosierung.

Die Behandlung besteht aus geeigneten unterstützenden Maßnahmen.

Der Patient muss vor Selbstverletzung und vor äußeren Stimuli geschützt werden, die die bereits vorhandene Überstimulation noch verschlimmern könnten. Wenn die Anzeichen und Symptome nicht zu schwerwiegend sind und der Patient bei Bewusstsein ist, kann der Magen durch Auslösen von Erbrechen oder durch eine Magenspülung entleert werden. Vor Durchführung der Magenspülung müssen Agitiertheit und Anfälle ggf. unter Kontrolle gebracht und die Atemwege freigehalten werden. Andere Maßnahmen zur Entgiftung des Darms sind die Verabreichung von Aktivkohle und eines Abführmittels. Bei Auftreten einer schweren Intoxikation ist vor Einleitung der Magenspülung eine sorgfältig titrierte Dosis eines Benzodiazepins zu geben.

Eine intensivmedizinische Versorgung muss gewährleistet sein, um Kreislauf und Atmung aufrecht zu erhalten; bei Hyperpyrexie kann eine äußerliche Kühlung erforderlich sein.

Die Wirksamkeit einer Peritoneal-Dialyse oder extrakorporalen Hämodialyse bei einer Überdosierung von Methylphenidathydrochlorid ist nicht nachgewiesen.

5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN

5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften

Pharmakotherapeutische Gruppe: Psychoanaleptika; Psychostimulanzien, Mittel für die ADHD und Nootropika; zentral wirkende Sympathomimetika ATC-Code: N06BA04

Wirkmechanismus

Medikinet retard ist ein leichtes ZNS-Stimulans mit stärker ausgeprägten Wirkungen auf mentale als auf motorische Aktivitäten. Seine Wirkungsweise beim Menschen ist nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass seine Wirkung durch kortikale Stimulierung und möglicherweise durch Stimulierung des retikulär aufsteigenden Aktivierungssystems erfolgt.

Der Wirkmechanismus, durch den Medikinet retard mentale Veränderungen und Verhaltensänderungen bei Kindern bewirkt, ist nicht eindeutig geklärt, auch gibt es keinen schlüssigen Beweis dafür, wie diese Wirkungen mit dem Zustand des zentralen Nervensystems zusammenhängen. Es wird angenommen, dass die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin in die präsynaptischen Neuronen blockiert und die

Freisetzung dieser Monoamine in den extraneuronalen Raum erhöht wird. Medikinet retard ist ein razemisches Gemisch aus den d- und l-threo-Enantiomeren von Methylphenidathydrochlorid. Das d-Enantiomer ist pharmakologisch aktiver als das l-Enantiomer.

Klinische Wirksamkeit und Sicherheit

Nach dem Erhalt der Zulassung für die Behandlung von ADHS bei Kindern wurde Medikinet retard in zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studien an erwachsenen Patienten untersucht: 363 Patienten wurden in der EMMA-Studie (1) bei einer Behandlungsdauer von 24 Wochen untersucht. In der QUMEA-Studie (2) wurden 162 Patienten über insgesamt 20 Wochen behandelt. Nach einer 8-wöchigen Doppelblindphase wurden alle Patienten in einer offenen Phase für weitere 12 Wochen mit Medikinet retard behandelt. Hauptzielparameter in beiden Studien war die Abnahme des Score gemäß WRI (Wender-Reimherr-Interview = WRAADS). Messzeitpunkt war Woche 24 (Studie 1) bzw. Woche 8 (Studie 2).

Die Tagesdosis wurde beginnend mit 10 mg täglich in Abhängigkeit von Wirksamkeit und Veträglichkeit in wöchentlichen Schritten individuell titriert (Studie 1) bzw. beginnend mit einer Dosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht (Studie 2). Dabei sollte eine Dosis von 60 mg täglich (Studie 1) bzw. 1 mg/kg Körpergewicht (Studie 2) nicht überschritten werden. In der ersten Studie war Methylphenidat zum Endpunkt durchschnittlich niedriger dosiert, 0,55 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis min. 10 mg, max. 60 mg) im Vergleich zur zweiten Studie, durchschnittlich 0,9 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis min. 20 mg, max. 120 mg). Eine größere Effektstärke für die Studienpopulation insgesamt wurde bei Verabreichung einer höheren durchschnittlichen Dosis (0,9 mg/kg KG) berechnet, wie es in der QUMEA-Studie der Fall war. In den klinischen Studien ergaben sich nur eingeschränkte Erfahrungen mit Tagesdosen über 80 mg täglich, da nur 2 Patienten mit 120 mg/Tag behandelt wurden.

Dosis-/ Geschlechtseffekte

Aufgrund des Ergebnisses der ersten Studie (EMMA) kann nicht ausgeschlossen werden, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede im Ansprechen auf Methylphenidat gibt und Frauen eventuell von geringeren Dosen profitieren. In dieser Studie zeigte sich bei Männern Wirksamkeit ausschließlich im höchsten Dosisbereich mit MPH > 0,7 mg/kg/KG. Bei Frauen hingegen zeigte sich Wirksamkeit bereits im niedrigen (< 0,3 mg/kg KG) und mittleren Dosisbereich (0,3-0,7 mg/kg KG). Hinsichtlich der Symptomreduktion zeigte sich bei Frauen in der Hochdosisgruppe kein signifikanter Effekt und bezüglich der Response-Rate eine Wirksamkeit vergleichbar mit niedrigeren Dosisgruppen.

In der zweiten Studie (QUMEA) konnten diese Geschlechtseffekte nicht zuverlässig bestätigt werden, da der niedrige Dosisbereich nicht verabreicht wurde, und nur wenige Patienten im mittleren Dosisbereich behandelt wurden. In der Hochdosis-Gruppe war die Response-Rate bei Frauen signifikant höher im Vergleich Verum vs. Placebo, bei Männern wurde ein nicht-signifikantes Ergebnis erzielt. Bezüglich des Hauptzielparameters (Reduktion des WRI in Woche 8) wurde sowohl bei Männern als auch Frauen eine signifikante Reduktion des Scores im Vergleich zu Placebo erzielt.

Für die gesamte Studienpopulation liegen folgende Daten vor:

Für die Abnahme des Gesamtscore WRI wurde in der EMMA-Studie in Woche 24 eine Veränderung gegenüber dem Ausgangswert von -18,88 für Verum und -13,99 für Placebo festgestellt. Dies entspricht einer Effektstärke von 0,39, 95% CI (0,18, 0,63, für die Effektstärke) p = 0,002 (ANOVA mit LOCF für fehlende Werte).

In der QUMEA-Studie betrug die Veränderung gegenüber dem Ausgangswert bis zur Woche 8 -13,2 für Verum und -6,2 für Placebo. Dies entspricht einer Effektstärke von 0,54, 95% CI (0,22, 0,85, für die Effektstärke) p = 0,0001 (ANOVA mit LOCF für fehlende Werte).

Die neuberechnete Responder-Rate betrug:

Responder: Patienten, die eine Reduktion des WRAADDS-Scorewerts von 30% oder mehr erreichten und die Studie nicht abbrachen.

Non-Responder: Patienten, die eine geringere Reduktion des WRAADDS-Scorewerts erreichten oder die Studie, aus welchen Gründen auch immer, abbrachen (für Woche 24 bzw. 8 lag kein Wert vor).

In der EMMA-Studie betrug die neuberechnete Responder-Rate 128 (53%) in der Verum-Gruppe vs. 44 (37%) in der Placebo-Gruppe (Woche 24, Fisher’s exact test, zweiseitig, 0,0051). In der QUMEA-Studie betrug die neuberechnete Responder-Rate in Woche 8 41 (49%) vs. 14 (18%) (Verum versus Placebo,

Fisher’s exact test, zweiseitig, p< 0,0001).

5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften

Resorption

Medikinet retard hat ein Plasmaprofil, das zwei Phasen der Wirkstofffreisetzung zeigt: einen steilen initialen Anstieg ähnlich dem von sofort freisetzenden Methylphenidathydrochlorid-Tabletten und einen zweiten Anstieg etwa drei Stunden später, gefolgt von einem allmählichen Absinken.

Erfolgt die Einnahme bei Erwachsenen morgens nach dem Frühstück, wird der nicht retardierte Anteil der Hartkapsel rasch gelöst und eine initiale maximale Konzentration nach durchschnittlich 2 Stunden erreicht. Danach wird nach Magenpassage im Dünndarm Methylphenidathydrochlorid aus dem retardierten Anteil der Hartkapsel freigesetzt und trägt zur Ausbildung einer Plateauphase über einen Zeitraum zwischen 3 h und 4 h bei, während der die Konzentrationen nicht unter 75% der maximal erreichten Konzentrationen absinken. Der resorbierte Anteil von Methylphenidathydrochlorid bei einmal täglicher Anwendung ist vergleichbar zu dem konventioneller schnell freisetzender Formulierungen, die zweimal täglich gegeben werden.

Medikinet retard vereinigt die Vorteile einer raschen Anflutung mit dem Aufbau einer länger anhaltenden Plateauphase.

Nach einmal täglicher Gabe von Medikinet retard 20 mg nach einem Frühstück wurden folgende pharmakokinetischen Parameter ermittelt:

cmax = 6,4 ng/ml, tmax = 2,75 h, AUC;nf = 48,9 ng.h.ml"1 und t./2 = 3,2 h

Die Fläche unter der Plasmakonzentrationskurve (AUC) sowie die maximale Plasmakonzentration sind dosisproportional.

Einfluss von Nahrungsmitteln

Die Einnahme zusammen mit Nahrungsmitteln mit hohem Fettanteil verzögert die Resorption (tmax) um annähernd 1,5 Stunden. Ob Medikinet retard mit einem normalen oder kalorienreichen Frühstück eingenommen wird zeigt keinen Unterschied in der Bioverfügbarkeit. Der Plasmakonzentrationsverlauf zeigt einen gleichen Verlauf in Bezug auf die Resorption.

Es ist nötig, dass Medikinet retard zum oder nach dem Frühstück eingenommen wird. Die Nahrungsmittelaufnahme hat einen Effekt, der eine signifikante und relevante Retardierung zeigt. Dies rechtfertigt die Einnahme zusammen mit Nahrungsmittel. Eine Empfehlung bezüglich der Art des Nahrungsmittels ist nicht notwendig. Bei einer Einnahme ohne Nahrung besteht das Risiko einer sofortigen Freisetzung des gesamten Wirkstoffgehalts (dose dumping).

Verabreichung des Kapselinhalts geöffneter Kapseln

Die cmax-, tmax- und AUC-Werte des Kapselinhalts geöffneter Kapseln sind vergleichbar (bioäquivalent) mit den intakten Kapseln. Daher kann Medikinet retard entweder als ganze Kapsel eingenommen oder der Kapselinhalt einer geöffneten Kapsel kann auf Apfelmus oder Joghurt gestreut unverzüglich eingenommen und, ohne zu kauen, geschluckt werden.

Alter

Die Pharmakokinetik von Medikinet retard wurde bei Kindern unter 6 Jahren nicht untersucht.

Systemische Verfügbarkeit

Aufgrund des ausgeprägten "First-Pass"-Metabolismus liegt die systemische Verfügbarkeit bei etwa 30% (11-51%) der Dosis.

Verteilung

Im Blut werden Methylphenidat und seine Metaboliten im Plasma (57%) und in den Erythrozyten (43%) verteilt. Methylphenidat und seine Metaboliten haben eine geringe Plasmaprotein-Bindung (10-33%). Das Verteilungsvolumen nach einmaliger intravenöser Gabe beträgt 2,2l/kg (2,65±1,1 l/kg für d-Methylphenidat und 1,8±0,9 l/kg für l-Methylphenidat).

Elimination

Methylphenidat wird mit einer durchschnittlichen Halbwertszeit von etwa 2 Stunden aus dem Plasma ausgeschieden. Die durchschnittliche systemische Clearance nach einmaliger intravenöser Gabe beträgt 0,565 l/h/kg (0,40±0,12 l/h/kg für d-Methylphenidat und 0,73±0,28 l/h/kg für l-Methylphenidat). Nach oraler Gabe werden etwa 78-97% der Dosis in 48 bis 86 Stunden über den Urin und 1 bis 3% über Fäzes in metabolischer Form ausgeschieden. Nur eine geringe Menge (< 1%) unverändertes Methylphenidat ist im Urin auffindbar. Ein Großteil einer intravenösen Dosis (89%) wird mit dem Urin innerhalb 16 Stunden, wahrscheinlich ungeachtet des pH-Wertes, als Ritalinsäure mit dem Urin ausgeschieden.

Es gibt anscheinend keine Unterschiede in der Pharmakokinetik von Methylphenidat zwischen Kindern mit Hyperkinetischen Störungen/ ADHS und gesunden erwachsenen Probanden.

Pharmakokinetische Eigenschaften von Methylphenidat wurden weder an Kindern unter 6 Jahren noch an Älteren über 65 Jahren erfasst.

Die renale Ausscheidung von Ritalinsäure kann im Falle einer verschlechterten Nierenfunktion verringert sein. Der Großteil der Dosis wird als 2-Phenyl-2-Piperidyl-Essigsäure (PPAA, 60-86%) mit dem Urin ausgeschieden.

Patientenkategorisierung

Es gibt keine ersichtlichen Unterschiede im pharmakokinetischen Verhalten von Methylphenidat bei hyperaktiven Kindern und gesunden erwachsenen Probanden.

Eliminationsdaten von Patienten mit normaler Nierenfunktion lassen darauf schliessen, dass die renale Ausscheidung von unverändertem Methylphenidat, bei bestehender Beeinträchtigung der Nierenfunktion, kaum verringert wird. Trotzdem kann die renale Ausscheidung von PPAA verringert sein.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

Daten zu Karzinogenität

In Lebenszeitstudien zur Karzinogenität mit Ratten und Mäusen wurde nur bei männlichen Mäusen eine vermehrte Anzahl von malignen Lebertumoren festgestellt. Die Bedeutung dieser Ergebnisse für den Menschen ist nicht bekannt.

Methylphenidat beeinflusste nicht die Reproduktionsleistung oder die Fertilität, wenn in gering mehrfach erhöhter Menge der klinischen Dosis verabreicht.

Schwangerschaft-Embryonale/ Fötale Entwicklung

Methylphenidat wurde nicht als teratogen bei Ratten und Kaninchen eingestuft. Bei Ratten mit mütterlicherseits toxischen Dosen wurde fötale Toxizität (z. B. totaler Wurfverlust) und Mütter-Toxizität beobachtet.

6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN 6.1 Liste der sonstigen Bestandteile

Kapselinhalt

Zucker-Stärke-Pellets (enthalten Sucrose und Maisstärke)

Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer (1:1) (Ph.Eur.)

Talkum

Triethylcitrat

Poly(vinylalkohol)

Macrogol 3350 Polysorbat 80 Natriumhydroxid Natriumdodecylsulfat Simeticon

Hochdisperses Siliciumdioxid Methylcellulose Sorbinsäure (Ph.Eur.)

Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132)

Kapselhülle

Gelatine

Erythrosin (E127)

Titandioxid (E171)

N atri umdod ecylsulfat Gereinigtes Wasser.

Zusätzlich bei Medikinet retard 10 mg bzw. 20 mg:

Patentblau V (E131).

Zusätzlich bei Medikinet retard 30 mg bzw. 40 mg:

Eisen(II,m)-oxid (E172)

Indigocarmin (E132).

6.2    Inkompatibilitäten

Nicht zutreffend.

6.3    Dauer der Haltbarkeit

3 Jahre

6.4    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung

Nicht über 30°C lagern.

In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.

6.5    Art und Inhalt des Behältnisses

Schachteln mit 28, 30, 50 Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung in Blisterpackungen aus hitzeversiegelter PVC/PVdC-Aluminiumfolie.

Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in Verkehr gebracht.

6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung

Keine besonderen Anforderungen.

7. INHABER DER ZULASSUNGEN

Formatiert: Englisch (USA)


MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG

Kuhloweg 37

58638 Iserlohn

Deutschland

Telefon: (02371) 937-0

Telefax: (02371) 937-106

e-mail: info@medice.de

8. ZULASSUNGSNUMMERN

54569.00. 01 54569.01.01

62567.00. 00

62568.00. 00


Medikinet retard 10 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung: Medikinet retard 20 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung: Medikinet retard 30 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung: Medikinet retard 40 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung:

9.    DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNGEN/ VERLÄNGERUNG DER

ZULASSUNGEN

Medikinet retard 10 mg und 20 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung Datum der Erteilung der Zulassungen:    29.12.2004

Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen:    29.01.2014

Medikinet retard 30 mg und 40 mg Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung Datum der Erteilung der Zulassungen:    07.02.2006

Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen:    29.01.2014

10.    STAND DER INFORMATION

Mai 2014

11.    Verkaufsabgrenzung

Verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel

1

   Siehe Abschnitt 4.4

#    Die Häufigkeit wurde aus Daten und Erfahrungen an Kindern und Jugendlichen abgeleitet. Ergebnisse klinischer Studien an Erwachsenen zeigen, dass die Häufigkeit bei Erwachsenen höher sein kann.

$ Die Häufigkeit wurde aus Ergebnissen klinischer Studien an Erwachsenen abgeleitet. Diese