Morphin Hexal 60mg Retardkapseln
Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale der Arzneimittel/SPC)
1. BEZEICHNUNG DER ARZNEIMITTEL
Morphin HEXAL® 10 mg Retardkapseln
Morphin HEXAL® 30 mg Retardkapseln
Morphin HEXAL® 60 mg Retardkapseln
Morphin HEXAL® 100 mg Retardkapseln
Wirkstoff: Morphinsulfat (Ph.Eur.)
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Morphin HEXAL® 10 mg
1 Hartkapsel, retardiert enthält 10 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.), entsprechend 7,5 mg Morphin.
Morphin HEXAL® 30 mg
1 Hartkapsel, retardiert enthält 30 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.), entsprechend 22,6 mg Morphin.
Morphin HEXAL® 60 mg
1 Hartkapsel, retardiert enthält 60 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.), entsprechend 45,2 mg Morphin.
Morphin HEXAL® 100 mg
1 Hartkapsel, retardiert enthält 100 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.), entsprechend 75,3 mg Morphin.
Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Hartkapsel, retardiert
Morphin HEXAL® 10 mg
Morphin HEXAL® 10 mg sind Hartkapseln, retardiert mit gelbem Kapseloberteil und farblosem Kapselunterteil, gefüllt mit cremefarbenen kugelförmigen Granula.
Morphin HEXAL® 30 mg
Morphin HEXAL® 30 mg sind Hartkapseln, retardiert mit rosafarbenem Kapseloberteil und farblosem Kapselunterteil, gefüllt mit cremefarbenen kugelförmigen Granula.
Morphin HEXAL® 60 mg
Morphin HEXAL® 60 mg sind Hartkapseln, retardiert mit orangefarbenem Kapseloberteil und farblosem Kapselunterteil, gefüllt mit cremefarbenen kugelförmigen Granula.
Morphin HEXAL® 100 mg
Morphin HEXAL® 100 mg sind Hartkapseln, retardiert mit weißem Kapseloberteil und farblosem Kapselunterteil, gefüllt mit cremefarbenen kugelförmigen Granula.
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Starke und stärkste Schmerzen
4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Initial wird die Behandlung mit nicht retardiertem Morphin (Tablette oder Lösung) begonnen, um diejenige Dosis zu ermitteln, mit der eine angemessene Schmerzkontrolle erzielt wird. Danach wird der Patient auf die entsprechende Tagesdosis Morphin HEXAL® umgestellt. Weiter bestehende Schmerzen (Durchbruchschmerzen) sind mit einer unretardierten Darreichungsform von Morphin (Tablette oder Lösung) zu behandeln.
Retardiertes Morphin wird in der Regel in einem 12-Stunden-Intervall eingenommen. Dabei hängt die Dosierung von der Schwere der Schmerzen sowie vom Alter des Patienten und dessen bisherigem Analgetika-Bedarf ab.
Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahre
Morphin HEXAL® 10 mg
Bis zu 3 Hartkapseln, retardiert 2-mal täglich (entsprechend bis zu 45 mg Morphin/Tag)
Morphin HEXAL® 30 mg
1 Hartkapsel, retardiert 2-mal täglich (entsprechend 45,2 mg Morphin/Tag)
Morphin HEXAL® 60 mg
1 Hartkapsel, retardiert 2-mal täglich (entsprechend 90,4 mg Morphin/Tag)
Morphin HEXAL® 100 mg
1 Hartkapsel, retardiert 2-mal täglich (entsprechend 150,6 mg Morphin/Tag)
Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie bei Verdacht auf verzögerte Magen-Darm-Passage soll Morphin HEXAL® besonders vorsichtig dosiert werden.
Ältere Patienten
Patienten im höheren Lebensalter (im Regelfall ab 75 Jahre) und Patienten mit schlechtem körperlichem Allgemeinzustand können empfindlicher auf Morphin reagieren. Daher ist darauf zu achten, dass die Dosiseinstellung vorsichtiger erfolgt und/oder längere Dosisintervalle zu wählen sind. Gegebenenfalls ist auf geringere Wirkstoffstärken auszuweichen.
Kinder
Für Kinder unter 12 Jahren ist Morphin HEXAL® 100 mg im Allgemeinen nicht geeignet, da der Wirkstoffgehalt zu hoch ist. Darüber hinaus liegen zur Anwendung von Morphin HEXAL® 10 mg/- 30 mg/- 60 mg/- 100 mg bei Kindern unter 12 Jahren keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen vor.
Besondere Hinweise zur Dosiseinstellung
Zur ersten Dosiseinstellung sollten schnell freisetzende Morphin-Zubereitungen genutzt werden. Für eine Neueinstellung der Dosis kommen gegebenenfalls Darreichungsformen mit geringerem Wirkstoffgehalt zur Anwendung, eventuell auch zusätzlich zu einer bestehenden Therapie mit Retardformulierungen.
Patienten, die von einer parenteralen Morphin-Therapie auf Morphin Retardformulierungen umgestellt werden, müssen unter Berücksichtigung der individuell unterschiedlichen Empfindlichkeit vorsichtig behandelt werden, d. h. der Tagesbedarf darf nicht überschätzt werden.
Patienten mit schweren Schmerzen sollten im Regelfall mit 10-30 mg Morphinsulfat alle 12 Stunden beginnen, wobei Patienten mit geringem Körpergewicht (KG) (unter 70 kg KG) eine niedrige Initialdosis benötigen.
Bei sich verstärkender Schmerzsymptomatik ist eine höhere Morphin-Dosis erforderlich. Individuell optimal eingestellt ist die Dosierung dann, wenn ohne Nebenwirkungen, bzw. wenn diese zu vertreten sind, für die Dauer von 12 Stunden Schmerzlinderung erzielt wird.
Grundsätzlich sollte eine ausreichend hohe Dosis gegeben werden und gleichzeitig die im Einzelfall kleinste schmerzlindernd wirksame Dosis angestrebt werden.
Bei der Behandlung chronischer Schmerzen ist der Dosierung nach einem festen Zeitplan der Vorzug zu geben.
Bei Patienten, die einer anderen zusätzlichen Schmerztherapie (z. B. Operation, Plexusblockade) unterzogen werden, ist nach der Maßnahme die Dosis neu einzustellen.
Art und Dauer der Anwendung
Die Hartkapseln, retardiert sind unzerkaut, unzerkleinert und ungeteilt mit ausreichend Flüssigkeit - unabhängig von den Mahlzeiten - einzunehmen, wobei sich die Einnahme morgens und abends empfiehlt.
Die Kügelchen (Pellets) in den Kapseln dürfen nicht gekaut, zerdrückt oder gelöst werden.
Bei Patienten mit Schluckbeschwerden kann die Hartkapsel geöffnet werden und können die Pellets in eine kleine Menge halbfester Nahrungsmittel wie Apfelmus, Marmelade oder Joghurt gemischt eingenommen werden. Diese Mischung sollte dann spätestens 30 Minuten nach Zubereitung eingenommen werden. Die Kügelchen selbst dürfen nicht gekaut oder zerdrückt werden. Der Mund sollte dann ausgespült werden, um sicher zu sein, dass der gesamte Kapselinhalt geschluckt worden ist.
Eine Applikation über eine Magensonde mit ausreichendem Sondendurchmesser ist möglich.
Über die Dauer der Behandlung entscheidet der Arzt in Abhängigkeit von den Schmerzen.
Morphin HEXAL® sollte auf keinen Fall länger als unbedingt notwendig eingenommen werden. Wenn entsprechend Art und Schwere der Erkrankung eine länger dauernde Schmerzbehandlung mit Morphin HEXAL® erforderlich erscheint, sollte eine sorgfältige und in kurzen Abständen regelmäßige Überprüfung erfolgen (gegebenenfalls durch Anwendungspausen), ob und inwieweit ein medizinisches Erfordernis weiter besteht. Gegebenenfalls ist auf geeignetere Darreichungsformen auszuweichen. Bei chronischen Schmerzzuständen ist einem festen Dosierungsschema der Vorzug zu geben.
Da das Risiko des Auftretens von Entzugserscheinungen bei plötzlichem Behandlungsabbruch größer ist, sollte die Dosierung nach Absetzen der Behandlung schrittweise verringert werden.
4.3 Gegenanzeigen
Morphin HEXAL® darf nicht eingenommen werden bei
- Überempfindlichkeit gegen Morphin oder einen der sonstigen Bestandteile
- Ileus
- akutem Abdomen
- Alkoholintoxikation.
Zusätzlich für Morphin HEXAL® 60 mg
- Überempfindlichkeit gegen Gelborange S
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung und gegebenenfalls Dosisreduktion ist erforderlich bei
- Abhängigkeit von Opioiden
- Bewusstseinsstörungen
- Krankheitszuständen,
bei denen eine Störung des Atemzentrums und der
Atemfunktion vorliegt oder vermieden werden
muss
- Cor pulmonale
- Zuständen mit erhöhtem Hirndruck, wenn nicht eine Beatmung durchgeführt wird
- Hypotension bei Hypovolämie
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung (Gefahr der Blasenruptur durch Harnverhalten)
- Harnwegsverengungen oder Koliken der Harnwege
- Gallenwegserkrankungen
- obstruktiven und entzündlichen Darmerkrankungen
- Phäochromozytom
- Pankreatitis
- schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion
- Hypothyreose
- epileptischen Anfallsleiden oder erhöhter Neigung zu Krampfanfällen.
Um die Retardierung der in den Hartkapseln enthaltenen Granula nicht zu beeinträchtigen, müssen die Hartkapseln, retardiert bzw. ihr Inhalt als Ganzes geschluckt werden und dürfen nicht zerteilt, zerkaut oder zerrieben werden. Die Anwendung zerteilter, zerkauter oder zerriebener Granula führt zu einer schnellen Wirkstofffreisetzung und zur Resorption einer möglicherweise letalen Dosis von Morphin (siehe Abschnitt 4.9 „Überdosierung“).
Morphin HEXAL® ist nur für den oralen Gebrauch bestimmt. Eine missbräuchliche parenterale Verabreichung von Morphin HEXAL® kann wegen der Bestandteile (insbesondere von Talkum) zu schwerwiegenden, potentiell letalen unerwünschten Ereignissen (z. B. Lungengranulomen) führen.
Eine Atemdepression ist die bedeutsamste Gefährdung einer Opioid-Überdosierung.
Bei längerfristiger Anwendung von Morphin HEXAL® kann es zur Entwicklung einer Toleranz mit der Erfordernis höherer Dosen zum Erzielen des erwünschten analgetischen Effekts kommen. Die chronische Anwendung von Morphin HEXAL® kann zu physischer Abhängigkeit führen, und bei abrupter Beendigung der Therapie kann ein Entzugssyndrom auftreten. Wenn die Therapie mit Morphin nicht mehr länger erforderlich ist, kann es ratsam sein, die Tagesdosis allmählich zu reduzieren, um das Auftreten der Symptome eines Entzugssyndroms zu vermeiden.
Morphin besitzt ähnlich wie andere starke Opioide ein Missbrauchspotential und kann daher von Personen mit latenten oder manifesten Suchterkrankungen bewusst missbraucht werden. Eine psychische Abhängigkeit (Arzneimittelsucht) kann sich nach Gabe opioidhaltiger Analgetika wie Morphin HEXAL® entwickeln. Daher ist Morphin HEXAL® bei anamnestischem Alkohol- oder Arzneimittelmissbrauch nur mit besonderer Vorsicht zu verordnen.
Morphin HEXAL® wird präoperativ und innerhalb von 24 Stunden postoperativ wegen des gegenüber Nichtoperierten in der postoperativen Phase höheren Risikos eines Ileus oder einer Atemdepression nicht empfohlen.
Aufgrund der analgetischen Wirkung von Morphin können schwerwiegende intraabdominelle Komplikationen, wie z. B. eine Darmperforation, maskiert werden.
Bei einer Hyperalgesie, die sehr selten insbesondere bei hoher Dosierung auftreten kann, wird eine weitere Dosiserhöhung von Morphin HEXAL® zu keiner weiteren Schmerzreduktion führen. Eine Dosisreduktion oder der Wechsel zu einem anderen Opioid kann dann erforderlich werden.
Bei bestehender Nebennierenrindeninsuffizienz (z. B. Morbus Addison) sollten die Plasmakortisolkonzentration kontrolliert und gegebenenfalls Kortikoide substituiert werden.
Wegen der mutagenen Eigenschaften von Morphin sollte dieser Wirkstoff Männern und Frauen im zeugungs- bzw. gebärfähigen Alter nur dann verabreicht werden, wenn eine wirksame Verhütung sichergestellt ist (siehe Abschnitt 4.6 „Schwangerschaft und Stillzeit“).
Die Anwendung von Morphin HEXAL® kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen. Eine missbräuchliche Anwendung des Arzneimittels Morphin HEXAL® zu Dopingzwecken kann die Gesundheit gefährden.
Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-Intoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel sollten Morphin HEXAL® nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen dieser Arzneimittel müssen beachtet werden:
Die gleichzeitige Anwendung von Morphin und anderen zentraldämpfend wirkenden Arzneimitteln, wie Tranquilizer, Anästhetika, Hypnotika und Sedativa, Neuroleptika, Barbiturate, Antidepressiva, Gabapentin, Antihistaminika/Antiemetika und andere Opioide, oder Alkohol kann zu einer Verstärkung der Nebenwirkungen von Morphin bei üblicher Dosierung führen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer Atemdepression, Sedierung, Hypotonie oder auch eines Komas.
Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung (z. B. Psychopharmaka, Antihistaminika, Antiemetika, Arzneimittel bei Morbus Parkinson) können anticholinerge Nebenwirkungen von Opioiden verstärken (z. B. Obstipation, Mundtrockenheit oder Störungen beim Wasserlassen).
Durch Cimetidin und andere den Leberstoffwechsel belastende Arzneimittel können durch Hemmung des Abbaus erhöhte Plasmakonzentrationen von Morphin auftreten.
Durch Morphin kann die Wirkung von Muskelrelaxanzien verstärkt werden.
Bei Vorbehandlung von Patienten mit bestimmten Antidepressiva (MAO-Hemmstoffe) innerhalb der letzten 14 Tage vor der Opioid-Anwendung sind lebensbedrohende Wechselwirkungen auf Zentralnervensystem (ZNS), Atmungs- und Kreislauffunktion mit Pethidin beobachtet worden. Dies ist auch mit Morphin nicht auszuschließen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Rifampicin kann es zu einer Abschwächung der Morphinwirkung kommen.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor, die die Bewertung eines möglichen teratogenen Risikos erlauben würden. Über einen möglichen Zusammenhang mit einer erhöhten Häufigkeit von Leistenbrüchen wurde berichtet. Morphin passiert die Plazentaschranke. Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (siehe Abschnitt 5.3 „Präklinische Daten zur Sicherheit“). Morphin darf daher in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der Nutzen für die Mutter das Risiko für das Kind klar überwiegt. Wegen der mutagenen Eigenschaften von Morphin sollte es Männern und Frauen im zeugungs- und gebärfähigen Alter nur dann verabreicht werden, wenn eine wirksame Verhütung sichergestellt ist.
Bei Neugeborenen wurden Entzugserscheinungen nach längerer Morphin-Anwendung während der Schwangerschaft beschrieben.
Entbindung
Morphin kann die Dauer der Wehentätigkeit verlängern oder verkürzen. Neugeborene, deren Mütter während der Entbindung Opioidanalgetika erhalten, sollten auf Anzeichen einer Atemdepression oder eines Entzugssyndroms überwacht und gegebenenfalls mit einem spezifischen Opioidantagonisten behandelt werden.
Stillzeit
Morphin wird in die Muttermilch ausgeschieden und erreicht dort höhere Konzentrationen als im mütterlichen Plasma. Da beim Säugling klinisch relevante Konzentrationen erreicht werden können, ist vom Stillen abzuraten.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Morphin kann Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben ist. Dies ist insbesondere bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol oder der Einnahme von Beruhigungsmitteln zu erwarten.
Die Beurteilung der jeweils individuellen Situation ist durch den behandelnden Arzt vorzunehmen. Bei einer stabilen Therapie ist ein generelles Fahrverbot nicht zwingend erforderlich.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig ( 1/10)
Häufig ( 1/100 bis < 1/10)
Gelegentlich ( 1/1.000 bis < 1/100)
Selten ( 1/10.000 bis < 1/1.000)
Sehr selten (< 1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Erkrankungen des Immunsystems
Häufig: Überempfindlichkeitsreaktionen
Nicht bekannt: anaphylaktische Reaktionen
Endokrine Erkrankungen
Sehr selten: Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH; Leitsymptom: Hyponatriämie)
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufig: Appetitabnahme bis zum Appetitverlust
Psychische Erkrankungen
Morphin zeigt vielfältige psychische Nebenwirkungen, die hinsichtlich Stärke und Art individuell unterschiedlich (je nach Persönlichkeit und Behandlungsdauer) in Erscheinung treten.
Sehr häufig: Stimmungsänderungen, meist Euphorie, aber auch Dysphorie
Häufig: Veränderungen der Aktiviertheit (meist verminderte Aktivität, aber auch Hyperaktivität oder Agitiertheit), Schlaflosigkeit, Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen (z. B. Halluzinationen), Verwirrtheitszustände
Sehr selten: Abhängigkeit (siehe auch Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“), verminderte Libido
Erkrankungen des Nervensystems
Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen
Sehr selten: Konvulsionen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Hyperalgesie oder Allodynie (siehe Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“)
Nicht bekannt: Benommenheit, Sedierung (dosisabhängig), Synkope, Parästhesien
Augenerkrankungen
Sehr häufig: Miosis
Sehr selten: verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Nystagmus
Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths
Nicht bekannt: Vertigo
Herzerkrankungen
Gelegentlich: Tachykardie, Bradykardie
Nicht bekannt: Palpitationen, Herzversagen
Gefäßerkrankungen
Gelegentlich: Blutdruckabfall, Blutdruckanstieg
Nicht bekannt: Hitzegefühl
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Selten: Bronchospasmen
Sehr selten: Dyspnoe
Nicht bekannt: Husten vermindert, Atemdepression (dosisabhängig), nicht-kardiogen bedingte Lungenödeme nach rascher Dosissteigerung
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Sehr häufig: Obstipation (bei Dauerbehandlung)
Häufig: Erbrechen (besonders zu Beginn der Behandlung), Dyspepsie
Selten: Erhöhung der Pankreasenzyme bzw. Pankreatitis
Sehr selten: Darmverschluss, Abdominalschmerz; Zahnerkrankungen, wobei jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zur Morphin-Behandlung nicht hergestellt werden kann
Nicht bekannt: Übelkeit, Mundtrockenheit (beides dosisabhängig)
Leber- und Gallenerkrankungen
Selten: Gallenkoliken
Sehr selten: Erhöhung leberspezifischer Enzyme
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Häufig: Schwitzen, Urtikaria, Pruritus
Sehr selten: andere Hautausschläge (z. B. Exantheme)
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Sehr selten: Muskelspasmen, Muskelrigidität
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Häufig: Harnretention
Selten: Nierenkoliken
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Sehr selten: Erektionsstörungen, Amenorrhö
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Gelegentlich: Unwohlsein
Selten: körperliche Abhängigkeit mit Arzneimittelentzugssyndrom
Sehr selten: Asthenie, Schüttelfrost, periphere Ödeme
Nicht bekannt: Müdigkeit, Toleranzentwicklung
Zusätzlich für Morphin HEXAL® 60 mg
Gelborange S kann allergische Reaktionen hervorrufen.
4.9 Überdosierung
Symptome der Intoxikation
Da die Empfindlichkeit auf Morphin individuell stark schwankt, können Intoxikationserscheinungen beim Erwachsenen ab Einzeldosen auftreten, die einer subkutanen und intravenösen Gabe von ca. 30 mg entsprechen. Bei Karzinompatienten werden diese Werte oft überschritten, ohne gravierende Nebenwirkungen hervorzurufen.
Die Opiatvergiftung äußert sich durch die Trias: Miosis, Atemdepression und Koma: Die Pupillen sind zunächst stecknadelkopfgroß. Bei starker Hypoxie dilatieren sie jedoch. Die Atmung ist stark reduziert (bis auf 2-4 Atemzüge pro Minute). Der Patient wird zyanotisch.
Überdosierung mit Morphin führt zu Benommenheit und Stupor bis hin zum Koma. Der Blutdruck bleibt zunächst normal, fällt jedoch bei fortschreitender Intoxikation rapide ab. Anhaltender Blutdruckabfall kann in einen Schockzustand übergehen. Tachykardie, Bradykardie und Rhabdomyolyse bis hin zum Nierenversagen können auftreten. Die Körpertemperatur fällt ab. Die Skelettmuskulatur wird relaxiert, gelegentlich können, insbesondere bei Kindern, generalisierte Krämpfe auftreten. Der Tod tritt meist durch Ateminsuffizienz oder durch Komplikationen, wie z. B. pulmonales Ödem, ein.
Therapie von Intoxikationen
Bei bewusstlosen Patienten mit Atemstillstand sind Beatmung, Intubation und die intravenöse Gabe eines Opiatantagonisten (z. B. 0,4 mg Naloxon i.v.) angezeigt. Bei anhaltender Ateminsuffizienz muss die Einzeldosis 1-3-mal in 3-minütigen Abständen wiederholt werden, bis die Atemfrequenz normalisiert ist und der Patient auf Schmerzreize reagiert.
Strenge Überwachung (mindestens 24 Stunden) ist notwendig, da die Wirkung des Opiatantagonisten kürzer ist als die des Morphins, so dass mit einem erneuten Auftreten der Ateminsuffizienz gerechnet werden muss.
Die Dosis des Opiatantagonisten beträgt bei Kindern pro Einzeldosis 0,01 mg pro kg KG.
Ferner können Maßnahmen zum Schutz vor Wärmeverlusten und zur Volumentherapie erforderlich sein.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Opioide
ATC-Code: N02A A01
Morphin ist ein Phenanthren-Alkaloid aus Schlafmohn (Papaver somniferum) mit opiatagonistischen Eigenschaften. Es zeigt eine ausgeprägte Affinität zu My-Rezeptoren.
Zentrale Wirkungen
Morphin wirkt analgetisch, antitussiv, sedierend, tranquillisierend, atemdepressiv, miotisch, antidiuretisch, emetisch und antiemetisch (Späteffekt) und geringgradig blutdruck- und herzfrequenzsenkend.
Periphere Wirkungen
Obstipation, Kontraktion der Sphinkteren im Bereich der Gallenwege, Steigerung des Tonus der Harnblasenmuskulatur und des Blasenschließmuskels, Verzögerung der Magenentleerung durch Pyloruskonstriktion, Hautrötung, Urtikaria und Juckreiz durch Histaminfreisetzung sowie bei Asthmatikern Bronchospasmus, Beeinflussung der hypophysär-hypothalamischen Achse und damit Beeinflussung der Hormonwirkung von Kortikoiden, Sexualhormonen, Prolaktin und antidiuretischem Hormon. Eine Manifestation klinischer Symptome aufgrund dieser Hormonveränderungen kann möglich sein.
Der Wirkungseintritt nach oraler Applikation erfolgt nach 30-90 Minuten. Die Wirkdauer beträgt ca. 4-6 Stunden und ist bei retardierter Wirkstofffreisetzung erheblich verlängert.
Der Wirkungseintritt nach intramuskulärer oder subkutaner Applikation erfolgt nach 15-30 Minuten, nach intravenöser Gabe in wenigen Minuten. Die Wirkdauer beträgt unabhängig von diesen Applikationsarten ca. 4-6 Stunden. Nach epiduraler und intrathekaler Gabe sind lokal begrenzte analgetische Wirkungen bereits nach wenigen Minuten nachweisbar. Die Wirkdauer beträgt bei epiduraler Anwendung ca. 12 Stunden und geht bei intrathekaler Gabe noch darüber hinaus.
In-vitro- und Tierstudien zeigen unterschiedliche Effekte natürlicher Opioide, wie Morphin, auf Komponenten des Immunsystems. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist nicht bekannt.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Morphin wird nach oraler Applikation relativ rasch, vorwiegend aus dem oberen Dünndarm und geringfügig auch aus dem Magen, resorbiert. Die geringe absolute Bioverfügbarkeit (20-40 %) ist auf einen ausgeprägten First-Pass-Effekt zurückzuführen.
Cmax wird nach oraler Einnahme von einer 60 mg Hartkapsel, retardiert (bei Probanden) nach durchschnittlich 2,3 1,1 Stunden erreicht. Morphin wird zu ca. 20-35 % an Plasmaproteine, bevorzugt an die Albuminfraktion, gebunden.
Das Verteilungsvolumen von Morphin wird mit 1,0-4,7 l/kg nach i.v.-Einmalgabe von 4-10 mg angegeben. Hohe Gewebekonzentrationen findet man in der Leber, Niere, im Gastrointestinaltrakt und im Muskel. Morphin überwindet die Blut-Hirn-Schranke.
Morphin wird vorwiegend in der Leber, aber auch im Darmepithel metabolisiert. Der wesentliche Schritt ist die Glucuronidierung der phenolischen Hydroxylgruppe mittels der hepatischen UDP-Glucuronyltransferase und N-Demethylierung.
Hauptmetaboliten sind vor allem Morphin-3-glucuronid und in geringerer Menge Morphin-6-glucuronid. Außerdem entstehen unter anderem Sulfatkonjugate sowie oxidative Stoffwechselprodukte wie Normorphin, Morphin-N-oxid und ein in 2-Stellung hydroxyliertes Morphin. Die Halbwertszeit der Glucuronide ist erheblich länger als die des freien Morphins. Das Morphin-6-glucuronid ist biologisch wirksam. Es ist möglich, dass eine verlängerte Wirkung bei Patienten mit Niereninsuffizienz auf diesen Metaboliten zurückzuführen ist.
Im Harn werden nach oraler oder parenteraler Applikation ca. 80 % des verabreichten Morphins wieder gefunden (10 % unverändertes Morphin, 4 % Normorphin und 65 % als Glucuronide, davon Morphin-3-glucuronid: Morphin-6-glucuronid im Verhältnis 10:1). Die Eliminationshalbwertszeit von Morphin unterliegt großen interindividuellen Schwankungen. Sie liegt nach parenteraler Gabe durchschnittlich zwischen 1,7 und 4,5 Stunden, gelegentlich wurden auch Werte um 9 Stunden gefunden. Etwa 10 % der Morphin-Glucuronide werden über die Galle mit den Fäzes ausgeschieden.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Bei fortgesetzter Anwendung von Morphin nimmt die Empfindlichkeit des ZNS gegenüber Morphin ab. Diese Gewöhnung kann so ausgeprägt sein, dass Dosen vertragen werden, die bei erstmaliger Anwendung infolge Atemdepression toxisch wirken. Aufgrund der euphorischen Wirkungskomponente des Morphins besteht Suchtgefahr (siehe auch Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“).
Es liegen zur Mutagenität klar positive Befunde vor, die darauf hindeuten, dass Morphin klastogen wirkt und eine solche Wirkung auch auf Keimzellen ausübt. Daher ist Morphin als mutagen wirksame Substanz anzusehen; eine derartige Wirkung muss auch im Menschen angenommen werden.
Morphin sollte nur unter sicherem Konzeptionsschutz eingenommen werden.
Langzeituntersuchungen am Tier auf ein tumorerzeugendes Potential von Morphin liegen nicht vor.
Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (ZNS-Missbildungen, Wachstumsretardierung, Testisatrophie, Veränderungen bei Neurotransmittersystemen und Verhaltensweisen, Abhängigkeit). Daneben hatte Morphin bei verschiedenen Tierspezies Auswirkungen auf das männliche Sexualverhalten und die weibliche Fertilität.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Dibutylsebacat
Ethylcellulose
Gelatine
Hexadecan-1-ol
Macrogol 4000
Maisstärke
Natriumdodecylsulfat
Sucrose
Talkum
Farbstoff Titandioxid (E 171)
Zusätzlich für Morphin HEXAL® 10 mg
Farbstoff Chinolingelb (E 104)
Zusätzlich für Morphin HEXAL® 30 mg
Farbstoff Erythrosin (E 127)
Zusätzlich für Morphin HEXAL® 60 mg
Farbstoff Gelborange S (E 110)
Hinweis für Diabetiker
1 Hartkapsel, retardiert enthält weniger als 0,01 BE.
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend
6.3 Dauer der Haltbarkeit
4 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C lagern. In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen!
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
PVC-Aluminium-Blisterpackung
Packungen mit
20 (N1), 50 (N2) und 100 (N3) Hartkapseln, retardiert
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen
7. Inhaber der ZulassungEN
HEXAL AG
Industriestraße 25
83607 Holzkirchen
Telefon: (08024) 908-0
Telefax: (08024) 908-1290
E-Mail: medwiss@hexal.com
8. Zulassungsnummern
Morphin HEXAL® 10 mg
28252.00.00
Morphin HEXAL® 30 mg
28252.01.00
Morphin HEXAL® 60 mg
28252.02.00
Morphin HEXAL® 100 mg
28252.03.00
9. Datum der erteilung der Zulassungen / Verlängerung der Zulassungen
26.03.1993 / 16.01.2003
10. Stand der Information
Oktober 2010
11. verkaufsabgrenzung
Verschreibungspflichtig
Betäubungsmittel
Zusätzliche Angaben der HEXAL AG zur Bioverfügbarkeit von Morphin HEXAL® Retardkapseln
Eine im Jahr 1989 durchgeführte Bioverfügbarkeitsstudie (bei Mehrfachapplikation) an 25 Patienten ergab im Vergleich zum Referenzpräparat (Sirup):
Testpräparat Referenzpräparat
Cmax[ng/ml] 48,13 ± 30,67 49,52 ± 28,38
maximale Plasmakonzentration
tmax[h] 3,60 ± 1,95 2,70 ± 2,67
Zeitpunkt der maximalen
Plasmakonzentration
AUC(0-t)[ng/ml*h] 323,20 ± 201,70 308,40 ± 203,80
Fläche unter der
Konzentrations-Zeit-Kurve
Angabe der Werte als Mittelwerte und Streubreite (Range)
Mittlere Plasmaspiegelverläufe im Vergleich zu einem Referenzpräparat in einem Konzentrations-Zeit-Diagramm: