Mutaflor
Fachinformation
Bezeichnung des Arzneimittels:
VITAFLORIN
2,5 – 25 x 109KBE Kapseln
Qualitative und quantitative Zusammensetzung
1 magensaftresistente Hartkapsel enthält:
VITAFLORIN: Escherichia coli Stamm Nissle 1917 entsprechend
2,5 – 25 x 109vermehrungsfähigen Zellen (KBE)
Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestanteile siehe Abschnitt 6.1
Darreichungsform:
Magensaftresistente Hartkapsel
Klinische Angaben:
Anwendungsgebiete:
Colitis ulcerosa in der Remissionsphase
Chronische Obstipation
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung:
Dosierung:
Erwachsene und Jugendliche:
Standarddosis: Vom 1. – 4. Tag 1 Kapsel VITAFLORIN pro Tag, danach 2 Kapseln VITAFLORIN pro Tag.
Bei hartnäckiger Verstopfung kann eine tägliche Einnahme von bis zu 4 Kapseln VITAFLORIN sinnvoll sein.
Art der Anwendung:
Die Standarddosis soll zu einer Mahlzeit, möglichst zum Frühstück, unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden.
Bei auftretenden Blähungen sowie bei einer Tagesdosis, die die Standarddosis übersteigt, kann die Tagesdosis auch gleichmäßig über den Tag verteilt zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Dauer der Anwendung:
Bei Colitis ulcerosa liegen Erfahrungen aus kontrollierten Studien über eine Anwendungsdauer von 12 Monaten vor. Zur Rezidivprophylaxe der Colitis ulcerosa sollte VITAFLORINkontinuierlich eingenommen werden.
Bei Obstipation kann VITAFLORIN bis zu 6 Wochen angewendet werden. Bei einer schon jahrelang bestehenden Erkrankung sollte VITAFLORIN kurmäßig angewendet und die Therapie in gewissen Zeitabständen wiederholt werden.
4.3 Gegenanzeigen:
Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung:
Keine
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen:
Gegen gramnegative Bakterien gerichtete Antibiotika und Sulfonamide können die Wirksamkeit von VITAFLORIN einschränken.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit:
E. coli Stamm Nissle 1917ist ein physiologischer Darmbewohner des Menschen und wird nicht resorbiert. Auswirkungen auf Schwangerschaft und Stillzeit sind daher nicht zu erwarten.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen:
Nicht zutreffend.
4.8 Nebenwirkungen:
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig ( 1/10)
Häufig ( 1/100 bis < 1/10)
Gelegentlich ( 1/1.000 bis < 1/100)
Selten ( 1/10.000 bis < 1/1.000)
Sehr selten (< 1/10.000), einschließlich Einzelfällen
Gastrointestinale Nebenwirkungen
Initial treten häufig Blähungen auf. Sehr selten wurden Veränderungen der Stuhlkonsistenz oder Stuhlfrequenz, Abdominalschmerz, Borborygmus, Meteorismus, Übelkeit oder Erbrechen beobachtet.
Dermale Nebenwirkungen
In sehr seltenen Fällen wurden Hauteffloreszenzen, Erytheme oder Hautschuppungen beobachtet.
Zentralnervöse Nebenwirkungen
Sehr selten wurden Kopfschmerzen berichtet.
4.9 Überdosierung:
Es wurden keine Fälle von Überdosierung berichtet.
Pharmakologische Eigenschaften:
Pharmakodynamische Eigenschaften:
Wirkungsmechanismen:
VITAFLORIN-Kapseln enthalten als Wirkstoff einen definierten, nicht-pathogenen Bakterienstamm humanen Ursprungs der Spezies Escherichiacoli(E. coli) in lebender und vermehrungsfähiger Form:E. coliStamm NISSLE 1917. Mit Hilfe spezieller Haftorganellen (Typ F1A-, F-1C und „curli“-Fimbrien) kann sich der Stamm an die der Darmwand aufliegende Mucinschicht anheften und dort Mikrokolonien in Form von Biofilmen bilden. Der Stamm ist durch den Besitz von Flagellen (Geißeln) gut beweglich, was einen Vorteil für die Besiedlung des Dickdarms darstellt.
Die Wirkungen von VITAFLORIN bzw. E. coliStamm NISSLE 1917 wurden in In-vitro-Experimenten und in In-vivo-Untersuchungen sowie in klinischen Studien nachgewiesen. Dabei wurden folgende Eigenschaften und Wirkprinzipien ermittelt:
Antagonismus
Der E. coliStamm NISSLE 1917 bildet antimikrobielle Substanzen (Mikrozine) und multiple Eisen-Akquisitionssysteme (Siderophore), auf denen zum einen sein direkter Antagonismus gegen pathogene Keime, zum anderen sein Durchsetzungsvermögen im Intestinaltrakt nach oraler Verabreichung beruht. Des Weiteren hemmt der Stamm das Eindringen von enteroinvasiven, pathogenen Keimen in die Darmschleimhaut.
Stabilisierung der Mucosabarriere im Darm
Der E. coliStamm NISSLE 1917 stabilisiert in Zellkulturexperimenten mit menschlichen Kolonozyten die Barrierefunktion der Epithelzellschicht und normalisiert eine erhöhte Permeabilität der Darmschleimhaut. Diese Stärkung der Darmbarriere lässt sich auf eine Stimulation der Synthese eines Ankerproteins (ZO-2) und dessen Reorganisation in den tight junctions zurückführen.
Immunmodulierende Eigenschaften
- Wirkungen auf die humorale Immunantwort
Neugeborene zeigen nach Kolonisierung mit dem E. coli Stamm NISSLE 1917 eine signifikante Erhöhung der IgA- und IgM-Spiegel in Stuhlfiltraten und im Serum. Aus Einzeluntersuchungen ergeben sich Hinweise für eine Erhöhung von IgA im Speichel. In keimfreien neugeborenen Ferkeln führt die orale Verabreichung von E. coli Stamm NISSLE 1917 zu einer Stimulierung der Entwicklung der immunkompetenten Zellen des darmassoziierten Immunsystems (IgA- und IgG-produzierende Lymphozyten, MHC-Klasse-II exprimierende Zellen), ohne dass es zu Anzeichen einer Entzündung kommt (kein Granulozyten-Einstrom).
- Wirkungen auf die zelluläre Immunantwort
In-vitro-Versuche ergaben, dass der E. coliStamm NISSLE 1917 immunmodulierende Eigenschaften besitzt. So wurde eine Steigerung der sekretorischen Leistungen von Mausmakrophagen (Interleukin-6 [IL-6], Tumornekrosefaktor [TNF], Sauerstoffradikale) und von menschlichen mononukleären Zellen aus dem peripheren Blut (Interleukin-10) nachgewiesen. In In-vivo-Untersuchungen an Mäusen und anderen Versuchtieren konnte jedoch eine Erhöhung der TNF-Produktion nicht verifiziert werden.
Des Weiteren konnte ex vivo eine Steigerung der Zytotoxizität von Maus-Makrophagen gegenüber intrazellulären Parasiten und somit eine Verstärkung der Abwehr gegenüber intrazellulären Infektionserregern gezeigt werden.
Zellzyklus und Proliferation von humanen T-Lymphozyten aus dem peripheren Blut wurden durch den E. coli Stamm NISSLE 1917 gehemmt, nicht jedoch T-Lymphozyten aus dem Darm. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen könnte so eine Neurekrutierung von aktivierten T-Lymphozyten in das darmassoziierte Immunsystem unterbunden werden.
- Wirkungen auf die angeborene Immunität
E. coliStamm NISSLE 1917 induziert die Synthese von antimikrobiell wirkenden Peptiden. So wird in menschlichen Kolonozyten in vitro die Synthese von induzierbaren Defensinen und in vivo nach oraler Gabe an keimfreie Ferkel im Darm die Produktion von Calprotectin stimuliert. Bei neugeborenen Kindern (Frühchen) wird die angeborene wie auch die adaptive Immunantwort durch orale Verabreichung von VITAFLORIN stimuliert.
Antiinflammatorische Eigenschaften
VITAFLORIN besitzt antiinflammatorische Eigenschaften. Sowohl in In-vitro-Versuchen mit menschlichen Darmepithelzellen als auch in In-vivo-Versuchen an etablierten Tiermodellen für chronisch entzündliche Darmerkrankungen wurden entzündungshemmende Eigenschaften von E. coli Stamm NISSLE 1917 festgestellt.
Motilitätsfördernde Eigenschaften
Der E. coliStamm NISSLE 1917 produziert als Stoffwechselendprodukte kurzkettige Carbonsäuren, die für den Energiehaushalt der Kolonmukosa von Wichtigkeit sind. Diese regen die Kolonmotilität und die Durchblutung der Darmschleimhaut an und fördern die Natrium- und Chloridresorption. Die Stimulation der Kolonmotilität, wahrscheinlich durch die mikrobiell gebildete Essigsäure, ist für die Behandlung der chronischen Obstipation von Bedeutung.
Stoffwechseleigenschaften
Der VITAFLORIN-Stamm verfügt über sehr vielseitige Stoffwechseleigenschaften und ist in der Lage, verschiedene Kohlenhydrate, Zuckeralkohole, Aminosäuren und andere Substrate unter Sauerstoffverbrauch abzubauen. Dadurch wird in vivo ein anaerobes Milieu im Kolon erzeugt und aufrecht erhalten, welches für die Stabilität des intestinalen Ökosystems von Bedeutung ist.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften:
Die VITAFLORIN-Kapseln sind magensaftresistent überzogen und lösen sich erst im terminalen Ileum auf. Der Wirkstoff E. coliStamm NISSLE 1917 besiedelt als physiologischer Keim den Dickdarm, wird nicht resorbiert und unterliegt keiner Metabolisierung. Er wird über die Fäzes ausgeschieden.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit:
E. coli Stamm Nissle 1917 hat keine toxischen oder pathogenen Eigenschaften, weder in vitro noch in vivo. Er bildet keine Enterotoxine und keine Zytotoxine, wie z.B. Hämolysin, ist nicht enteroinvasiv, zeigt keine pathogenen Adhäsionsmerkmale und keine uropathogenen Eigenschaften. Er ist empfindlich gegenüber den üblichen auf gramnegative Bakterien gerichteten Antibiotika und zeigt keinerlei immuntoxische Wirkungen. Außerdem ist E. coliStamm Nissle 1917 nicht serumresistent, was bedeutet, dass er durch Humanserum rasch abgetötet wird. Dies beruht auf dem Besitz eines besonderen Lipopolysaccharids mit stark verkürzter Seitenkette des O6-Antigens. Der Stamm ist daher nicht in der Lage, als Sepsis-Erreger aufzutreten.
Es liegen keine Untersuchungen zur Reproduktionstoxikologie vor. Da der E. coliStamm Nissle 1917 ein normaler, nicht-pathogener und nicht-invasiver Bewohner des menschlichen Darms ist, wurden reproduktionstoxische oder embryotoxische Wirkungen noch nie festgestellt und sind auch nicht zu erwarten.
Pharmazeutische Angaben:
Liste der sonstigen Bestandteile:
Maltodextrin, Talkum, Methacrylsäure-Methylmethacrylat-Copolymer (1:1) (Ph. Eur.), Macrogol (4000), Triethylcitrat, Glycerol 85 %, Titandioxid, Eisen(III)-oxid, Gelatine, Gebleichtes Wachs, Carnaubawachs, Schellack, Gereinigtes Wasser.
Inkompatibilitäten:
Nicht zutreffend.
Dauer der Haltbarkeit:
12 Monate
Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung:
Im Kühlschrank (2 – 8 °C) aufbewahren!
Art und Inhalt des Behältnisses:
Art des Behältnisses:
Blister: Tiefziehstreifen aus PVC/PVDC-Folie, versiegelt mit Aluminiumfolie.
Packungsgrößen:
-
Packungen mit 20 magensaftresistenten Hartkapseln (N1)
-
Packungen mit 50 magensaftresistenten Hartkapseln (N2)
-
Packungen mit 100 magensaftresistenten Hartkapseln (N3)
Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung:
Keine besonderen Anforderungen
7. Inhaber der Zulassung:
Ardeypharm GmbH, Loerfeldstrasse 20, 58313 Herdecke
Telefon: (02330) 977 677
Telefax: (02330) 977 697
8. Zulassungsnummer:
62370.00.00
Datum der Erteilung der Zulassung:
30.05.2005
10. Stand der Information:
März 2009
11. Verkaufsabgrenzung:
Apothekenpflichtig
10/6