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Radiogardase - Cs

Fachinformation


Radiogardase®-Cs

500 mg Hartkapseln

1.    BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS

Radiogardase®-Cs

Wirkstoff: Eisen(III)-hexacyanoferrat(II)

2.    QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG

1 Hartkapsel enthält 500 mg Eisen(III)-hexacyanoferrat(II) (68 % Fe4[Fe(CN)6]3) (unlösliches Berliner Blau).

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.

3.    DARREICHUNGSFORM

Hartkapseln

4.    KLINISCHE ANGABEN

4.1    Anwendungsgebiete

Dekorporation bzw. Verhinderung der Resorption von Radiocäsium (z. B. 134Cs, 137Cs).

4.2    Dosierung und Art der Anwendung

Die Dosierung erfolgt in Abhängigkeit von der Schwere der Cäsiumvergiftung.

Dosierung für Erwachsene, Kinder und Jugendliche

•    6 bis 40 Hartkapseln Radiogardase-Cs [3 bis 20 g Eisen(III)-hexacyanoferrat(II)] oral täglich. Die Tagesdosis sollte gleichmäßig über den 24-Stunden-Zeitraum (z. B. 3 x täglich 6 Hartkapseln) verteilt werden, um den enterohepatischen Kreislauf des Cäsiums optimal zu unterbrechen.

•    Bei Vorliegen einer akuten Vergiftung, bei der sich noch Radiocäsium im Magen oder in den oberen Darmabschnitten befindet, sollte eine Initialdosis von mindestens 6 Hartkapseln [3 g Ei-sen(III)-hexacyanoferrat(II)] auf einmal gegeben werden.

Art der Anwendung

Die Hartkapseln werden mit Flüssigkeit eingenommen.

Kann der Patient die Hartkapsel nicht schlucken, kann diese geöffnet werden und der Inhalt mit Nahrung eingenommen oder in Flüssigkeit (z. B. warmem Wasser) aufgeschwemmt getrunken werden. Dabei können sich Mund und Zähne blau färben.

Die Aufschwemmung kann auch über den Magenschlauch im Anschluss an eine Magenspülung gegeben werden.

Ist eine orale Einnahme nicht möglich, kann der Hartkapselinhalt in Wasser oder Mannitollösung aufgeschwemmt und per Magen- oder Duodenalsonde verabreicht werden.

Die Einnahme der Hartkapseln sollte zur Mahlzeit erfolgen, da Nahrung die Sekretion der Galle und den enterohepatischen Kreislauf anregt (Stimulation der Cäsiumausscheidung möglich).

Die Behandlung mit Radiogardase-Cs sollte so schnell wie möglich beginnen. Ist Radiogardase-Cs nicht sofort verfügbar, ist auch eine spätere Einnahme sinnvoll und effektiv.

Die Anwendung sollte mindestens 30 Tage erfolgen und ist abhängig vom Grad der Kontamination und der Beurteilung des behandelnden Arztes. Dabei sind regelmäßige (wöchentliche) Kontrollen der Radioaktivität im Stuhl und Urin wichtig, denn die Dauer der Therapie richtet sich nach dem Nachweis von Radiocäsium im Stuhl. Zu berücksichtigen ist die lange biologische Halbwertszeit des Radiocäsiums.

Wenn die nachgewiesene Radioaktivität durch Cäsium deutlich abgenommen hat, kann die Radio-gardase-Cs-Dosis auf 2-4 Hartkapseln [1 bis 2 g Eisen(NI)-hexacyanoferrat(II)] täglich gesenkt werden, um die Magen-Darm-Verträglichkeit zu verbessern.

4.3 Gegenanzeigen

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Kapitel 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.

4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Keine bekannt.

4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen

Radiogardase-Cs kann andere oral eingenommene Medikamente und essentielle Nährstoffe binden, daher sollten die Medikamentenspiegel und das Ansprechen auf die Therapie überwacht werden.

Radiogardase-Cs kann die Resorption von Tetracyclinen hemmen.

Radiogardase-Cs kann Elektrolyte im Darm (z. B. Kalium) binden, was zu erniedrigten Serumkaliumspiegeln (asymptomatische Hypokaliämie) führen kann. Daher sollten während der Therapie die Serumelektrolyte regelmäßig kontrolliert werden. Vorsicht geboten ist insbesondere bei Patienten mit bereits bestehenden Herzarrhythmien und Elektrolytschwankungen.

Die zusätzliche Gabe von anderen Medikamenten gegen die Kontamination mit radioaktiven Substanzen beeinflusst nicht die Wirksamkeit von Radiogardase-Cs gegenüber Radiocäsium.

4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit

Gegen die Anwendung während der Schwangerschaft und der Stillzeit bestehen keine Bedenken.

Da Radiogardase-Cs praktisch nicht resorbiert wird, durchdringt es nicht die Plazentaschranke und gelangt nicht in die Muttermilch. Dagegen wird Radiocäsium sowohl auf das ungeborene Kind übertragen, als auch in die Muttermilch abgegeben. Deshalb ist das Risiko durch das Radiocäsium viel höher als das Risiko einer Behandlung mit Radiogardase-Cs.

Kontaminierte Mütter sollten generell nicht stillen.

4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen

Keine bekannt.

4.8 Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen entstehen als Folge einer Überdosierung.

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Bei der Einnahme von Radiogardase-Cs kann Obstipation auftreten. Die Behandlung erfolgt mit einer ballaststoffreichen Diät oder ballaststoffbasierten Laxantien.

Bei einer Hochdosistherapie (20 g Eisen(NI)-hexacyanoferrat(N) am Tag) können unspezifische Magen-Darm-Beschwerden auftreten.

Anmerkung: Eine Dunkelfärbung des Stuhls ist harmlos. Sie beruht auf der Farbe des Wirkstoffes Berliner Blau.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels.

Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.

4.9 Uberdosierung

Überdosierungen von Radiogardase-Cs sind bisher nicht beschrieben.

Symptome einer Überdosierung können Obstipation, Darmverschluss oder schwere Verminderungen von Elektrolyten sein.

5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN

5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften

Pharmakotherapeutische Gruppe: Antidot ATC-Code: V03AB31 Eisen(NI)hexacyanoferrat(N)

Cäsium unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf. Hierbei gelangt resorbiertes Cäsium über Leber und Galle zurück in den Darm. Dort kommt es zur teilweisen Rückresorption durch die Darmschleimhaut und dadurch zu einer erneuten Vergiftung.

Eisen(NI)-hexacyanoferrat(N) (unlösliches Berliner Blau) wird nach oraler Zufuhr von der intakten Darmwand nicht resorbiert. Es bindet einwertige Kationen, wobei die Stärke der Bindung mit steigendem Ionenradius zunimmt: Na+ < K+ < NH4+ < Rb+ < Tl+ < Cs+.

Berliner Blau bindet das im Darm befindliche Cäsium und verhindert dessen Resorption bzw. Rückresorption. Dadurch wird der enterohepatische Kreislauf unterbrochen. Das Cäsium wird zusammen mit dem Antidot mit dem Stuhl ausgeschieden. Durch die Steigerung der fäkalen Ausscheidung wird die Verweildauer des Cäsiums im Organismus vermindert und die Strahlenbelastung des Organismus durch das Radionuklid herabgesetzt.

Wegen der verminderten Radiocäsiumausscheidung über die Galle kann Radiogardase-Cs bei Personen mit beeinträchtigter Leberfunktion weniger effektiv sein (ist aber bei dieser Gruppe nicht kontraindiziert).

Bei Selbstversuchen an Menschen wurde die biologische Halbwertszeit von Radiocäsium durch die tägliche orale Gabe von 3 g Berliner Blau von 110 - 115 Tagen auf ungefähr 40 Tage gesenkt.

5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften

Berliner Blau hat ein extrem niedriges Löslichkeitsprodukt und wird nach oraler Zufuhr praktisch nicht resorbiert. Es unterliegt daher keiner Pharmakokinetik im engeren Sinn.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

a)    akute Toxizität

Überdosierungen und Intoxikationen durch Eisen(III)-hexacyanoferrat(II) sind bisher nicht beschrieben (siehe "4.9 Überdosierungen"). Die LD50 beträgt bei der Ratte bei oraler Gabe > 10 g/kg KG, bei chronischer Applikation > 1 g/kg KG.

b)    chronische Toxizität/subchronische Toxizität

Eisen(III)-hexacyanoferrat(II) wird im Darm nicht metabolisiert. Die chronische Zufuhr von 1 % Berliner Blau im utter führt zu keinen pathologischen Veränderungen bei der Ratte.

c)    mutagenes und tumorerzeugendes Potenzial

Studien mit Berliner Blau zur Beurteilung der Karzinogenität und Mutagenität wurden nicht durchgeführt. Da der Wirkstoff nicht resorbiert wird, sind keine Effekte zu erwarten.

d)    Reproduktionstoxizität

Studien mit Berliner Blau zur Beurteilung der Reproduktionstoxizität wurden nicht durchgeführt. Da der Wirkstoff nicht resorbiert wird, sind keine Effekte zu erwarten.

6.    PHARMAZEUTISCHE ANGABEN

6.1    Liste der sonstigen Bestandteile

Gelatine, Indigocarmin (E132), Natriumdodecylsulfat, Wasser für Injektionszwecke

6.2    Inkompatibilitäten

Keine bekannt.

6.3    Dauer der Haltbarkeit

Die Dauer der Haltbarkeit beträgt 5 Jahre.

Das Verfalldatum dieses Arzneimittels ist auf dem Behältnis und der äußeren Umhüllung aufgedruckt.

6.4    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung

Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren.

Nicht über 25 °C lagern.

6.5    Art und Inhalt des Behältnisses

Radiogardase-Cs ist in einer weißen Plastikflasche mit 36 blauen Hartkapseln mit hellblauem Aufdruck PB und erhältlich.

6.6    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise

Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung von nicht verwendeten Hartkapseln sind nicht erforderlich.

Radiocäsium wird mit dem Stuhl und dem Urin ausgeschieden. Die Kontamination von anderen Personen sollte durch besondere Sicherheitsmaßnahmen vermieden werden.

Zu beachten ist, dass der Hartkapselinhalt stark färbt.

7.    INHABER DER ZULASSUNG

Telefon: +49 30 81696-0 Telefax: +49 30 8174049 Email:    info@heyl-berlin.de

Website: www.heyl-berlin.de


HEYL Chem.-pharm. Fabrik GmbH & Co. KG Kurfürstendamm 178-179 10707 Berlin Deutschland

8.    ZULASSUNGSNUMMER

6813163.00.00

9.    DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG

Datum des Zulassungsbescheides:    24.09.1997

Datum des Verlängerungsbescheides: 15.05.2009

10.    STAND DER INFORMATION

Februar 2015

11.    VERKAUFSABGRENZUNG

Verschreibungspflichtig

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