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Rudotel

Document: 10.06.2014   Fachinformation (deutsch) change

FACHINFORMATION

1.    BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS

Rudotel®

10 mg Tabletten

2.    QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG

Wirkstoff: Medazepam 1 Tablette enthält 10 mg Medazepam.

Sonstige Bestandteile: Jede Tablette enthält 85,844 mg Lactose-Monohydrat und 0,006 mg Gelborange S.

Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.

3.    DARREICHUNGSFORM

Tablette

Die Tablette kann in gleiche Hälften geteilt werden.

4.    KLINISCHE ANGABEN

4.1    Anwendungsgebiete

Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen.

Hinweise:

Nicht alle Spannungs-, Erregungs- und Angstzustände bedürfen einer medikamentösen Therapie. Oftmals sind sie Ausdruck körperlicher oder seelischer Erkrankungen und können durch andere Maßnahmen oder durch eine Therapie der Grundkrankheit beeinflusst werden.

4.2    Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die Dosierung richtet sich nach der individuellen Reaktionslage, Alter und Gewicht des Patienten sowie Art und Schwere der Krankheit. Hierbei gilt der Grundsatz, die Dosis so gering und die Therapiedauer so kurz wie möglich zu halten.

Soweit nicht anders verordnet, gelten folgende Dosierempfehlungen:

Behandlungsbedürftige Spannungs-, Erregungs- und Angstzustände

Die Tagesdosis beträgt in der Regel 1-3 Tabletten Rudotel (entsprechend 10-30 mg Medazepam) verteilt auf 2-3 Einzeldosen oder als abendliche Einmaldosis. Bei Bedarf kann die Tagesdosis unter Berücksichtigung aller Vorsichtshinweise auf bis zu 6 Tabletten Rudotel (entsprechend 60 mg Medazepam) erhöht werden.

Der Schwerpunkt der Behandlung ist auf den Abend zu verlegen.

Höhere Dosierungen sind nur in seltenen Fällen notwendig (z. B. psychiatrische und neurologische Erkrankungen) und sollten in der Regel nur stationär verabreicht werden.

Bei älteren und geschwächten Patienten sowie bei Patienten mit Herzinsuffizienz und/oder Hypotonie, die auf Benzodiazepine oft stärker als erwünscht ansprechen sowie Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, ist die Verordnung sorgfältig abzuwägen (Dosierungsanleitung beachten). Dies gilt auch für Patienten mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion.

Die Anwendung von Rudotel bei Kindern und Jugendlichen kann nicht empfohlen werden, da die klinischen Erfahrungen bei dieser Patientengruppe zu gering sind.

Art und Dauer der Anwendung

Die Tabletten werden tagsüber, unabhängig von den Mahlzeiten, unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen.

Abends sollte die Einnahme ca. A Stunde vor dem Schlafengehen und nicht auf vollen Magen erfolgen, da sonst mit verzögertem Wirkungseintritt und - abhängig von der Schlafdauer - mit verstärkten Nachwirkungen am nächsten Morgen gerechnet werden muss.

Bei akuten Krankheitsbildern ist die Anwendung von Rudotel auf Einzelgaben oder wenige Tage zu beschränken.

Bei chronischen Krankheitsbildern richtet sich die Dauer der Anwendung nach dem Verlauf. Nach zweiwöchiger täglicher Einnahme sollte vom Arzt durch eine schrittweise Verringerung der Dosis geklärt werden, ob eine weitere Behandlung mit Rudotel angezeigt ist.

Jedoch sollte die Behandlungsdauer 4 Wochen nicht überschreiten.

Bei einer Langzeittherapie werden Kontrollen des Blutbildes und der Leberfunktion empfohlen.

Bei längerer Anwendungsdauer (länger als 1 Woche) sollte beim Absetzen von Rudotel die Dosis schrittweise reduziert werden. Hierbei ist das vorübergehende Auftreten möglicher Absetzphänomene zu berücksichtigen (siehe 4.8 - Nebenwirkungen).

4.3    Gegenanzeigen

-    Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Benzodiazepine oder einen der sonstigen Bestandteile

-    Abhängigkeitsanamnese

-    Myasthenia gravis

4.4    Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Rudotel darf nur unter besonderer Vorsicht angewendet werden bei

-    akuter Vergiftung mit Alkohol, Schlaf- oder Schmerzmitteln sowie Psychopharmaka (Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium)

-    zerebellaren und spinalen Ataxien

-    schweren Leberschäden (z. B. cholestatischer Ikterus)

-    Schlafapnö-Syndromen.

Risikogruppen

Zu Beginn der Therapie sollte der behandelnde Arzt die individuelle Reaktion des Patienten auf das Medikament kontrollieren, um eventuelle relative Überdosierungen möglichst schnell erkennen zu können. Dies gilt insbesondere für ältere und geschwächte Patienten sowie Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislauf- und Ateminsuffizienz sowie eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion.

Weiterhin sollten den Patienten unter Berücksichtigung der spezifischen Lebenssituation (z. B. Berufstätigkeit) genaue Verhaltensanweisungen für den Alltag gegeben werden.

Bei mehrwöchiger Anwendung von Rudotel besteht die Gefahr einer psychischen und physischen Abhängigkeitsentwicklung. Eine fortgesetzte Anwendung sollte nur bei zwingender Indikation nach sorgfältiger Abwägung des therapeutischen Nutzens gegen das Risiko von Gewöhnung und Abhängigkeit erfolgen.

Nach ambulanter Anwendung zu diagnostischen Zwecken sollte der Patient erst nach einer Stunde und nur in Begleitung nach Hause entlassen werden. Weiterhin ist der Patient anzuweisen, keinen Alkohol einzunehmen.

Empfehlungen des Sachverständigenausschusses der Bundesregierung für den Arzt zur sachgerechten Anwendung von Benzodiazepin-haltigen Arzneimitteln

Benzodiazepine sind Arzneistoffe, die überwiegend zur vorübergehenden Behandlung schwerer Angstzustände und Schlafstörungen eingesetzt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen werden Benzodiazepine zu häufig und über eine zu lange Zeit verordnet, was zu einer Abhängigkeitsentwicklung führen kann. Dieses Risiko steigt mit der Höhe der Dosis und der Dauer der Anwendung an.

Neben ihrem Abhängigkeitspotential haben Benzodiazepine weitere unerwünschte Arzneimittelwirkungen, z. B. Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, verstärktes Wiederauftreten der ursprünglichen Symptomatik nach Absetzen der Medikation, Gedächtnisstörungen, neuropsychiatrische Nebenwirkungen sowie Änderung der Halbwertszeiten anderer Arzneistoffe. Neben der Abhängigkeitsentwicklung gibt auch der Missbrauch von Benzodiazepinen seit längerem Anlass zur Besorgnis.

Deshalb sind von den verordnenden Ärzten die folgenden Richtlinien zu beachten, die unter Berücksichtigung von Veröffentlichungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Arbeitsgemeinschaft Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie formuliert wurden:

1.    Sorgfältige Indikationsstellung!

2.    Bei Patienten mit einer Abhängigkeitsanamnese ist besondere Vorsicht geboten. In der Regel keine Verschreibung.

3.    In der Regel kleinste Packungseinheit verordnen.

4.    In möglichst niedriger, aber ausreichender Dosierung verordnen. Dosis möglichst frühzeitig reduzieren bzw. Dosierungsintervall vergrößern.

5.    Therapiedauer am Behandlungsbeginn mit dem Patienten vereinbaren und Behandlungsnotwendigkeit in kurzen Zeitabständen überprüfen. Es gibt Abhängigkeit auch ohne Dosissteigerung sowie die so genannte „Niedrigdosis-Abhängigkeit“!

6.    Innerhalb der Therapiedauer möglichst frühzeitig schrittweise Dosisreduktion bzw. Vergrößerung des Dosierungsintervalls, um Entzugssymptome wie z. B. Unruhe, Angst, Schlafstörungen, delirante Syndrome oder Krampfanfälle zu vermeiden.

7.    Aufklärung des Patienten, dass Benzodiazepine keinesfalls an Dritte weiterzugeben sind.

8.    Benzodiazepin-Verschreibungen sollten vom Arzt stets eigenhändig ausgefertigt und dem Patienten persönlich ausgehändigt werden.

9.    Beachtung der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

10. Alle Abhängigkeitsfälle über die jeweiligen Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Kenntnis bringen.

Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten Rudotel nicht einnehmen.

4.5    Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Anwendung anderer zentral wirksamer Medikamente (z. B. Psychopharmaka, Schlafmittel, teils auch Schmerzmittel, Anästhetika oder auch Antihistaminika) kann es zu gegenseitiger Verstärkung der Wirkungen kommen. Dies gilt insbesondere auch für gleichzeitigen Alkoholgenuss, durch den die Wirkungen von Rudotel in nicht voraussehbarer Weise verändert und verstärkt werden können.

Die Wirkung von Muskelrelaxantien kann verstärkt werden.

Bei gleichzeitiger Einnahme von Cimetidin, Disulfiram und Omeprazol kann die Wirkung von Rudotel verstärkt und verlängert werden.

Bei Rauchern kann die Ausscheidung von Rudotel beschleunigt werden.

Theophyllin hebt in niedriger Dosierung die durch Rudotel bewirkte Beruhigung auf.

Rudotel kann die Wirkung von Levodopa hemmen.

In seltenen Fällen kann durch Rudotel der Metabolismus von Phenytoin gehemmt und dessen Wirkung verstärkt werden.

Phenobarbital und Phenytoin können den Metabolismus von Rudotel beschleunigen.

Auf Grund der langsamen Elimination von Rudotel muss auch nach Beenden der Behandlung mit Rudotel noch mit möglichen Wechselwirkungen gerechnet werden.

Bei Patienten, die unter Dauerbehandlung mit anderen Arzneimitteln stehen wie z. B. zentral wirksamen Antihypertonika, Beta-Rezeptorenblockern, Antikoagulantien, Antidiabetika, herzwirksamen Glykosiden und Kontrazeptiva sind Art und Umfang von Wechselwirkungen nicht sicher vorhersehbar. Der behandelnde Arzt sollte vor Gabe von Rudotel abklären, ob entsprechende Dauerbehandlungen bestehen. Daher ist bei gleichzeitiger Anwendung des Präparates, insbesondere zu Beginn der Behandlung, besondere Vorsicht geboten.

4.6    Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft

In der Schwangerschaft sollte Rudotel nur in Ausnahmefällen bei zwingender Indikation - nicht in hohen Dosen oder über einen längeren Zeitraum - angewendet werden.

Das Missbildungsrisiko bei Einnahme therapeutischer Dosen von Benzodiazepinen in der Frühschwangerschaft scheint gering zu sein, obwohl einige epidemiologische Studien Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko für Gaumenspalten ergaben.

Fallberichte über Fehlbildungen und geistige Retardierung der pränatal exponierten Kinder nach Überdosierungen und Vergiftungen liegen vor.

Bei der Einnahme von Medazepam in der Schwangerschaft in hohen Dosen oder über einen längeren Zeitraum kann es durch Gewöhnung und Abhängigkeit zu postnatalen Entzugserscheinungen beim Kind kommen (Hyperaktivität, Erregbarkeit, Hypotonie, schwacher Saugreflex etc.).

Eine Anwendung zum Geburtszeitpunkt kann zum Auftreten des „Floppy-Infant-Syndrome“ führen. Stillzeit

Rudotel sollte nicht während der Stillzeit angewendet werden, da Medazepam und seine Metaboliten in die Muttermilch übertreten.

Die Milch-Plasma-Ratio zeigt dabei starke individuelle Unterschiede. Da Medazepam vom Neugeborenen wesentlich langsamer metabolisiert wird als von Kindern oder Erwachsenen, sollte unter einer Medazepam-Therapie nicht gestillt werden.

Bei zwingender Indikation sollte abgestillt werden.

4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen

Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten ganz, zumindest jedoch während der ersten Tage der Behandlung unterbleiben. Die Entscheidung trifft in jedem Einzelfall der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung.

4.8 Nebenwirkungen

Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien zu Grunde gelegt:

sehr häufig    (>    1/10)

häufig    (>    1/100 bis < 1/10)

gelegentlich    (>    1/1000 bis < 1/100)

selten    (>    1/10.000 bis < 1/1.000)

sehr selten    (<    1/10.000)

nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)

Herzerkrankungen

Selten:

- Bradykardie.

Erkrankungen des Nervensystems

Häufig:

-    Schwindelgefühl

-    Kopfschmerzen

-    Ataxie.

Nicht bekannt:

-    muskelrelaxierende Wirkung; insbesondere bei älteren Patienten ist Vorsicht geboten (Sturzgefahr).

In hoher Dosierung und bei längerer Anwendung von Rudotel können folgende reversible Störungen auftreten:

-    verlangsamtes oder undeutliches Sprechen (Artikulationsstörung)

-    Bewegungs- und Gangunsicherheit.

Augenerkrankungen

In hoher Dosierung und bei längerer Anwendung von Rudotel können als reversible Störungen auftreten:

-    Sehstörungen (Diplopie, Nystagmus).

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraumes und Mediastinums

Selten:

-    Atemdepression.

Die atemdepressive Wirkung kann bei Atemwegsobstruktion und bei Patienten mit Hirnschädigungen verstärkt in Erscheinung treten. Dies ist besonders bei gleichzeitiger Kombination mit anderen zentral wirksamen Substanzen zu beachten.

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Selten:

-    Magen-Darm-Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchbeschwerden, Verstopfung, Durchfall)

-    Mundtrockenheit.

Erkrankungen der Nieren und der Harnwege

Selten:

-    Harnverhaltung.

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Selten:

-    Glottisspasmen

-    vermehrte Muskelspasmen.

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Selten:

-    Appetitzunahme.

Gefäßerkrankungen

Selten:

-    Blutdruckabfall.

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Selten:

-    Brustschmerzen.

Erkrankungen des Immunsystems/Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Selten:

-    allergische Hautveränderungen (wie z. B. Juckreiz, Hautrötung, Hautausschlag).

Leber- und Gallenerkrankungen

Selten:

-    Gelbsucht.

Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse

Selten:

-    Störungen der Regelblutung.

Psychiatrische Erkrankungen

Häufig:

-    unerwünscht starke Tagessedierung sowie Müdigkeit (Schläfrigkeit, Mattigkeit, Benommenheit, verlängerte Reaktionszeit)

-    Verwirrtheit

-    anterograde Amnesie

-    Überhangseffekte (Konzentrationsstörung, Restmüdigkeit), die die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen.

Selten:

-    Abnahme des geschlechtlichen Bedürfnisses

-    Niedergeschlagenheit (Depression).

Nicht bekannt:

-    Halluzinationen

-    „paradoxe“ Reaktionen wie z. B. akute Erregungszustände, Angst, Suizidalität, Schlaflosigkeit, Wutanfälle, vermehrte Muskelspasmen.

Bei Patienten mit vorbestehender depressiver Erkrankung kann die Symptomatik verstärkt werden. Beim Auftreten von Halluzinationen sowie „paradoxer“ Reaktionen wie z. B. akute Erregungszustände, Angst, Suizidalität, Schlaflosigkeit, Wutanfälle, vermehrte Muskelspasmen sollte die Behandlung mit Rudotel beendet werden.

Nebenwirkungen bilden sich im Allgemeinen nach Dosisreduzierung zurück und lassen sich in der Regel durch sorgfältige individuelle Einstellung der Tagesdosen vermeiden.

Bei längerer oder wiederholter Anwendung von Rudotel kann es zur Toleranzentwicklung kommen.

Durch plötzliches Absetzen des Arzneimittels nach längerer täglicher Anwendung können nach etwa 2-4 Tagen Schlafstörungen und vermehrtes Träumen auftreten. Angst, Spannungszustände sowie Erregung und innere Unruhe können sich verstärkt wieder einstellen. Die Symptomatik kann sich in Zittern und Schwitzen äußern und sich bis zu bedrohlichen körperlichen (wie z. B. Krampfanfälle) und seelischen Reaktionen wie symptomatische Psychosen (z. B. Entzugsdelir) steigern. Daher ist die Behandlung ausschleichend zu beenden.

Rudotel besitzt ein primäres Abhängigkeitspotential. Bereits bei täglicher Anwendung über wenige Wochen ist die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung gegeben. Dies gilt nicht nur für den missbräuchlichen Gebrauch besonders hoher Dosen, sondern auch für den therapeutischen Dosisbereich.

Andere Nebenwirkungen

Der in Rudotel enthaltene Farbstoff Gelborange S kann allergische Reaktionen hervorrufen.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.

4.9 Überdosierung

Bei jeder Beurteilung einer Intoxikation sollte das Vorliegen einer Mehrfach-Intoxikation durch mögliche Einnahme mehrerer Arzneimittel, beispielsweise in suizidaler Absicht, berücksichtigt werden.

Die Symptome einer Überdosierung treten verstärkt unter dem Einfluss von Alkohol und anderen zentral dämpfenden Mitteln auf.

Symptome einer Überdosierung

Symptome leichter Überdosierung können z. B. Verwirrtheit, Somnolenz, Ataxie, Dysarthrie, Hypotonie und Muskelschwäche sein.

In Fällen hochgradiger Intoxikation kann es zu einer zentralen Depression der Herz-Kreislauf- und Atemfunktionen (Zyanose, Bewusstlosigkeit bis hin zum Atemstillstand, Herzstillstand) kommen (Intensivüberwachung!).

In der Abklingphase können hochgradige Erregungszustände vorkommen.

Therapiemaßnahmen bei Überdosierung

Im Frühstadium einer Vergiftung sind Magenspülungen und/oder Erbrechen indiziert sowie andere resorptionsvermindernde Maßnahmen (medizinische Kohle).

Neben der Kontrolle von Atmung, Pulsfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur sind im Allgemeinen i.v.-Flüssigkeitsersatz sowie unterstützende Maßnahmen und Bereitstellung von Notfallmaßnahmen für evtl. eintretende Atemwegsobstruktionen indiziert.

Bei Hypotonie können Sympathomimetika verabreicht werden. Bei Ateminsuffizienz, die auch durch periphere Muskelrelaxierung bedingt sein kann, assistierte Beatmung. Morphinantagonisten sind kontraindiziert.

Auf Grund der hohen Plasma-Eiweiß-Bindung und des großen Verteilungsvolumens von Medazepam bzw. dessen Metaboliten dürften forcierte Diurese oder Hämodialyse bei reinen Medazepam-Vergiftungen nur von geringem Nutzen sein.

Zur Aufhebung der zentral dämpfenden Wirkungen von Benzodiazepinen steht der spezifische Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil zur Verfügung.

5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN

5.1    Pharmakodynamische Eigenschaften

Pharmakotherapeutische Gruppe: Anxiolytika / Tranquilizer, 1,4-Benzodiazepin-Derivat ATC-Code: N05BA03

Medazepam ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der 1,4-Benzodiazepine mit ausgeprägten spannungs-, erregungs- und angstdämpfenden Eigenschaften sowie sedierenden und hypnotischen Effekten. Darüber hinaus zeigt Medazepam in höheren Dosen den Muskeltonus dämpfende und antikonvulsive Wirkungen.

Medazepam bindet mit niedriger Affinität an spezifische Rezeptoren im Zentralnervensystem sowie in einzelnen peripheren Organen. Die Benzodiazepin-Rezeptoren im Zentralnervensystem stehen in enger funktioneller Verbindung mit den Rezeptoren des GABA-ergen Transmittersystems. Nach Bindung an den Benzodiazepin-Rezeptor verstärkt Medazepam die hemmende Wirkung der GABA-ergen-Übertragung.

5.2    Pharmakokinetische Eigenschaften

Nach oraler Applikation wird Medazepam rasch resorbiert. Maximale Plasma-Konzentrationen werden nach 1-2 h erreicht.

Medazepam hat eine kurze Plasma-Eliminationshalbwertszeit von 2 h, da es schnell in seine Metaboliten umgewandelt wird. Medazepam fungiert als Prodrug. Die Wirksamkeit des Medazepams wird wesentlich durch die aktiven Metaboliten vermittelt. Als aktive Metaboliten entstehen Desmethylmedazepam, Diazepam, Desmethyldiazepam und Oxazepam. Bei längerer täglicher Einnahme (5 Tage, 50 mg oral) wird Desmethyldiazepam durch Kumulation zum Hauptmetabolit.

Der Abbau des Diazepams erfolgt hauptsächlich in der Leber, wobei die ebenfalls aktiven Metaboliten Desmethyldiazepam, Temazepam und Oxazepam entstehen.

Diazepam hat eine Eliminationshalbwertszeit von 20-100 h. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal, teilweise auch biliär.

Die Eliminationshalbwertszeit des aktiven Metaboliten Desmethyldiazepam liegt bei 50-80 h.

Der aktive Metabolit Oxazepam wird in der Leber glukuronidiert, die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Die terminale Plasma-Halbwertszeit liegt zwischen 6-25 h.

Plazentagängigkeit, Laktation

Untersuchungen über die Plazentagängigkeit von Medazepam liegen nicht vor. Da Medazepam zu Diazepam, Desmethyldiazepam und Oxazepam metabolisiert wird und eine Plazentagängigkeit dieser Benzodiazepine nachgewiesen ist, kann der Übergang dieser wirksamen Metaboliten vom maternalen ins embryonale/fötale Kompartiment als sicher angesehen werden. Im Allgemeinen ist der Plazentatransfer von Benzodiazepinen in der Spätschwangerschaft geringfügig höher als in der Frühschwangerschaft.

Medazepam sowie seine aktiven Metaboliten treten in die Muttermilch über.

Bioverfügbarkeit

Die Bioverfügbarkeit liegt bei 49-76 %.

Freies Medazepam liegt im Plasma zu 0,2 % vor.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

Akute Toxizität

Die Untersuchungen zur akuten Toxizität haben keine besondere Empfindlichkeit ergeben (siehe auch Punkt 12 - Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel).

Chronische Toxizität

Untersuchungen an verschiedenen Tierspezies ergaben keine Hinweise auf substanzbedingte Veränderungen.

Tumorerzeugendes und mutagenes Potential

Mehrere Untersuchungen lieferten schwache Hinweise auf ein mutagenes Potential in hohen Konzentrationen, die jedoch weit oberhalb der therapeutischen Dosierung beim Menschen liegen. Langzeituntersuchungen am Tier auf ein tumorerzeugendes Potential von Medazepam liegen nicht vor.

Reproduktionstoxizität

Untersuchungen über die Plazentagängigkeit von Medazepam liegen nicht vor. Die aktiven Metaboliten Diazepam und Oxazepam passieren die Plazentaschranke. Medazepam sowie seine aktiven Metaboliten treten in die Muttermilch über.

Das Missbildungsrisiko bei Einnahme therapeutischer Dosen von Benzodiazepinen scheint gering zu sein, obwohl einige epidemiologische Studien Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko für Gaumenspalten ergaben.

Fallberichte über Fehlbildungen und geistige Retardierung der pränatal exponierten Kinder nach Überdosierungen und Vergiftungen liegen vor (siehe auch Punkt 14 - Sonstige Hinweise).

Ergebnisse tierexperimenteller Studien:

Tierexperimentelle Studien haben Hinweise auf Verhaltensstörungen der Nachkommen langzeitexponierter Muttertiere ergeben.

6.    PHARMAZEUTISCHE ANGABEN

6.1    Liste der sonstigen Bestandteile

Lactose-Monohydrat

Kartoffelstärke

Gelatine

Talkum

Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzlich]

Farbstoff Gelborange S

6.2    Inkompatibilitäten

Nicht zutreffend.

6.3    Dauer der Haltbarkeit

5 Jahre

6.4    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung

Die Steckverschlussflasche im Umkarton aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.

6.5    Art und Inhalt des Behältnisses

Braune Steckverschlussflasche mit Steckstopfen

Packungsgrößen:

10 Tabletten 20 Tabletten 50 Tabletten

Klinikpackung zu 500 Tabletten

6.6    Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung

Keine besonderen Anforderungen.

7.    INHABER DER ZULASSUNG

TEVA GmbH

Graf-Arco-Str. 3 89079 Ulm

8.    ZULASSUNGSNUMMER

3000637.00.00

9.    DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG

26.11.2003

10.    STAND DER INFORMATION

Februar 2014

11.    VERKAUFSABGRENZUNG

Verschreibungspflichtig