Selit
Fachinformation (Zusammenfassung der Produkteigenschaften)
biosyn Arzneimittel GmbH SELIT®
1. Bezeichnung des Arzneimittels
SELIT®
Wirkstoff: Natriumselenit-Pentahydrat
100 µ[mikro]g Selen in 2 ml Injektionslösung
2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung
2 ml enthalten als Wirkstoff 0,333 mg Natriumselenit-Pentahydrat entsprechend 100 µg Selen in 0,9 %iger NaCl-Lösung.
Die Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. Darreichungsform
Injektionslösung
4. Klinische Angaben
4.1 Anwendungsgebiete
Nachgewiesener Selenmangel, der ernährungsmäßig nicht behoben werden kann. Ein Selenmangel kann auftreten bei:
– Maldigestions- und Malabsorptionszuständen,
– Fehl- und Mangelernährung (z. B. totale parenterale Ernährung).
4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Täglich 100 µ[mikro]g Selen (entsprechend 1 Ampulle SELIT®).
Die Injektion von SELIT® erfolgt als intramuskuläre oder intravenöse Anwendung. Zur Therapiekontrolle ist die Selenbestimmung im Vollblut bzw. Serum sinnvoll.
Eine parenterale Zufuhr soll so lange erfolgen, wie ein nachgewiesener Selenmangel besteht und eine ausreichende Aufnahme von Selen mit der Nahrung nicht möglich ist.
4.3 Gegenanzeigen
– Überempfindlichkeit gegen Natriumselenit-Pentahydrat oder einen der sonstigen Bestandteile
– Selenintoxikationen
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
SELIT® enthält Natrium, aber weniger als 1 mmol (23 mg) Natrium pro Ampulle.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Bei parenteraler Verabreichung von SELIT® als Zusatz zu Infusionslösungen muss sichergestellt sein, dass keine unspezifischen Ausfällungen auftreten. Es ist darauf zu achten, dass der pH-Wert nicht unter 7,0 absinkt und keine Mischung mit Reduktionsmitteln wie z. B. Vitamin C erfolgt, da dann eine Ausfällung von elementarem Selen nicht auszuschließen ist. Elementares Selen ist in wässrigem Medium nicht löslich und nicht bioverfügbar.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Bei nachgewiesenem, klinisch gesichertem Selenmangel besteht im therapeutischen Dosisbereich keine Einschränkung zur Einnahme von SELIT® in der Schwangerschaft.
Stillzeit
Bei nachgewiesenem, klinisch gesichertem Selenmangel besteht im therapeutischen Dosisbereich keine Einschränkung zur Einnahme von SELIT® in der Stillzeit.
Selen geht in die Muttermilch über.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Nicht zutreffend.
4.8 Nebenwirkungen
Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch bisher nicht bekannt.
4.9 Überdosierung
Anzeichen einer akuten Überdosierung sind knoblauchartiger Atemgeruch, Müdigkeit, Übelkeit, Diarrhö und abdominelle Schmerzen. Bei chronischer Überdosierung wurden Veränderungen des Nagel- und Haarwachstums sowie periphere Polyneuropathien beobachtet.
Als Gegenmaßnahme kommt erzwungene Diurese in Frage. Bei extremer Überdosierung (1.000–10.000fach) kann versucht werden, das Selenit durch Dialyse zu eliminieren. Von der Verwendung von Dimercaprol ist abzuraten, da es die Toxizität von Selen steigert.
5. Pharmakologische Eigenschaften
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Spurenelement-Präparat
ATC-Code: A12CE02
Selen ist ein essentielles Spurenelement. In Nagetieren sind bisher 20 Selenoproteine identifiziert worden. Beim Menschen nachgewiesen bzw. gereinigt sind Glutathionperoxidase und ein im Plasma gefundenes, Selenoprotein P genanntes Selenbindungsprotein. In beiden Proteinen liegt Selen proteingebunden in Form der Aminosäure Selenocystein vor. Im Tier wurde kürzlich die Typ I Jodthyronin-5'-Dejodase als Selenenzym charakterisiert. Die Jodthyronin-Dejodase wandelt auch beim Menschen in der Schilddrüse, Leber und Niere Thyroxin (T4) in Trijodthyronin (T3), das aktive Schilddrüsenhormon, um. Bei Selenmangel, z. B. bei Phenylketonurie und zystischer Fibrose, konnten erhöhte T4-Werte bei gleichzeitig reduziertem T3-Spiegel nachgewiesen werden. Durch die Gabe von Natriumselenit normalisiert sich der Schilddrüsenstoffwechsel wieder.
Die selenhaltige Glutathionperoxidase ist Bestandteil des antioxidativen Schutzsystems der Säugetierzelle. In Gegenwart ausreichender Mengen an Substrat, d. h. reduziertem Glutathion, konvertiert die Glutathionperoxidase eine Vielzahl verschiedener Hydroperoxide zu entsprechenden Alkoholen. In zellulären oder subzellulären Modellsystemen wurde gezeigt, dass die Integrität zellulärer und subzellulärer Membranen entscheidend von der Intaktheit des Glutathionperoxidase-Systems abhängt. Synergistisches Wirken mit Vitamin E in verschiedenen Zellfraktionen wird postuliert, ist aber nicht schlüssig nachgewiesen. Selen als Bestandteil der Glutathionperoxidase kann die Lipidperoxidationsrate und daraus resultierende Membranschäden senken. Nicht alle Wirkungen von Selen lassen sich ausschließlich mit der Aktivität der Glutathionperoxidase erklären.
Die pathophysiologische Relevanz der selenabhängigen Reaktionen ist nach Beobachtungen im Selenmangel bei Mensch und Tier belegt: Die selenhaltige Glutathionperoxidase beeinflusst den Leukotrien-, Thromboxan- und Prostazyklinstoffwechsel. Selensubstitution aktiviert Reaktionen der Immunabwehr, insbesondere die unspezifischen, zellgebundenen und humoralen Reaktionen. Selenmangel beeinflusst die Aktivität einiger Leberenzyme. Selenmangel potenziert oxidativ oder chemisch induzierte Leberschäden sowie die Toxizität von Schwermetallen wie Quecksilber und Cadmium.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Natriumselenit wird nicht direkt in Proteine eingebaut. Im Blut wird Selenit hauptsächlich von den Erythrozyten aufgenommen und enzymatisch zu Selenwasserstoff reduziert. Selenwasserstoff dient als zentraler Selenpool für die Ausscheidung und für den gezielten Einbau in Selenoproteine. In dieser reduzierten Form wird Selen an Plasmaproteine gebunden, die in die Leber und andere Organe wandern. Der von der Leber ausgehende plasmatische Sekundärtransport in die Glutathionperoxidase-synthetisierenden Zielgewebe geschieht wahrscheinlich in Form eines Selenocystein-haltigen P-Selenoproteins. Der weitere metabolische Verlauf der Selenoprotein-Biosynthese ist bisher nur in Prokaryonten bekannt. Selenocystein wird dann im Verlauf der Translation spezifisch in die Peptidketten der Glutathionperoxidase eingebaut.
Überschüssiger Selenwasserstoff wird über Methylselenol und Dimethylselenid zum Trimethylselenonium-Ion, dem hauptsächlichen Ausscheidungsprodukt, metabolisiert.
Selenit wird nach oraler Applikation vorwiegend aus dem Dünndarm absorbiert. Die intestinale Absorption von Natriumselenit ist nicht homöostatisch reguliert. Sie beträgt in Abhängigkeit von der Konzentration und von Begleitsubstanzen zwischen 44 % und 89 %, gelegentlich über 90 %. Die Aminosäure Cystein fördert die Natriumselenit-Absorption.
Die Gesamtmenge an Selen im menschlichen Körper liegt zwischen 4 mg und 20 mg. Die Ausscheidung von Selen erfolgt beim Menschen je nach applizierter Dosis über die Fäzes, über den Urin oder über die Lunge. In erster Linie wird Selen in Form des Trimethylselenonium-Ions renal ausgeschieden. Die Exkretion hängt vom Selenstatus ab.
Die Selenausscheidung nach intravenöser oder oraler Gabe läuft in drei Phasen ab. Bei oraler Gabe von 10 µ[mikro]g in Form von [75Se] Natriumselenit wurden in den ersten zwei Wochen 14–20 % der absorbierten Dosis an Selen über den Urin ausgeschieden, während praktisch keine Ausscheidung über die Lunge oder die Haut festgestellt werden konnte. Die Gesamtkörperretention von Selen nahm triphasisch ab mit einer Halbwertszeit von 0,7–1,2 Tagen in der 1. Phase, 7–11 Tagen in der 2. Phase und 96–144 Tagen in der 3. Phase. Die Selenkonzentration nahm in Leber, Herz und Plasma schneller ab als im Skelettmuskel oder in den Knochen. Von einer intravenös verabreichten Dosis von [75Se] Natriumselenit wurden innerhalb der ersten 24 Stunden 12 % ausgeschieden. Weitere 40 % wurden mit einer biologischen Halbwertszeit von 20 Tagen eliminiert. Die Halbwertszeit der dritten Phase wurde mit 115 Tagen bestimmt.
Bei einem direkten Vergleich zwischen oraler und intravenöser Verabreichung einer physiologischen Dosis an [74Se] Natriumselenit wurden nach intravenöser Gabe von 82 µ[mikro]g Selen in Form von Natriumselenit in den ersten 24 Stunden 18 % der Dosis zusammen mit metabolisch ausgetauschtem Körper-Selen über den Harn ausgeschieden. Danach verläuft die Ausscheidung für beide Applikationsarten gleichartig. Oral und parenteral appliziertes Natriumselenit ist bei gesunden Probanden vergleichbar.
Vorkommen und Bedarf
Der Gehalt der Böden und Pflanzen an Selen liegt in Deutschland vergleichsweise niedrig, nicht jedoch der Selengehalt tierischer Nahrung. In Pflanzen liegt Selen überwiegend proteingebunden als Selenomethionin und Selenocystein bzw. -cystin vor. Tierische Nahrung enthält Selenoproteine, die Selenocystein bzw. -cystin enthalten, aber auch noch nicht isolierte niedermolekulare Selenverbindungen. Selenreiche Nahrungsmittel sind Eigelb, Fisch und Fleisch, insbesondere von Huhn und Schwein, sowie Innereien. Die minimal notwendige Selenzufuhr des Menschen hängt ab von der chemischen Form des aufgenommenen Elements und von der Zusammensetzung der Diät, in der es vorliegt. In China wurde experimentell eine Menge von 15–20 µ[mikro]g Selen pro Tag als ausreichend ermittelt, um vor endemischen Selenmangelkrankheiten zu schützen. Der National Research Council (NRC) der USA empfiehlt für Männer eine tägliche Zufuhr von 70 µ[mikro]g Selen, für Frauen von 55 µ[mikro]g Selen. Der NRC stufte früher (bis 1989) Tagesmengen von 50–200 µ[mikro]g Selen als angemessen und unbedenklich ein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 30–70 µ[mikro]g Selen täglich.
Die tägliche durchschnittliche Selenzufuhr, zu 2/3 gedeckt durch die Zufuhr von tierischem Eiweiß, liegt in den alten Bundesländern Deutschlands bei 38 µ[mikro]g für Frauen und 47 µ[mikro]g für Männer. Im Gebiet der neuen Bundesländer wurden hingegen nur Werte von 20–25 µ[mikro]g Selen ermittelt. Die nutritive Selenzufuhr ist in Deutschland nicht immer gedeckt. Das Risiko einer unzureichenden Versorgung mit Selen besteht besonders in Situationen mit erhöhtem Bedarf (z. B. Schwangerschaft und Stillzeit), bei Personen unter Schwermetall- und Oxidanzienbelastung, bei Patienten mit gastrointestinalen Komplikationen (z. B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen) und bei parenteral oder mit besonderen Diäten (z. B. Phenylketonurie) ernährten Personen.
Mangelerscheinungen
Beim Menschen wurden aIs Selenmangelerkrankungen die Keshan-Krankheit, eine endemisch auftretende Kardiomyopathie, und die sogenannte Kaschin-Beck-Krankheit, eine ebenfalls endemisch auftretende Osteoarthropathie mit starker Verformung der Gelenke, beschrieben. Klinisch manifester Selenmangel wurde auch als Folge von lang dauernder parenteraler Ernährung und von bilanzierten Diäten beobachtet. Dabei traten vor allem Kardiomyopathien und Myopathien der Skelettmuskulatur sowie Verschiebungen des T3/T4-Verhältnisses auf. Epidemiologische Untersuchungen deuten auf eine inverse Korrelation zwischen Blut-Selenspiegeln und der Inzidenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Kardiomyopathien, Arteriosklerose, Myokardinfarkt) sowie von Tumorerkrankungen (besonders des Verdauungstraktes, der Brust und der Leber) hin. Erniedrigte Plasma-Selenspiegel können vorliegen bei Patienten mit Niereninsuffizienz sowie bei gastrointestinalen Erkrankungen. Eine suboptimale Selenzufuhr führt bei Mensch und Tier zwar zu einer verminderten Aktivität der Glutathionperoxidase, jedoch nicht zu einer klinisch fassbaren Symptomatik.
Ein Selenmangel kann durch einen erniedrigten Vollblut- oder Plasma-Selenspiegel und durch erniedrigte Glutathionperoxidase-Aktivitäten in Vollblut, Plasma oder Thrombozyten nachgewiesen werden.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Auf der Grundlage der Ergebnisse toxikologischer Untersuchungen zur akuten Toxizität, chronischen Toxizität und Reproduktiontoxikologie ist bei Einhaltung des vorgeschriebenen Dosierungsbereiches kein Risiko für den Menschen zu erwarten.
In einer Vielzahl unterschiedlicher in-vitro Untersuchungen wurden für Na-Selenit sowohl mutagene als auch antimutagene Wirkungen nachgewiesen. In-vivo lässt sich in sehr hohen Dosierungen ein mutagenes und kanzerogenes Potential nachweisen, wohingegen dieses für therapeutische Dosen nicht besteht.
6. Pharmazeutische Angaben
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Natriumchlorid, Salzsäure, Wasser für Injektionszwecke.
6.2 Inkompatibilitäten
SELIT® ist mit allen gebräuchlichen Infusionslösungen mischbar. Zur Sicherheit sollte bei allen Infusionslösungen nach dem Mischen mit SELIT® auf unspezifische Ausfällungen geachtet werden.
Siehe auch unter Abschnitt 4.5 „Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen“.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Die Aufbewahrungszeit für SELIT® beträgt 4 Jahre. Da SELIT® keine Konservierungsmittel enthält, müssen angebrochene Ampullen sofort verbraucht werden.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Aufbewahrungsbedingungen erforderlich.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Klare, farblose Injektionslösung in Ampullen aus Klarglas.
Originalpackung mit 1 Ampulle zu 2 ml Injektionslösung (N1)
Originalpackung mit 5 (5 x 1) Ampullen zu 2 ml Injektionslösung (N1)
Originalpackung mit 10 Ampullen zu 2 ml Injektionslösung (N2)
Klinikpackung mit 50 Ampullen zu 2 ml Injektionslösung
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. Inhaber der Zulassungen
biosyn Arzneimittel GmbH
Schorndorfer Straße 32
70734 Fellbach
Tel. (0711) 5 75 32 00
Fax (0711) 5 75 32 99
E-Mail: info@biosyn.de
http://www.biosyn.de
8. Zulassungsnummer
6678653.00.00
9. Datum der Erteilung der Zulassung/Verlängerung der Zulassung
20. April 2005
10. Stand der Information
Mai 2011
11. Verkaufsabgrenzung
Verschreibungspflichtig
Stand der Information: Mai 2011 Fachinformation (Mai 2011) Seite 1/8