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Sultamicillin-Ratiopharm 375 Mg Filmtabletten

Wortlaut der für die Fachinformation vorgesehenen Angaben


Fachinformation


1. Bezeichnung des Arzneimittels


Sultamicillin-ratiopharm® 375 mg Filmtabletten


2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung


Jede Filmtablette enthält 506,3 mg Sultamicillintosilat 2 H2O, entsprechend 375 mg Sultamicillin.


Sonstige Bestandteile:

Jede Filmtablette enthält 61,5 mg Lactose.

Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.


3. Darreichungsform


Filmtablette


Weiße runde bikonvexe Filmtablette.


4. Klinische Angaben


4.1 Anwendungsgebiete


Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettensind geeignet zur Behandlung von Infektionen, die durch Sultamicillin-empfindliche Erreger verursacht werden, z. B.



Ferner ist Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettenbei Patienten, die einer Nachbehandlung mit Sultamicillin im Anschluss an eine intravenöse oder intramuskuläre Therapie mit Sulbactam/Ampicillin bedürfen, indiziert.


Die offiziellen Richtlinien für den angemessenen Gebrauch von Antibiotika sind zu beachten.


4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung


Die empfohlene Dosierung beträgt für Erwachsene und Kinder mit einem Körpergewicht über 30 kg 375 bis 750 mg Sultamicillin (1 bis 2 Filmtabletten) 2 x täglich.


Zur Behandlung einer unkomplizierten Gonorrhoe kann Sultamicillin als orale Einzeldosis von 2,25 g (= 6 Filmtabletten Sultamicillin-ratiopharm®375 mg) gegeben werden. Zusätzlich sollte hier 1 g Probenecid eingenommen werden, um länger anhaltende Serumspiegel der Wirkstoffe zu erreichen.


Besondere Patientengruppen


Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion

Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion wird die Ausscheidung von Sulbactam und Ampicillin in gleicher Weise verzögert. Die Dosierungsintervalle von Sultamicillin sollten bei solchen Patienten in Übereinstimmung mit dem üblichen Vorgehen bei Ampicillin-Therapie verlängert werden.


Dosierungsempfehlungen bei eingeschränkter Nierenfunktion



Kreatinin-Clearance

Dosierungsintervall

5 - 14 ml/min

< 5 ml/min

24 Stunden

48 Stunden


Kinder

Säuglinge, Kleinkinder und Kinder mit einem Körpergewicht von bis zu 30 kg erhalten im Allgemeinen eine Sultamicillin-Dosis von 50 mg/kg Körpergewicht pro Tag, aufgeteilt in 2 Einzeldosen.


Art und Dauer der Anwendung


Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettenkann sowohl zu als auch zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.


Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem Krankheitsverlauf. Abhängig von der Schwere der Infektion beträgt sie im Allgemeinen 5 bis 14 Tage. In schweren Krankheitsfällen kann über längere Zeit weiterbehandelt werden. Die Behandlung sollte bis 48 Stunden nach Abklingen des Fiebers und anderer Krankheitssymptome erfolgen.


Bei der Behandlung von Infektionen mit β-hämolysierenden Streptokokken ist aus Sicherheitsgründen eine Ausdehnung der Therapie auf mindestens 10 Tage angezeigt, um Spätkomplikationen vorzubeugen (rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis).


Die Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettensind möglichst in aufrechter Körperhaltung mit Flüssigkeit einzunehmen, um eventuelle Läsionen der Speiseröhre bei zu langer Verweildauer zu vermeiden.


4.3 Gegenanzeigen


Überempfindlichkeit gegen Sultamicillin, andere Penicilline oder einen der sonstigen Bestandteile.


4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung


Wegen der Gefahr eines anaphylaktischen Schocksdarf Sultamicillin bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Penicillinen nicht gegeben werden. Vor Beginn einer Therapie mit Sultamicillin sollten auch sorgfältig Überempfindlichkeitsreaktionen auf Cephalosporine und andere Allergene erfragt werden, da bei diesen Patienten eher mit allergischen Reaktionen nach einer Gabe von Sultamicillin zu rechnen ist. Wenn eine allergische Reaktion auftritt ist das Medikament abzusetzen und eine entsprechende Therapie einzuleiten.


Bei schwerwiegenden anaphylaktischen Reaktionen kann eine sofortige Notfallbehandlung mit Adrenalin erforderlich sein.

Sauerstoff, intravenöse Steroide und Beatmung, einschließlich einer Intubation, können ebenfalls erforderlich sein.


Wie bei jeder Antibiotikatherapie muss auf die Zeichen einer Überwucherung mit nicht empfindlichen Keimen (einschließlich Pilzen) geachtet werden. Sobald eine Infektion mit diesen Organismen auftritt, sollte das Präparat abgesetzt und/oder eine geeignete Therapie eingeleitet werden.


Bei Anwendung von nahezu allen Antibiotika, einschließlich Sultamicillin, wurde über das Auftreten von Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhöen (CDAD) berichtet. Von der Ausprägung her reichten diese von leichtem Durchfall bis hin zu einer Kolitis mit letalem Ausgang. Eine Therapie mit Antibiotika verändert die normale Darmflora, was zu einer Überwucherung mit C. difficile führen kann.


C. difficile produziert die Toxine A und B, die zur Entwicklung von CDAD beitragen. Hypertoxin produzierende Stämme von C. difficile sind mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert, da derartige Infektionen therapieresistent gegenüber einer antibiotischen Therapie sein können und eventuell eine Kolektomie notwendig machen. Eine CDAD muss daher bei allen den Patienten in Erwägung gezogen werden, bei denen nach einer Antibiotika-Anwendung eine Diarrhöe auftritt. Hierbei ist eine sorgfältige medikamentöse Anamnese durchzuführen, da eine CDAD bis zu 2 Monaten nach Durchführung einer Antibiotikatherapie auftreten kann.


Bei schweren Magen-Darm-Störungen mit Erbrechen und Durchfall ist die orale Anwendung von Sultamicillin nicht angezeigt, da eine ausreichende Resorption nicht gewährleistet ist.


Bei Patienten mit Pfeifferschem Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) oder lymphatischer Leukämie sollten gleichzeitig bestehende bakterielle Infektionen nicht mit Sultamicillin behandelt werden, da diese Patienten häufiger zu masernähnlichen Hautreaktionen neigen.


Bei länger dauernder Therapie (mehr als 14 Tage) sollten regelmäßige Kontrollen des Blutbildes sowie der Nieren- und Leberfunktion durchgeführt werden.


Sultamicillin wird nach oraler Gabe hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Das sollte in Neugeborenen berücksichtigt werden, da die Elimination über die Niere noch nicht vollständig ausgebildet ist.


Bei Säuglingen mit rezidivierenden Durchfällen sollte Sultamicillin, mit Ausnahme einer kurzfristigen Fortführung einer parenteralen Behandlung mit Sultamicillin nicht eingesetzt werden.


Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettennicht einnehmen.


4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen


Folgende Wechselwirkungen zwischen dem vorliegenden Arzneimittel und anderen Mitteln sind von Bedeutung:


Andere Antibiotika bzw. Chemotherapeutika

Sultamicillin sollte nicht mit bakteriostatisch wirkenden Chemotherapeutika oder Antibiotika wie z. B. Tetracyclinen, Erythromycin, Sulfonamiden oder Chloramphenicol kombiniert werden, da eine Wirkungsabschwächung möglich ist.


Allopurinol

Bei Gichtpatienten, die mit Allopurinol behandelt werden, ist bei gleichzeitiger Gabe von Sultamicillin die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Hautreaktionen erhöht.


Antikoagulanzien

Die bei Penicillinen auftretenden Veränderungen der Thrombozytenaggregation und Prothrombinzeit können sich bei gleichzeitiger Gabe von Antikoagulanzien verstärken.


Methotrexat

Die gleichzeitige Gabe von Methotrexat und Penicillinen führte zu einer verminderten Methotrexat-Clearance und zu einer entsprechend erhöhten Methotrexat-Toxizität. Die Patienten sollten streng überwacht werden, eine erhöhte und verlängerte Gabe von Leukovorin ist in Erwägung zu ziehen.


Probenecid

Die gleichzeitige Gabe von Probenecid führt als Folge einer Hemmung der renalen Ausscheidung (tubulären Sekretion) zu höheren und länger anhaltenden Ampicillin- und Sulbactam-Konzentrationen im Serum und Ampicillin-Konzentrationen in der Galle.


Hormonale Kontrazeptiva

Unter der Therapie mit Aminopenicillinen wie Ampicillin kann in seltenen Fällen die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkung von hormonalen Kontrazeptiva in Frage gestellt sein. Es empfiehlt sich deshalb, nichthormonale empfängnisverhütende Maßnahmen zusätzlich anzuwenden.


Nichtsteroidale Antirheumatika

Acetylsalicylsäure, Indomethacin und Phenylbutazon können die Ausscheidung von Penicillinen verzögern.


Laboruntersuchungen

Durch die Behandlung mit Sultamicillin können folgende Laboruntersuchungen beeinflusst werden: Nicht enzymatische Methoden zur Harnzuckerbestimmung können ein positives Resultat ergeben. Der Urobilinogennachweis kann gestört sein. Nach Verabreichung von Ampicillin an schwangere Frauen konnte eine vorübergehende Verminderung der Plasmakonzentration verschiedener Östrogene beobachtet werden. Dieser Effekt könnte auch unter Therapie mit Sultamicillin auftreten.


4.6 Schwangerschaft und Stillzeit


Schwangerschaft

Ampicillin und Sulbactam sind plazentagängig. Aus bisherigen unzureichenden Erfahrungen mit der Anwendung von Ampicillin/Sulbactam bei Schwangeren haben sich keine Anhaltspunkte für fruchtschädigende Wirkungen ergeben. Es liegen allerdings keine Erfahrungen für die Verwendung von Ampicillin/Sulbactam im 1. Trimenon der Schwangerschaft vor. In tierexperimentellen Studien mit Ampicillin und Sulbactam wurden keine reproduktionstoxikologischen Effekte gesehen. Vorsichtshalber sollte eine Anwendung in der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den behandelnden Arzt erfolgen.


Stillzeit

Geringe Konzentrationen von Ampicillin und Sulbactam gehen in die Muttermilch über. Beim gestillten Säugling können deshalb Durchfälle und Sprosspilzbesiedlung der Schleimhäute auftreten. An die Möglichkeit einer Sensibilisierung sollte gedacht werden. Wenn eine Behandlung der Mutter mit Ampicillin/Sulbactam für dringend notwendig erachtet wird, sollte die Patientin ihr Kind vorsichtshalber nicht stillen.


4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen


Da gelegentlich Schwindel nach der Einnahme von Sultamicillin auftreten kann, sollten Patienten wissen, wie sie auf das Arzneimittel reagieren, bevor sie ein Fahrzeug lenken oder Maschinen bedienen.


4.8 Nebenwirkungen


Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien zugrunde gelegt:

Sehr häufig (≥ 1/10)

Häufig (≥ 1/100 bis < 1/10)

Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100)

Selten (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000)

Sehr selten (< 1/10.000)

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)


Allergische Reaktionen (z. B. Ausschlag, Juckreiz, urtikarielles Exanthem, makulopapulöse, morbilliforme Exantheme) sind möglich. Wenn derartige Symptome auftreten, ist das Medikament abzusetzen. Eine Sofortreaktion an der Haut in Form eines urtikariellen Exanthems deutet meist auf eine echte Penicillin-Allergie hin und zwingt zum Therapieabbruch.


Zwischen Hautpilzen und Penicillin kann eine Antigengemeinschaft bestehen, so dass bei Personen, die an einer Hautpilzinfektion erkrankt sind oder waren, auch bei erstmaliger Penicillin-Gabe, Überempfindlichkeitsreaktionen wie nach Zweitkontakt nicht auszuschließen sind.


Schwere akute Überempfindlichkeitserscheinungen können auftreten und äußern sich als: Angioödem, Zungenschwellung, innere Kehlkopfschwellung mit Einengung der Luftwege, schwere Hautreaktionen Herzjagen, Atemnot, Arzneimittelfieber, Serumkrankheit und Nephritis, Blutdruckabfall, anaphylaktoide Reaktion, anaphylaktischer Schock. Beim Auftreten dieser Erscheinungen ist unter Umständen sofortige ärztliche Hilfe erforderlich.


Die folgenden Nebenwirkungen wurden beobachtet:


Infektionen und parasitäre Erkrankungen

Selten:

pseudomembranöse Kolitis

Nicht bekannt:

Candidiasis, Pathogenresistenz

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Gelegentlich:

Thrombozytopenie*

Nicht bekannt:

  • Panzytopenie, Verlängerung der Blutungs- und Prothrombinzeit

  • Agranulozytose, Leukopenie, Neutropenie, hämolytische Anämie, Anämie, Eosinophilie, thrombozytopenische Purpura*

Erkrankungen des Immunsystems

Nicht bekannt:

Anaphylaktoide Reaktionen, anaphylaktischer Schock, Angioödeme

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Nicht bekannt:

Anorexie

Erkrankungen des Nervensystems

Gelegentlich:

Kopfschmerzen, Müdigkeit

Selten:

Schwindel, zerebrale Krampfanfälle*

Nicht bekannt:

Neurotoxische Erscheinungen

Gefäßerkrankungen

Nicht bekannt:

allergische Vaskulitis

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums

Nicht bekannt:

Dyspnoe

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Sehr häufig:

Diarrhoe

Häufig:

Übelkeit, Bauchschmerzen

Gelegentlich:

Erbrechen, Glossitis*

Selten:

Enterokolitis

Nicht bekannt:

  • Meteorismus, Oberbauchbeschwerden, trockener Mund, Melaena, Dysgeusie, hämorrhagische Enterokolitiden,

  • Stomatitis, schwarze Haarzunge*

Leber- und Gallenerkrankungen

Gelegentlich:

Hyperbilirubinämie*

Nicht bekannt:

Erhöhungen der Leberenzymwerte (SGPT, SGOT), Ikterus, Leberfunktionsstörungen*

Erkankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Selten:

Stevens-Johnson-Syndrom, toxisch epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom), Erythema exsudativum multiforme, exfoliative Dermatitis*

Nicht bekannt:

Rash, Juckreiz, Hautreaktionen

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Nicht bekannt:

Arthralgie

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Selten:

interstitielle Nephritis

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Gelegentlich:

Erschöpfung

Nicht bekannt

Schleimhautentzündungen

* Die kursivgeschriebenen Nebenwirkungen wurden bei i.m.- / i.v.-Gabe von Ampicillin und/oder Sulbactam/Ampicillin beobachtet.


Bei schweren und anhaltenden Durchfällen ist an eine antibiotikabedingte, pseudomembranöse Kolitis zu denken, die selten auftritt und lebensbedrohlich sein kann. Deshalb ist in diesen Fällen Sultamicillin sofort abzusetzen und eine geeignete Therapie (z. B. Vancomycin oral, 4 x 250 mg täglich) einzuleiten. Peristaltikhemmende Präparate sind kontraindiziert.


Das typische masernähnliche Ampicillin-Exanthem, das 5 bis 11 Tage nach Behandlungsbeginn auftritt, lässt eine weitere Therapie mit Penicillin-Derivaten zu.


Wie bei vielen anderen Antibiotika ist eine Überwucherung durch unempfindliche Organismen inklusive Pilzen möglich. Deshalb ist auf solche Zeichen zu achten und gegebenenfalls eine geeignete Therapie einzuleiten.


Es ist zu erwarten, dass die unter einer Ampicillin-Therapie beobachteten Nebenwirkungen auch unter Therapie mit Sultamicillin auftreten.


4.9 Überdosierung


Über die akute Toxizität von Ampicillin/Sulbactam liegen nur begrenzte Erfahrungen vor. Bei Überdosierung können Symptome entsprechend dem Nebenwirkungsprofil (siehe Abschnitt 4.8) von Sultamicillin auftreten. Diese beschriebenen Nebenwirkungen können in solchen Fällen möglicherweise häufiger und in stärkerer Ausprägung beobachtet werden. In sehr hohen Dosen können Betalaktam-Antibiotika zu zerebralen (epileptischen) Krämpfen führen. Eine Sedierung mit Diazepam wird empfohlen, wenn Krämpfe durch Überdosierung auftreten. Da Ampicillin und Sulbactam hämodialysierbar sind, kann im Falle einer Überdosierung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion durch Hämodialyse eine höhere Elimination erreicht werden.


5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN


Pharmakodynamische Eigenschaften


Pharmakotherapeutische Gruppe

Sultamicillin ist ein oral applizierbarer Ester aus Ampicillin und dem Betalaktamase-Inhibitor Sulbactam, der im Körper schnell in seine beiden Komponenten gespalten wird.

Ampicillin ist ein halbsynthetisches, nicht Betalaktamase-festes Aminopenicillin. Sulbactam ist ein in seiner Struktur dem Ampicillin und anderen Penicillinen verwandter Betalaktamase-Inhibitor.


ATC-Code: J01CR04


Wirkungsweise

Der Wirkungsmechanismus von Ampicillin beruht auf einer Hemmung der bakteriellen Zellwandsynthese (in der Wachstumsphase) durch Blockade der Penicillin-bindenden Proteine (PBPs) wie z. B. der Transpeptidasen. Hieraus resultiert eine bakterizide Wirkung.


In Kombination mit Sulbactam wird die Inaktivierung von Ampicillin durch bestimmte Betalaktamasen gehemmt. Sulbactam schützt Ampicillin vor dem Abbau durch die meisten Betalaktamasen von Staphylokokken sowie einigen plasmidkodierten Betalaktamasen (z. B. TEM, OXA) und bestimmten chromosomalkodierten Betalaktamasen von Gram-negativen Bakterien. Diese Betalaktamasen kommen z. B. bei Escherichia coli, Klebsiella spp., Proteus mirabilis und Haemophilus influenzae vor. Das antibakterielle Wirkungsspektrum von Ampicillin wird um Bakterien erweitert, deren Betalaktamasen durch Sulbactam hemmbar sind.


Beziehung zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik

Die Wirksamkeit hängt im Wesentlichen von der Zeitdauer ab, während der der Wirkstoffspiegel von Ampicillin oberhalb der minimalen Hemmkonzentration (MHK) des Erregers liegt, ab.


Resistenzmechanismen

Eine Resistenz gegenüber Ampicillin/Sulbactam kann auf folgenden Mechanismen beruhen:

Inaktivierung durch Betalaktamasen: Ampicillin/Sulbactam besitzt keine ausreichende Aktivität gegen Betalaktamase-bildende Bakterien, deren Betalaktamasen durch Sulbactam nicht gehemmt werden.

Reduzierte Affinität von PBPs gegenüber Ampicillin: Die erworbene Resistenz bei Pneumokokken und anderen Streptokokken gegenüber Ampicillin/Sulbactam beruht auf Modifikationen vorhandener PBPs als Folge einer Mutation. Methicillin (Oxacillin)-resistente Staphylokokken sind aufgrund der Bildung eines zusätzlichen PBPs mit verminderter Affinität gegenüber Ampicillin und allen anderen Betalaktam-Antibiotika resistent.

Unzureichende Penetration von Ampicillin durch die äußere Zellwand kann bei Gram-negativen Bakterien dazu führen, dass die PBPs nicht ausreichend gehemmt werden.


Durch Effluxpumpen kann Ampicillin aktiv aus der Zelle transportiert werden.

Eine partielle oder vollständige Kreuzresistenz von Ampicilllin/Sulbactam besteht mit Penicillinen, Cephalosporinen sowie anderen Betalaktam/Betalaktamase-Inhibitor-Kombinationen.


Grenzwerte

Die Testung von Ampicillin/Sulbactam erfolgt unter Benutzung der üblichen Verdünnungsreihe oder unter Verwendung einer Verdünnungsreihe von Amoxicillin in Anwesenheit einer konstanten Konzentration von 4 mg/l Sulbactam. Folgende minimale Hemmkonzentrationen für sensible und resistente Keime wurden festgelegt:


EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) Grenzwerte:


Erreger

Sensibel

Resistent

Enterobacteriaceae

-

> 8 mg / l

Enterococcus spp.

4 mg / l

> 8 mg / l

Haemophilus influenzae

1 mg / l

> 1 mg / l

Moraxella catarrhalis

1 mg / l

> 1 mg / l

Gram-negative Anaerobier

4 mg / l

> 8 mg / l

Gram-positive Anaerobier

4 mg / l

> 8 mg / l

Nicht speziesspezifische Grenzwerte*

2 mg / l

> 8 mg / l

* Basieren hauptsächlich auf der Serumpharmakokinetik


Für Staphylococcusspp., Streptococcusspp. (Gruppen A, B, C, G) und Streptococcus pneumoniae wird das Testergebnis von Penicillin G übernommen.


Prävalenz der erworbenen Resistenz in Deutschland

Die Prävalenz der erworbenen Resistenz einzelner Spezies kann örtlich und im Verlauf der Zeit variieren. Deshalb sind - insbesondere für die adäquate Behandlung schwerer Infektionen - lokale Informationen über die Resistenzsituation erforderlich. Falls auf Grund der lokalen Resistenzsituation die Wirksamkeit von Ampicillin/Sulbactam in Frage gestellt ist, sollte eine Therapieberatung durch Experten angestrebt werden. Insbesondere bei schwerwiegenden Infektionen oder bei Therapieversagen ist eine mikrobiologische Diagnose mit dem Nachweis des Erregers und dessen Empfindlichkeit gegenüber Ampicillin/Sulbactam anzustreben.


Prävalenz der erworbenen Resistenz in Deutschland auf der Basis von Daten der letzen 5 Jahre aus nationalen Resistenzüberwachungsprojekten und -studien (Stand: Dezember 2008):


Üblicherweise empfindliche Spezies

Aerobe Gram-positive Mikroorganismen

Enterococcus faecalis

Gardnerella vaginalis°

Staphylococcus aureus (Methicillin-sensibel)

Streptococcus agalactiae

Streptococcus pneumoniae (inkl. Penicillin-intermediärer Stämme)

Streptococcus pyogenes

Streptokokken der „Viridans“- Gruppe^

Aerobe Gram-negative Mikroorganismen

Haemophilus influenzae

Moraxella catarrhalis

Neisseria gonorrhoeae

Anaerobe Mikroorganismen

Bacteroides fragilis

Fusobacterium nucleatum

Prevotella spp.

Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein Problem bei der Anwendung darstellen können

Aerobe Gram-positive Mikroorganismen

Enterococcus faecium+

Staphylococcus aureus

Staphylococcus epidermidis+

Staphylococcus haemolyticus+

Staphylococcus hominis+

Aerobe Gram-negative Mikroorganismen

Escherichia coli

Klebsiella oxytoca

Klebsiella pneumoniae

Proteus mirabilis

Proteus vulgaris

Von Natur aus resistente Spezies

Aerobe Gram-positive Mikroorganismen

Staphylococcus aureus (Methicillin-resistent)

Aerobe Gram-negative Mikroorganismen

Acinetobacter baumannii

Citrobacter freundii

Enterobacter cloacae

Morganella morganii

Pseudomonas aeruginosa

Serratia marcescens

Stenotrophomonas maltophilia

Andere Mikroorganismen

Chlamydia spp.

Chlamydophila spp.

Legionella pneumophila

Mycoplasma spp.

Ureaplasma urealyticum

° Bei Veröffentlichung der Tabelle lagen keine aktuellen Daten vor.

In der Primärliteratur, Standardwerken und Therapieempfehlungen wird von einer

Empfindlichkeit ausgegangen.

+ In mindestens einer Region liegt die Resistenzrate bei über 50 %.

^ Sammelbezeichnung für eine heterogene Gruppe von Streptokokken-Spezies.

Resistenzrate kann in Abhängigkeit von der vorliegenden Streptokokken-Spezies variieren.

Keine aktuellen Daten vorhanden; in Studien (älter als 5 Jahre) wird der Anteil resistenter Stämme mit 10 % angegeben.

Im ambulanten Bereich liegt die Resistenzrate bei < 10 %.


5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften


Nach oraler Gabe wird Sultamicillin während des Resorptionsvorganges hydrolysiert, so dass Sulbactam und Ampicillin in einem molaren Verhältnis von 1:1 im Blutkreislauf erscheinen (375 mg Sultamicillin entsprechen 147 mg Sulbactam und 220 mg Ampicillin). Durch die Veresterung wird eine hohe orale Bioverfügbarkeit beider Stoffe ermöglicht.


Die Serumspiegelspitzenkonzentrationen von Ampicillin nach Verabreichung von Sultamicillin sind ca. doppelt so hoch wie nach einer gleichen oralen Dosis von Ampicillin.


Die pharmakokinetischen Parameter nach Gabe von Sultamicillin-Einzeldosen an gesunde Probanden sind der Tabelle 1 zu entnehmen.


Tabelle 1: Pharmakokinetische Parameter nach Gabe von Sultamicillin-Einzeldosen an gesunden Probanden

Parameter

Sulbactam

Ampicillin

Halbwertszeit (h)

0,52 bis 0,92

0,74 bis 1,24

Wiederfindung im Urin (% der Dosis)

42 bis 86

42 bis 92

Serumspitzenkonzentrationen (mg/l)

250 mg

375 mg

500 mg

750 mg


2,6 bis 3,6

3,0

5,1 bis 6,9

5,4 bis 8,7


2,6 bis 4,0

5,3

8,0 bis 8,7

9,4 bis 13,1

AUC (mg x h/l)

250 mg

375 mg

500 mg

750 mg


3,9 bis 4,1

5,2

6,7 bis 9,5

9,7 bis 13,2


4,4 bis 6,3

9,3

11,0 bis 14,4

14,7 bis 21,8

Bei älteren Patienten und solchen mit eingeschränkter Nierenfunktion sind die Halbwertszeiten verlängert. Daher ist auch bei Früh- und Neugeborenen mit einer verminderten Fähigkeit zur Ausscheidung von Sultamicillin zu rechnen. Gegebenenfalls ist die Dosis zu reduzieren (siehe Abschnitt 4.2). Die Ausscheidung von Sulbactam und Ampicillin wird aber in gleicher Weise verzögert, so dass die Konzentrationsverhältnisse von Sulbactam zu Ampicillin konstant bleiben.


Bioverfügbarkeit

Die absolute Bioverfügbarkeit sowohl von Sulbactam als auch von Ampicillin beträgt nach oraler Gabe von Sultamicillin etwa 80 bis 85 %. Die Bioverfügbarkeit von Sultamicillin wird durch eine vorherige Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst.


5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit


Aus den Untersuchungen zur chronischen Toxizität liegen keine Erkenntnisse vor, die zu dem Verdacht führen, dass beim Menschen bisher unbekannte Nebenwirkungen auftreten könnten.


Die Genotoxizitätsprüfungen zu Ampicillin ergaben keine relevanten Anhaltspunkte hinsichtlich eines mutagenen oder klastogenen Potentials. Langzeitstudien zum tumorerzeugenden Potential liegen nicht vor.

Embryotoxizitätsstudien nach i.v. Gabe an Ratten und Kaninchen ergaben keine Anhaltspunkte für ein teratogenes Potential oder andere pränatale Effekte. Bei Mehrfachdosisstudien bis zu 13 Wochen an Ratten und Hunden (2 mg/kg/Tag) traten keine Auswirkungen auf die Eierstock- und Hodenhistologie auf. Reversible Spermatogenese-Störungen sind bei Hunden nach oraler Gabe von 200 mg/Tag über 4 Wochen beschrieben.


6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN


6.1 Liste der sonstigen Bestandteile


Croscarmellose-Natrium

Crospovidon Typ A

Hyprolose

Magnesiumstearat (Ph. Eur.)

Talkum

Lactose

Hypromellose

Mikrokristalline Cellulose

Macrogolstearat 2000 Typ I

Titandioxid


6.2 Inkompatibilitäten


Inkompatibilitäten sind bisher nicht bekannt.


6.3 Dauer der Haltbarkeit


2 Jahr.


Nach Ablauf des auf der Packung angegebenen Verfallsdatums darf Sultamicillin-ratiopharm®375 mg Filmtablettennicht mehr verwendet werden.


6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung


In der Originalpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.

Nicht über 25 °Clagern.


Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren.


6.5 Art und Inhalt des Behältnisses


Blisterpackung (Aluminium Folie und OPA/ALU/PVC)


Packung mit 10 Filmtabletten

Packung mit 20 Filmtabletten


6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung


Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.


7. Inhaber der Zulassung


ratiopharm GmbH

Graf-Arco-Str. 3

89079 Ulm


8. Zulassungsnummer(n)


76292.00.00


9. Datum der Erteilung der Zulassung


9. September 2011


10. Stand der Information


April 2013


11. Verkaufsabgrenzung


Verschreibungspflichtig