Amitriptylin-Sandoz 100mg Retardtabletten
FACHINFORMATION
1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Amitriptylin-Sandoz® 100 mg Retardtabletten
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
1 Retardtablette enthält 100 mg Amitriptylinhydrochlorid (entsprechend 88,4 mg Amitriptylin). Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: 73,3 mg Lactose-Monohydrat/Retardtablette Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Retardtablette
Hell türkisfarbene, längliche, bikonvexe Retardtablette mit beidseitiger Dreifach-bruchkerbe. Die Tablette kann in gleiche Viertel geteilt werden.
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
• Depressive Erkrankungen
• Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Amitriptylin-Sandoz ist insbesondere zur höher dosierten Therapie vorgesehen.
Dosierung
Dosierung und Dauer der Anwendung müssen der individuellen Reaktionslage, dem Anwendungsgebiet und der Schwere der Erkrankung angepasst werden.
Aufgrund der viertelbaren Retardtabletten kann die zu verabreichende Dosis in Schritten von 25 mg Amitriptylinhydrochlorid (entsprechend 22,1 mg Amitriptylin) individuell angepasst werden.
Es gilt hier, dass zwar bei einem Ansprechen des Patienten die Dosis so klein wie möglich gehalten werden sollte, dass auf der anderen Seite aber bei einem Nichtansprechen der zur Verfügung stehende Dosierungsbereich ausgenutzt werden sollte.
Ältere Patienten benötigen oft eine deutlich geringere Dosis und zeigen schon häufig bei der Hälfte der üblichen Tagesdosis einen zufriedenstellenden Behandlungseffekt.
Auch bei geschwächten Patienten und Patienten mit zerebralen oder kardialen Schädigungen sowie bei Kreislauf- und Atemschwäche oder bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist eine Dosisreduktion von Amitriptylin angezeigt.
Zur ambulanten Behandlung depressiver Erkrankungen wird eine Anfangsdosis von 2- bis
3-mal täglich je % Retardtablette Amitriptylin-Sandoz (entsprechend 50 bis 75 mg Amitriptylin-hydrochlorid/Tag) empfohlen.
Die Dosis sollte dann täglich bis zum Wirkungseintritt gesteigert werden. Die maximale Tagesdosis darf ambulant 150 mg, stationär 300 mg Amitriptylinhydrochlorid nicht übersteigen.
Ist eine schlafanstoßende Wirkung besonders gewünscht, kann ein größerer Teil der Tagesdosis zur Nacht gegeben werden.
Bei der Behandlung depressiver Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die mit Amitriptylin nur im Ausnahmefall behandelt werden sollten, wird Amitriptylinhydrochlorid in einer oralen Tagesdosierung zwischen 25 und 150 mg oder bis zu einer Maximaldosis von 4 bis 5 mg/kg Körpergewicht eingesetzt. Entsprechend können 1-mal % bis 2-mal 3A Retardtablette Amitriptylin-Sandoz pro Tag gegeben werden. Hierbei ist jedoch das NutzenRisiko-Verhältnis sorgfältig abzuwägen (siehe Abschnitt 4.4).
Die Behandlung chronischer Schmerzen sollte mit einer abendlichen Dosierung von % Retardtablette Amitriptylin-Sandoz (entsprechend 25 mg Amitriptylinhydrochlorid) begonnen werden, die schrittweise auf eine abendliche Gabe von 75 bis 100 mg (in Einzelfällen bis 150 mg) Amitriptylinhydrochlorid gesteigert werden kann.
Art der Anwendung
Die Retardtabletten sind viertelbar.
Die Einnahme der Retardtabletten erfolgt zu oder unabhängig von den Mahlzeiten unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit.
Die einleitende Behandlung ist durch schrittweise Dosissteigerung und die Beendigung der Behandlung durch langsame Verringerung der Dosis vorzunehmen.
Dauer der Anwendung
Über die Dauer der Behandlung muss der Arzt individuell entscheiden. Die mittlere Dauer einer Behandlungsperiode bis zum Nachlassen der Krankheitserscheinungen beträgt im Allgemeinen mindestens 4 bis 6 Wochen.
Nach Rückbildung der depressiven Symptomatik sollte die Behandlung noch wenigstens 6 Monate weitergeführt werden. Über eine Reduktion der Erhaltungsdosis hat der behandelnde Arzt im Einzelfall zu entscheiden.
4.3 Gegenanzeigen
Amitriptylin-Sandoz darf nicht angewendet werden bei
• Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile
• akuten Alkohol-, Schlafmittel-, Schmerzmittel- und Psychopharmakavergiftungen
• Harnretention
• Delirien
• unbehandeltem Engwinkelglaukom
• Prostatahyperplasie mit Restharnbildung
• Pylorusstenose
• paralytischem Ileus
• Hypokaliämie
• Bradykardie
• angeborenem langen QT-Syndrom oder anderen klinisch signifikanten kardialen Störungen (insbesondere koronare Herzkrankheit, kürzlich zurückliegender Herzinfarkt, Erregungsleitungsstörungen, Arrhythmien)
• gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die ebenfalls das QT-Intervall im EKG verlängern oder eine Hypokaliämie hervorrufen können (siehe Abschnitt 4.5)
• gleichzeitiger Behandlung mit MAO-Hemmern (siehe Abschnitt 4.5)
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Ein plötzliches Absetzen einer längerfristigen hochdosierten Behandlung mit Amitriptylin sollte vermieden werden, da hier mit Absetzsymptomen wie Unruhe, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Erbrechen und Schlafstörungen zu rechnen ist.
Bei Auftreten einer manischen Verstimmung ist dieses Arzneimittel sofort abzusetzen. Das Gleiche gilt für das Auftreten akut produktiver Symptome bei der Behandlung depressiver Syndrome im Verlauf schizophrener Erkrankungen.
Amitriptylin kann die Krampfschwelle erniedrigen, daher kann es bei erhöhter Anfallsbereitschaft (z. B. Entzugssyndrom nach abruptem Absetzen von Benzodiazepinen oder Barbituraten) vermehrt zu Krampfanfällen kommen.
Amitriptylin-Sandoz darf nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung und entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen angewendet werden bei
• Prostatahyperplasie ohne Restharnbildung
• schweren Leber- oder Nierenschäden
• erhöhter Krampfbereitschaft
• Störungen der Blutbildung
Während die sedierende Wirkung von Amitriptylin meist unmittelbar in den ersten Stunden einsetzt, ist die stimmungsaufhellende Wirkung in der Regel erst nach 1 bis 3 Wochen zu erwarten.
Verlängerung des QT-Intervalls
Fälle einer Verlängerung des QT-Intervalls und von Arrhythmien wurden nach der Zulassung gemeldet. Bei Patienten mit signifikanter Bradykardie, bei Patienten mit nichtkompensierter Herzinsuffizienz oder bei Patienten, die gleichzeitig QT-Intervall verlängernde Medikamente erhalten, ist zur Vorsicht geraten. Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hyperkaliämie, Hypomag-nesiämie) führen bekanntermaßen zu einem erhöhten Risiko von Arrhythmien.
Eine bestehende Hypokaliämie ist vor Behandlungsbeginn auszugleichen.
Dem jeweiligen Risiko entsprechend (Auftrittswahrscheinlichkeit der Nebenwirkung und Risikolage des Patienten) sind in regelmäßigen Abständen Kontrollen von Blutdruck, EKG, Blutbild, Leberfunktion und ggf. EEG vorzunehmen.
Bei Patienten mit einem hirnorganischen Psychosyndrom ist die mögliche Erzeugung eines pharmakogenen Delirs zu bedenken.
Bei Patienten, die SSRIs (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren) einnehmen, sollte eine gleichzeitige Behandlung mit Amitriptylin nur unter besonderer Vorsicht erfolgen.
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin-Sandoz sollten nicht zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren angewendet werden. In Studien zur Behandlung von Depressionen in dieser Altersgruppe zeigten trizyklische Antidepressiva keinen therapeutischen Nutzen. Studien mit anderen Antidepressiva (SSRI, SNRI) haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von suizidalem Verhalten, Selbstschädigung und feindseligem Verhalten im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Wirkstoffe gezeigt. Diese Risiken können auch für trizyklische Antidepressiva nicht ausgeschlossen werden.
Außerdem sind trizyklische Antidepressiva in allen Altersgruppen mit einem Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen verbunden (siehe auch Abschnitt 4.8). Darüber hinaus liegen keine Daten zur Sicherheit bei Langzeitanwendung bei Kindern und Jugendlichen bezüglich Wachstum, Reifung sowie zur kognitiven Entwicklung und Verhaltensentwicklung vor.
Wird unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses Amitriptylin-Sandoz dennoch bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verordnet, wird empfohlen, aufgrund des erhöhten Risikos für das Auftreten von Karies bei Kindern verstärkt auf die tägliche Zahnpflege zu achten.
Ältere oder geschwächte Patienten
Bei älteren oder geschwächten Patienten sowie Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislauf- und Atmungsschwäche (chronisch obstruktive Ateminsuffizienz) sowie eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist Vorsicht geboten (Dosierungsanleitung beachten!).
Amitriptylin sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion, bei Patienten, die mit Schilddrüsen-Präparaten behandelt werden und bei Patienten mit paranoider Symptomatik.
Wie bei anderen Psychopharmaka beschrieben, könnte auch Amitriptylin das Ansprechen von Insulin und Glucose bei Diabetikern beeinflussen, sodass eine Anpassung der antidiabetischen Therapie notwendig ist. Die depressive Erkrankung selbst kann ebenso einen Einfluss auf den Glucosespiegel des Patienten haben.
Suizid/Suizidgedanken oder klinische Verschlechterung
Depressive Erkrankungen sind mit einem erhöhten Risiko für die Auslösung von Suizidgedanken, selbstschädigendem Verhalten und Suizid (Suizid-bezogene Ereignisse) verbunden. Dieses erhöhte Risiko besteht, bis es zu einer signifikanten Linderung der Symptome kommt. Da diese nicht unbedingt schon während der ersten Behandlungswochen auftritt, sollten die Patienten daher bis zum Eintritt einer Besserung engmaschig überwacht werden. Die bisherige klinische Erfahrung zeigt, dass das Suizidrisiko zu Beginn einer Behandlung ansteigen kann.
Bei Patienten mit suizidalem Verhalten in der Anamnese oder solchen, die vor der Therapie ausgeprägte Suizidabsichten hatten, ist das Risiko für die Auslösung von Suizidgedanken oder -versuchen erhöht. Sie sollten daher während der Behandlung besonders sorgfältig überwacht werden. Eine Meta-Analyse von Placebo-kontrollierten klinischen Studien zur Anwendung von Antidepressiva bei Erwachsenen mit psychiatrischen Störungen zeigte für Patienten unter 25 Jahren, die Antidepressiva einnahmen, ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten im Vergleich zu Placebo.
Die Arzneimitteltherapie sollte mit einer engmaschigen Überwachung der Patienten, vor allem der Patienten mit hohem Suizidrisiko, insbesondere zu Beginn der Behandlung und nach Dosisanpassungen einhergehen. Patienten (und deren Betreuer) sind auf die Notwendigkeit einer Überwachung hinsichtlich jeder klinischen Verschlechterung, des Auftretens von suizidalem Verhalten oder Suizidgedanken und ungewöhnlicher Verhaltensänderungen hinzuweisen. Sie sollten unverzüglich medizinischen Rat einholen, wenn derartige Symptome auftreten.
Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten Amitriptylin-Sandoz nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen Die Wirkung von Alkohol und die Wirkung anderer zentraldämpfend wirkender Arzneimittel
kann bei gleichzeitiger Einnahme von Amitriptylin-Sandoz verstärkt werden. Während der Behandlung darf kein Alkohol zu sich genommen werden.
Bei gleichzeitiger Verabreichung anderer Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung ist mit einer Verstärkung peripherer und zentraler Effekte (insbesondere einem Delir) zu rechnen.
Die Wirkung sympathomimetischer Amine auf das vegetative Nervensystem kann durch gleichzeitige Gabe von Amitriptylin-Sandoz erheblich verstärkt werden, z. B. bei vasokonstrin-gierenden Zusätzen bei Lokalanästhetika.
MAO-Hemmer vom irreversiblen Hemmtyp sollen in jedem Fall mindestens 14 Tage, MAOHemmer vom reversiblen Hemmtyp mindestens 1 Tag vor Beginn der Behandlung mit Amitriptylin-Sandoz abgesetzt werden. Andernfalls muss mit schweren Nebenwirkungen wie Erregung,
Delir, Koma, Hyperpyrexie, Krampfanfällen und starken Blutdruckschwankungen gerechnet werden (siehe Abschnitt 4.3).
Bei gleichzeitiger oder vorausgegangener Anwendung von Fluoxetin oder Fluvoxamin kann es durch Substratkonkurrenz zu einem Anstieg der Plasmakonzentration von Amitriptylin kommen. Es ist daher gegebenenfalls eine Dosisreduktion von Amitriptylin, Fluoxetin oder Fluvoxamin erforderlich.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die Wirkstoffe aus Johanniskraut (Hypericum) enthalten, kann die Konzentration von Amitriptylin im Blut verringert und dadurch die Wirksamkeit von Amitriptylin abgeschwächt werden.
Es kann zu einer Wirkungsabschwächung von Antihypertensiva vom Typ des Guanethidin bzw. des Clonidin kommen. Bei mit Clonidin behandelten Patienten besteht die Gefahr einer Rebound-Hypertension.
Arzneimittel, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern (z. B. Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Cisaprid, Antibiotika, Malaria-Mittel, Antihistaminika, Neuroleptika), zu einer Hypokaliämie führen (z. B. bestimmte Diuretika) oder den hepatischen Abbau von Amitriptylin hemmen können (z. B. MAO-Hemmer, Imidazol-Antimykotika) dürfen nicht gleichzeitig angewendet werden (siehe Abschnitt 4.3).
Bei einer Kombination mit Neuroleptika kann es zur Erhöhung der Blutspiegel trizyklischer Antidepressiva wie Amitriptylin kommen. Auch bei gleichzeitiger Behandlung mit Cimetidin kann der Blutspiegel von Amitriptylin erhöht werden.
Amitriptylin kann die Wirkung von Cumarin-Derivaten (z. B. Phenprocoumon) beeinflussen. Bei gleichzeitiger Einnahme von Amitriptylin und Cumarinen ist eine fortlaufende Kontrolle der Blutgerinnungswerte erforderlich.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
SchwangerschaftZur Anwendung von Amitriptylin in der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Tierexperimentelle Studien haben nach hohen Dosen Amitriptylin Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe auch Abschnitt 5.3). Das potenzielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt.
Amitriptylin sollte während der Schwangerschaft, insbesondere im ersten sowie im letzten Trimenon nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist dringend erforderlich.
Nach Gabe höherer Dosierungen von Antidepressiva vor der Geburt wurden beim Neugeborenen Entzugserscheinungen in Form von Störungen der Herz- und Atemfunktion, Harn- und Stuhlentleerung sowie Unruhe beobachtet.
Stillzeit
Amitriptylin und seine Metaboliten gehen in die Muttermilch über (Milch/Plasma-Ratio ca. 1). Daher sollte es nicht während der Stillzeit eingenommen werden. Bei zwingender Indikation sollte abgestillt werden.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Amitriptylin-Sandoz beeinträchtigt - wenn auch individuell unterschiedlich - die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen.
Dies gilt in besonderem Maße bei Behandlungsbeginn, bei Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit anderen zentral wirkenden Arzneimitteln (Schmerzmittel, Schlafmittel, Psychopharmaka). Gleichzeitiger Genuss von Alkohol verschlechtert die Verkehrstüchtigkeit zusätzlich. Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten ganz unterbleiben, zumindest jedoch während der ersten Tage der Behandlung unterlassen werden. Die Entscheidung ist in jedem Einzelfall durch den behandelnden Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung zu treffen.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig (> 1/10)
Häufig (> 1/100 bis < 1/10)
Gelegentlich (> 1/1.000 bis < 1/100)
Selten (> 1/10.000 bis < 1/1.000)
Sehr selten (< 1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems
Gelegentlich: Blutbildveränderungen (insbesondere Leukopenien)
Sehr selten: Agranulozytose
Erkrankungen des Immunsystems
Gelegentlich: allergische Reaktionen der Haut
Sehr selten: allergische Entzündungen der Lungenbläschen bzw. des Lungengewebes
(Alveolitis, Löffler-Syndrom)
Nicht bekannt: Ödeme (Gesicht, Zunge)
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Sehr häufig: Gewichtszunahme (insbesondere zu Beginn)
Nicht bekannt: Anorexie
Psychiatrische Erkrankungen
Sehr häufig: Aggression (insbesondere zu Beginn)
Häufig: innere Unruhe, Störungen der sexuellen Erregbarkeit (Libidoverlust bzw. Im
potenz)
Bei älteren Patienten besteht ein Risiko für das Auftreten von deliranten Syndromen.
Nicht bekannt: Verwirrtheit, Manie, Halluzinationen, Angst, Paranoia, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten
Fälle von suizidalen Gedanken oder suizidalem Verhalten während der Therapie mit Amitriptylin oder kurze Zeit nach Beendigung der Behandlung sind berichtet worden (siehe Abschnitt 4.4).
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Benommenheit, Schwindel, Sprachstörungen, Tremor (insbesondere zu Be
ginn)
Sehr selten: zerebrale Krampfanfälle, motorische Störungen (Akathisie, Dyskinesien), Po
lyneuropathien
Nicht bekannt: Kopfschmerzen, Konzentrationsmangel, Ataxie, Störungen des Geschmacksvermögens
Augenerkrankungen
Sehr häufig: Akkommodationsstörungen (insbesondere zu Beginn)
Sehr selten: Glaukomanfälle
Nicht bekannt: Mydriasis
Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths
Nicht bekannt: Tinnitus
Herzerkrankungen
Sehr häufig: Tachykardie, Herzrhythmusstörungen (insbesondere zu Beginn)
Gelegentlich: Kollapszustände, Erregungsleitungsstörungen
Eine bestehende Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) kann verstärkt werden.
Sehr selten: Kardiomyopathien
In einem Fall wurde eine Hypersensitivitätsmyokarditis beobachtet.
Gefäßerkrankungen
Sehr häufig: Hypotonie, orthostatische Dysregulation (insbesondere zu Beginn)
Gelegentlich: entzündliche Veränderungen der Gefäße (allergische Vaskulitis)
Nicht bekannt: Hyperthermie, Hypertension
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Sehr häufig: verstopfte Nase (insbesondere zu Beginn)
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Sehr häufig: Mundtrockenheit, Obstipation (insbesondere zu Beginn)
Gelegentlich: paralytischer Ileus
Nicht bekannt: Diarrhö
Leber- und Gallenerkrankungen
Sehr häufig: passageres Ansteigen der Leberenzymaktivität (insbesondere zu Beginn)
Gelegentlich: Leberfunktionsstörungen (z. B. cholestatische Hepatose)
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Sehr häufig: Schwitzen (insbesondere zu Beginn)
Häufig: Hautausschläge
Nicht bekannt: Photosensibilisierung, Alopezie
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Häufig: Miktionsstörungen
Gelegentlich: Harnsperre
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Gelegentlich: Galaktorrhö
Nicht bekannt: Gynäkomastie
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Sehr häufig: Müdigkeit (insbesondere zu Beginn)
Häufig: Durstgefühl
Untersuchungen
Häufig: Hyponatriämie, Elektrokardiogramm QT verlängert
Amitriptylin kann das QT-Intervall im EKG verlängern. Sehr selten sind Torsades de pointes aufgetreten. In diesen Fällen ist die Behandlung mit Amitriptylin abzubrechen.
In epidemiologischen Studien, die hauptsächlich mit Patienten durchgeführt wurden, die 50 Jahre oder älter waren, wurde bei denen, die mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRIs) oder trizyklischen Antidepressiva (TCAs) behandelt wurden, ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Knochenbrüchen beobachtet. Der Mechanismus, der zu diesem Risiko führt, ist nicht bekannt.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des
Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Abt. Pharmakovigilanz Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 D-53175 Bonn Website: www.bfarm.de
anzuzeigen.
4.9 Überdosierung
Trizyklische Antidepressiva zeichnen sich durch eine erhebliche akute Toxizität aus. Kinder bzw. Kleinkinder sind besonders gefährdet.
Symptome einer Überdosierung
Überdosierungen mit Amitriptylin sind in erster Linie - abhängig von der aufgenommenen Menge - gekennzeichnet durch die unterschiedlichen Stadien einer ZNS-Beeinträchtigung (Verwirrung, Erregungszustände bis zu Krampfanfällen, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, Atemdepression bis Atemstillstand) sowie Herz-Kreislauf-Symptome (Hypotonie, Tachykardie, EKG-Veränderungen wie PQ-, QT-Intervallverlängerung, Torsade de pointes, AV-Block II. oder III. Grades). Außerdem können anticholinerge Symptome (trockene Schleimhäute, Sehstörungen, Obstipation, Oligurie, Anurie) und eine metabolische Azidose auftreten.
Die Vergiftungssymptome treten meist innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme auf und sind nach 24 Stunden voll ausgeprägt. Wegen der langen Halbwertzeiten und des enterohepati-schen Kreislaufes, dem trizyklische Antidepressiva unterliegen, sind diese Patienten über einen Zeitraum von 4 bis 6 Tagen gefährdet.
Maßnahmen bei Überdosierung
So rasch wie möglich ist eine intensivmedizinische Behandlung einzuleiten. Innerhalb von 1 bis 2 Stunden nach Einnahme kann eine Magenspülung aussichtsreich sein, gefolgt von der wiederholten Gabe von Aktivkohle. Die weitere Therapie erfolgt symptomatisch. Zum Einsatz kommen Volumensubstitution, Antikonvulsiva und u. U. auch Antiarrhythmika. Eine Alkalisierung des Plasmas mit Natriumhydrogencarbonat bzw. -lactat hat sich auch in der Behandlung der kardialen Komplikationen gut bewährt.
Bei schweren Vergiftungen (Bewusstlosigkeit, Herzrhythmusstörungen) bzw. Auftreten eines anticholinergen Syndroms steht zur Anwendung unter intensivmedizinischen Bedingungen (EKG-Kontrolle!) als Antidot Physostigminsalicylat zur Verfügung.
Aufgrund des großen Verteilungsvolumens und der relativ starken Plasma-Eiweiß-Bindung dürften forcierte Diurese oder Hämodialyse bei reinen Amitriptylin-Vergiftungen nur von geringem Nutzen sein.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Psychoanaleptika, Antidepressiva ATC-Code: N06AA09
Amitriptylin ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der trizyklischen Antidepressiva mit ausgeprägter sedierender Wirkungskomponente. Darüber hinaus zeigt Amitriptylin eine antinozizeptive Wirkung. Akut gegeben zeigt Amitriptylin eine starke Hemmwirkung auf die neuronale Aufnahme von Noradrenalin und Serotonin und antagonistische Eigenschaften an den M-Cholinrezeptoren (M1 und M2), Histaminrezeptoren (H1 stärker als H2), an a-Adrenozeptoren (a1 stärker als a2) und Serotoninrezeptoren (5-HT2 stärker als 5-HT1).
Amitriptylin ist in allen verhaltenspharmakologischen und biochemisch-pharmakologischen Experimenten, die derzeit als Modelle bei der Suche nach antidepressiven Substanzen benutzt werden, wirksam.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften Resorption
Nach oraler Gabe wird Amitriptylin langsam aber vollständig resorbiert. Aufgrund der häufig verzögerten Magen-Darm-Passage werden maximale Plasmakonzentrationen erst nach 1 bis 5 (-8) Stunden erreicht.
Die systemische Bioverfügbarkeit beträgt im Verhältnis zur intravenösen Injektion etwa 50 %. Verteilung
Aufgrund seiner großen Lipophilie wird Amitriptylin im ganzen Organismus verteilt. Das Verteilungsvolumen beträgt 14 bis 18 l/kg Körpergewicht. Amitriptylin wird stark an Gewebs- und Plasma-Eiweiße gebunden, nur 3 bis 6 % liegen frei im Plasma vor (der aktive Metabolit Nortrip-tylin zu 8 bis 13 %). Sowohl Amitriptylin als auch Nortriptylin treten in die Muttermilch über.
Biotransformation
Amitriptylin wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert. Der durch N-Demethylierung (CYP3A4) entstehende Hauptmetabolit Nortriptylin ist ebenfalls pharmakologisch aktiv. Amitriptylin und Nortriptylin werden anschließend hydroxyliert, die entstehenden 10-Hydroxy-Metaboliten besitzen noch etwa die Hälfte der biologischen Aktivität von Amitriptylin.
Etwa 3 bis 5 % der Bevölkerung sind aufgrund genetisch bedingter Unterschiede im Cytochrom P450-System „poor metabolizer" bzw. „schlechte Hydroxylierer". Bei diesen Patienten können deshalb sehr hohe Plasmaspiegel auftreten.
Offenbar aufgrund verminderter Biotransformation treten bei älteren Patienten höhere Plasmakonzentrationen auf.
Elimination
Die Ausscheidung der Metaboliten erfolgt in freier oder konjugierter Form. Unverändertes Amitriptylin wurde nur in geringen Mengen im Urin gefunden.
Die Plasma-Halbwertszeit von Amitriptylin beträgt nach oraler Gabe ca. 10 bis 28 Stunden, bei älteren Menschen ist die Halbwertszeit verlängert.
Die Plasma-Clearance wird mit 0,17 bis 0,32 l/kg/h und für ältere Probanden mit 0,18 bis 0,45 l/kg/h angegeben.
Pathophysiologische Variationen
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist die Konzentration an unkonjugierten Metaboliten im Plasma gegenüber nierengesunden Patienten verringert, dagegen ist die Konzentration an konjugierten Metaboliten stark erhöht.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In vitro blockiert Amitriptylin exprimierte HERG-Kanäle in mikromolaren Konzentrationen, die im oberen Bereich therapeutischer Plasmakonzentrationen liegen. Diese Kanäle sind für die Repolarisation im Herz verantwortlich. Daher hat Amitriptylin das Potenzial, bestimmte Formen von Kammerherzrhythmusstörungen (Torsades de pointes) auszulösen.
Das genotoxische Potenzial von Amitriptylin wurde in verschiedenen in vitro und in vivo Testsystemen untersucht. Obwohl die Ergebnisse zum Teil widersprüchlich sind, kann ein genotoxi-sches Potenzial, insbesondere im Hinblick auf mögliche Schädigungen von Chromosomen, nicht ausgeschlossen werden.
Langzeituntersuchungen auf ein tumorerzeugendes Potenzial wurden nicht durchgeführt.
In Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität wurden nach sehr hohen Dosen bei verschiedenen Tierspezies fetotoxische und teratogene Effekte beobachtet. Von anderen Antidepressiva liegen Hinweise auf Verhaltensstörungen der pränatal exponierten Nachkommen im Tierexperiment vor. Für Amitriptylin sind keine entsprechenden Angaben bekannt.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile Tablettenkern
• Hochdisperses Siliciumdioxid
• Hyprolose
• Lactose-Monohydrat
• Mikrokristalline Cellulose
• Natriumalginat
• Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
Tablettenfilm
• Hypromellose
• Lactose-Monohydrat
• Macrogol 4000
• Chinolingelb-Aluminiumsalz (E 104)
• Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132)
• Titandioxid (E 171)
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
5 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
PP/Aluminium-Blister
Packungen mit 20, 50 und 100 Retardtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Hexal AG Industriestraße 25 83607 Holzkirchen Telefon: (08024) 908-0 Telefax: (08024) 908-1290
E-Mail: medwiss@hexal.com
8. ZULASSUNGSNUMMER
62733.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung 06.09.2005
Datum der Verlängerung der Zulassung 13.04.2011
10. STAND DER INFORMATION
Dezember 2015
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig