Leustatin 10mg/10ml Konzentrat Zur Herstellung Einer Infusionslösung
Gebrauchsinformation und Fachinformation
1. Bezeichnung des Arzneimittels
Leustatin®
Wirkstoff: Cladribin
2. Arzneilich wirksame Bestandteile
1 Durchstechflasche mit 10 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung enthält 10 mg Cladribin.
3. Sonstige Bestandteile
Natriumchlorid, Dinatriumhydrogenphosphat 7 H2O, Wasser für Injektionszwecke
4. Darreichungsform und Packungsgröße
OP mit 1 Durchstechflasche mit 10 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung.
OP mit 7 Durchstechflaschen mit je 10 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung.
5. Stoff‑ oder Indikationsgruppe
Purin-Nukleosid-Analoga, DNS-Synthese-Hemmer, Zytostatika
6. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers / Herstellers
Pharmazeutischer Unternehmer:
JANSSEN-CILAG GmbH
41457 Neuss
Hersteller:
JANSSEN PHARMACEUTICA N.V.
Turnhoutseweg 30
B-2340 Beerse, Belgien
7. Anwendungsgebiete
Haarzell-Leukämie
8. Gegenanzeigen
Wann darf Leustatin nicht angewendet werden?
Leustatin darf nicht bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff Cladribin oder den sonstigen Bestandteilen des Arzneimittels angewendet werden.
Leustatin sollte nicht bei Patienten, die an einer akuten Infektion leiden, angewendet werden.
Leustatin kann das Erbgut schädigen. Männern, die mit Leustatin behandelt werden, wird daher empfohlen, während der Behandlung und 6 Monate danach kein Kind zu zeugen. Vor Therapiebeginn sollte auf die Möglichkeit einer Spermakonservierung hingewiesen werden.
Anwendung bei Kindern:
Abschließende Aussagen zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern liegen nicht vor. Deshalb soll Leustatin bei Kindern nicht angewendet werden.
Was muss während Schwangerschaft und Stillzeit beachtet werden?
Frauen sollten unter Leustatin nicht schwanger werden.
Während einer Schwangerschaft sollte Leustatin nicht eingesetzt werden (Hinweis für den behandelnden Arzt unter Abschnitt 19.2 „Toxikologische Eigenschaften“). Tritt während der Behandlung eine Schwangerschaft ein, so wird empfohlen, eine Schwangerschaftsberatung in Anspruch zu nehmen, da Leustatin in Tierversuchen zu embryonalen Fehlbildungen geführt hat.
Da nicht bekannt ist, ob Leustatin in die Muttermilch übergeht, muss abgestillt werden, wenn eine Behandlung während der Stillzeit erforderlich ist.
9. Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise
Leustatin ist ein potentes, antineoplastisches Arzneimittel und soll nur von einem in der Anwendung von Zytostatika erfahrenen Arzt verabreicht werden, da es möglicherweise schwere schädigende Nebenwirkungen haben kann.
Vorsicht erscheint bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder schwerwiegender Beeinträchtigung der Knochenmarkfunktion geboten.
Unterdrückung der Knochenmarkfunktion (s. auch Abschnitt 14. „Nebenwirkungen“):
Bei Anwendung von Leustatin muss mit einer Unterdrückung der Knochenmarkfunktion mit Verminderung bestimmter Zelltypen der weißen Blutzellen (Neutropenie), der roten Blutzellen (Anämie) und Verminderung der Blutplättchenzahl (Thrombozytopenie) gerechnet werden. Diese ist normalerweise rückbildungsfähig und scheint dosisabhängig zu sein. In klinischen Studien nahmen während der ersten zwei Wochen nach Behandlungsbeginn der Haarzell-Leukämie Blutplättchen, spezielle weiße Blutzellen (neutrophile Granulozyten) und die Konzentration des roten Blutfarbstoffes (Hb) ab. Eine Normalisierung erfolgte nach 15 Tagen, 5 Wochen bzw. 8 Wochen. Die Unterdrückung der Knochenmarkfunktion durch Leustatin trat besonders im ersten Monat nach Behandlung auf. Ein hoher Anteil der Patienten erhielt hier Transfusionen mit Erythrozyten (rote Blutzellen), bzw. Blutplättchen.
Für Patienten mit einer Haarzell-Leukämie wird daher eine sorgfältige Überwachung des Blutbildes besonders während der ersten 4 bis 8 Wochen nach Therapiebeginn empfohlen.
Bei Patienten mit (bereits vorliegender) schwerer Unterdrückung der Knochenmarkfunktion jeglicher Ursache sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden, da eine weitere Unterdrückung der Knochenmarkfunktion nicht ausgeschlossen werden kann.
Nervenschädigung (s. auch Abschnitt 14. „Nebenwirkungen“):
Bei Patienten, die in einer vier- bis neunfach höheren Dosierung als zur Therapie der Haarzell-Leukämie empfohlen, behandelt wurden, wurde über eine periphere axonale Polyneuropathie (Schädigung von Nerven in den Extremitäten, z. B. mit Kribbeln, Ameisenlaufen, Taubsein) berichtet. Neurologische Untersuchungen ergaben Hinweise auf eine Entmarkung (Demyelinisierung).
Effekte bei hohen Dosen (s. auch Abschnitt 14. „Nebenwirkungen“):
Unter hohen Dosen (vier- bis neunmal höher als zur Therapie der Haarzell-Leukämie empfohlen) wurden bei Patienten, die mit Leustatin über 7 bis 14 Tage in Verbindung mit der Gabe von Cyclophosphamid und einer Ganzkörperbestrahlung auf eine Knochenmarktransplantation vorbereitet wurden, Symptome schwerer, irreversibler Nervenschädigungen, akutes Nierenversagen, schwere Knochenmarksuppression oder gastrointestinale Symptome beobachtet.
Fieber/Infektion (s. auch Abschnitt 14. „Nebenwirkungen“):
Zur Erkennung möglicher Infektionen sollten Patienten engmaschig überwacht werden. Akut auftretende Infektionen sollten vor einer Anwendung mit Leustatin behandelt werden. Im Falle von Herpesvirus-Infektionen sollten die Patienten umgehend mit Aciclovir therapiert werden.
In klinischen Studien zur Therapie der Haarzell-Leukämie kam es nach Leustatin-Therapie vor allem im ersten Monat nach Therapiebeginn in 72 % zu Fieberreaktionen. In den meisten Fällen ließ sich kein Erregernachweis erbringen.
Besonders Patienten mit einer Verminderung bestimmter Zelltypen der weißen Blutzellen (Neutropenie), sollten daher vor allem während des ersten Therapiemonats engmaschig überwacht werden. Fieberreaktionen sollten bei entsprechender Indikation antibiotisch behandelt werden und der bei Fieber auftretende erhöhte Flüssigkeitsverlust durch entsprechende Flüssigkeitsgaben ausgeglichen werden.
Folgende Faktoren wurden mit einem erhöhten Risiko für eine Infektion in Verbindung gebracht: eine vorherige Chemotherapie, eine Infektion vor der Cladribin-Behandlung sowie die Diagnose einer chronisch lymphatischen Leukämie oder eines Non-Hodgkin-Lymphoms.
Tumorlyse-Syndrom (Stoffwechselveränderungen, die nach einem Tumorzerfall durch Chemotherapie auftreten):
Es wurde über wenige Fälle von Tumorlyse-Syndrom bei Patienten mit Tumoren des blutbildenden Systems, die eine große Tumormasse hatten, berichtet. Zur Vorbeugung des Tumorlyse-Syndroms ist eine Behandlung mit Allopurinol und eine ausreichende Hydratation für eine Dauer von ca. zwei Wochen in Erwägung zu ziehen.
Nieren- und Leberfunktion:
Bei Patienten, die Leustatin in hohen Dosen (vier- bis neunmal höher als zur Therapie der Haarzell-Leukämie empfohlen) erhielten, entwickelten sich in 19 % Zeichen eines akuten Nierenversagens. Da für die Dosierung bei Patienten mit Einschränkung der Nieren- oder Leberfunktion keine ausreichenden Daten vorliegen, sollte der Einsatz von Leustatin bei diesen Patienten nur mit Vorsicht erfolgen. Eine Überwachung der Leber- und Nierenfunktion wird insbesondere bei Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen (Leber- und Niereninsuffizienz) empfohlen. Bei Zeichen nephrotoxischer Symptome sollte die Therapie verschoben oder beendet werden.
Nach Ergebnissen einer retrospektiven Studie ist die Inzidenz von Prostatakarzinomen bei mit Leustatin behandelten Patienten mit Haarzell-Leukämie gegenüber nicht mit Leustatin behandelten Patienten mit Haarzell-Leukämie erhöht. Es wird empfohlen, Patienten nach einer Therapie mit Leustatin im Hinblick auf das Auftreten eines Prostatakarzinoms sorgfältig zu überwachen.
Hinweis:
Bei Personen, die auf eine natriumarme (kochsalzarme) Diät achten müssen, ist der Natriumgehalt des Arzneimittels zu berücksichtigen (siehe Dosierungsanleitung).
Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen:
Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol.
10. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln
Bei gleichzeitiger oder nach vorausgehender Anwendung von Arzneimitteln, welche eine Unterdrückung der Knochenmarkfunktion (Knochenmarksuppression) hervorrufen können, ist Vorsicht angezeigt. Ebenso, wenn diese Arzneimittel im Anschluss an eine Leustatin-Therapie angewendet werden sollen.
Leustatin sollte nicht mit anderen Arzneimitteln intravenös angewandt oder mit Zusatzstoffen vermischt werden. Es sollte auch nicht gleichzeitig über einen gemeinsamen Gefäßzugang verabreicht werden. Wird jedoch der gleiche venöse Zugang für aufeinander folgende Infusionen verschiedener Arzneimittel verwendet, muss er vor und nach der Verabreichung von Leustatin mit einer geeigneten Lösung gespült werden. Die Anwendung 5%iger Glucoselösung wird dabei wegen des gesteigerten Abbaus von Leustatin nicht empfohlen; der Mechanismus dieses gesteigerten Abbaus ist nicht bekannt.
11. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben
Der verordnende Arzt sollte sich nach der folgenden Dosierungsanleitung richten:
Die Behandlung der Haarzell-Leukämie mit Leustatin besteht aus einem einzigen Behandlungszyklus; ein Behandlungszyklus besteht aus 7 aufeinanderfolgenden Behandlungstagen. Dabei wird die für jeden Patienten individuell berechnete tägliche Leustatin-Dosis nach Verdünnung in 0,9%iger Natriumchlorid-Lösung als intravenöse Dauerinfusion über 24 Stunden verabreicht.
Die täglich gegebene Dosis wird wie folgt berechnet:
Gewicht des Patienten in kg x 0,09 mg (3,6 mg/m²) = Leustatin-Dosis in mg.
Von dieser Dosierungsempfehlung sollte nicht abgewichen werden.
Zur Beachtung bei natriumdefinierter (natriumarmer/kochsalzarmer) Diät:
Eine Durchstechflasche enthält 35,4 mg Natrium.
12. Art und Dauer der Anwendung
Zubereitung der gebrauchsfertigen Leustatin-Infusionslösung:
Zur intravenösen Anwendung wird die berechnete Leustatin-Dosis mit 100 bis 500 ml 0,9%iger, steriler Natriumchlorid-Lösung verdünnt.
Zur Behandlung der Haarzell-Leukämie wird die gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung über 24 Stunden als Dauerinfusion intravenös angewendet. Dieses Vorgehen wird 7mal (an 7 aufeinanderfolgenden Tagen) wiederholt. Die Anwendungsdauer beträgt 1 x 7 Tage.
Zur Sicherstellung steriler Bedingungen muss die gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung täglich neu zubereitet werden; innerhalb von 8 Stunden nach Zubereitung muss diese zur Anwendung kommen und ist bis zur Anwendung im Kühlschrank (2-8 °C) aufzubewahren. Die Verdünnung mit 5%iger Glucoselösung wird wegen des gesteigerten Abbaus von Leustatin nicht empfohlen.
Die gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung ist chemisch und physikalisch über die Infusionsdauer von 24 Stunden bei Raumtemperatur und Tageslicht bzw. normaler Raumbeleuchtung in den kommerziell erhältlichen PVC-Infusionssets stabil.
Die Durchstechflasche ist nur zur einmaligen Benutzung geeignet. Der in der Durchstechflasche nach Dosisentnahme verbleibende Rest des Konzentrates zur Herstellung einer Infusionslösung ist in geeigneter Weise zu verwerfen.
Hinweis:
Im Falle einer extravasalen Applikation (Verabreichung außerhalb einer Vene) sollte die Infusion unverzüglich beendet und eine andere Vene zur Applikation gewählt werden. Andere empfohlene lokale Maßnahmen sind das Hochlagern des Arms und Anwendung einer Eispackung, um eine Schwellung zu vermindern.
13. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel
Hinweise für den behandelnden Arzt:
Nach hohen Dosen Leustatin wurden beobachtet: irreversible Neurotoxizität (Paraparese, Tetraparese), akute Nephrotoxizität, schwere Knochenmarksuppression mit Neutropenie, Anämie,Thrombozytopenie oder gastrointestinale Symptome (siehe auch Abschnitt 14. „Nebenwirkungen“ und Abschnitt 7. „Warnhinweise“).
Ein spezifisches Gegenmittel bei Überdosierung ist nicht bekannt. Es ist ebenfalls nicht bekannt, ob Leustatin durch Dialyse oder Hämofiltration aus dem Kreislauf entfernt werden kann.
Bei Überdosierung sollte Leustatin abgesetzt, der Patient sorgfältig beobachtet und geeignete supportive Maßnahmen eingeleitet werden.
14. Nebenwirkungen
Welche Nebenwirkungen können bei der Anwendung von Leustatin auftreten?
Nebenwirkungen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung von Leustatin auftreten können, jedoch nicht bei jedem Patienten auftreten müssen, werden im folgenden genannt.
In klinischen Prüfungen bei 124 Patienten mit Haarzell-Leukämie traten folgende Nebenwirkungen auf:
Innerhalb des ersten Monats nach Behandlungsbeginn kam es bei 70 % der Patienten zu einer starken Verminderung bestimmter weißer Blutzellen (Neutropenie) und bei 31 % der Patienten zu Infektionen. Bei 72 % der Patienten kam es zu Fieber. Andere häufig berichtete Nebenwirkungen in den ersten 14 Tagen nach Behandlungsbeginn waren: Müdigkeit (49 %), Hautausschlag (31 %), Übelkeit (29 %), Kopfschmerz (23 %) und verminderter Appetit (23 %).
Innerhalb der ersten 14 Tage nach Behandlungsbeginn wurden folgende Nebenwirkungen beobachtet:
Allgemeine Nebenwirkungen:
Schüttelfrost (13 %)
schnelle Ermüdbarkeit (11 %)
vermehrte Schweißabsonderung (11 %)
Unwohlsein (8 %)
Körperschmerz (7 %)
Magen-Darm-Trakt:
Erbrechen (14 %)
Verstopfung (14 %)
Durchfall (12 %)
Bauchschmerzen (8 %)
Blähungen (7 %)
Blut und blutbildendes System:
Kapillarblutungen in Haut und Schleimhaut (12 %)
Punktförmige Haut- und Schleimhautblutungen (9 %)
(siehe auch Abschnitt „Unterdrückung der Knochenmarkfunktion“)
Nervensystem:
Benommenheit (13 %)
Schlaflosigkeit (8 %)
Angstgefühl (7 %)
Herz-Kreislauf-System:
Ödeme (8 %)
Herzrasen (8 %)
Herzgeräusche (7 %)
Im Zusammenhang mit der Einnahme von Leustatin wurde in Einzelfällen über das Auftreten einer Herzinsuffizienz, einer Myokardischämie und Herzrhythmusstörungen berichtet.
Atemwege:
anormale Atemgeräusche (14 %)
Husten (12 %)
anormale Brustkorbgeräusche (12 %)
Kurzatmigkeit (7 %)
Haut und Hautanhangsgebilde:
Reaktionen an der Injektionsstelle (z. B. Rötung, Schwellung, Schmerz) (15 %)
Juckreiz (9 %)
Schmerzen (9 %)
Hautrötung (8 %)
Bewegungsapparat:
Muskelschmerzen (8 %)
Gelenkschmerzen (7 %)
Auf die folgenden Nebenwirkungen sei besonders hingewiesen:
Unterdrückung der Knochenmarkfunktion (Knochenmarksuppression) (s. auch Abschnitt 9. „Warnhinweise“):
In klinischen Studien wurde eine starke Verminderung bestimmter Zelltypen der weißen Blutzellen (Neutropenie, < 500/µl) bei 70 % der Patienten im ersten Monat nach Behandlungsbeginn beobachtet. 25 % der Patienten wiesen dabei allerdings bereits zu Beginn der Behandlung eine schwere Neutropenie auf.
Eine schwere Blutarmut (Hb < 8,5 g/dl) wurde bei 41 % der Patienten (zu Behandlungsbeginn 12 %) und eine Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytenzahl < 20 x 109/l) bei 15 % (zu Behandlungsbeginn 5 %) beobachtet.
Die Behandlung mit Leustatin geht mit einer Unterdrückung (Suppression) der CD4- und CD8-Lymphozyten einher. Insbesondere die CD4-Suppression kann länger als ein Jahr nach der Behandlung anhalten. Die klinischen Langzeitfolgen der CD4- und CD8-Suppression sind gegenwärtig nicht vollständig abschätzbar. In Einzelfällen wurde mehrere Monate bis Jahre nach Therapie mit Leustatin das Auftreten von Herpes-Infektionen (Herpesretinitis, Herpes zoster) beobachtet. Bei einem Patienten mit Blutkrebs (chronisch lymphatischer Leukämie) trat nach Behandlung mit Leustatin eine Lungenentzündung mit einem speziellen Erreger (Pneumocystis-carinii-Pneumonie) auf.
Im Rahmen des Therapiealltags wurde auch über länger anhaltende Panzytopenie (Verminderung aller Blutzellen), einschließlich einiger Berichte über aplastische Anämie (Blutarmut aufgrund fehlender Bildung von Blutzellen), über autoimmune hämolytische Anämie (Blutarmut durch Auflösung roter Blutzellen) bei Patienten mit bösartigen lymphatischen Erkrankungen innerhalb der ersten Wochen nach Behandlung und Hypereosinophilie (Vermehrung bestimmter weißer Blutzellen) berichtet. Diese unerwünschten Ereignisse traten hauptsächlich bei Patienten auf, die mit mehreren Behandlungszyklen Leustatin behandelt wurden. In seltenen Fällen wurde über das Auftreten eines myelodysplastischen Syndroms berichtet.
Fieber/Infektion (s. auch Abschnitt 9. „Warnhinweise“):
In klinischen Studien zur Behandlung der Haarzell-Leukämie war Fieber eine häufig beobachtete Reaktion während des ersten Behandlungsmonats: Bei 31 % der Fieberpatienten lagen nachweislich Infektionen vor (13,7 % bakterielle, 6,5 % virale und 6,5 % Pilzinfektionen); 70 % dieser Patienten wurden mit Antibiotika behandelt. 12 % der Patienten hatten Temperaturen 40 °C.
Während des ersten Monats wurden schwere Infektionen (z. B. Sepsis, Pneumonie) bei 7 % der Patienten beobachtet. Die übrigen Infektionen waren schwach bis mäßig. Nach dem dritten Monat traten Infektionen seltener oder gleich häufig wie vor der Behandlung mit Leustatin auf.
In den klinischen Studien zur Behandlung der Haarzell-Leukämie wurden 6 Todesfälle (5 % der Patienten) nach Behandlungsende beobachtet: Ein Patient verstarb aufgrund einer Infektion, zwei wegen einer bestehenden Herzerkrankung, zwei wegen fortbestehender Haarzell-Leukämie mit infektiösen Komplikationen und ein Patient wegen fortschreitender Erkrankung nach einer zusätzlichen Chemotherapie.
Im Rahmen des Therapiealltags wurde zudem über interstitielle Lungeninfiltrate sowie opportunistische Infektionen im Rahmen der Akutbehandlung mit Leustatin berichtet. Diese unerwünschten Ereignisse traten hauptsächlich bei Patienten auf, die mit mehreren Behandlungszyklen Leustatin behandelt wurden.
Nierenschädigende Wirkung (Nephrotoxizität: s. auch Abschnitt 9. „Warnhinweise“):
Bei hohen Dosen (vier - neunmal höher als zur Therapie der Haarzell-Leukämie empfohlen), die im Rahmen der klinischen Erprobung über 7-14 Tage in Verbindung mit der Gabe von Cyclophosphamid und Ganzkörperbestrahlung als Vorbereitung auf eine Knochenmarktransplantation gegeben wurden, entwickelten sich in 19 % der Fälle Zeichen eines akuten Nierenversagens (mit z. B. Azidose, Anurie, erhöhtem Serum-Kreatinin) 7-13 Tage nach Beginn der Leustatin-Behandlung. Bei 5 von 6 dieser Patienten wurde eine Dialyse (Blutwäsche) notwendig. Bei 2 von 6 der Patienten war das Nierenversagen vorübergehend. Bei einigen dieser Patienten wurden im fraglichen Zeitraum gleichzeitig andere Medikamente mit bekannter nierenschädigender Wirkung verabreicht.
Nervengewebeschädigende Wirkung (Neurotoxizität):
In klinischen Studien wurde bei hohen Dosen (vier - neunmal höher als zur Therapie der Haarzell-Leukämie empfohlen) über schwere Neurotoxizität, einschließlich nicht rückbildungsfähiger motorischer Schwäche der oberen und/oder unteren Extremitäten (Paraparese, Tetraparese) berichtet. Diese trat 35-84 Tage nach Beginn der Hochdosistherapie auf. Neurotoxizität scheint dosisabhängig zu sein. Sie wurde aber auch vereinzelt bei Patienten beobachtet, die mit empfohlener Dosierung behandelt wurden. Im Therapiealltag wurde jedoch selten - auch bei empfohlener Dosierung - vor allem bei Patienten mit mehreren Therapiekursen Leustatin über schwere neurotoxische Symptome berichtet.
Bei Auftreten neurotoxischer Symptome sollte die Therapie verschoben oder abgebrochen werden.
Sonstige Erfahrungen:
Im Therapiealltag wurde über vorübergehende, im Allgemeinen geringe Anstiege bestimmter Leberwerte (Bilirubin und Transaminasen) sowie Nesselsucht (Urtikaria) berichtet.
Wenn Sie Nebenwirkungen bei sich beobachten, die nicht in dieser Information aufgeführt sind, teilen Sie diese bitte Ihrem Arzt oder Apotheker mit.
15. Dauer der Haltbarkeit
Arzneimittel im unversehrten Behältnis:
Lagerung 36 Monate bei 2-8 °C (Kühlschrank) und vor Licht geschützt.
Der in der Durchstechflasche nach Dosisentnahme verbleibende Rest des Konzentrates zur Herstellung einer Infusionslösung ist in geeigneter Weise zu verwerfen.
Die gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung ist chemisch und physikalisch über die Infusionsdauer von 24 Stunden bei Raumtemperatur und Tageslicht bzw. normaler Raumbeleuchtung stabil. Die gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung muss innerhalb von 8 Stunden nach Zubereitung zur Anwendung kommen und ist bis zur Anwendung im Kühlschrank (2-8 °C) aufzubewahren.
Arzneimittel nach Ablauf des auf dem Behältnis und der äußeren Umhüllung angegebenen Verfallsdatum nicht mehr anwenden.
16. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise
Arzneimittel im unversehrten Behältnis:
Bei 2-8 °C und vor Licht geschützt lagern und aufbewahren.
Einmaliges Einfrieren schadet dem Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung nicht. Nach Einfrieren sollte man das Konzentrat ohne Erhitzen oder Einsatz einer Mikrowelle erwärmen lassen. Nicht wieder einfrieren!
Gebrauchsfertige Leustatin-Infusionslösung:
Im Kühlschrank (2-8 °C) maximal 8 Stunden aufbewahren.
Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren!
17. Stand der Information
Dezember 2005
Zusätzliche Information für Fachkreise
18. Verschreibungsstatus/Apothekenpflicht
Verschreibungspflichtig
Dieses Arzneimittel enthält einen Stoff, dessen Wirkung in der medizinischen Wissenschaft noch nicht allgemein bekannt ist. Deshalb muss der pharmazeutische Unternehmer für dieses Arzneimittel dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einen Erfahrungsbericht nach § 49 Abs. 6 AMG vorlegen.
19. Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften, Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit, soweit diese Angaben für die therapeutische Verwendung erforderlich sind
19.1 Pharmakologische Eigenschaften
Die selektive Toxizität von Cladribin gegenüber bestimmten normalen und malignen Lymphozyten- und Monozytenpopulationen basiert auf den relativen Aktivitäten von Desoxycytidinkinase, Desoxynukleotidase und Adenosindeaminase.
Es wird angenommen, dass Zellen mit hoher Aktivität von Desoxycytidinkinase und niedriger Aktivität von Desoxynukleotidase selektiv von Cladribin dadurch abgetötet werden, dass sich intrazellulär toxische Desoxynukleotide anreichern. Zellen mit hohen Desoxynukleotidkonzentrationen sind nicht in der Lage, einsträngige DNS-Brüche korrekt zu reparieren. Cladribin unterscheidet sich von anderen Chemotherapeutika, welche den Purinstoffwechsel beeinflussen, dadurch, dass es zytotoxisch sowohl auf sich aktiv teilende als auch auf ruhende Lymphozyten und Monozyten wirkt, indem es sowohl die DNS-Synthese als auch die Reparatur blockiert.
19.2 Toxikologische Eigenschaften
Akute Toxizität:
Bei den Untersuchungen zur akuten Toxizität betrugen nach intravenöser Anwendung die niedrigsten letalen Dosierungen 120 mg/kg bei der Maus, 96 mg/kg bei der Ratte und über 25 mg/kg beim Hund. Als klinische Symptome traten bei den Nagern Erschöpfung und eine Abnahme der Atemfrequenz auf. Bei der Maus kam es ferner zu Blässe, Ptosis und einer Abnahme der Motilität. Beim Hund rief Cladribin Erbrechen hervor.
Cladribin rief nach intravenöser Anwendung beim Hund ab 0,5 mg/kg eine Steigerung von Atemfrequenz- und volumen hervor, und ab 5 mg/kg kam es (vermutlich über eine Stimulation von 2-Rezeptoren) zu einer Abnahme des Blutdruckes mit reflektorischem Anstieg der Herzfrequenz.
Subakute Toxizität:
Bei kontinuierlicher intravenöser Anwendung einer Dosis von 1-2 mg/kg/Tag über
7-10 Tage zeigten sich am Cynomolgus-Affen als hauptsächliche Zeichen von Toxizität Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Krampfanfälle, Ataxie, Suppression von rasch wachsendem Gewebe (z. B. Knochenmark, Hoden, intestinale Schleimhaut und Haut). Bei Konzentrationen von 0,1 bis 0,6 mg/kg/Tag über 14 Tage wurden beobachtet: Gewichtsverlust, reduzierte motorische Aktivität, Durchfall, Abnahme der roten und weißen Blutzellen, ausgeprägte Suppression proliferierenden Gewebes (z. B. der Haut (nur bei Männchen), der Zunge, des Dünndarms (Lieberkühn-Krypten im Bereich des Zwölffingerdarms, des Jejunums und des Ileums), und der Speicheldrüsen, zelluläre Erschöpfung von lymphoiden Geweben und Knochenmark. Diese Symptome verschwanden nach 6 Wochen.
Bei der Maus rief Cladribin nach intravenöser Anwendung über 1 Monat ab 5 mg/kg/Tag eine Abnahme der Anzahl der Leukozyten und der Lymphozyten und bei 20 mg/kg/Tag Leberfunktionsstörungen hervor (ohne histologisch nachweisbare Veränderungen).
Karzinogese/Mutagenese:
Cladribin induziert in Säugerzellen DNA-Strangbrüche. Mutagenitätsuntersuchungen in vitro und in vivo belegen darüber hinaus, dass Cladribin Chromosomenmutationen hervorrufen kann. Obwohl Kanzerogenitätsstudien mit Cladribin nicht vorliegen, ist aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften und des nachgewiesenen mutagenen Potentials zu erwarten, dass Cladribin auch kanzerogene Wirkungen zeigt.
Reproduktionstoxizität:
Cladribin ist im Tierversuch teratogen und embryotoxisch. Es wurde ein Anstieg von Veränderungen des Skeletts bei Mäusen bei einer Dosierung von 1,5 mg/kg/Tag beobachtet. Vermehrte Absorption, reduzierte Wurfgröße, Wachstumsretardierung (verminderte Fetengewichte) und ein Anstieg an fetalen Missbildungen wurden bei Mäusen bei einer Dosierung von 3,0 mg/kg/Tag gefunden. Bei Kaninchen traten Fehlbildungen (überwiegend an den vorderen Extremitäten), Wachstumsretardierungen und Tod bei einer Dosierung von 3,0 mg/kg/Tag auf. Keine Auswirkungen auf die embryonale Entwicklung konnten bei der Maus bei einer Dosierung von 0,5 mg/kg/Tag und beim Kaninchen bei 1,0 mg/kg/Tag gesehen werden.
Untersuchungen zur Auswirkung auf die Fötalentwicklung in der späten Gestationsphase und die Peripostnatalphase wurden nicht durchgeführt. Fertilitätsstudien liegen nicht vor.
Bei intravenöser Anwendung von Cladribin an Cynomolgus-Affen wurde eine Suppression schnell wachsender Zellen, einschließlich testikulärer Zellen, gesehen. Der Effekt auf die menschliche Fertilität ist nicht bekannt.
Obwohl für Cladribin über Teratogenität und andere embryotoxische Wirkungen beim Menschen keine Erkenntnisse vorliegen, sei darauf hingewiesen, dass bei anderen DNA-Synthese-Hemmern, wie z. B. Methotrexat, über teratogene Wirkungen beim Menschen berichtet wird.
19.3 Pharmakokinetik
In einer Studie mit 17 Patienten zur Behandlung der Haarzell-Leukämie und normaler Nierenfunktion wurde die durchschnittliche Steady-State-Serumkonzentration von Cladribin auf etwa 5,7 ng/ml geschätzt, mit einer systemischen Clearance von etwa 663,5 ml/h/kg, wenn Leustatin über eine kontinuierliche Infusion von 0,09 mg/kg Körpergewicht/Tag über 7 Tage verabreicht wurde. Nach intravenöser Anwendung nehmen die Plasmakonzentrationen multiexponentiell ab mit einer terminalen Halbwertszeit von etwa 3-22 Stunden. Gewöhnlich ist das Verteilungsvolumen von Cladribin sehr groß (durchschnittlich 9 l/kg), was auf eine extensive Verteilung von Cladribin in die Gewebe hinweist. Die durchschnittliche Halbwertszeit von Cladribin in leukämischen Zellen beträgt 23 Stunden.
Zum Metabolismus oder der Art der Ausscheidung beim Menschen liegen nur wenige Informationen vor. Bei einer 5tägigen kontinuierlichen intravenösen Anwendung von 3,5-8,1 mg/m2/Tag Cladribin wurden bei Patienten mit soliden Tumoren durchschnittlich 18 % der verabreichten Dosis über den Urin ausgeschieden. Der Einfluss von Nieren- und Leberinsuffizienz auf die Elimination von Cladribin wurde am Menschen nicht untersucht.
Cladribin penetriert in die Cerebrospinalflüssigkeit. Aus einem Bericht geht hervor, dass die Konzentrationen ungefähr 25 % der Plasmakonzentrationen betragen.
Cladribin wird zu ca. 20 % an Plasmaproteine gebunden.
19.4 Bioverfügbarkeit
Definitionsgemäß: 100 %.
20. Sonstige Hinweise
Während und nach der Behandlung sollte der Patient regelmäßig hinsichtlich des Ausmaßes der hämatopoetischen Suppression untersucht werden.
Zusätzlich sollten regelmäßig klinisch-chemische Kontrolluntersuchungen der Leber- und Nierenfunktionswerte durchgeführt werden.
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