Niontix
Fachinformation NIONTIX®
1. Bezeichnung des Arzneimittels
NIONTIX®
100 %
Gas zur medizinischen Anwendung, verflüssigt
2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung
1 kg medizinisches Gas enthält als arzneilich wirksamen Bestandteil: Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) 1 kg
Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile: s. Abschnitt 6.1.
3. Darreichungsform
Gas zur medizinischen Anwendung, verflüssigt
Farbloses Gas mit schwachem, angenehmem Geruch.
4. Klinische Angaben
4.1 Anwendungsgebiete
Im Gemisch mit Sauerstoff:
-
Zur Anästhesie-Einleitung und im Rahmen einer Kombinationsnarkose.
-
Zur Analgesie unter stationären Bedingungen in der klinischen Geburtshilfe.
4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
NIONTIX®ist zur inhalativen Anwendung bestimmt. Es darf grundsätzlich erst nach Verdampfung (Überführung in den Gaszustand) und mit Hilfe von geeigneten Inhalationsgeräten bzw. Narkoseapparaten verabreicht werden. In der Allgemeinanästhesie werden als Dosierung von NIONTIX®inspiratorische Konzentrationen von 50-70 % und in der Geburtshilfe Konzentrationen von 20-50 % empfohlen.
Bei Anwendung von NIONTIX®darf die inspiratorische Sauerstoffkonzentration 30 % nicht unterschreiten. Bei Patienten mit gestörter alveolärer Sauerstoffaufnahme (z. B. Emphysem, Lungenödem) muss der inspiratorische Sauerstoffanteil erhöht werden.
Die Anwendungszeit richtet sich nach der Dauer der Narkose und sollte in der Regel 6 Stunden nicht überschreiten.
Dosierungen bei Kindern unterscheiden sich nicht von den Erwachsenen-Dosierungen.
4.3 Gegenanzeigen
-
Überempfindlichkeit gegenüber Distickstoffmonoxid,
-
Vitamin B12-Mangel,
-
Erhöhter Hirndruck.
Da Distickstoffmonoxid rasch in lufthaltige Hohlräume diffundiert, kommt es zu einer Volumenzunahme des Hohlraumes und/oder zu einer Erhöhung seines Innendrucks. Daher soll NIONTIX®bei Patienten mit Pneumothorax, Ileus, Mediastinalemphysem, Emphysemblasen, Pneumoperikard, Luftembolien und Gaseinschlüssen im Glaskörper sowie z. B. bei Mittelohrchirurgie, Pneumoenzephalographie, bei Operationen in sitzender Position und nach extrakorporaler Zirkulation nicht angewendet werden.
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
NIONTIX®darf nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden bei
-
schwerer pulmonaler Funktionsstörung (mit Hypoxämie).
-
schwerer Herzinsuffizienz.
Die Anwendung von NIONTIX®darf nur erfolgen, wenn
respiratorische und kardiozirkulatorische Komplikationen zuverlässig erkannt und sofort adäquat behandelt werden können.
Bei einer Luft- oder Gasembolie muss die Zufuhr von NIONTIX®sofort unterbrochen werden.
Nach Beendigung der Inhalation von Distickstoffmonoxid erfolgt die initiale Rückdiffusion aus dem Blut in die Alveolen so rasch, dass eine verdünnungsbedingte Abnahme der alveolären Sauerstoffkonzentration (Diffusionshypoxie) auftreten kann. Vorbeugend sollte deshalb in den ersten 5-10 Minuten nach Beendigung der Zufuhr von NIONTIX®reiner Sauerstoff appliziert werden.
NIONTIX®kann in die Blockermanschette (Cuff) eines Endotrachealtubus diffundieren und diese aufblähen. Hierdurch kann es zu einer Atemwegsverlegung oder zu einer Druckschädigung der Trachea kommen. Eine regelmäßige Kontrolle des Cuff-Druckes ist daher angezeigt. Vorbeugend kann die Blockermanschette mit NIONTIX®statt mit Luft gefüllt werden.
Der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) beträgt 100 ppm (TRGS 900). Eine kurzzeitige Überschreitung bis zum 2-fachen AGW über einen Zeitraum von 15 min ist zulässig (Spitzenbegrenzung). Berichte über mögliche Schädigungen durch eine berufsbedingte Exposition beim Anästhesiepersonal sind widersprüchlich. Diskutiert werden Fertilitätsstörungen, eine erhöhte Anzahl von Aborten, Mißbildungen, Karzinome, Parenchymschäden an Leber und Nieren sowie ZNS-Störungen.
Es besteht ein Abususpotential.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Bei Anwendung mehrerer zentral dämpfender Pharmaka muss mit einer Wirkungsverstärkung gerechnet werden. Die myokardiale Kontraktilität kann bei einer Kombination von NIONTIX®mit Opioiden negativ beeinflusst werden.
Naloxon schwächt die analgetische Wirkung von NIONTIX®ab.
NIONTIX®verstärkt unerwünschte Wirkungen von Methotrexat.
Bei der Kombination von NIONTIX®mit anderen Inhalationsanästhetika kommt es zu einer erhöhten Aufnahmerate der anderen Gase (Second Gas Effect).
NIONTIX®erniedrigt die MAC-Werte anderer Inhalationsanästhetika.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Auch wenn bisherige Erfahrungen mit einer therapeutischen Anwendung von NIONTIX®in Kombination mit anderen Wirkstoffen bei Schwangeren kein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Missbildungen gezeigt haben, sollte NIONTIX®im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel nicht und im letzten Schwangerschaftsdrittel nur nach sorgfältiger Nutzen/Risiko-Abwägung durch einen Arzt angewendet werden.
In Tierversuchen wurden nach Gabe von Distickstoffmonoxid Knochen- und Organmissbildungen, Wachstumsretardierungen sowie embryo- und fetoletale Effekte beobachtet.
NIONTIX®ist plazentagängig und die Narkosetiefe des ungeborenen Kindes entspricht der der Mutter.
Bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft NIONTIX®erhielten, sollte in den ersten Lebensjahren auf neurologische Entwicklungsstörungen geachtet werden.
Bei einem Einsatz von NIONTIX®in der Geburtshilfe ist bei Neugeborenen auf hypoxische Zustände zu achten.
Bei Frühgeborenen kann das Auftreten von Hirnblutungen durch NIONTIX®zusätzlich erhöht sein. Diese Kinder sind daher besonders sorgfältig zu überwachen.
Es ist nicht bekannt, in welchem Umfang NIONTIX®in die Muttermilch übertritt. Daher sollte nach einer NIONTIX®-Exposition das Stillen erst nach sorgfältiger Nutzen/Risiko-Abwägung wieder aufgenommen werden.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Nach einer Narkose mit NIONTIX®darf der Patient nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen; über den Zeitfaktor hat der Arzt individuell zu entscheiden. Der Patient sollte sich nur in Begleitung nach Hause begeben und keinen Alkohol zu sich nehmen.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig |
1/10 |
Häufig |
1/100 bis < 1/10 |
Gelegentlich |
1/1000 bis < 1/100 |
Selten |
1/10 000 bis < 1/1 000 |
Sehr selten |
< 1/10 000 |
Nicht bekannt |
Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar |
Herz- und Gefäßerkrankungen
Obwohl nur eine geringe Wirkung auf den Kreislauf zu erwarten ist, kann es zur Senkung des Blutdrucks, zur Abnahme des Schlagvolumens und zur Steigerung des pulmonalvaskulären Widerstandes kommen.
NIONTIX®kann zu einer Dilatation der Hirngefäße mit nachfolgender Steigerung des intrakraniellen Druckes führen.
Stoffwechselerkrankungen
Über das Auftreten einer malignen Hyperthermie unter Distickstoffmonoxid ist sehr selten (<1/10000 Fällen) berichtet worden.
NIONTIX®kann Vitamin B12inaktivieren und dadurch die DNA-Synthese beeinträchtigen. Bei langer Anwendungsdauer besteht die Gefahr der Knochenmarksdepression und peripherer Neuropathien.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Übelkeit und Erbrechen können auftreten.
Psychiatrische Erkrankungen
Euphorien, Träume und Phantasien werden beschrieben.
4.9 Überdosierung
Als Symptome einer Überdosierung können Hypoxie, Kreislaufdepression, Agitation oder Somnolenz bis Bewusstlosigkeit auftreten.
Der Patient ist mit reinem Sauerstoff kontrolliert zu beatmen, gegebenenfalls sind kreislaufunterstützende Maßnahmen erforderlich.
Ein spezielles Antidot existiert nicht.
5. Pharmakologische Eigenschaften
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Allgemeinanästhetika
ATC Code: N01AX13
NIONTIX®ist ein Gas, das stark analgetisch und schwach narkotisch wirkt.
Die Willkürmotorik bleibt unbeeinflusst.
NIONTIX®wirkt einerseits negativ inotrop, führt aber andererseits zu einer Stimulierung des Sympathikus. Welcher Effekt die klinische Wirkung dominiert, hängt u. a. auch von der Begleitmedikation ab (z. B. hohe sympathikolytische Potenz der Opioide).
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
NIONTIX®ist ein stabiles, reaktionsträges, farbloses Gas mit schwachem, angenehmem Geruch, das schwerer als Luft ist.
Physikochemische Eigenschaften:
Molekulargewicht 44,02 g/mol
Siedepunkt bei 1 atm -89 °C (184,7 K)
Dampfdruck bei 20 °C 57,3 bar
Dichte (0 °C, 1,013 bar) 1,97 kg/m3
Dichteverhältnis zur Luft (= 1) 1,53
Verteilungskoeffizienten:
Blut/Gas 0,47
Öl/Gas 1,4
Gehirn/Blut 1,1
Die mittlere minimale alveoläre Konzentration (MAC) beträgt 105 Vol %.
Entsprechend dem niedrigen Blut/Gas-Verteilungskoeffizienten ist die Steuerbarkeit der Anästhesie mit NIONTIX®sehr gut. Bei der Maskeneinleitung in Spontanatmung und normalen Herz-Kreislauf-Verhältnissen wird eine 50%ige alveoläre Gassättigung innerhalb von ca. 1 Minute erreicht.
NIONTIX®verteilt sich in Abhängigkeit der regionalen Durchblutung auf alle Körpergewebe.
Über die Biotransformation existieren keine verlässlichen Untersuchungen.
Die Elimination erfolgt überwiegend über die Lunge; geringe Mengen werden über Haut und Darm eliminiert.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Bisherige In-vitro-Tests mit Distickstoffmonoxid zur genetischen Toxikologie zeigten positive und negative Befunde, in-vivo-Tierstudien dagegen verliefen negativ. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die in-vitro-Befunde für die in-vivo-Situation keine Bedeutung haben und unter den Bedingungen der sachgemäßen klinischen Anwendung kein relevantes genotoxisches Potiential für Distickstoffmonoxid vorliegt.
Eine 78-Wochen-Studie an Mäusen zur Kanzerogenität von Distickstoffmonoxid verlief negativ.
Bei Ratten führte in einer Studie die kombinierte Gabe von Distickstoffmonoxid und Ketamin über 3 Stunden zu einer histologisch nachgewiesenen, weit höheren Neurotoxizität als die Gabe der jeweiligen Stoffe allein.
In einer Fertilitätsstudie an männlichen Ratten zeigten sämtliche Tiere unter Begasung mit 20 % Distickstoffmonoxid nach 14 Tagen reversible Spermatogeneseschädigungen.
6. Pharmazeutische Angaben
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Keine.
6.2 Inkompatibilitäten
Keine bekannt.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Die Dauer der Haltbarkeit beträgt 3 Jahre. Das Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfalldatums nicht mehr angewendet werden.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Im Originalbehältnis aufbewahren. Das Behältnis fest verschlossen halten. Vor Sonneneinstrahlung und Wärmeeinwirkung schützen. Nur an einem gut belüfteten Ort und nicht über 36 °C lagern. Ungewolltes Ausströmen von Distickstoffmonoxid in geschlossenen Räumen erhöht die Brandgefahr; es gilt Rauch- und Feuerverbot, mögliche Zündquellen sind zu beseitigen. Distickstoffmonoxid ist schwerer als Luft; bei hoher Konzentration besteht Erstickungsgefahr.
Druckbehältnis gegen Umfallen sichern. Nicht in Treppenhäusern, Fluren, Durchgängen und Aufenthalts- bzw. Verbrauchsräumen lagern.
Insbesondere ist die Technische Regel für Druckgase (TRG) Nr. 280 zu beachten.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Weiße Druckbehältnisse (Druckgasflaschen und –bündel) mit blauer Schulter (nach DIN EN 1089-3) aus Stahl.
Folgende Packungsgrößen sind erhältlich:
Druckgasflaschen mit 0,75 kg, 1,50 kg, 2,25 kg, 3,75 kg, 7,50 kg, 15,00 kg, 30,00 kg und 37,50 kg Inhalt |
Druckgasbündel mit 225 kg und 450 kg Inhalt. |
5700 L Standtank (Klinikpackung). |
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung
Anschluss und Entnahme
Distickstoffmonoxid steht bei Anlieferung in Druckbehältnissen und -bündeln unter Druck. Die Behältnisse enthalten sowohl gasförmiges als auch flüssiges Produkt.
Verwendete Armaturen und nachgeschaltete Einrichtungen müssen für den vorgesehenen Verwendungszweck zugelassen sein und sind ordnungsgemäß anzuschließen. Alle Armaturen, nachgeschaltete Leitungen und Geräte müssen öl- und fettfrei sein!
Der in der Überwurfmutter der Anschlussarmatur befindliche Dichtring ist bei jedem Wechsel des Behältnisses zu überprüfen und bei Beschädigung auszutauschen.
Die Entnahme darf nur aus senkrecht stehenden Druckbehältnissen erfolgen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es zum Austritt von flüssigem Distickstoffmonoxid kommt.
Kontakt von flüssigem Distickstoffmonoxid mit Haut oder Augen führt zu Erfrierungen bzw. schweren Augenschäden.
Das Eindringen von flüssigem Distickstoffmonoxid in nachgeschaltete Einrichtungen kann zu schweren Störungen führen.
Druckbehältnis und -bündel nur mit angeschlossenemDruckminderer öffnen.
Vor dem Anschluss eines Druckminderers ist der Anschlussstutzen des Druckbehältnisses auf Sauberkeit zu prüfen; evtl. verschmutzte Anschlüsse sind mit einem sauberen Tuch zu reinigen.
Druckbehältnisse für Distickstoffmonoxid dürfen zur Reinigung nicht mit toxischen, schlafinduzierenden, zur Narkose führenden oder den Respirationstrakt bei der Anwendung reizenden Substanzen behandelt werden.
Vor dem Öffnen des Druckbehältnisventils sind die angeschlossenen Armaturen (z. B. Druckminderer, Flowmeter) auf ihren geschlossenen Zustand zu prüfen. Der Druckminderer muss entlastet sein.
Das Ventil des Druckbehältnisses ist langsamzu öffnen (Linksdrehung), ansonsten besteht Unfallgefahr.
Zur Entnahme des Distickstoffmonoxids ist das Handrad des Druckregelventils am Druckminderer langsam zu öffnen (Rechtsdrehung).
Das Behältnis wird leer, wenn der Druck bei Raumtemperatur auf 30 bar abfällt; dann befindet sich darin nur noch eine kleine Restmenge.
Bei der Gasentnahme soll die Umgebungstemperatur über 0 °C liegen.
Nur bis zu einem Restdruck von 3 bar entleeren, um eine Kontamination zu vermeiden und die sichere Funktion auch nach Wiederbefüllen zu gewährleisten. Die Einhaltung des Restdrucks ist sicherzustellen.
Die höchstzulässige Füllmasse ist auf der Flaschenschulter eingeprägt.
Nur die vom genannten Hersteller original gefüllten Druckbehältnisse enthalten das Arzneimittel NIONTIX®. Nur diese Originalabfüllung darf für medizinische Zwecke verwendet werden.
Eine missbräuchliche Verwendung der Druckbehältnisse, die Befüllung durch den Verbraucher oder durch Dritte sowie das Umfüllen in andere Behältnisse sind nicht statthaft.
7. Inhaber der Zulassung
Linde Gas Therapeutics GmbH
85716 Unterschleißheim
Telefon (089) 37000-0
Telefax (089) 37000-37 100
Email: medizinische.gase@de.linde-gas.de
http://www.linde-gastherapeutics.de
8. Zulassungsnummer
1807.00.00
9. Datum der Zulassung/Verlängerung der Zulassung
Datum der Verlängerung: 13.02.2003
10. Stand der Information
März 2008
11. Verkaufsabgrenzung
Apothekenpflichtig
Stand: März 2008 Seite 13 von 13