iMedikament.de

Quilonorm Retard

Fachinformation


Q

uilonorm retard


1. Bezeichnung des Arzneimittels

Quilonorm retard

Wirkstoff:Lithiumcarbonat

2. Verschreibungsstatus /Apothekenpflicht

Verschreibungspflichtig

3. Zusammensetzung des Arzneimittels

3.1 Stoff- oder Indikationsgruppe

Psychopharmakon, Lithiumsalz

3.2 Arzneilich wirksamer Bestandteil

1 Retardtablette enthält 450 mg Lithiumcarbonat (entsprechend 12,2 mmol Lithium).

3.3 Sonstige Bestandteile

Povidon, Maisstärke, Lactose-Monohydrat, Gelatine, Carmellose-Natrium, Talkum, Calciumicosanoat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), Farbstoff Titandioxid (E 171), Macrogol 6000, Poly[butylmethacrylat-co-(2-dimethylaminoethyl)methacrylat-co-methylmethacrylat] (1:2:1).

4. Anwendungsgebiete

Prophylaxe manisch-depressiver Erkrankungen (auch im Rahmen schizoaffektiver Psychosen) und endogener Depressionen

Behandlung manischer und hypomanischer Zustände, gegebenenfalls in Kombination mit Neuroleptika

Behandlung bestimmter akuter Depressionen z. B. bei Therapieresistenz oder Unverträglichkeit von Antidepressiva, bei Verdacht auf Umschlag in eine Manie, gegebenenfalls in Kombination mit Antidepressiva

anfallsweise auftretender oder chronischer Cluster-Kopfschmerz (Bing-Horton-Syndrom).

5. Gegenanzeigen

Absolute Gegenanzeigen:

Akutes Nierenversagen, akuter Herzinfarkt, ausgeprägte Hyponatriämie. Bekannte Überempfindlichkeit gegen Lithium oder einen der sonstigen Bestandteile.

Relative Gegenanzeigen:

Renale Störungen, Herzinsuffizienz, Schilddrüsenunterfunktion, Morbus Addison, Myasthenia gravis, myeloische Leukämie, Psoriasis, Erkrankungen, die eine kochsalzarme Diät erfordern (siehe auch Ziff. 14), Herzrhythmusstörungen, zerebrale Krampfleiden sowie Störungen im Natriumhaushalt und Dehydratation.

Bei einer lebensbedrohlichen psychiatrischen Erkrankung und wenn andere therapeutische Maßnahmen erfolglos waren, kann Lithium unter besonderer Vorsicht dennoch eingenommen werden. In diesem Fall sollte der Patient hospitalisiert sein und der Lithiumserumspiegel täglich kontrolliert werden.

Diuretika und Neuroleptika sollten nur unter besonderer Vorsicht während einer Lithiumtherapie eingesetzt werden (siehe Ziff. 7).

Hinweise:

Vor einer Narkose oder Operation sollten Lithiumsalze 48 Stunden vorher abgesetzt werden (siehe Ziff. 7: Wechselwirkungen mit neuromuskulär blockierenden Substanzen). Lithium kann anschließend sofort wieder verabreicht werden, wenn die Nierenfunktion und der Elektrolythaushalt normal sind.

Vor einer Elektrokrampftherapie sollten Lithiumsalze 48 Stunden vorher abgesetzt werden, um die Gefahr eines Delirs zu reduzieren. Dieses kann auftreten, wenn beide Therapien gleichzeitig verabreicht werden.

Schwangerschaft und Stillzeit:

Lithium darf in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft, im letzten Monat vor der Geburt und in der Stillzeit nicht angewendet werden. Vor Beginn der Behandlung ist das Bestehen einer Schwangerschaft auszuschließen, während der Behandlung ist eine sichere Empfängnisverhütung zu gewährleisten.

Im Falle einer bereits bestehenden Schwangerschaft sollte die Notwendigkeit einer Behandlung der Mutter mit Lithiumsalzen gegen mögliche Risiken für das Kind sorgfältig abgewogen werden. Eine eingehende Beratung der Ehepartner ist wünschenswert. Häufigere Kontrollen des Serumlithiumspiegels sind ebenso erforderlich wie eine Einstellung auf den niedrigsten noch wirksamen Serumlithiumspiegel. In der Woche vor der Geburt sollte die Lithium-Dosis halbiert und bei Beginn der Wehentätigkeit vollständig abgesetzt werden, um eine Erhöhung des Lithiumspiegels aufgrund der geburtsbedingten Veränderungen im Wasser- und Elektrolythaushalt zu vermeiden.

Anwendung bei Kindern:

Bei Kindern unter 12 Jahren ist eine Lithiumbehandlung nicht zu empfehlen, da bei dieser Altersgruppe keine Daten zu Sicherheit/Wirksamkeit vorliegen.

6. Nebenwirkungen

Die Häufigkeit des Auftretens und die Intensität der Nebenwirkungen korrelieren im allgemeinen mit dem Serumlithiumspiegel und der individuellen Empfindlichkeit des Patienten auf Lithium. Vorwiegend zu Beginn der Behandlung sind ein feinschlägiger Tremor, Polyurie, Polydipsie und Übelkeit möglich. Meist klingen diese unerwünschten Wirkungen mit der Fortdauer der Behandlung oder nach Verringerung der Dosis ab. Insbesondere in den ersten zwei Jahren der Behandlung ist häufig eine Gewichtszunahme, z. T. dosisabhängig, zu beobachten. (Dem Patienten sollte geraten werden, den Genuß kalorienreicher Speisen und Getränke zu vermeiden).

Bei therapeutischem Serumlithiumspiegel können Symptome in folgenden Organsystemen auftreten:

Herz-Kreislauf:

Selten Arrhythmien (meist Bradykardie aufgrund von Sinusknotendysfunktion), Kreislaufversagen, Hypotonie, EKG-Veränderungen wie z. B. reversible Kurvenabflachung und T-Wellenumkehr, Ödeme, Raynaud-Syndrom.

Haut:

Sehr selten Alopezie, akneiforme Dermatosen, Follikulitiden, Pruritus, Exazerbationen von Psoriasis, Quincke-Ödem, Hautausschläge oder andere Zeichen von Überempfindlichkeit.

Hormonelle Störungen:

Euthyreote Struma, Hypo- sowie seltene Fälle von Hyperthyreosen, Hyperglykämie, Hyperparathyreoidismus, Hyperkalzämie.

Magen-Darm:

Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gastritis, Mundtrockenheit sowie exzessive Speichelproduktion.

Blut:

Leukozytose.

Muskeln/Nervensystem:

Muskelschwäche, Myalgie, Arthralgie, Tremor, Faszikulationen, unwillkürliche Bewegungen der Extremitäten, Ataxie, chorioathetotische Bewegungen, hyperaktiver Sehnenreflex, extrapyramidalmotorische Symptome, Synkope, Krampfanfälle, verwaschene Sprache, Koordinationsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Somnolenz, Gedächtnisverlust, Stupor, Koma, Halluzinationen, Geschmacksstörungen, Nystagmus, Gesichtsfeldausfälle, Pseudotumor cerebri, verschwommenes Sehen, Impotenz/sexuelle Dysfunktion. Eine Myasthenia gravis ist selten beobachtet worden.





Niere:

Initial Natrium- und Kaliumverlust durch die verminderte Natrium- und Kaliumreabsorption an den renalen Tubuli. Innerhalb einer Woche sollte die Na-K-Konzentration auf Ausgangsniveau zurückkehren. Symptome eines nephrogenen Diabetes insipidus (siehe auch Ziff. 11) sowie Harninkontinenz. Nach langjähriger Behandlung beobachtete morphologische Nierenveränderungen (z. B. interstitielle Fibrosen) sind in der Regel unspezifisch.

Zur Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens siehe Ziff. 14 „Sonstige Hinweise“.

7. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln

Da Lithium mit einer Vielzahl von Arzneimitteln interagieren kann, ist stets besondere Vorsicht geboten bei gleichzeitiger Gabe mit anderen Medikamenten, insbesondere aber bei einer Kombination mit einem der im folgenden aufgeführten Arzneimittel (in diesen Fällen sind engmaschige Kontrollen des Serumlithiumspiegels und gegebenenfalls eine Dosisanpassung erforderlich):

Diuretika:

Thiazide, K+sparende –, Schleifendiuretika:

Erhöhung des Lithiumserumspiegels durch Verminderung der renalen Lithium-Clearance. Thiazide zeigen einen paradoxen antidiuretischen Effekt, der möglicherweise zur Wasserretention und Lithiumintoxikation führt.

osmotisch wirkende Diuretika, Carboanhydraseinhibitoren einschließlich Azetazolamid:

Erniedrigung des Lithiumserumspiegels.

Antiepileptika, z. B. Phenytoin; Methyldopa; trizyklische Antidepressiva:

Erhöhung des Serumlithiumspiegels mit Gefahr von Neurotoxizität.

Neuroleptika (z. B. Haloperidol, Thioridazin):

Gehäuftes Auftreten von unerwünschten Wirkungen. Vor allem bei höherer Neuroleptika-Dosierung sollte auf Nebenwirkungen der Medikamente besonders geachtet werden. Eine dem neuroleptischen malignen Syndrom ähnliche Enzephalopathie - charakterisiert durch Schwäche, Lethargie, Fieber, Zittern, Verwirrtheit, Delir, Krampfanfälle und Häufung extrapyramidalmotorischer Symptome, Leukozytose, Anstieg der Serumenzyme - ist in äußerst seltenen Fällen nach Kombinationsbehandlung mit Lithium und Neuroleptika aufgetreten. Unter bestimmten Umständen hat dieses Syndrom zum irreversiblen Hirnschaden geführt. Wegen eines möglichen Kausalzusammenhanges in diesen Fällen sollten die Patienten mit Kombinationstherapie von Lithium und Neuroleptika engmaschig kontrolliert werden, und bei ersten Anzeichen einer Neurotoxizität sollte Lithium sofort abgesetzt werden.

Substanzen, die den Serotonin-Stoffwechsel beeinflussen können (MAO-Hemmer, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, 5 HT-Agonisten):

Das Auftreten eines serotonergen Syndroms (Bewußtseinsstörung, Ruhelosigkeit, Muskelzucken, gesteigerte Reflexe, Schweißausbruch, Frösteln und Zittern) wurde beschrieben. In diesem Falle ist die gesamte Medikation abzusetzen und ggf. eine (intensiv-)medizinische Behandlung einzuleiten.

Harnstoff, Xanthinpräparate (z. B. Theophyllin-haltige Antiasthmatika; durchblutungsfördernde Mittel wie Pentoxifyllin, Xantinolnicotinat) und alkalisierende Substanzen (z. B. NaHCO3):

Erniedrigung des Serumlithiumspiegels durch erhöhte Lithiumausscheidung.

Neuromuskulär blockierende Substanzen:

Verlängerung deren Wirkung durch Lithium (siehe Hinweis unter Ziff. 5).

Kaliumiodid:

Verstärkung eines möglichen strumigenen Effekts des Lithiums.

Metronidazol, nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Indometazin), ACE-Hemmer (z. B. Captopril, Enalapril):

Erhöhung der Lithiumserumkonzentration kann zur Lithiumtoxizität führen.

Tetrazykline:

Sowohl Erhöhung als auch Erniedrigung des Serumlithiumspiegels wurden beschrieben.

Ca-Antagonisten (z. B. Diltiazem, Verapamil):

Erhöhung der Lithiumtoxizität. Der Lithiumspiegel sollte deshalb im unteren therapeutischen Bereich liegen.

8. Warnhinweise

Keine

9. Wichtigste Inkompatibilitäten

Keine bekannt

10. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben

Bei einem Serumlithiumspiegel von 0,5 bis 1,2 mmol/l erreicht Lithium in der Regel seine volle Wirksamkeit. Für die Prophylaxe ist meist ein Serumlithiumspiegel von 0,5 bis 0,8 mmol/l ausreichend, während in der Akutphase die Serumlithiumspiegel bis zu 1,2 mmol/l betragen können. Während der akuten manischen Phase, in der Lithium besser toleriert wird, kann der Serumlithiumspiegel abfallen und somit eine Dosiserhöhung erforderlich werden. Die Lithiumtoleranz kann mit dem Abklingen der manischen Symptome sinken und erfordert dann wieder eine Dosisreduzierung. Bei Patienten über 65 Jahren sollte ein Serumlithiumspiegel über 0,6 mmol/l nach Möglichkeit vermieden werden. (Zu Kontrolluntersuchungen siehe Ziff. 14 ,,Sonstige Hinweise“.)

Jeder Patient ist individuell und zu Beginn der Behandlung einschleichend auf Lithium einzustellen. In den ersten Tagen der Behandlung sollten einschleichend nur etwa 12 mmol Lithium (entsprechend 1 Retardtablette Quilonorm retard) verabreicht werden. Danach sollte die Tagesdosis je nach Alter der Patienten auf 18 bis 36 mmol Lithium in Abhängigkeit vom Serumlithiumspiegel und therapeutischen Effekt gesteigert werden. Bei älteren Patienten ist erfahrungsgemäß eine niedrigere Dosis für die gleiche Wirksamkeit ausreichend. Weiterhin kann bei älteren Patienten aufgrund der abnehmenden Nierenfunktion und der dadurch verringerten Lithium-Elimination der Serumlithiumspiegel leicht toxische Werte erreichen. Der Serumlithiumspiegel älterer Patienten sollte daher häufiger kontrolliert werden als im Regelfall empfohlen.

Einzeldosis:

½ bis 1½ Retardtabletten Quilonorm retard

Tagesdosis:

1½ bis 3 Retardtabletten Quilonorm retard, verteilt auf 1 bis 2 Einnahmen

Hinweis:

Alternativ kann die gesamte Tagesdosis auch als Einmalgabe vor dem Schlafengehen verabreicht werden. Beim Wechsel von der Mehrfachgabe zur Einmalgabe sollten anfänglich die Serumlithiumspiegel häufiger kontrolliert werden; es ist dabei zu beachten, daß (bei gleicher Tagesdosis) der standardisierte 12-Stunden-Wert bis zu 0,2 mmol/l über dem zuvor eingestellten Wert liegen kann.

11. Art und Dauer der Anwendung

Die Retardtabletten sollen unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit eingenommen werden.

Die Lithiummedikation sollte immer zu einer festgesetzten Zeit eingenommen werden. Falls eine Einnahme versäumt wurde, sollte der Patient mit der Einnahme der nächsten Dosis bis zu dieser festgesetzten Zeit warten. Er sollte die versäumte Einnahme jedoch nicht mit einer doppelten Dosis ausgleichen.

Mitunter ist ein voller Behandlungserfolg erst nach 6 bis 12 Monaten zu diagnostizieren. Deshalb sollte ein anfangs unbefriedigendes Ergebnis kein Grund zum vorzeitigen Abbrechen der Therapie sein.

Falls das Lithiumsalz abgesetzt werden soll, sollte die Dosis schrittweise reduziert werden, um eine Rezidivgefahr zu verringern.



Hinweise:

Eine sorgfältige klinische Überwachung des Patienten sowie regelmäßige Kontrollen des Serumlithiumspiegels sind dringend erforderlich (siehe Ziff. 14 ,,Kontrolluntersuchungen“).

Chronische Lithiumtherapie kann einhergehen mit einer Verminderung der renalen Konzentrierungsfähigkeit, die sich in einem nephrogenen Diabetes insipidus mit Polyurie und Polydipsie äußert. In diesem Fall ist eine sorgfältige medizinische Betreuung notwendig, um eine Dehydratation mit daraus resultierender Lithium-Retention und Toxizität zu vermeiden. Nach Absetzen von Lithium ist dieser Zustand gewöhnlich reversibel.

12. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel

a) Symptome der Intoxikation

Die Lithiumtoxizität korreliert mit dem Serumlithiumspiegel. Im allgemeinen treten Intoxikationen bei Serumlithiumspiegeln von 1,5 mmol/l an, verstärkt bei über 2,0 mmol/l, auf, können aber bei empfindlichen Patienten bereits bei normalen oder bei geringen Erhöhungen des Serumlithiumspiegels auftreten. Warn- und Initialsymptome einer Lithiumvergiftung können sein: Polyurie, Polydipsie oder Durchfall, Erbrechen, Dehydratation, Muskelschwäche, erhöhter Muskeltonus, unfreiwillige Muskelzuckungen, Müdigkeit, Koordinations-, Konzentrations- und Artikulationsstörungen, Verwirrtheit, Somnolenz, Nystagmus, Tremor, Hyperreflexie; bei höheren Serumlithiumspiegeln Tinnitus, verschwommenes Sehen, Ataxie, Apathie, evtl. kardiovaskuläre (Herzrhythmusstörungen, Kreislaufkollaps) und renale Störungen (in seltenen Fällen ein akutes Nierenversagen); in besonders schweren Fällen kann es zum zerebralen Anfall, zum Koma und zum tödlichen Ausgang kommen. Bei den ersten Anzeichen einer Intoxikation sollte Lithium abgesetzt werden.

b) Therapie von Intoxikationen

Es gibt kein Antidot.

Die Therapie einer Intoxikation sollte stationär durchgeführt werden. Regelmäßige Kontrollen der Lithiumkonzentration z. B. im Abstand von 6 Stunden (der Serumlithiumspiegel sollte innerhalb dieser Zeit um ca. 20 % und nach 24 Stunden auf die Hälfte abfallen) sind von großer Bedeutung. Neben EEG- und EKG-Kontrollen, Überwachung der Nierenfunktion sowie eine Infektionsprophylaxe ist eine symptomatische Therapie mit Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr (Na+-Infusion!) angezeigt (Gabe von natriuretischen Diuretika vermeiden!). Falls der Serumlithiumspiegel nicht rasch genug abfällt (z. B. durch Ausscheidungsstörungen), der Allgemeinzustand des Patienten schlecht ist und/oder der Serumlithiumspiegel bei 3 mmol/l oder höher liegt empfiehlt sich eine Hämodialyse oder - wenn keine Möglichkeit dazu besteht - eine Peritonealdialyse.

13. Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften, Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit, soweit diese Angaben für die therapeutische Verwendung erforderlich sind

13.1 Pharmakologische Eigenschaften

Lithium zeigt ausgeprägte Wirkungen auf eine Vielzahl von neurochemischen Systemen, einschließlich

Ionenkanäle

Neurotransmitter einschließlich Serotonin, Dopamin und Norepinephrin

,,Second Messenger-Systeme“, wie auf Phosphoinositol oder cAMP basierende Systeme:

Neurotransmitter:

Beta-adrenerges System: Lithium erhöht den Anteil der geringempfindlichen Rezeptoren und vermindert so die Funktion der Beta-Rezeptoren.

Alpha2-adrenerges System: Lithium vermindert die Empfindlichkeit von Alpha2-Rezeptoren und steigert dadurch die Freisetzung von Norepinephrin.

Serotonerges System: Lithium reguliert einige serotonerge Rezeptorsubtypen herunter und steigert den Serotoninumsatz. Dadurch wird die Gegenregulation verringert und in der Folge eine vermehrte Serotonin-Freisetzung bewirkt.

Dopaminerges System: Lithium blockiert in Kombination mit Neuroleptika die Hochregulierung von Rezeptoren, erhöht die Dopaminkonzentration und den Dopaminumsatz. Dadurch wird die Freisetzung von Norepinephrin und die Hochregulierung von D2-Rezeptoren verhindert und die Wirkungen indirekter Agonisten verstärkt.

,,Second Messenger“-Systeme:

Inositolphosphat: Lithium blockiert die Aktivität von Inositolpolyphosphat 1-phosphat und der Inositolmonophosphatphosphatase. Dies führt zu einem Verlust an Inositol und hemmt die Funktion des Phosphoinositol-Zyklus.

Adenylatzyklase: Durch kompetitive Verdrängung von Magnesium bewirkt Lithium eine direkte Hemmung der Adenylatzyklase. Ebenso inhibitiert Lithium G-Proteine. In Abhängigkeit von der Konzentration anteiliger regionaler G-Proteine wird die Funktion der Adenylatzyklase entweder abgeschwächt oder verstärkt.

13.2 Toxikologische Eigenschaften

a) Akute Toxizität

Lithium besitzt nur eine geringe therapeutische Breite, zu den Symptomen einer Intoxikation sowie toxischen Serumspiegeln siehe unter Ziff. 12.

b) Subchronische/chronische Toxizität

Die zur subchronischen bzw. chronischen Toxizität vorliegenden Studien an verschiedenen Tierarten entsprechen methodisch nicht dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Die Ergebnisse belegten eindeutig Wirkungen auf die Niere in Form von Polyurie, Polydipsie sowie histologischen Veränderungen der distalen und corticalen Tubuli.

Beobachtet wurden weiterhin Effekte auf die Schilddrüse (Akkumulation in der Schilddrüse sowie Abfall der T3-T4-Werte) und das Nervensystem (Tremor). Diese Effekte traten bereits in Dosierungen auf, die innerhalb bzw. nahe des therapeutischen Bereichs liegen.

c) Mutagenes und tumorerzeugendes Potential

Die zu Lithiumsalzen vorliegenden Erkenntnisse zur Genotoxizität entstammen überwiegend nicht adäquat durchgeführten Untersuchungen. Lithiumsalze können in hohen Dosen mit zytotoxischen Effekten in vitro und in Versuchstieren Chromosomenmutationen induzieren. Untersuchungen an Patienten konnten diese Befunde bisher nicht bestätigen. Langzeituntersuchungen zu tumorerzeugendem Potential von Lithiumsalzen liegen nicht vor.

d) Reproduktionstoxizität

Lithium hat teratogene und fetotoxische Wirkungen. Beim Menschen besteht ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Fehlbildungen bei einer Anwendung von Lithium im ersten Trimester der Schwangerschaft. Bei Neugeborenen sind nach Exposition im letzten Trimester toxische Effekte (Cyanose, Hypotonie, Bradykardie, Kardiomegalie, Struma) aufgetreten. Die Halbwertszeit beim Neugeborenen beträgt 68 – 96 Stunden. Lithium wird in die Muttermilch ausgeschieden und erreicht im Serum des gestillten Kindes 50 % der maternalen Serumkonzen-tration.

13.3 Pharmakokinetik

und

13.4 Bioverfügbarkeit

Lithiumsalze werden schnell und nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Serumspitzenkonzentrationen werden 0,5 – 3 Stunden (Lithiumacetat) bzw. 4 – 4,5 Stunden (Lithiumcarbonat) nach Einnahme erreicht. Lithium bindet nicht an Plasmaproteine. Die Verteilung in den Körperflüssigkeiten ist nicht uniform. Es erfolgt keine schnelle Passage der Blut-Hirn-Schranke. Lithium passiert den Körper unverändert. Es wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Die renale Lithiumclearance kann bei interkurrenten Infektionen, Erbrechen, Durchfall, Flüssigkeitsmangel und Medikamenten (siehe Ziff. 7) reduziert sein und dadurch eine Intoxikation hervorrufen. Die Halbwertzeit beträgt durchschnittlich 24 Stunden, beim älteren Menschen 30 bis 36 Stunden und beim Jugendlichen etwa 18 Stunden. Ein konstantes Verhältnis zwischen der extra- und intrazellulären Lithiumkonzentration ist nach etwa einer Behandlungswoche erreicht.

Bei Neueinstellungen oder Dosisänderungen sollten deshalb nach etwa 1 Woche die ersten Bestimmungen der Serumlithiumspiegel vorgenommen werden.

14. Sonstige Hinweise

Schwangerschaft und Stillzeit siehe auch Ziff. 5 ,,Gegenanzeigen“.

Kombinationsbehandlung:

Bei akuter Manie kann es zweckmäßig sein, Lithiumsalze mit Neuroleptika zu kombinieren (siehe Ziff. 7). Auch bei schizoaffektiven Psychosen ist eine Langzeitbehandlung mit einer Kombination aus Lithiumsalz und Neuroleptikum oft erfolgreich. Zur Intensivierung der antidepressiven Behandlung bei bestehendem depressiven Syndrom kann die kombinierte Gabe von Thymoleptika und Lithium einen synergistischen Effekt ergeben. Bei latenter Krampfbereitschaft ist wegen der Gefahr cerebraler Anfälle die Kombination von Lithium und Imipramin mit Vorsicht einzusetzen.

Durch zusätzliche Gabe eines Betablockers (z. B. Propranolol) kann der unter der Lithiumbehandlung häufig auftretende Tremor günstig beeinflußt werden; andererseits kann aber auch durch die Gabe des Betablockers das Auftreten eines grobschlägigen Tremors, als Zeichen einer Lithiumintoxikation, maskiert werden.

Zur Kombinationsbehandlung mit serotonergen Substanzen siehe Ziff. 7.

Kontrolluntersuchungen:

Einer gründlichen körperlichen Untersuchung zu Beginn der Behandlung mit Lithiumsalzen sollte sich eine sorgfältige Überwachung des Patienten während der Lithiummedikation anschließen. Folgende Untersuchungen sind durchzuführen:

1. Serumlithiumspiegel: Die Bestimmung der Serumlithiumspiegel sollte in den ersten vier Wochen der Lithiumtherapie wöchentlich vorgenommen werden, danach sind im ersten halben Jahr monatliche Kontrollen und später Kontrollen im vierteljährlichen Abstand angebracht. Längere Zwischenräume können nur in Ausnahmefällen toleriert werden.

Die Bestimmung der Serumlithiumspiegel sollte möglichst genau 12 Stunden nach der letzten Lithiumgabe erfolgen. Zweckmäßigerweise wird die Bestimmung am Morgen vor der weiteren Tablettengabe durchgeführt.

2. Kreatinin im Serum: Die Messung des Kreatinins im Serum sollte stets parallel zur Bestimmung der Lithiumkonzentration erfolgen.

3. Körpergewicht und Halsumfang: vierteljährliche Messung

4. T3, T4, TSH: jährliche Bestimmung, ggf. TRH-Test

5. Natrium, Kalium, Kalziumbestimmung: jährlich

6. 24-Stunden Urinvolumen, Kreatininclearance: jährlich

7. EKG: jährlich

8. EEG: bedarfsweise, bzw. bei Gefahr von Wechselwirkungen bei Kombinationsbehandlung (z. B. mit Neuroleptika)

Kürzere Untersuchungsintervalle bzw. außerplanmäßige Kontrollen können nötig sein bei:

- Begleiterkrankungen, die zu einer Veränderung des Serumlithiumspiegels führen können (z. B. starkes Erbrechen, hohes Fieber, heftige Durchfälle)

- Gleichzeitiger Gabe von Medikamenten, die den Serumlithiumspiegel beeinflussen können (siehe Ziff. 7 ,,Wechselwirkungen mit anderen Mitteln“)

- Übergang von der Mehrfachgabe auf die Einmalgabe

- Da im Alter die glomeruläre Filtrationsrate abnimmt und damit die Gefahr einer Intoxikation größer wird, ist bei älteren Patienten eine häufigere Kontrolle der Nierenfunktion notwendig.

Hinweise:

Auf eine ausreichendeKochsalz- und Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. Dies gilt insbesondere für Patienten, die sich einer Abmagerungskur oder einer Diät unterziehen.

Durch die während der Behandlung mit Lithiumsalzen mitunter auftretenden Störungen des zentralen Nervensystems wie Müdigkeit, Somnolenz, Benommenheit oder Halluzinationen kann das Reaktionsvermögen beeinträchtigt werden, was beim Führen eines Kraftfahrzeuges oder beim Bedienen von Maschinen beachtet werden sollte. Patienten sollten auf diese möglichen Gefahren hingewiesen werden.

15. Dauer der Haltbarkeit

Wie im Bezugsland angegeben.

16. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise

Keine

17. Darreichungsformen und Packungsgrößen

Packung mit 50 Retardtabletten

Packung mit 100 Retardtabletten

18. Stand der Information

Juni 2002

19. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers

Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH

Am Gänslehen 4–6

D-83451 Piding

Tel.: 08651/704-0

Fax: 08651/704-324

Mai 2003