Retacillin Compositum 1,2 Mio I.E.
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Fachinformation
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mibe+ Logo Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.
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1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.
Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
Wirkstoffe: Benzylpenicillin-Natrium
Benzylpenicillin-Procain
Benzylpenicillin-Benzathin
1 Durchstechflasche mit Pulver enthält:
Benzylpenicillin-Natrium 180 mg
(entsprechend 300 000 I.E. Benzylpenicillin)
Benzylpenicillin-Procain 1 H2O 297 mg
(entsprechend 300 000 I.E. Benzylpenicillin)
Benzylpenicillin-Benzathin 507 mg
(entsprechend 600 000 I.E. Benzylpenicillin)
Sonstige Bestandteile: Enthält Povidon, (3-sn-Phosphatidyl)cholin (Sojalecithin), Natriumcitrat
Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Anschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Pulver (in Durchstechflasche) und Lösungsmittel (in Ampulle) zur Herstellung einer Injektionssuspension
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Systemische und/oder lokale Infektionen, die durch Benzylpenicillin-empfindliche Erreger verursacht sind, insbesondere solche durch Streptococcus pyogenes (Gruppe A Streptokokken), Streptococcus pneumoniae und Spirochäten.
Die i.m. Gabe von einem Depot-Penicillin ist dann angezeigt, wenn eine orale Therapie, z. B. mit Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V), nicht möglich ist. Bei schweren Infektionen ist eine i.v. Therapie mit einem geeigneten wasserlöslichen Arzneimittel der i.m. Applikation vorzuziehen.
Infektionen des Hals-Nasen-Ohren-Bereiches:
Eitrige Angina, Pharyngitis, "Angina-Plaut-Vincenti", Scharlach, Sinusitis, Otitis media verursacht durch Streptococcus pyogenes und S. pneumoniae
Rezidivprophylaxe nach Folgekrankheiten von Streptokokkeninfektionen (z. B. rheumatisches Fieber)
Infektionen der Atemwege:
Lobär- und Segmentpneumonie, Bronchopneumonien, akute bakterielle Bronchitiden
Infektionen der
Haut:
Erysipel einschließlich Rezidivprophylaxe,
Impetigo contagiosa
Schweinerotlauf (hervorgerufen durch
Erysipelothrix rhusiopathiae)
Kalkulierte Therapie von Wundinfektionen im
Bereich von Haut- und Unterhautgewebe bei Biss-Infektionen
durch Pasteurella multocida
Infektionen im
Mund-Kiefer-Bereich:
Schwere entzündliche Paradontopathien, apikale
Zahnabszesse und periapikale Granulome (hervorgerufen meist durch
Penicillin-empfindliche aerob/anaerobe Mischflora) zusätzlich zu
den lokalen zahnärztlichen Maßnahmen
Diese Infektionen können zusätzlich zu den lokalen zahnärztlichen Maßnahmen mit einem Depot-Penicillin behandelt werden, wenn eine orale Gabe, z. B. von Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) nicht möglich ist.
- Behandlung der Syphilis (nicht bei
HIV-positiven Patienten):
Frühsyphilis (primäre, sekundäre oder latente Syphilis bei maximal
einjähriger Infektionsdauer) ohne pathologische Liquorbefunde
Syphilis mit einer mehr als einjährigen Infektionsdauer (latente,
kardiovaskuläre oder späte benigne Syphilis) mit Ausnahme der
Neurosyphilis und nur beim Vorliegen apathologischer
Liquorbefunde.
Gegebenenfalls ist die Kombination mit einem weiteren geeigneten
Antibiotikum angezeigt.
National und international anerkannte Richtlinien für den angemessenen Gebrauch von antimikrobiellen Wirkstoffen sind bei der Anwendung von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.zu berücksichtigen.
4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Dosierung
Der Internationale Biologische Referenzstandard für Benzylpenicillin wurde 1968 abgeschafft, nachdem die Substanz vollständig durch analytische Prüfmethoden charakterisiert werden konnte. Für die quantitative Angabe der Dosierung bevorzugt man jedoch noch die (biologischen) Internationalen Einheiten (I.E.).
Im Allgemeinen erhalten in Abständen von 4 bis 7 Tagen (bei Bedarf kann das Injektionsintervall verkürzt werden):
Erwachsene und Kinder mit Körpergewicht über 40 kg (Kinder ca. 12 Jahre)
1 200 000 I.E.
Kinder mit
Körpergewicht über 20 kg (ca. 6 Jahre)
600 000 bis 1 200 000 I.E.
Kinder mit
Körpergewicht über 10 kg (ca. 3 Jahre)
600 000 bis 900 000 I.E.
Bei Kindern unter 2 Jahren sind intramuskuläre Applikationen kontraindiziert, sofern andere Applikationsformen möglich sind (siehe Abschnitt 4.3 Gegenanzeigen).
Rezidivprophylaxe nach Folgekrankheiten von Streptokokkeninfektionen (z. B. rheumatisches Fieber) und Erysipel
Erwachsene und Kinder über 40 kg Körpergewicht 1- bis 2-mal pro Monat 1 200 000 I.E.
Frühsyphilis (primäre, sekundäre oder latente Syphilis bei maximal einjähriger Infektionsdauer) ohne pathologische Liquorbefunde
2 400 000 I.E. einmalig injiziert (je 1 200 000 I.E. an zwei verschiedenen Injektionsorten)
Syphilis mit einer mehr als einjährigen Infektionsdauer (latente, kardiovaskuläre oder späte benigne Syphilis) mit Ausnahme der Neurosyphilis und nur beim Vorliegen apathologischer Liquorbefunde
3 Injektionen von je 2 400 000 I.E. in Abständen von einer Woche
Dosierung bei eingeschränkter Nierenfunktion
Bei Nierenfunktionsstörungen sind in üblicher Dosierung keine toxischen Spiegel von Benzylpenicillin zu erwarten (Beachte "Besonderer Hinweis" unter Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Dosierung bei Leberinsuffizienz
Bei Patienten mit Leberinsuffizienz sind keine Dosisanpassungen erforderlich.
Dosierung bei Hämodialysepatienten
Benzylpenicillin ist hämodialysierbar. Untersuchungen zum Einfluss der Dialyse auf die Benzylpenicillin-Plasmaspiegel liegen nicht vor, so dass im Einzelfall entschieden werden sollte, ob Dialysepatienten mit Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E. behandelt werden.
Art und Dauer der Anwendung
Herstellung der Suspension
Das Suspendieren des Inhalts einer Durchstechflasche Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.sollte mit dem beigegebenen Lösungsmittel erfolgen. Das Lösungsmittel wird in die Durchstechflasche eingespritzt und anschließend die Flasche geschwenkt. Starkes Schütteln ist wegen Schaumbildung zu vermeiden.
Die Injektionssuspension ist nur zur einmaligen Entnahme vorgesehen. Die Anwendung muss unmittelbar nach Öffnung der Ampulle und der Herstellung der Injektionssuspension erfolgen. Nicht verbrauchte Reste sind zu verwerfen.
Injektion
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.wird ausschließlichtief intramuskulärmit langer, dicker Nadel (Kanülendurchmesser 0,90 mm) in den oberen äußeren Quadranten der Gesäßmuskulatur in Stichrichtung auf den Darmbeinkamm oder nach der Methode von Von Hochstetter injiziert. Der Einstich sollte möglichst senkrecht zur Hautoberfläche, die Injektion möglichst fern von größeren Gefäßen erfolgen. In jedem Fall muss vor der Injektion aspiriert werden. Bei der Aspiration von Blut oder bei Schmerzen unter der Injektion muss diese abgebrochen werden.
Die Injektion darf nicht in Gewebe mit verminderter Durchblutung erfolgen (siehe auch Abschnitt 4.3 Gegenanzeigen). Bei wiederholter Anwendung ist die Injektionsstelle zu wechseln.
Die Injektion soll möglichst langsam und nur mit schwachem Druck vorgenommen werden. Ein "Verreiben" nach der Injektion ist zu vermeiden.
Bei der Langzeitbehandlung mit Depot-Penicillinen (z. B. bei Rezidivprophylaxe nach rheumatischem Fieber) kann es nach wiederholten Injektionen in ein engbegrenztes Areal im Muskelgewebe zu einer Gewebsschädigung sowie Durchwachsung mit Blutgefäßen kommen, wodurch bei jeder weiteren Injektion die Möglichkeit des Eindringens von Injektionsgut in die Blutbahn, sei es durch direkte Injektion in ein Blutgefäß, sei es durch Einpressen infolge des Injektionsdruckes oder gar durch "Verreiben" des Depots, vergrößert wird. Es empfiehlt sich daher, bei der Langzeitbehandlung jede Injektion möglichst weit entfernt vom Ort der letzten Injektion vorzunehmen.
Hinweis
Wegen der möglichen Nebenwirkungen(Nicolau- oder Hoigné-Syndrom) ist es dringend geboten, durch einen Aspirationsversuch mit leerer Injektionsspritze die intravasale Lage der Kanüle auszuschließen.
Dauer der Anwendung
Die Behandlungsdauer ist vom Ansprechen der Erreger bzw. dem klinischen Erscheinungsbild abhängig.
Die Rezidivprophylaxe bei rheumatischem Fieber sollte über mindestens 5 Jahre nach der letzten Attacke erfolgen.
4.3 Gegenanzeigen
Bei einer
Überempfindlichkeit gegen andere Betalactam-Antibiotika (z. B.
Cephalosporine, Imipenem), ausgenommen Monobactame (Aztreonam),
kann eine Kreuzallergie bestehen.
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.darf nicht angewendet werden bei:
- Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Lokalanästhetika vom Ester-Typ, Sulfonamide, Benzoesäure (Parabene), Benzylpenicillin und Benzathin, Soja, Erdnuss oder einen der sonstigen Bestandteile dieses Arzneimittels
- bekanntem Mangel an Pseudocholinesterase mit Folge erheblicher herabgesetzter Enzymaktivität
- Behandlung von Neugeborenen mit konnataler Syphilis
- in Geweben mit verminderter Durchblutung.
Bei Kindern unter 2 Jahren sind intramuskuläre Applikationen kontraindiziert, sofern andere Applikationsformen möglich sind.
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.darf nicht subkutan, intravenös, intraarteriell, peridural, spinal oder in andere Körperhöhlen injiziert oder instilliert werden.
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Bei Patienten mit Verdacht auf Penicillin-Überempfindlichkeit oder allergischer Reaktionsbereitschaft ist wegen der Depot-Wirkung besondere Vorsicht bei der Anwendung von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E. geboten.
Bei jeder Anwendung sollten eine ausreichende Nachbeobachtung und Möglichkeiten zur Schockbekämpfung gewährleistet sein. Bei anamnestischen Hinweisen auf eine Penicillin-Allergie muss vor der Anwendung von Depot-Präparaten ausdrücklich gewarnt werden.
Da schwere allergische Sofortreaktionen auch bei Erstanwendung möglich sind, sollte eine ärztliche Überwachung bzw. Erreichbarkeit über mindestens 1 Stunde gewährleistet sein.
Bei Patienten mit Dermatomykosen wurden parallergische Reaktionen aufgrund einer Antigengemeinschaft zwischen Penicillin und Dermatophyten beobachtet, die bereits bei erstmaliger Gabe auftreten können.
Langfristige und wiederholte Anwendung kann zu Superinfektionen mit resistenten Bakterien und Sprosspilzen führen.
Bei primären Koagulopathien und medikamentöser Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit, z. B. mit Cumarinen, ist Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. nicht zu empfehlen.
Bei Diabetikern ist mit einer verzögerten Resorption aus dem intramuskulären Depot zu rechnen.
Bei versehentlicher intravenöserInjektion eines Depot-Penicillins kann ein Hoigné-Syndrom auftreten, das durch Todesangst, Halluzinationen, Sehstörungen, Ohrensausen, Schwindel, Parästhesien oder Tachykardien sowie bedingt durch das im Arzneimittel enthaltene Benzylpenicillin-Procain durch Erscheinungen einer Procain-Intoxikation gekennzeichnet ist. In der Regel verschwinden diese Symptome innerhalb von 30 Minuten vollständig, über schwere Verläufe mit z. T. letalem Ausgang wurde auch berichtet.
Nach versehentlicher intraarteriellerApplikation eines Depot-Penicillins kann ein Nicolau-Syndrom auftreten. Neben den örtlichen ischämiebedingten Befunden (Schmerzen, Blässe, Ödem- und Blasenbildung mit anschließender Nekrotisierung) sind schwere Verlaufsformen mit Schock und Verbrauchskoagulopathie möglich.
Bei der Behandlung der Syphilis kann es zu einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen. 2 bis 12 Stunden nach Applikation des Depot-Penicillins kann es zu Kopfschmerzen, Fieber, Schweißausbrüchen, Schüttelfrost, Muskel- und Gelenkschmerzen, Übelkeit, Tachykardie, Blutdruckanstieg und nachfolgendem Blutdruckabfall kommen. Nach 10 bis 12 Stunden klingen die Symptome wieder ab. Bei Auftreten solcher Reaktionen ist sofort ein Arzt zu verständigen, der die Vitalfunktionen überwacht und in Abhängigkeit vom Schweregrad entsprechende Gegenmaßnahmen einleitet.
Bei der Behandlung der Syphilis ist der Therapieerfolg durch eine geeignete Untersuchung nachzuweisen.
Für die Syphilisbehandlung kann bei Nicht-HIV-Patienten ein Depot-Penicillin verwendet werden, außer bei Spätlatenz und Neurosyphilis.
Bei HIV-Patienten ist zur Behandlung der Syphilis eine intravenöse Benzylpenicillin-Behandlung erforderlich.
Anhaltende schwere Durchfälle können ein Zeichen für eine potentiell lebensbedrohliche pseudomembranöse Kolitis sein. Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.sollte abgesetzt und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden (z. B. Vancomycin oral). Die Peristaltik hemmende Arzneimittel sind kontraindiziert.
Endokarditis und septische Verläufe bei Schweinerotlauf (hervorgerufen durch Erysipelothrix rhusiopathiae) sind intravenös mit Benzylpenicillin zu therapieren.
Da Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.Benzylpenicillin-Procain enthält, darf die Anwendung nur mit besonderer Vorsicht erfolgen bei:
- Myasthenia
gravis
- Störungen
des Herz-Reizleitungssystems
- Herzinsuffizienz.
Ist eine
Allergie gegen Procain bekannt, so kann eine Kreuzallergie
gegenüber anderen Ester-Lokalanästhetika und chemisch verwandten
Substanzen in Form einer Paragruppenallergie auftreten. Chemische
Basis dieser Gruppenallergie ist eine an den Benzolring gebundene
Amino- bzw. Hydroxylgruppe, die sich in Parastellung zu den
anderen Resten befindet. Auch bei kutaner Form der
Procain-Allergie kann sich eine Gruppenallergie entwickeln mit
entsprechenden Symptomen auf Sulfonamide, orale Antidiabetika,
bestimmte Farbstoffe, Röntgenfilmentwickler usw.
Bei bekannter Allergie gegen Sulfonamide ist eine
kreuzallergische Reaktion auf Procain nicht
auszuschließen.
Bei Patienten mit Pseudocholinesterase-Mangel und erheblich herabgesetzter Enzymaktivität muss verstärkt mit toxischen Symptomen bei Procain-Applikation gerechnet werden.
Es ist zu beachten, dass unter Behandlung mit Blutgerinnungshemmern (Antikoagulanzien, wie z. B. Heparin), nichtsteroidalen Antirheumatika oder Plasmaersatzmitteln nicht nur eine versehentliche Gefäßverletzung im Rahmen der Schmerzbehandlung zu ernsthaften Blutungen führen kann, sondern dass allgemein mit einer erhöhten Blutungsneigung gerechnet werden muss. Gegebenenfalls sollten die Blutungszeit und die partielle Thromboplastinzeit (PTT), rsp. aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), bestimmt, der Quick-Test durchgeführt und die Thrombozytenzahl überprüft werden. Diese Untersuchungen sollten bei Risikopatienten auch im Falle einer Low-dose-Heparinprophylaxe (vorsorgliche Behandlung mit dem Blutgerinnungshemmer Heparin in niedriger Dosis) vor der Anwendung von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.durchgeführt werden.
Eine Durchstechflasche Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.enthält weniger als 1 mmol (23 mg) Natrium.
Besonderer Hinweis
Bei Nierenfunktionsstörungen ist die verlangsamte Ausscheidung von Povidon zu beachten. Aufgrund des Povidon-Gehaltes kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach häufiger oder länger dauernder Anwendung sehr selten zu einer Speicherung von Povidon im Retikuloendothelialen System (RES) oder zu örtlichen Ablagerungen und Fremdkörpergranulomen kommen kann, die zur Verwechslung mit Geschwülsten Anlass geben können.
Therapie des anaphylaktischen Schocks
Neben anderen gebräuchlichen Notfallmaßnahmen (Atemwege freihalten!)
medikamentöse Sofortmaßnahmen
Sofort:Epinephrin (Adrenalin) i.v.
Nach Verdünnen von 1 ml der handelsüblichen Lösung (1:1 000) auf 10 ml oder unter Verwendung einer Epinephrin-Fertigspritze (1:10 000) wird zunächst davon 1 ml (= 0,1 mg Epinephrin) unter Puls- und Blutdruckkontrolle langsam intravenös injiziert (cave: Herzrhythmusstörungen!).
danach:Antihistaminika; Volumensubstitution i.v., z. B. Plasmaexpander, Humanalbumin, Vollelektrolyt-Lösung
anschließend:Glucocorticoide i.v.
z. B. 250 bis 1 000 mg Prednisolon (oder äquivalente Menge eines Derivats). Die Glucocorticoid-Gabe kann wiederholt werden.
Bei Kindern ist die Dosierung der genannten Präparate dem Körpergewicht bzw. dem Alter entsprechend zu reduzieren.
Weitere Therapiemaßnahmen sind zu erwägen, z. B. künstliche Beatmung, Sauerstoffinhalation.
Eine sorgfältige Überwachung des Patienten ist erforderlich, da die Symptome rezidivieren können.
Wenn nach intramuskulärer Gabe von Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. schwere allergische Symptome auftreten, muss die chirurgische Entfernung des Depotareals in Erwägung gezogen werden.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Die Kombinationstherapie mit geeigneten Antibiotika wie Aminoglykosiden kann zu einem synergistischen Effekt führen.
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.sollte jedoch nicht mit bakteriostatisch wirkenden Chemotherapeutika wie Tetracyclinen, Chloramphenicol, Makroliden und Sulfonamiden kombiniert werden.
Verstärkung der Wirkung und möglicherweise Verstärkung der Nebenwirkungen
- Probenecid:
Die gleichzeitige Gabe von Probenecid führt durch Hemmung der tubulären Sekretion von Benzylpenicillin zu erhöhten Serumkonzentrationen und zu einer Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit.
- Salicylate, Phenylbutazon, Indometacin und Sulfinpyrazon:
Die Eliminationshalbwertszeit von Benzylpenicillin wird gleichfalls unterschiedlich verlängert.
- nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien:
Da Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verlängerung der Wirkung durch nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien kommen.
- Physostigmin:
Da Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E. Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verstärkung der Wirkung durch Physostigmin kommen.
Abschwächung der Wirkung
- Probenecid:
Probenecid hemmt den Penicillin-Transport aus der Zerebrospinalflüssigkeit, so dass bei gleichzeitiger Gabe von Probenecid die ohnehin schlechte Penetration von Benzylpenicillin in das Gehirngewebe noch verringert wird.
Sonstige mögliche Wechselwirkungen
- Sulfonamide:
Da Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E. Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verminderung der Wirksamkeit der Sulfonamide kommen.
- Cholinesterase-Inhibitoren:
Aufgrund des Procain-Gehaltes von Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. sollte das Arzneimittel nicht gemeinsam mit Cholinesterase-Inhibitoren eingesetzt werden. Durch deren Einfluss auf den Procain-Metabolismus kommt es zu einer Erhöhung der Procain-Toxizität. Andere pharmakologische Eigenschaften der Cholinesterase-Hemmer könnten die Procain-Toxizität ebenfalls beeinflussen.
- Physostigmin:
Physostigmin kann in niedrigen Dosierungen einen protektiven Effekt gegen toxische Procain-Wirkungen haben.
- Kontrazeptiva:
Unter der Therapie mit Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. kann die Wirksamkeit hormonaler Kontrazeptiva beeinträchtigt sein. Es empfiehlt sich deshalb, zusätzlich andere Methoden der Empfängnisverhütung anzuwenden.
- Oral verabreichte Arzneimittel:
Treten Durchfälle auf, so kann die Resorption anderer oral verabreichter Arzneimittel gestört und somit deren Wirkung beeinträchtigt werden.
Beeinflussung labordiagnostischer Untersuchungen
Die Eiweißbestimmung im Urin mittels Präzipitationsverfahren (Sulfosalicylsäure, Trichloressigsäure), der Folin-Ciocalteu- Lowry-Methode oder der Biuret-Methode kann zu falsch positiven Ergebnissen führen. Die Eiweißbestimmung im Harn sollte daher mit anderen Methoden durchgeführt werden.
Ebenfalls zu falsch positiven Ergebnissen kann die Aminosäurebestimmung im Urin mittels der Ninhydrin-Methode führen.
Penicilline binden an Albumin. In elektrophoretischen Methoden zur Albumin-Bestimmung kann dadurch eine Pseudobisalbuminämie vorgetäuscht werden.
Unter der Therapie mit Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.können der nichtenzymatische Harnzuckernachweis und der Urobilinogen-Nachweis falsch positiv ausfallen.
Bei der Bestimmung von 17-Ketosteroiden (mittels der Zimmermann-Reaktion) im Urin können unter der Therapie mit Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.erhöhte Werte auftreten.
4.6 Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft
Benzylpenicillin und Procain sind plazentagängig.
Aus tierexperimentellen Untersuchungen und den bisherigen Erfahrungen mit der Anwendung von Benzylpenicillin bei Schwangeren haben sich keine Anhaltspunkte für fruchtschädigende Wirkungen ergeben. Eine Anwendung von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.während der gesamten Schwangerschaft ist bei entsprechender Indikationsstellung möglich (siehe auch Abschnitt 5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit).
In der Schwangerschaft sollte das Procain-haltige Arzneimittel dennoch nur unter sorgfältiger Indikationsstellung zur Anwendung kommen, auch wenn besondere Risiken bisher nicht bekannt geworden sind.
Stillzeit
Benzylpenicillin und Procain werden mit der Muttermilch ausgeschieden.
Die Milchgängigkeit von Benzylpenicillin ist gering. Die Konzentration in der Muttermilch kann 2 bis 15 % der mütterlichen Serumwerte erreichen. Obwohl bislang bei mit Muttermilch ernährten Säuglingen keine Nebenwirkungen berichtet wurden, muss die Möglichkeit einer Sensibilisierung oder einer Beeinträchtigung der Darmflora in Betracht gezogen werden.
Auf Durchfälle und Sprosspilzbesiedlung der Schleimhäute sollte beim Säugling geachtet werden.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Da das Arzneimittel Benzylpenicillin-Procain enthält, kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass nach der Injektion die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig: |
≥ 10 % |
Häufig: |
≥ 1 bis < 10 % |
Gelegentlich: |
≥ 0,1 bis < 1 % |
Selten: |
≥ 0,01 bis < 0,1 % |
Sehr selten: |
< 0,01 % |
Nicht bekannt |
Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar |
Es wurden folgende Nebenwirkungen beobachtet:
Überempfindlichkeitsreaktionen
Gelegentlich bis häufig treten allergische Reaktionen, selten lebensbedrohliche anaphylaktische Schockreaktionen auf.
Milde Verlaufsformen manifestieren sich als polymorphes (morbilli- oder skarlatiformes) Exanthem mit und ohne Eosinophilie.
Schwerwiegender sind urtikarielle oder ödematöse Hauterscheinungen, angioneurotisches Ödem, Larynxödem, allergische Vasculitis, Erythema nodosum, allergische Purpura, arterielle Gefäßverschlüsse, eosinophile pulmonale Infiltrate, Bronchospasmus, Arzneimittelfieber, Serumkrankheits-Syndrom und anaphylaktische Reaktionen.
Ca. 5 % der allergischen Reaktionen nach Gabe eines Depot-Penicillins, das Benzylpenicillin-Procain enthält, beruhen auf einer Procain-Allergie.
Eine urtikarielle Sofortreaktion muss immer als bedrohliches Zeichen angesehen werden und zwingt strikt zum Therapieabbruch.
Allergische Spätreaktionen kommen erst nach Tagen zur Ausbildung. Dazu gehört die seltene Allergie vom Typ der Serumkrankheit. Sie kann mit Fieber, Gelenkschwellungen und einem allergischen Exanthem einhergehen.
Sehr selten kann es zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock kommen (Gegenmaßnahmen siehe unter Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Sehr selten wurde im Zusammenhang mit einer Benzylpenicillin-Therapie über das Auftreten schwerer, zum Teil lebensbedrohlicher bullöser Hautreaktionen, in der Regel mit Schleimhautbeteiligung, berichtet (Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom).
Zwischen Penicillinen und Stoffwechselprodukten von Dermatophyten kann eine Antigengemeinschaft bestehen, so dass bei Patienten mit Dermatomykosen bereits bei erstmaliger Gabe von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.allergische Reaktionen auftreten können (zur Therapie des anaphylaktischen Schocks siehe Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Wirkungen auf die Leber
Sehr selten wurde über das Auftreten einer Hepatitis und/oder Cholestase berichtet. Diese Reaktionen traten im Gefolge von oder begleitend mit Schock, Exanthem, exfoliativer Dermatitis, Fieber und/oder Eosinophilie oder einem Serumkrankheits-Syndrom auf.
Beeinflussung des Magen-Darm-Traktes
Gelegentlich treten Glossitis, Stomatitis, Lingua villosa nigra, Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle auf.
Selten treten schwere, wässrige Durchfälle während oder nach der Therapie auf, die mit Fieber oder Bauchschmerzen einhergehen können. Dabei ist an eine antibiotikabedingte pseudomembranöse Enterokolitis zu denken, die lebensbedrohlich sein kann. Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.sollte dann sofort abgesetzt und eine geeignete Therapie eingeleitet werden, z. B. Vancomycin oral, 4 x 250 mg täglich. Peristaltikhemmende Mittel sind kontraindiziert.
Jarisch-Herxheimer-Reaktion
Bei der Behandlung von Spirochäteninfektionen (Syphilis, Borreliose) kann es (meist 2 bis 12 Stunden nach der ersten Dosis) zum Auftreten einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen, die durch Fieber, Schüttelfrost, Allgemein- und Herdsymptome gekennzeichnet ist (siehe auch Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Lokale Reaktionen
Auch bei sachgerechter Ausführung kann die intramuskuläre Injektion von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.schmerzhaft sein. Häufig werden Infiltrate oder Fieberreaktionen gesehen.
Sonstige Nebenwirkungen
Bei versehentlicher intravenöserInjektion eines Depot-Penicillins kann ein Hoigné-Syndrom auftreten (weitere Hinweise hierzu siehe unter Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Nach versehentlicher intraarteriellerApplikation eines Depot-Penicillins kann ein Nicolau-Syndrom auftreten (weitere Hinweise hierzu siehe unter Abschnitt 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung).
Sehr selten sind psychotische Reaktionen und Krampfanfälle beobachtet worden, die wahrscheinlich auf das in vivo freigesetzte Procain zurückzuführen sind.
Die langfristige und wiederholte Anwendung von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.kann zu Superinfektionen mit resistenten Bakterien und Sprosspilzen führen.
Sehr selten kann Sojalecithin allergische Reaktionen hervorrufen.
4.9 Überdosierung
Symptome
Die bei der hoch dosierten Benzylpenicillin-Therapie möglichen neurotoxischen Reaktionen treten aufgrund der niedrigen Plasmaspiegel dieses Depot-Präparates nicht auf.
Bei versehentlicher intravasaler Applikation sind folgende Symptome einer Überdosierung bezüglich Procain zu beachten
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.wirkt aufgrund des Gehaltes an Benzylpenicillin-Procain in niedrigen toxischen Dosierungen als zentrales Nervenstimulans, in hohen toxischen Bereichen kommt es zu Depression der zentralen Funktionen. Die Procain-Intoxikation verläuft in 2 Phasen:
Stimulation
- ZNS: Periorale
Missempfindungen, Gefühl der tauben Zunge, Unruhe, Delirium,
Krämpfe (tonisch-klonisch)
- Kardiovaskulär: Herzfrequenz erhöht, Blutdruck erhöht, Rötung der Haut
2. Depression
- ZNS: Koma,
Atemstillstand
- Kardiovaskulär: Pulse nicht tastbar, Blässe, Herzstillstand.
Patienten mit einer beginnenden Procain-Intoxikation fallen zunächst durch exzitatorische Symptome auf. Sie werden unruhig, klagen über Schwindel, akustische und visuelle Störungen sowie Kribbeln, vor allem an Zunge und Lippenbereich. Die Sprache ist verwaschen, Schüttelfrost und Muskelzuckungen sind Vorboten eines drohenden generalisierten Krampfanfalls. Subkonvulsive Plasmaspiegel von Procain führen oft auch zu Schläfrigkeit und Sedierung der Patienten. Die Krampfanfälle sind zuerst von klonisch-tonischer Form. Bei fortschreitender ZNS-Intoxikation kommt es zu einer zunehmenden Funktionsstörung des Hirnstammes mit den Symptomen Atemdepression und Koma bis hin zum Tod.
Ein Blutdruckabfall ist häufig das erste Zeichen eines toxischen Effekts auf das kardiovaskuläre System. Die Hypotension wird hauptsächlich durch eine Hemmung bzw. Blockade der kardialen Reizleitung verursacht. Diese toxischen Wirkungen sind jedoch klinisch von relativ untergeordneter Bedeutung.
Therapiemaßnahmen
Spezielle Maßnahmen bei Überdosierung durch Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E., außer dem Absetzen des Medikamentes, sind nicht erforderlich.
Benzylpenicillin ist hämodialysierbar.
Procain-Intoxikationen sind nur bei versehentlicher intravasaler Gabe von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.zu erwarten.
Bei Intoxikation durch Procain sind zentral wirkende Analeptika kontraindiziert.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe
Benzylpenicillin (Penicillin G) ist ein halbsynthetisches, nicht Betalaktamase-festes Betalaktam-Antibiotikum.
ATC-Code
J01C E08
Wirkungsweise
Der Wirkungsmechanismus von Benzylpenicillin beruht auf einer Hemmung der bakteriellen Zellwandsynthese (in der Wachstumsphase) durch Blockade der Penicillin-bindenden Proteine (PBPs) wie z. B. der Transpeptidasen. Hieraus resultiert eine bakterizide Wirkung.
Beziehung zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik
Die Wirksamkeit hängt im wesentlichen von der Zeitdauer ab, während der der Wirkstoffspiegel oberhalb der MHK des Erregers liegt.
Resistenzmechanismen
Eine Resistenz gegenüber Benzylpenicillin kann auf folgenden Mechanismen beruhen:
-
Inaktivierung durch Betalaktamasen: Benzylpenicillin ist nicht Betalaktamase-fest und wirkt daher nicht gegen Betalaktamase-bildende Bakterien (z. B. Staphylokokken oder Gonokokken).
-
Reduzierte Affinität von PBPs gegenüber Benzylpenicillin: Die erworbene Resistenz bei Pneumokokken und einigen anderen Streptokokken gegenüber Benzylpenicillin beruht auf Modifikationen vorhandener PBPs als Folge einer Mutation. Für die Resistenz bei Methicillin (Oxacillin)-resistenten Staphylokokken hingegen ist die Bildung eines zusätzlichen PBPs mit verminderter Affinität gegenüber Benzylpenicillin verantwortlich.
-
Unzureichende Penetration von Benzylpenicillin durch die äußere Zellwand kann bei Gram-negativen Bakterien dazu führen, dass die PBPs nicht ausreichend gehemmt werden.
-
Durch Effluxpumpen kann Benzylpenicillin aktiv aus der Zelle transportiert werden.
Eine partielle oder vollständige Kreuzresistenz von Benzylpenicillin besteht mit anderen Penicillinen und Cephalosporinen.
Grenzwerte
Die Testung von Benzylpenicillin erfolgt unter Benutzung der üblichen Verdünnungsreihe. Die Beurteilung der Ergebnisse erfolgt auf der Basis der Grenzwerte für Benzylpenicillin. Folgende minimale Hemmkonzentrationen für sensible und resistente Keime wurden festgelegt:
DIN (Deutsches Institut für Normung) Grenzwerte
Erreger |
Sensibel |
Resistent |
Alle Bakterien außer Staphylococcus spp. |
0,125 mg/l |
>1 mg/l |
Staphylococcus spp. |
0,125 mg/l |
> 0,125 mg/l |
CLSI (US Clinical Laboratory Standards Institute) Grenzwerte
Erreger |
Sensibel |
Resistent |
Staphylococcus spp. |
0,125 mg/l |
0,25 mg/l |
Enterococcus spp. |
8 mg/l |
16 mg/l |
Streptococcus pneumoniae |
0,06 mg/l |
2 mg/l |
Beta-hämolysierende Streptokokken |
0,12 mg/l |
kein Grenzwert angegeben |
Prävalenz der erworbenen Resistenz in Deutschland
Die Prävalenz der erworbenen Resistenz einzelner Spezies kann örtlich und im Verlauf der Zeit variieren. Deshalb sind - insbesondere für die adäquate Behandlung schwerer Infektionen - lokale Informationen über die Resistenzsituation erforderlich. Falls auf Grund der lokalen Resistenzsituation die Wirksamkeit von Benzylpenicillin in Frage gestellt ist, sollte eine Therapieberatung durch Experten angestrebt werden. Insbesondere bei schwerwiegenden Infektionen oder bei Therapieversagen ist eine mikrobiologische Diagnose mit dem Nachweis des Erregers und dessen Empfindlichkeit gegenüber Benzylpenicillin anzustreben.
Prävalenz der erworbenen Resistenz in Deutschland auf der Basis von Daten der letzten 5 Jahre aus nationalen Resistenzüberwachungsprojekten und –studien (Stand: 11.12.2007):
Üblicherweise empfindliche Spezies |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Actinomyces israeli° |
Corynebacterium diphtheriae° |
Enterococcus faecalis$ |
Erysipelothrix rusiopathiae° |
Gardnerella vaginalis° |
Streptococcus agalactiae |
Streptococcus pneumoniae |
Streptococcus pyogenes |
Streptococcus
dysgalactiae subsp. equisimilis° |
Streptokokken der „Viridans“-Gruppe°^ |
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Borrelia burgdorferi° |
Eikenella corrodens°$ |
Haemophilus influenzae°$ |
Neisseria meningitidis° |
Anaerobe Mikroorganismen |
Clostridium perfringens° |
Clostridium tetani° |
Fusobacterium spp.° |
Peptococcus spp.° |
Peptostreptococcus spp.° |
Veillonella parvula° |
Andere Mikroorganismen |
Treponema pallidum° |
Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein Problem bei der Anwendung darstellen können |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Staphylococcus aureus+ |
Staphylococcus epidermidis+ |
Staphylococcus haemolyticus+ |
Staphylococcus hominis+ |
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Neisseria gonorrhoeae$ |
Von Natur aus resistente Spezies |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Enterococcus faecium |
Nocardia asteroides |
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Alle Enterobacteriaceae-Spezies |
Moraxella catarrhalis |
Pseudomonas aeruginosa |
Anaerobe Mikroorganismen |
Bacteroides spp. |
Andere Mikroorganismen |
Chlamydia spp. |
Chlamydophila spp. |
Legionella pneumophila |
Mycoplasma spp. |
° Bei Veröffentlichung der Tabelle lagen keine aktuellen Daten vor. In der Primärliteratur, Standardwerken und Therapieempfehlungen wird von einer Empfindlichkeit ausgegangen.
$ Die natürliche Empfindlichkeit der meisten Isolate liegt im intermediären Bereich.
+ In mindestens einer Region liegt die Resistenzrate bei über 50%.
^ Sammelbezeichnung für eine heterogene Gruppe von Streptokokken-Spezies. Resistenzrate kann in Abhängigkeit von der vorliegenden Streptokokken-Spezies variieren.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.darf nur intramuskulär appliziert werden. Die in dem Arzneimittel vorhandenen Salze von Benzylpenicillin unterscheiden sich in ihrem pharmakokinetischen Verhalten:
Während die Wirkung von Benzylpenicillin-Natrium sofort einsetzt und kurze Zeit anhält, bewirkt Benzylpenicillin-Procain eine verzögerte Freisetzung von Benzylpenicillin und Benzylpenicillin-Benzathin einen Depoteffekt über mehrere Tage.
Nach intramuskulärer Injektion von 0,5 bzw. 1 Millionen I.E. Benzylpenicillin-Natriumwerden nach einer Stunde Plasmakonzentrationen von 4,8 bzw. 12 µg/ml gemessen. Aufgrund der Halbwertszeit von Benzylpenicillin von 30 bis 60 Minuten fallen die Serumspiegel rasch wieder ab.
Durch den Benzylpenicillin-Procain-Anteil mit seiner verzögerten Resorption werden auch nach 24 Stunden noch wirksame Serumspiegel gefunden. Nach 300 000 I.E. Benzylpenicillin-Procain werden binnen 1 bis 3 Stunden Spitzenwerte von 0,9 µg Benzylpenicillin/ml angegeben, die nach 24 Stunden auf 0,1 µg/ml und nach 48 Stunden auf 0,03 µg/ml abfallen. Die Halbwertszeit von Benzylpenicillin-Procain beträgt > 12 Stunden.
Benzylpenicillin-Benzathin wird nach intramuskulärer Injektion im Gewebsdepot nur langsam zu Benzylpenicillin hydrolysiert und dann resorbiert. Als Mindestserumspiegel für eine sichere Wirkung auf A-Streptokokken und ähnlich gut empfindliche Erreger gelten 0,03 I.E. Benzylpenicillin/ml. Unter Berücksichtigung von Sicherheitsfaktoren werden 0,1 I.E./ml gefordert. Beim Erwachsenen unterschreitet der Serumspiegel nach 300 000 I.E. Benzylpenicillin-Benzathin diesen Wert binnen 72 Stunden nicht, nach Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. (entsprechend 600 000 I.E. Benzylpenicillin-Benzathin) wird er sogar für 7 Tage aufrechterhalten. Die Halbwertszeit beträgt für Benzylpenicillin-Benzathin mehr als 24 Stunden.
Verteilung
Das Verteilungsvolumen von Benzylpenicillin entspricht dem Extrazellularraum. Die Plasmaeiweißbindung beträgt rund 50 %.
Benzylpenicillin ist gut gewebegängig. Das betrifft vor allem die Haut, die Lunge, das Nierengewebe und die Leber, weniger die Muskulatur und das Knochengewebe. In den meisten Geweben betragen die extrazellulären Konzentrationen 25 bis 60 % der Serumspiegel.
In der Pleura-, Perikard- und Synovialflüssigkeit werden nur unter Entzündungsbedingungen Konzentrationen von mehr als 25 % der Serumwerte erreicht.
Im fetalen Kreislauf und im Fruchtwasser beträgt die Konzentration von Benzylpenicillin bis zu 50 % und in der Milch bis zu 10 % der mütterlichen Serumkonzentrationen.
Elimination
Die Ausscheidung von Benzylpenicillin erfolgt zu 85 bis 90 % über die Nieren, davon bis zu 70 % in aktiver Form, der Rest als inaktive Metaboliten, z. B. als Penicilloinsäure. Dabei werden 80 bis 90 % des Benzylpenicillins über tubuläre Sekretion und 10 bis 20 % über glomeruläre Filtration eliminiert.
Neugeborene und Kleinkinder verfügen über eine geringere Ausscheidungskapazität. Innerhalb der ersten Lebenswochen beträgt die Eliminationshalbwertszeit 3 Stunden, nach der 2. Lebenswoche 1,4 Stunden.
Ein geringer Teil von Benzylpenicillin wird biliär ausgeschieden. Die Exkretion in die Lebergalle entspricht der Serumkonzentration. In der Blasengalle erfolgt eine Anreicherung auf das 2- bis 3fache.
Bioverfügbarkeit
Eine in den Jahren 1999/2000 durchgeführte Bioverfügbarkeitsstudie an 12 männlichen Probanden mit einer einmalig intramuskulär verabreichten Dosis von Retacillin® compositum 1,2 Mio I.E. (entsprechend 300 000 Einheiten I.E. Benzylpenicillin-Natrium, 300 000 I.E. Benzylpenicillin-Procain und 600 000 I.E. Benzylpenicillin-Benzathin) ergab im Vergleich zu intramuskulär verabreichten 1,2 Millionen Einheiten Benzylpenicillin-Natrium im Cross-Over-Design:
__________________________________________________________
Testpräparat Referenzpräparat
__________________________________________________________
maximale Plasma-
konzentration 4,171 12,411
(Cmax [µg/ml]): +1,078 + 3,149
Zeitpunkt der maximalen
Plasmakonzentration 0,53 0,46
(tmax [h]): +0,19 +0,21
Fläche unter der
Konzentrations-Zeit-
Kurve 17,62 20,88
(AUC0[h x µg/ml]): + 2,80 + 6,12
__________________________________________________________
Angabe der Werte als Mittelwerte und Standardabweichung
Mittlerer Benzylpenicillin-Plasmaspiegelverlauf über 14 Tage nach i.m. Applikation des Testpräparates im Konzentrations-Zeit-Diagramm:
Mittlerer Benzylpenicillin-Plasmaspiegelverlauf über 12 Stunden nach i.m. Applikation des Referenzpräparates im Konzentrations-Zeit-Diagramm:
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Akute Toxizität
Die Toxizität von Benzylpenicillin ist sehr gering. In tierexperimentellen Untersuchungen fanden sich nach parenteraler Gabe nur geringe akut toxische Wirkungen.
Chronische Toxizität
Tierexperimentelle Studien zur Toxizität nach wiederholter Gabe von Benzylpenicillin liegen nicht vor.
Mutagenes und tumorerzeugendes Potenzial
Benzylpenicillin wurde nur unzureichend auf mutagene Wirkungen untersucht. Mehrere bakterielle Tests ergaben keine Hinweise auf eine Induktion von Gen-Mutationen. In-vitro- und In-vivo-Tests zum Nachweis von Chromosomenaberrationen sind methodisch unzulänglich, ergeben aber keine relevanten Verdachtsmomente.
Langzeituntersuchungen von Benzylpenicillin am Tier auf ein tumorerzeugendes Potenzial liegen nicht vor.
Reproduktionstoxizität
Benzylpenicillin ist plazentagängig. 1 bis 2 Stunden post applicationem werden im fetalen Serum den mütterlichen Serumwerten entsprechende Konzentrationen erreicht. Bisherige Erfahrungen mit Schwangeren sowie Untersuchungen an Ratten, Kaninchen und Affen haben keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial ergeben.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
1 Durchstechflasche mit Pulver zur Herstellung einer Injektionssuspension enthält:
15 mg Povidon (K 17); (3-sn-Phosphatidyl)cholin (Sojalecithin), Polysorbat 80 (pflanzlich), Natriumcitrat, Citronensäure, Mannitol (Ph.Eur.), Simeticon
Der Natrium-Gehalt pro Durchstechflasche beträgt 0,50 mmol, entsprechend 11,6 mg Natrium-Ionen.
Der Procain-Gehalt pro Durchstechflasche beträgt 128,8 mg Procain.
1 Ampulle mit 5 ml Lösungsmittel enthält:
Wasser für Injektionszwecke
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
4 Jahre
Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfallsdatums nicht mehr angewendet werden.
Die Injektionssuspension von Retacillin®compositum 1,2 Mio I.E.ist unmittelbar vor der Anwendung frisch zuzubereiten.
6.4 Besondere Lagerungshinweise
Nicht über 25 °C lagern.
Die Durchstehflasche mit Pulver zur Herstellung einer Injektionssuspension in der Faltschachtel aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Durchstechflasche mit Pulver und Ampulle mit Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension in Faltschachtel
Packung mit
1 Durchstechflasche mit Pulver und
1 Ampulle mit 5 ml Lösungsmittel N1
Packung (Bündelpackung) mit
2 x 1 Durchstechflasche mit Pulver und
2 x 1 Ampulle mit 5 ml Lösungsmittel N2
Packung (Bündelpackung) mit
5 x 1 Durchstechflasche mit Pulver und
5 x 1 Ampulle mit 5 ml Lösungsmittel N2
Packung (Bündelpackung) mit
10 x 1 Durchstechflasche mit Pulver und
10 x 1 Ampulle mit 5 ml Lösungsmittel N3
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
mibe GmbH Arzneimittel
Münchener Strasse 15
06796 Brehna
Tel.: 034954/247-0
Fax: 034954/247-100
8. ZULASSUNGSNUMMER
3000371.01.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
27.05.2005
10. STAND DER INFORMATION
November 2008
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig